46.0
Art. 46 enthält die Legaldefinition des Dienstunfalls.
46.1.1
1Ein Unfall, den ein Beamter oder eine Beamtin anlässlich der Wahrnehmung von Rechten oder Erfüllung von Pflichten nach dem Personalvertretungsrecht erleidet, ist kein Dienstunfall. 2Es wird jedoch Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften gewährt (Art. 11 Bayerisches Personalvertretungsgesetz – BayPVG). 3Entsprechendes gilt für die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen (§ 96 Abs. 3 SGB IX) und die Gleichstellungsbeauftragten (Art. 16 Abs. 5 Bayerisches Gleichstellungsgesetz – BayGlG).
46.1.2
Bei Unfällen und Erkrankungen im Ausland sind gegebenenfalls die Sonderregelungen des Unterabschnitts 3 (Art. 64 ff.) zu beachten.
46.1.3
1Der Unfallbegriff setzt ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches Ereignis voraus, das rechtlich wesentlich einen Körperschaden (mit-)verursacht hat. 2Dazu gehören auch körpereigene, unkoordinierte, unkontrollierte Bewegungen (z.B. Stolpern, Umknicken) sowie außergewöhnliche Kraftaufwendungen. 3Zu beachten ist jedoch, inwieweit krankhafte Veranlagungen bzw. Vorschäden oder bei der Geltendmachung von psychischen Erkrankungen die Persönlichkeit mitursächlich waren. 4Der Begriff „äußere Einwirkung“ dient der Abgrenzung von “inneren Ursachen“.
46.1.4
1Als „plötzlich“ ist ein Ereignis anzusehen, wenn es längstens innerhalb der täglichen Dienstzeit stattgefunden hat. 2Eine Erkrankung infolge längerer (über eine Dienstschicht hinausgehender) schädlicher Einflüsse, denen der Beamte oder die Beamtin im Dienst ausgesetzt war, gilt nur in den in Abs. 3 genannten Fällen als Dienstunfall.
46.1.5.1
1„In Ausübung des Dienstes“ ist ein Unfall nur dann eingetreten, wenn sich der Beamte oder die Beamtin zum Unfallzeitpunkt im Dienst befunden und konkret eine dienstliche Tätigkeit ausgeübt hat. 2Ein innerer Zusammenhang der Tätigkeit mit den dienstlichen Aufgaben ist erforderlich. 3Er wird bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten vollständig gelöst. 4Eigenwirtschaftlichkeit ist gegeben, wenn die konkrete Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt lediglich eigenen Interessen oder Bedürfnissen dient. 5Die eigenwirtschaftliche Tätigkeit beginnt z.B. beim Weg zur Toilette, zum Raucherzimmer oder zur Kantine jeweils an der äußeren Toilettentür, beim Betreten des Raucherraums oder an der Kantinentür und endet nach Abschluss der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit dort wieder. 6Der innere Zusammenhang mit dem Dienst wird gelöst, wenn die Fähigkeit des Beamten oder der Beamtin zu der ihm oder ihr obliegenden Dienstleistung alkohol- oder drogenbedingt so sehr beeinträchtigt ist, dass die Ausführung von Dienstaufgaben nicht mehr möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1988, VersR 1989, 607; BVerwG, Urteil vom 23. Februar 1989, NJW 1989, 2005) oder bei Dienstunfähigkeit, z.B. auf Grund Krankheit.
46.1.5.2
1Für Heim- und Telearbeitsplätze gilt Nr. 46.1.5.1 entsprechend. 2Unfallschutz besteht nur, solange sich der Beamte oder die Beamtin in dem Raum befindet, in dem sich die vom Dienstherrn gestellten Arbeitsmittel befinden. 3Der übrige Teil des von dem Beamten oder der Beamtin bewohnten Hauses oder der Wohnung ist dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. 4Dieser wird von dem Beamten oder der Beamtin in dem Sinn beherrscht, dass nur er oder sie auf die dort gegebenen Unfallgefahren Einfluss nehmen kann, der Dienstherr jedoch nicht (vgl. BayVGH, Beschluss vom 10. Juni 2008, 3 ZBR 2010, 127).
