Inhalt

VollzBekLStVG
Text gilt ab: 01.02.2025

9.   Richtung der Maßnahmen

9.1  

Art. 9 entspricht inhaltlich den Art. 7, 8 und 10 PAG.

9.2  

1Eine Gefahr oder Störung verursacht derjenige, der durch sein Verhalten oder seinen Zustand allein oder im Zusammenwirken mit anderen die Gefahr oder Störung hervorruft (Handlungsstörer beziehungsweise Handlungsverantwortlicher). 2Dabei werden weder Verschulden noch Schuldfähigkeit oder Rechtswidrigkeit vorausgesetzt.

9.3  

Die Aufsicht über eine Person hat derjenige, dessen Verantwortung die Person rechtlich oder tatsächlich anvertraut ist.

9.4  

Inhaber der tatsächlichen Gewalt im Sinn von Art. 9 Abs. 2 ist derjenige, der aufgrund eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache besitzt (Zustandsstörer beziehungsweise Zustandsverantwortlicher).

9.5  

1Soweit nach Art. 9 Abs. 1 und 2 Maßnahmen auch gegen andere Verantwortliche zulässig sind, obliegt der Sicherheitsbehörde ein Auswahlermessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vergleiche Art. 8) und nach pflichtgemäßem Ermessen (vergleiche Art. 40 BayVwVfG). 2Dabei ist in erster Linie zu berücksichtigen, wie die öffentliche Sicherheit oder Ordnung am ehestmöglichen aufrechterhalten werden kann. 3Zum Verhältnis zwischen Handlungs- und Zustandsverantwortlichkeit wird auf die Nrn. 8.9 und 9.3 der Bekanntmachung über den Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes hingewiesen.

9.6  

1Nach Art. 9 Abs. 3 können die Sicherheitsbehörden Maßnahmen gegen Unbeteiligte (Nichtstörer beziehungsweise Nichtverantwortliche) richten, wenn weder ein Vorgehen gegen die Verantwortlichen noch eigene Maßnahmen möglich, ausreichend oder zulässig sind. 2Es handelt sich hier aber um eine eng auszulegende Ausnahmenvorschrift für Hilfeleistungen in besonderen Gefahren- oder Notsituationen, wie zum Beispiel bei der Beschlagnahme von Unterkünften im Einzelfall für die Notunterbringung von Obdachlosen. 3Eine unmittelbare Maßnahme nach Art. 7 Abs. 3 ist dann nicht möglich, wenn die Schwierigkeit der Maßnahme besondere Sachkenntnisse oder technische Mittel erfordert, über welche weder die Sicherheitsbehörde noch die Polizei noch der vertraglich Beauftragte verfügen, während ein Unbeteiligter sie besitzt. 4Eine Maßnahme nach Art. 7 Abs. 3 ist nicht ausreichend, wenn durch den Einsatz der Sicherheitsbehörde, der Polizei oder eines vertraglich Beauftragten nur ein Teilerfolg, durch die hoheitliche Inanspruchnahme eines Unbeteiligten hingegen der volle Erfolg erzielt werden könnte.

9.7  

1Eine Gefährdung des Unbeteiligten an Leben oder Gesundheit im Sinn von Art. 9 Abs. 3 ist jede objektiv erkennbare Lebensgefahr oder nicht nur geringfügige Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit. 2Andere Pflichten im Sinn von Art. 9 Abs. 3 sind gegen die vorliegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwägen. 3Dabei wiegt eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit stets schwerer als eine solche für Sachwerte; eine bereits eingetretene Störung kann gewichtiger sein als eine lediglich drohende Gefahr. 4Ausschlaggebend ist die höherwertige Verpflichtung des Betroffenen (vergleiche Art. 10 Abs. 1 Nr. 4 PAG, Nrn. 10.3 und 10.4 der Bekanntmachung über den Vollzug des Polizeiaufgabengesetzes).