Inhalt

Text gilt ab: 27.01.2003
Fassung: 28.08.1978
34
Zu Art. 34 (besondere Bestimmungen über den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen)

34.1

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Erhebung personenbezogener Daten in oder aus Wohnungen ist nur unter den in Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 genannten Voraussetzungen zulässig. Wegen des schwerwiegenden Grundrechtseingriffes (Art. 13 GG, Art. 106 Abs. 3 BV) kommt eine Erhebung personenbezogener Daten durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn dies zur Abwehr unmittelbar bevorstehender Gefahren für die in Abs. 1 Nr. 1 genannten besonders schutzwürdigen Rechtsgüter oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Verbrechen oder Vergehen im Sinne von Art. 34 Abs. 1 Nr. 2 erforderlich ist. Es müssen somit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Verdächtigen Verbrechen oder gewerbs-, gewohnheits- oder bandenmäßig Vergehen im Sinne des Art. 30 Abs. 5 begehen werden.

34.2

Zum Begriff der Wohnung vgl. Nr. 23.3.

34.3

Die Maßnahme darf nur durch den zuständigen Richter beim Amtsgericht angeordnet werden. Nach Abs. 2 Satz 2 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Wohnung liegt (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 2). Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend (Art. 24 Abs. 1 Satz 3). Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen; sie kann um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate verlängert werden. In Ausnahmefällen, z.B. im Rahmen von umfangreichen Strukturermittlungen, besteht somit nach Abs. 2 Satz 1 eine - gegebenenfalls auch wiederholte - Verlängerungsmöglichkeit.

34.4

Bei Gefahr im Verzug (vgl. 24.1) kann die Maßnahme vorläufig auch durch die in Art. 33 Abs. 5 genannten Dienststellenleiter angeordnet werden. Eine Delegation der Anordnungsbefugnis innerhalb des Landeskriminalamtes, der Landespolizeipräsidien sowie der Polizei- oder Kriminaldirektionen ist nicht möglich; Dienststellenleiter ist im Vertretungsfall auch der vom Staatsministerium des Innern bestellte Vertreter. Entsprechend den Vorgaben aus Art. 13 Abs. 4 des Grundgesetzes sieht Abs. 2 Satz 4 vor, dass in allen Fällen einer Eilentscheidung des Behördenleiters zwingend die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen ist.

34.5

Nach Abs. 3 bedarf es einer richterlichen Anordnung ausnahmsweise dann nicht, wenn die technischen Mittel ausschließlich zum Schutz der im polizeilichen Einsatz tätigen Personen mitgeführt oder verwendet werden (z.B. Personenschutzsender), da in diesen Fällen das technische Gerät ausschließlich dem persönlichem Schutz für Leib und Leben der eingesetzten Personen dient. Nach Art. 13 Abs. 5 Satz 1 des Grundgesetzes bedarf es jedoch der gesetzlichen Bestimmung der Stelle, die den Einsatz von Personenschutzsendern in Wohnungen anordnet. Das Gesetz bestimmt durch die Verweisung auf Art. 33 Abs. 5 Sätze 1 und 2 insoweit den Leiter eines Landespolizeipräsidiums oder einer Polizei- oder Kriminaldirektion oder den Präsidenten des Landeskriminalamtes beziehungsweise den von diesem beauftragten Abteilungsleiter. Entsprechend Art. 33 Abs. 5 Satz 3 kann die Anordnungskompetenz im Eilfall durch den Präsidenten des Landeskriminalamtes oder den Leiter eines Polizeipräsidiums beziehungsweise einer Direktion innerhalb der Behörde weiter übertragen werden. Die Bestimmung der anordnenden Stelle orientiert sich damit an der Regelung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung (vgl. Nr. 33.8). Hierdurch wird im Regelfall gewährleistet, dass die Zulassung des zum Schutz bei einem polizeilichen Einsatz tätiger Personen eingesetzten Personenschutzsenders von derselben Stelle angeordnet wird wie der Einsatz von Polizeibeamten unter einer Legende (verdeckter Ermittler) nach Art. 33 Abs. 1 Nr. 3. Aufzeichnungen, die mit Hilfe des Personenschutzsenders gefertigt wurden, sind unverzüglich nach Ablauf des Einsatzes zu löschen, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten oder zur Gefahrenabwehr benötigt werden. Die nach Abs. 3 Satz 2 erforderliche richterliche Entscheidung vor Verwertung entsprechender Erkenntnisse zu Zwecken der Gefahrenabwehr umfasst in ihrem Prüfungsumfang nur die Rechtmäßigkeit des Einsatzes des Personenschutzsenders; ob im Übrigen die Voraussetzungen für die Anordnung eines verdeckten Einsatzes technischer Mittel in oder aus Wohnungen nach Art. 34 Abs. 1 vorlagen, bleibt unbeachtlich. Die Verwertung entsprechend gewonnener Erkenntnisse zu Zwecken der Strafverfolgung richtet sich nach Art. 13 Abs. 5 des Grundgesetzes in Verbindung mit der Strafprozessordnung.

34.6

Bild- und Tonaufzeichnungen, die mittels eines selbsttätigen Aufzeichnungsgerätes in oder aus Wohnungen angefertigt wurden und nur Personen betreffen, gegen die sich die polizeilichen Maßnahmen nicht richteten, sind unverzüglich zu vernichten, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden (Abs. 4).

34.7

Nach Abs. 5 ist der Betroffene von der Maßnahme zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, der eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten, der Möglichkeit ihrer weiteren Verwendung oder der öffentlichen Sicherheit geschehen kann.
Die Benachrichtigung unterbleibt nach Abs. 5 Satz 2, wenn wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden ist; von diesem Zeitpunkt an gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung.
Die Unterrichtungspflicht bei Gefahrenabwehrmaßnahmen obliegt der Polizei; sie hat das anordnende Gericht vor der Unterrichtung des Betroffenen zu beteiligen.

34.8

Von der Berichtspflicht des Absatzes 6 sind alle technischen Überwachungsmaßnahmen in Wohnräumen zu präventiv-polizeilichen Zwecken erfasst, soweit sie richterlich überprüfungsbedürftig sind. Dies sind neben der Anordnung technischer Maßnahmen zur Wohnraumüberwachung zu präventiv-polizeilichen Zwecken auch die Einsätze eines Personenschutzsenders, bei denen die Erkenntnisse anschließend zu anderen präventiven Zwecken verwendet werden. Erfolgt eine Verwertung zu repressiven Zwecken, richten sich die Berichtspflichten nach der Strafprozessordnung.

34.9

Eingriffe in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis sind nur aufgrund der bundesrechtlichen Vorschriften zulässig. Telefonüberwachungen und Postbeschlagnahme können nicht auf das PAG gestützt werden.