46.1.5.3
Bei einer Tätigkeit außerhalb des regelmäßigen Dienstes müssen besondere Umstände vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass die Tätigkeit, bei der der Beamte oder die Beamtin den Unfall erlitten hat, in engem Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben steht.
46.1.5.4
1Bei Teilnahme am Dienstsport handelt es sich um Dienst im Sinn des Abs. 1. 2Dienstsport ist angeordneter und in den Dienstplan einbezogener Sport mit Teilnahmepflicht der Beamten und Beamtinnen. 3Dieser dienstsportpflichtige Personenkreis kann auch bei der Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen außerhalb der regelmäßigen Dienstzeit unter Dienstunfallschutz stehen, wenn die Dienststelle z.B. aus personalwirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen keinen dienstplanmäßigen Sport durchführen kann oder die Beamten und Beamtinnen selbst aus dienstlichen Gründen (z.B. Schichtdienst) gehindert sind, am durch Dienstplan festgelegten Sport teilzunehmen. 4Wettkampfmäßiger oder zur Erzielung von Spitzenleistungen ausgeübter Sport ist nur dann ausnahmsweise dienstunfallgeschützt, wenn der dienstliche Zweck im Vordergrund steht. 5In allen Fällen muss die sportliche Betätigung materiell und formell dienstbezogen (vgl. Nr. 46.1.9), vom Dienstvorgesetzten (Art. 3 Satz 1 BayBG) angeordnet oder genehmigt und unter die fachliche Aufsicht einer vom Dienstvorgesetzten bestimmten Person (z.B. Sportlehrer, Übungsleiter oder Trainer) gestellt sein.
46.1.5.5
1„Infolge des Dienstes “ ist ein Unfall eingetreten, wenn der Beamte oder die Beamtin im Zeitpunkt der den Unfall auslösenden äußeren Einwirkung dienstliche Aufgaben verrichtet hat, der hierdurch verursachte Körperschaden aber erst nach der Dienstausübung eingetreten ist. 2Ein Unfall ist nicht schon dann infolge des Dienstes eingetreten, wenn er in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienst steht; zwischen dem Dienst und dem Unfall muss ein enger unmittelbarer Zusammenhang bestehen.
46.1.6
1Die „geschützte Tätigkeit“ muss den Unfall rechtlich wesentlich (mit-)verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). 2Der Unfall muss rechtlich wesentliche (Teil-)Ursache für den festgestellten Körperschaden gewesen sein (haftungsausfüllende Kausalität). 3Zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs kommen zunächst alle Bedingungen in Betracht, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. 4Aus diesen Ursachen ist nur diejenige als rechtlich wesentliche (Teil-)Ursache maßgeblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. 5Sind mehrere Ursachen in ihrer Bedeutung für den Unfall als annähernd gleichwertig anzusehen und ist mindestens eine von ihnen auf den Dienst zurückzuführen, so ist der ursächliche Zusammenhang gegeben. 6Eine haftungsbegründende Kausalität besteht nicht, wenn der Beamte oder die Beamtin einer allgemeinen, jeden anderen auch treffenden Gefahr erlegen ist. 7Bei der haftungsausfüllenden Kausalität ist zu unterscheiden zwischen Erstschaden (unmittelbar und sofort nach dem Unfall eingetretener Körperschaden) und Folgeschaden (schicksalsmäßig aus dem Erstschaden entwickelt oder durch ihn bedingtes neues Unfallereignis eingetreten). 8In beiden Fällen muss der Dienstunfall rechtlich wesentliche (Teil-)Ursache gewesen sein.
46.1.7
Einem Körperschaden steht die Beschädigung oder Zerstörung eines Körperersatzstückes (§ 2 Orthopädieverordnung) gleich.
