Inhalt

Text gilt ab: 27.01.2003
Fassung: 28.08.1978
15
Zu Art. 15 (Vorladung)

15.1

Absatz 1 Nr. 1 setzt voraus, dass im Einzelfall Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Die polizeiliche Aufgabe in diesem Sinn kann sich auch aus anderen Rechtsvorschriften ergeben; jedoch nicht aus der StPO oder dem OWiG. Eine Vorladung zum Zweck einer allgemeinen Ausforschung ist nicht zulässig. Eine Vorladung ist nicht erforderlich und damit unzulässig, wenn die gewünschte Aufklärung auf anderem Wege rechtzeitig und ohne größeren Aufwand beschafft werden kann. Als Betroffene kommen auch Nichtverantwortliche in Betracht.
Da der Vorgeführte nicht verpflichtet ist, zur Sache auszusagen, ist eine Vorladung auch dann nicht zulässig, wenn die Personalien des Betroffenen bekannt sind und nach den Umständen nicht zu erwarten ist, dass der Betroffene zur Sache Angaben macht.

15.2

Von der Angabe des Grundes der Vorladung kann abgesehen werden, wenn dadurch der Vorladungszweck gefährdet würde. Eine Pflicht nach Absatz 2 Satz 2 besteht nicht, wenn das öffentliche Interesse an einer sofortigen Auskunft (Intensität oder Ausmaß der Gefahr, die abgewehrt werden soll) das private Interesse des Betroffenen (berufliche und sonstige Verpflichtungen, Verkehrsverhältnisse) überwiegt.

15.3

Zur zwangsweisen Durchsetzung (insbesondere Vorführung) einer auf Art. 15 Abs. 1 beruhenden Vorladung ist die Polizei nur in den Fällen des Absatzes 3 befugt. Zur Zeit der zwangsweisen Durchsetzung der Vorladung müssen neben den Voraussetzungen des Absatzes 3 auch die nach Absatz 1 noch gegeben sein. Auch Absatz 2 ist bei der zwangsweisen Durchsetzung von Vorladungen zu beachten.
Ein hinreichender Grund, einer Vorladung nicht Folge zu leisten, kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Betroffene krank oder zu dem Zeitpunkt, für den er vorgeladen ist, durch unaufschiebbare berufliche oder persönliche Angelegenheiten verhindert ist. Freilich findet insoweit eine Güterabwägung statt: Bei großer Intensität der Gefahr, die durch die Befragung (Vorladung) abgewendet werden soll, müssen unter Umständen auch wichtige berufliche und persönliche Angelegenheiten zurücktreten.

15.4

Wegen der Mittel zur Durchsetzung der Vorladung (Abs. 3) wird auf die Art. 53* ff. hingewiesen. Polizeilich angeordnete und durchgeführte Vorführungen unter Anwendung unmittelbaren Zwangs stellen bei kurzer Dauer im Allgemeinen keine Freiheitsentziehungen, sondern lediglich Freiheitsbeschränkungen nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes dar. Der Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes greift für sie deshalb nicht ein.

15.5

Art. 14 * begründet keine Pflicht für den Betroffenen, vor der Polizei auszusagen. Aus Art. 11 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit den Art. 7, 8 und 10 kann sich jedoch die Befugnis zu einer Anordnung ergeben, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu erteilen. Die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Aussageverweigerungsrechte sind sinngemäß anzuwenden. Als Mittel zur Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs kommt nur das Zwangsgeld in Betracht. Soweit die Verweigerung der Auskunft eine unterlassene Hilfeleistung im Sinn des § 330 c Strafgesetzbuch darstellen könnte, soll der Betroffene, wenn er zunächst die Auskunft verweigert, auf diese Strafvorschrift hingewiesen werden.

* [Amtl. Anm.:] Nichtamtliche Anpassung an die neue Artikelfolge des PAG.