75.
Anwärterbezüge
75.0
Die Mitgliedschaft eines Anwärters oder einer Anwärterin im Bundestag oder in einem Landtag steht dem Anspruch auf Anwärterbezüge nicht entgegen, soweit die Rechte aus dem Dienstverhältnis nicht ruhen oder der Beamte oder die Beamtin nicht ohne Anwärterbezüge beurlaubt ist (vergleiche § 5 Abs. 3 des Abgeordnetengesetzes des Bundes und entsprechendes Landesrecht).
75.1
Die Gewährung von Zulagen und Vergütungen an Anwärter und Anwärterinnen ist insbesondere zugelassen für:
- a)
die Zulagen für besondere Berufsgruppen nach Art. 34 Abs. 2 Satz 1, bei Erfüllung der Voraussetzungen nach Maßgabe der Anlage 4 BayBesG,
- b)
die Zulagen für besondere Erschwernisse, soweit dies in Teil 2 BayZulV für Anwärter und Anwärterinnen vorgesehen ist,
- c)
die Unterrichtsvergütung für Lehramtsanwärter, Lehramtsanwärterinnen, Studienreferendare und Studienreferendarinnen nach Art. 79.
75.2.1.1
1Anwärtern und Anwärterinnen, die im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes ein Studium (zum Beispiel an einer verwaltungsinternen Fachhochschule) ableisten, sind die Anwärterbezüge unter Auflagen zu gewähren. 2Die Auflage erstreckt sich auf den gesamten Vorbereitungsdienst. 3Der Begriff der Auflage in diesem Sinne ist nicht identisch mit der Definition in Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG.
75.2.1.2
Die Bewerber und Bewerberinnen sind über die Auflagen und die Möglichkeit der Herabsetzung des Anwärtergrundbetrags nach Art. 81 frühzeitig (zum Beispiel im Zusammenhang mit der Übersendung der Einstellungsunterlagen) zu unterrichten.
75.2.2.1
Die Auflagen sind in einem Schreiben festzulegen, dessen Kenntnisnahme von dem Bewerber oder der Bewerberin (Anwärter oder Anwärterin) spätestens bei der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf auf einer zu den Akten zu nehmenden Zweitschrift schriftlich zu bestätigen ist.
75.2.2.2
Das Schreiben soll folgenden Wortlaut haben:
75.2.2.2.1
„1Sie erhalten während des Vorbereitungsdienstes Anwärterbezüge nach Maßgabe der Art. 75 bis 81 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG). 2Anwärter und Anwärterinnen, die im Rahmen des Vorbereitungsdienstes an einer Fachhochschule studieren, sollen keine finanziellen Vorteile gegenüber anderen Studierenden erlangen. 3Die Anwärterbezüge werden Ihnen deshalb mit den Auflagen (Art. 75 Abs. 2 BayBesG) gewährt, dass
- a)
die Ausbildung nicht vor Ablauf der in den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften festgelegten oder im Einzelfall festgesetzten Ausbildungszeit aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund endet,
- b)
Sie im Anschluss an den Vorbereitungsdienst rechtzeitig einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe stellen oder ein Ihnen angebotenes Amt annehmen,
- c)
Sie im Anschluss an Ihre Ausbildung nicht vor Ablauf einer Mindestdienstzeit von fünf Jahren aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund aus dem öffentlichen Dienst in Bayern ausscheiden und
- d)
nicht durch schuldhaftes (zum Beispiel Unterschleif) endgültiges Nichtbestehen der Qualifikationsprüfung eine weitere Verwendung im öffentlichen Dienst in Bayern nicht erfolgen kann.
75.2.2.2.2
1Eine Nichterfüllung dieser Auflagen hat die Rückforderung eines Teils der gezahlten Anwärterbezüge zur Folge. 2Die Rückzahlungspflicht beschränkt sich auf den Teil der Anwärterbezüge, der den Betrag von 400 € monatlich übersteigt. 3Bei einem Ausscheiden nach der Ernennung zum Beamten auf Probe oder zur Beamtin auf Probe ermäßigt sich der zurückzuzahlende Betrag für jedes volle geleistete Dienstjahr um ein Fünftel. 4Der Rückzahlungspflicht unterliegt der Bruttobetrag der Anwärterbezüge (siehe Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BayBesG) ohne die eventuell nach Art. 75 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayBesG zustehenden Bezüge. 5Auf die Rückforderung kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
75.2.2.2.3
Daneben weise ich Sie besonders auf die mögliche Kürzung des Anwärtergrundbetrags in den Fällen des Art. 81 BayBesG hin.