46.1.8
Dienstreisen und Dienstgänge
46.1.8.1
1Dienstreisen und Dienstgänge (Art. 2 Abs. 2 bis 4 BayRKG) sind die notwendigen Wege nach und von dem Bestimmungsort; maßgeblich ist grundsätzlich die Dienstreisegenehmigung. 2Abweichend von der Dienstreisegenehmigung steht auch der direkte Weg zwischen der Familienwohnung (Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 46.2.3) oder einer Unterkunft am Dienstort (Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) und dem Geschäftsort unter Unfallschutz, wenn der Beamte oder die Beamtin die Dienststelle schon vor der Sollarbeitszeit verlassen müsste bzw. nicht mehr innerhalb der Sollarbeitszeit erreichen könnte. 3Entsprechendes gilt für Aus- und Fortbildungsreisen. 4Die Nrn. 46.2.1 bis 46.2.3 gelten sinngemäß, sofern nachstehend nichts Abweichendes bestimmt ist.
46.1.8.2
1Unter Unfallschutz steht grundsätzlich nur die Tätigkeit am Bestimmungsort, die unmittelbar dem Zweck der Dienstreise entspricht, z.B. Lehrtätigkeit oder Teilnahme an einer Besprechung (= dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort). 2Auch die mit dieser Tätigkeit zusammenhängenden Wege am Bestimmungsort sowie Tätigkeiten, die zwangsläufig mit dem auswärtigen Aufenthalt in engem Zusammenhang stehen, sind dienstunfallgeschützt, z.B. Kauf einer Fahrkarte, nicht aber eigenwirtschaftliche Tätigkeiten wie der Gang zur Hotelbar oder zum Hotelkiosk am Abend während des Hotelaufenthaltes.
46.1.8.3
1Wurde die Dienstreise über die Dauer des Dienstgeschäfts hinaus angeordnet, beispielsweise um bei einer Rückreise am Wochenende durch günstigere Flugpreise Reisekosten zu sparen, steht die verspätete Rückreise auf Grund der dienstlichen Veranlassung trotz der Unterbrechung unter Unfallschutz. 2Der Aufenthalt des Beamten oder der Beamtin am Dienstort nach Beendigung des Dienstgeschäfts steht nicht unter Unfallschutz, erst bei Antritt der Rückreise lebt der Unfallschutz wieder auf. 3Tritt der Beamte oder die Beamtin die Heimreise aus privaten Gründen verspätet an, endet auch in diesem Fall der Unfallschutz mit dem Ende der dienstlichen Tätigkeit und lebt nur dann wieder auf, wenn die Heimreise bei natürlicher Betrachtungsweise noch als Fortsetzung der Dienstreise angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 6. Juli 1967, MDR 1967, 954).
Beispiel:
Ein Beamter auf Dienstreise beendet seine Dienstgeschäfte am Freitag, tritt die Rückreise aus privaten Gründen aber erst am Samstag an. Die Heimreise ist noch durch das Dienstgeschäft geprägt, es besteht Unfallschutz. Im Zeitraum zwischen der Rückkehr zur Unterkunft nach Beendigung des Dienstgeschäfts und dem Antritt der Heimreise besteht kein Unfallschutz.
Tritt der Beamte die Heimreise hingegen erst nach einer Woche Urlaub am auswärtigen Dienstort an, ist die Heimreise vom privaten Aufenthalt des Beamten geprägt. Der Zusammenhang mit dem Dienstgeschäft ist gelöst, es besteht kein Unfallschutz.
46.1.9
Dienstliche Veranstaltungen
1Dienstliche Veranstaltungen sind solche, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und durch organisatorische Maßnahmen personeller und sachlicher Art in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sind (formelle und materielle Dienstbezogenheit). 2Hierzu zählen z.B. Personalausflüge und Betriebsfeiern, aber auch Lehrgänge, die im Auftrag der Dienststelle von Dritten angeboten werden. 3Auf eine Verpflichtung des Einzelnen zur Teilnahme kommt es nicht an. 4Die Nrn. 46.2.1 bis 46.2.3 gelten entsprechend.
46.1.10
Nebentätigkeiten
46.1.10.1
Die Zuordnung einer Nebentätigkeit zum öffentlichen Dienst oder dem ihm gleichstehenden Dienst ergibt sich aus § 4 BayNV.
46.1.10.2
Eine Veranlassung des Dienstherrn im Sinn des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist auch dann anzunehmen, wenn an der Ausübung der Nebentätigkeit ein dienstliches Interesse anerkannt wurde und der Beamte oder die Beamtin hätte verpflichtet werden können, die Nebentätigkeit auszuüben.
46.1.10.3
1Die Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter gilt nicht als Nebentätigkeit (Art. 81 Abs. 2 Satz 2 BayBG) und ist somit nicht dienstunfallgeschützt. 2Für diese Tätigkeiten besteht in der Regel gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. 3Für Ehrenbeamte und Ehrenbeamtinnen richtet sich die Unfallfürsorge nach Art. 63.
46.2.1
Unfälle auf dem Weg Wohnung - Arbeitsstätte
1Für Wegeunfälle gelten die Voraussetzungen des Dienstunfalls sinngemäß. 2An die Stelle der „geschützten Tätigkeit“ tritt das Zurücklegen des direkten Weges zwischen Wohnung und Dienststelle. 3Ein geschützter direkter Weg nach und von der Dienststelle liegt vor, wenn er in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Dienst steht. 4Der Weg von und nach der Dienststelle beginnt und endet grundsätzlich an der Haustür.
46.2.1.1
1Der direkte Weg muss nicht zwangsläufig der kürzeste Weg sein, er kann auch die verkehrstechnisch günstigste Strecke (z.B. über die Autobahn statt Bundesstraße) oder die Route des genutzten öffentlichen Verkehrsmittels sein. 2Die Feststellung ist in jedem Einzelfall konkret vorzunehmen.
46.2.1.2
1Neben dem inneren Zusammenhang zwischen dem Weg und dem Dienst muss eine rechtlich wesentlich mit der Zurücklegung des Weges zusammenhängende Gefahr den Unfall verursacht haben. 2Diese Gefahr darf nicht ursächlich durch private oder allgemeine Umstände zum Unfall geführt haben, sie muss vielmehr notwendigerweise dem zurückgelegten Weg eigentümlich gewesen sein. 3Ein Dienstunfall liegt z.B. nicht vor, wenn der Beamte oder die Beamtin im Auto von einer Wespe gestochen wird, da er oder sie hier einer allgemeinen, jeden anderen auch treffenden Gefahr erlegen ist.
46.2.2
Umwege, Abwege und Unterbrechungen
Der innere Zusammenhang mit dem Dienst wird grundsätzlich unterbrochen durch Abwege, Umwege oder Unterbrechungen.
46.2.2.1
Umweg ist ein Weg, der zwar in Richtung des endgültigen Zieles führt, jedoch nicht der direkte Weg (vgl. Nr. 46.2.1.1) ist und den direkten Weg nicht ganz unerheblich verlängert und aus eigenwirtschaftlichen oder sonstigen persönlichen Gründen gewählt wird.
46.2.2.2
1Abweg ist ein Weg, der aus eigenwirtschaftlichen Gründen vom Ziel weg oder über das Ziel hinaus führt. 2Abweg ist auch ein Weg zum Dienstort, der an einem Ort beginnt, der nicht Familienwohnung, Unterkunft am Dienstort (Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) oder auch Dienstort ist, soweit nicht der direkte Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird.
Beispiel:
Weg zu einer nach Dienstschluss aufgesuchten Apotheke, die in entgegen gesetzter Richtung zur Familienwohnung liegt (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1965, DÖD 1965, 174). Weg vom Badesee statt von der Familienwohnung zum Dienstort, soweit nicht der direkte Weg benutzt wird (BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2004, DVBl 2004, 1377).
46.2.2.3
1Unterbrechung ist eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit (Nr. 46.1.5.1 Satz 4), die in das Zurücklegen des Weges eingeschoben wird. 2Es besteht ausnahmsweise Unfallschutz, wenn sie lediglich unwesentlich ist. 3Eine Tätigkeit ist unwesentlich, wenn sie hinsichtlich ihrer Art und zeitlichen Dauer so geringfügig ist, dass sie nicht ins Gewicht fällt, sie ganz nebenbei oder „im Vorbeigehen “ erledigt werden kann. 4Keine unwesentliche Unterbrechung ist das Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes (Fläche des gesamten öffentlichen Straßengeländes) als Fußgänger bzw. bereits das Aus-/Absteigen als Kraftfahrer.