75.2.2.2.4
Zu Ihrer Information füge ich einen Auszug aus dem Bayerischen Besoldungsgesetz (Art. 75 bis 81) in der derzeit geltenden Fassung bei.“
75.2.3.1
1Zeiten einer Beurlaubung unter Fortfall der Bezüge führen grundsätzlich zu einer Verlängerung der Mindestdienstzeit. 2Dies gilt nicht für Zeiten nach Art. 31 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 Nr. 2; der Nachteilsausgleich erstreckt sich dabei auch auf die Entscheidung nach Art. 75 Abs. 2. 3Der Fünfjahreszeitraum verlängert sich damit nicht bei zum Beispiel Wehr- oder Zivildienst.
75.2.3.2
Die Erfüllung der Mindestdienstzeit wird durch eine Ermäßigung der Arbeitszeit nicht berührt.
75.2.4
Als Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst gilt es nicht, wenn beim Wechsel in ein anderes Rechtsverhältnis innerhalb des öffentlichen Dienstes des Freistaates Bayern eine von dem Beamten oder der Beamtin nicht zu vertretende Unterbrechung eintritt.
75.2.5
Auf die Rückforderung soll u. a. verzichtet werden, wenn
- a)
der Vorbereitungsdienst innerhalb von drei Monaten seit der Einstellung als Beamter auf Widerruf oder Beamtin auf Widerruf abgebrochen wird,
- b)
der Vorbereitungsdienst abgebrochen wird, um unverzüglich ein anderes Ausbildungsverhältnis innerhalb des öffentlichen Dienstes des Freistaates Bayern aufzunehmen; der Verzicht ist unter der auflösenden Bedingung auszusprechen, dass die zweite Ausbildung nicht vorzeitig aus einem von dem ehemaligen Anwärter oder der ehemaligen Anwärterin zu vertretenden Grund endet und sich nach Bestehen der Ausbildung eine mindestens fünfjährige hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst anschließt,
- c)
der Vorbereitungsdienst abgebrochen wird, um unverzüglich eine hauptberufliche Tätigkeit innerhalb des öffentlichen Dienstes aufzunehmen und eine mindestens dreijährige hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst erbracht wird,
- d)
ein Beamter oder eine Beamtin ausscheidet, um durch ein Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule oder externen Fachhochschule die Qualifikation für den Einstieg in der dritten oder vierten Qualifikationsebene zu erlangen, unter der Bedingung, dass er oder sie
- aa)
nach Abschluss des Studiums und ggf. eines anschließenden Vorbereitungsdienstes unverzüglich in den öffentlichen Dienst eintritt,
- bb)
nicht vor Ablauf von drei Jahren aus einem von ihm oder ihr zu vertretenden Grund wieder ausscheidet,
- cc)
der früheren Beschäftigungsbehörde oder Bezüge anweisenden Stelle seine oder ihre berufliche Verwendung nach Abschluss der Ausbildung anzeigt,
- dd)
bis dahin jede Verlegung des Wohnsitzes mitteilt.
2Der unter diesen Bedingungen ausgesprochene Verzicht ist dem Beamten oder der Beamtin gegen Unterschrift zur Kenntnis zu bringen.
- e)
in den Fällen der Buchst. b und d eine Verwendung des Beamten oder der Beamtin im öffentlichen Dienst nach der Ausbildung trotz nachgewiesener Bemühungen aus von ihm oder ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist (siehe Nr. 75.2.8),
- f)
ein Beamter oder eine Beamtin auf eigenen Antrag ausscheidet, um einer Entlassung durch den Dienstherrn wegen eines von dem Beamten oder der Beamtin nicht zu vertretenden Grundes zuvorzukommen,
- g)
ein Beamter oder eine Beamtin aus Anlass der Eheschließung innerhalb von sechs Monaten oder aus Anlass der Geburt eines Kindes spätestens mit Ablauf einer Elternzeit ausscheidet, um sich überwiegend der Haushaltsführung beziehungsweise der Erziehung und Betreuung des Kindes zu widmen.
75.2.6
1Die Rückforderung richtet sich nach Art. 15 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 812 ff. BGB; sie obliegt dem Dienstherrn, der die Anwärterbezüge gezahlt hat. 2Die Entscheidung trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle.
75.2.7
1Wechselt ein Beamter oder eine Beamtin vor Erfüllung der Auflagen zu einem anderen Dienstherrn, so ist dieser über die noch abzuleistende Mindestdienstzeit zu unterrichten. 2Der aufnehmende Dienstherr hat dem Dienstherrn, der die Anwärterbezüge gezahlt hat, ein vorzeitiges Ausscheiden mitzuteilen.