Beispiel:
Unwesentliche Unterbrechungen, die den Zusammenhang mit dem Dienst nicht lösen, sind z.B. das Anhalten zum Blick in die Auslage eines Schaufensters, der Kauf einer Zeitung an einem Kiosk mit Verkaufsfenster, der auf dem Weg liegt, der Kauf von Zigaretten an einem Automaten oder ein kurzes Gespräch mit Bekannten.
Unterbrechungen, während denen kein Unfallschutz besteht, sind z.B. Einkäufe in am direkten Weg liegenden Geschäften und auf dem direkten Weg geführte private Unterhaltungen von mehr als einer halben Stunde (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1966, BVerwGE 24, 246).
46.2.2.4
1Ob der Unfallschutz nach einem Abweg oder einem Umweg mit Rückkehr auf den direkten Weg oder nach einer Unterbrechung mit dem Erreichen des öffentlichen Verkehrsraumes wieder auflebt, hängt von der Art und Dauer des Abweichens vom direkten Weg im Einzelfall ab. 2Eine endgültige Lösung vom Dienst mit gänzlichem Verlust des Unfallschutzes tritt ein, wenn eine Unterbrechung zwei Stunden übersteigt.
Beispiel:
Mit dem Verlassen des Kaufhauses oder dem Ende einer längeren privaten Unterhaltung endet die Unterbrechung und Unfallschutz setzt i. d. R. wieder ein. Dauerte der Einkauf länger als zwei Stunden, tritt die endgültige Lösung vom Dienst ein und auch beim Verlassen des Kaufhauses und Fortsetzen des Heimweges auf dem direkten Weg besteht kein Unfallschutz mehr.
46.2.3
Familienwohnung
1Als Familienwohnung ist die Wohnung anzusehen, wo der Beamte oder die Beamtin seinen oder ihren Lebensmittelpunkt hat; bei verheirateten Beamten oder Beamtinnen ist dies regelmäßig die eheliche Wohnung. 2Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Familienwohnung sind z.B. regelmäßiges Aufsuchen, eigenes Zimmer dort, eigene Möbel, gesellschaftliche Aktivitäten in Vereinen, usw. 3In Zweifelsfällen ist eine Meldebescheinigung anzufordern.
46.2.4
Kindergartenumweg
1Der Kindergartenumweg (Nr. 46.2.2.1) ist nur geschützt, wenn der Beamte oder die Beamtin alleinerziehend oder verheiratet ist und auch der Ehegatte erwerbstätig ist. 2Die Notwendigkeit, sein oder ihr Kind (vgl. § 32 Abs. 1, § 63 Abs. 1 EStG) fremder Obhut anzuvertrauen, kann sich auch dann ergeben, wenn der nichtberufstätige Ehegatte infolge Krankheit zur Versorgung des Kindes nicht in der Lage ist oder das Kind aus besonderen Gründen (z.B. wegen Behinderung) nicht unbeaufsichtigt bleiben kann.
46.2.5
Fahrgemeinschaft
1Gemäß Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b besteht Unfallschutz auch bei vertretbaren Umwegen (Nr. 46.2.2.1), die bei einer Fahrgemeinschaft mit anderen Berufstätigen, kraft Gesetz (§ 2 SGB VII) oder Satzung (§ 3 SGB VII) in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen wie z.B. Beschäftigten, Schülern und Studenten oder freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen (§ 6 SGB VII) erforderlich sind. 2Bei einem Kindergartenumweg sind die Voraussetzungen für Unfallschutz abschließend in Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a aufgeführt; trotz der Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a SGB VII gelten Kinder während des Besuchs von Kindertagesstätten oder Kindergärten somit nicht als Teilnehmer der Fahrgemeinschaft im Sinn des Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b.
46.2.6
Das Abweichen vom unmittelbaren Weg von und nach der Dienststelle ist dann vertretbar, wenn die Gesamtumstände unter besonderer Berücksichtigung von Entfernung und aufzuwendender Zeit ein Abweichen sinnvoll erscheinen lassen.
46.2.7
1Geschützt ist neben dem unmittelbaren direkten Weg zwischen Dienststelle und Familienwohnung auch der direkte Weg zwischen Unterkunft am Dienstort und der entfernt liegenden Familienwohnung. 2Beim Zurücklegen des Weges von und nach der Familienwohnung bedarf es in diesen Fällen nicht eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs mit dem Dienstende oder dem Dienstbeginn. 3So kann z.B. die Fahrt am Samstagmorgen zur Familienwohnung unfallgeschützt sein, obwohl der Beamte seinen Dienst bereits am Freitagabend beendet hat.
46.2.8
Durchführung des Heilverfahrens
46.2.8.1
Ein Unfall, den der oder die Verletzte bei der Durchführung des Heilverfahrens oder auf einem hierzu notwendigen Weg erleidet, gilt auch dann als Folge des Dienstunfalls, wenn sich der oder die Verletzte im Ruhestand befindet oder entlassen ist.
46.2.8.2
1Die von der Pensionsbehörde zur Feststellung von Unfallfolgen angeordneten ärztlichen Untersuchungen (Art. 45 Abs. 3) und die damit zusammenhängenden Wege sind den in Abs. 2 Satz 2 genannten Wegen gleichgestellt, wenn das Schadensereignis als Dienstunfall anerkannt wird. 2Dienstunfallschutz besteht auch bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen und den damit zusammenhängenden Wegen. 3Unfallschutz besteht auch bei Untersuchungen für besondere Verwendungen von Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen und dienstlich angeordneten Untersuchungen zur Polizeidienstfähigkeit gemäß Art. 128 BayBG sowie den damit zusammenhängenden Wegen. 4Andere Wege zu dienstlich veranlassten ärztlichen Untersuchungen, beispielsweise zur Feststellung der Dienstunfähigkeit unabhängig von einem Dienstunfall, und der dortige Aufenthalt stellen weder eine Dienstausübung dar noch stehen sie im Zusammenhang mit einem vorausgegangenen Dienstunfall; ein hierbei erlittener Unfall kann nicht als Dienstunfall anerkannt werden.
46.3.1
Berufskrankheiten
1Als Dienstunfall gelten nur solche Krankheiten, die in der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997 (BGBl I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannt sind mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben. 2Als maßgeblicher Zeitpunkt gilt bei einer Berufskrankheit der Tag der erstmaligen Diagnose einer in der Anlage zur BKV genannten Krankheit. 3Eine Behandlungsbedürftigkeit und/oder vorübergehende Dienstunfähigkeit ist nicht erforderlich. 4Ist zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose eine Krankheit nicht in der Anlage zur BKV genannt, kann auch bei späterer Aufnahme dieser Krankheit in die Anlage zur BKV ein Dienstunfall nicht anerkannt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 1999 – 3 B 88/98 – ZBR 1999, 274).
46.3.2
1Der Beamte oder die Beamtin ist der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt, wenn er oder sie eine Tätigkeit ausübt, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich birgt (besondere Gefährdung). 2Die besondere Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. 3Entscheidend ist die für die dienstliche Verrichtung typische erhöhte Gefährdung und nicht die individuelle Gefährdung des Beamten oder der Beamtin auf Grund seiner oder ihrer Veranlagung. 4Es ist auf die Art der dienstlichen Tätigkeit abzustellen; eine Gefahr, die alleine durch den Ort bedingt ist, an dem die dienstliche Tätigkeit ausgeübt wird, reicht nicht aus (vgl. BayVGH, Urteil vom 17. Mai 1995 – 3 B 94.3181 – ZBR 1996, 343).
Beispiele:
Einer besonderen Gefährdung in höherem Maße sind z.B. Polizeibeamte ausgesetzt, die in einem Seuchengebiet zur Durchführung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche (Absperrung, Überwachung) eingesetzt sind; alleine die Anwesenheit in einem Seuchengebiet genügt nicht.
Eine erfahrungsgemäß hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung an einer Berufskrankheit liegt auch nicht vor, wenn beispielsweise ein Verwaltungsbeamter oder eine Verwaltungsbeamtin über Jahre hinweg im Dienstzimmer Belastungen durch Asbest ausgesetzt war und an einer dadurch verursachten Krankheit leidet.