75.2.8
Zu Nr. 75.2.5 Buchst. e wird auf Folgendes hingewiesen:
75.2.8.1.1
1Der Begriff der „nicht zu vertretenden Gründe“ stellt nicht auf den engeren Begriff „fehlenden Verschuldens“ als einem in der Regel pflichtwidrigen, subjektiv vorwerfbaren Verhaltens ab. 2Er ist auf der anderen Seite nicht gleichzusetzen mit dem weiten Begriff der „nicht in der Person des Beamten oder der Beamtin liegenden Gründe“. 3Der Begriff ist vielmehr im Hinblick auf den Normzweck des Art. 75 Abs. 2 auszulegen. 4Dieser will zum einen sicherstellen, dass Anwärter und Anwärterinnen keine finanziell unangemessenen Vorteile gegenüber solchen Studierenden haben, die ihr Studium nicht im Beamtenverhältnis ableisten und denen daher während ihrer Ausbildung keine Anwärterbezüge zustehen. 5Weiter bezweckt die Regelung, dass die Kosten, die der Dienstherr in Unterhalt und Ausbildung dieser Anwärter und Anwärterinnen investiert, zu einem Mindestmaß rentierlich sind. 6Der Begriff der „nicht zu vertretenden Gründe“ ermöglicht daher eine angemessene Risikoabschichtung.
75.2.8.1.2
1Ein in der Willenssphäre des oder der Berechtigten liegendes Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ist hiernach grundsätzlich von ihm oder ihr „zu vertreten“. 2Bricht er oder sie eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst vor Ablauf der Mindestdienstzeiten ab, so fällt dies im Grundsatz in seinen oder ihren Risikobereich. 3Kommt es später nicht tatsächlich zu einer Neueinstellung in den öffentlichen Dienst, ist daher in aller Regel ein Rückforderungsverzicht ausgeschlossen. 4Denn die Notwendigkeit, entsprechend Nr. 75.2.5 Buchst. d und e nach dem weitergehenden Studium eine Neueinstellung überhaupt versuchen zu müssen, ist in der frei gewählten Entscheidung des oder der ehemaligen Berechtigten begründet, ein Studium vor Ablauf der Mindestdienstzeit im öffentlichen Dienst zu beginnen. 5Sie ist also gerade typisches Risiko einer Studienaufnahme vor Ablauf der Mindestdienstzeit.
75.2.8.1.3
1„Nicht zu vertretende Gründe“ können daher nur in sehr restriktiv zu sehenden Ausnahmefällen angenommen werden, insbesondere solchen, in denen sich nicht das typische Risiko verwirklicht hat, das mit dem vorzeitigen Abbruch der Tätigkeit im öffentlichen Dienst verbunden ist, die vielmehr ganz überwiegend einem anderen Risikobereich zuzurechnen und ohne Rücksicht auf den damals frei gefassten Entschluss zum Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst eingetreten sind. 2Das ist etwa der Fall bei zwischenzeitlich eingetretener, eine Neueinstellung hindernder Krankheit, wenn ohne die Krankheit einer Einstellung kein nennenswertes Hindernis entgegenstünde. 3Es ist nicht der Fall bei einer zwischenzeitlich verschlechterten Einstellungssituation.
75.2.8.2.1
1Liegen ausnahmsweise „nicht zu vertretende Gründe“ vor, gewinnt das Merkmal der „nachgewiesenen Bemühungen“ Relevanz. 2Nach beendeter Ausbildung ist der oder die ehemalige Berechtigte danach gehalten, sich in zumutbarem Maß um eine Einstellung in den öffentlichen Dienst zu bemühen. 3Es muss glaubhaft dargelegt werden, dass auf eine der Bewerberlage und Stellensituation angemessene Zahl ernsthafter Bewerbungen keine Einstellungszusage erreicht wurde. 4Im Rahmen der Zumutbarkeit kann dabei von dem Bewerber oder der Bewerberin auch ausreichende Mobilität verlangt werden, wenn eine Einstellung in den öffentlichen Dienst andernorts möglich erscheint.
75.2.8.2.2
1An der Ernsthaftigkeit einer Bewerbung fehlt es, wenn sie nicht erkennbar mit dem Ziel der Einstellung eingereicht wird. 2Ohne Berücksichtigung bleiben also Bewerbungen, wenn der oder die ehemalige Berechtigte mit der Ablehnung der Bewerbung rechnet oder rechnen muss, insbesondere wenn die Bewerbung nur zum Zweck des Nachweises der Bemühung um Einstellung erfolgt. 3Ein solcher Fall kann auch dann gegeben sein, wenn der Anwärter oder die Anwärterin keine nennenswerten Anhaltspunkte dafür anführen kann, dass die konkret angeschriebene Stelle zum Zeitpunkt der Bewerbung entsprechenden Bedarf gehabt haben könnte. 4Dies bleibt insbesondere im Fall von Blind- oder Initiativbewerbungen in jedem Einzelfall besonders sorgfältig und kritisch zu prüfen.
75.2.8.2.3
1Für die Frage der Ernsthaftigkeit von Bemühungen um eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst können im Wege einer Gesamtschau auch andere Indizien herangezogen werden, die darauf schließen lassen, dass der betreffende Anwärter oder die betreffende Anwärterin eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht aufrichtig anstrebt. 2Aufgrund ihres regelmäßig geringen Aussagewertes ist jedoch hier besondere Sorgfalt angezeigt.