46.3.3.1
1Bei der Erkrankung eines Beamten oder einer Beamtin mit dienstlich angeordnetem Aufenthalt im Ausland an einer Krankheit im Sinn des Abs. 3 Satz 1 kommt es nicht auf die Art der dienstlichen Verrichtung oder auf den Zusammenhang mit dem Dienst an. 2Entscheidend ist das Vorliegen gesundheitsschädigender Verhältnisse, die sich typischerweise von den Verhältnissen im Inland unterscheiden.
46.3.3.2
Auch ein vorübergehender Aufenthalt im Ausland im Verlauf einer Dienstreise zählt als dienstlich angeordneter Auslandsaufenthalt.
46.4.1
Rechtswidriger Angriff
Angriff setzt eine objektive unmittelbare räumlich-zeitliche Gefährdung (objektives Element) auf Grund einer zielgerichteten Verletzungshandlung (subjektives Element) voraus.
46.4.1.1
Räumliche Gefährdung erfordert, dass sich der Beamte oder die Beamtin in Reichweite des mutmaßlichen Angreifers bzw. der mutmaßlichen Angreiferin dergestalt befand, dass dieser oder diese in der Lage war, mit den ihm oder ihr aktuell zur Verfügung stehenden Kenntnissen und Hilfsmitteln das Ziel zu erreichen.
Beispiel 1:
Angreifer A will Bearbeiterin B „eine Abreibung verpassen “, sucht deren Dienststelle auf und erfährt dort, dass B einen Heimarbeitsplatz hat, dessen Anschrift ihm nicht mitgeteilt wird. A konnte B mit den ihm zur Verfügung stehenden Kenntnissen nicht erreichen, daher keine unmittelbare Gefährdung.
Beispiel 2:
Angreiferin A will Bearbeiter B „eine Abreibung verpassen “ und sucht dessen Dienststelle auf. B sieht die ihm persönlich bekannte A durch das Fenster seines in einem Obergeschoss gelegenen Büros und weist den Pförtner an, A nicht zu ihm vorzulassen. A verfügte über keine Möglichkeit, das Büro des B zu erreichen, daher keine unmittelbare Gefährdung.
46.4.1.2
An der zeitlichen Gefährdung fehlt es, solange sich der Tatplan des mutmaßlichen Angreifers noch im Vorbereitungsstadium befindet.
Beispiel:
Angreifer A weiß, wo Bearbeiterin B arbeitet. Um den besten Zeitpunkt für seinen Angriff zu ermitteln, beobachtet er sie mehrere Tage lang beim Verlassen der Dienststelle. Vom Pförtner deswegen zur Rede gestellt, gibt er seinen Plan auf. Trotz der räumlichen Gefährdung kein Angriff, da sich die Tat noch im Vorbereitungsstadium befand.
46.4.1.3
Für das Vorliegen einer zielgerichteten Verletzungshandlung ist die Sicht des mutmaßlichen Angreifers entscheidend; er oder sie muss bei der Vornahme der konkreten Handlung die Schädigung des Beamten oder der Beamtin zumindest billigend in Kauf nehmen.
46.4.2
1Tätlicher Angriff ist ein Angriff, der auf einen physischen Schaden gerichtet ist. 2An einem tätlichen Angriff fehlt es daher insbesondere bei Beleidigungen oder Bedrohungen.
46.4.3
Pflichtgemäßes Handeln ist dann nicht mehr gegeben, wenn der Beamte oder die Beamtin die Gefährdung durch vorwerfbares Verhalten selbst hervorgerufen hat.
46.5.1
Beurlaubte Beamte und Beamtinnen
1Vorherige Zusicherungen von Unfallfürsorgeleistungen bereits bei Beurlaubung des Beamten oder der Beamtin sind nicht zulässig (vgl. Art. 9 Abs. 3). 2Wegen des Antragserfordernisses und des Zahlungsbeginns vgl. Nr. 9.3.
46.5.2
Unfallfürsorge wird in der Regel nicht gewährt, soweit von anderer Seite Unfallfürsorge oder sonstige Leistungen (insbesondere Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung) wegen des Unfalls gewährt werden.
46.5.3
Die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Dienstunfalls müssen sinngemäß erfüllt sein.