Inhalt

Text gilt ab: 27.01.2003
Fassung: 28.08.1978
19
Zu Art. 19 (Behandlung festgehaltener Personen)

19.1

Dem in Gewahrsam Genommenen ist der Grund des Gewahrsams zum frühestmöglichen Zeitpunkt bekannt zugeben, nicht erst beispielsweise auf der Dienststelle. Die Bekanntgabe setzt voraus, dass der Betroffene physisch in der Lage ist, die Mitteilung zu verstehen. Zur Bekanntgabe des Grundes gehört auch die Mitteilung, aus welchem Sachverhalt die Polizei die Berechtigung zur Freiheitsentziehung herleitet. Die Rechtsgrundlage braucht nicht in Einzelheiten erörtert zu werden. Sofern eine richterliche Entscheidung herbeigeführt wird, ist auch dies dem Betroffene unverzüglich mitzuteilen.

19.2

Zu den Vertrauenspersonen, die gemäß Absatz 2 benachrichtigt werden dürfen, zählen vor allem Rechtsanwälte, Angehörige, Freunde, Verlobte. Wird die Benachrichtigung von der Polizei übernommen, soll eine möglichst schnelle Unterrichtung gewährleistet werden (fernmündlich, Telegramm).
Das Benachrichtigungsrecht des Betroffenen darf den Zweck der Freiheitsentziehung nicht vereiteln. Der Zweck wird beispielsweise dann gefährdet, wenn durch die Benachrichtigung die Unterbindung einer beabsichtigten Straftat in Frage gestellt würde. Eine Benachrichtigung ist zu verweigern, wenn das Benachrichtigungsrecht offensichtlich missbraucht werden soll (Benennung einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die zum Betroffenen in keinerlei Beziehungen steht).
Der Betroffene ist auf sein Benachrichtigungsrecht hinzuweisen. Wünscht der Betroffene keine Benachrichtigung, so ist dem Rechnung zu tragen, wen es sich nicht um Fälle des Absatzes 2 Satz 4 handelt.
Ist jemand allein wegen Trunkenheit in Gewahrsam genommen worden, so sollen die Angehörigen im Allgemeinen nicht während später Nachtstunden durch die Polizei verständigt werden. Eine Benachrichtigung erübrigt sich, wenn die Vertrauensperson erst nach der Beendigung des polizeilichen Gewahrsams erreicht werden könnte.

19.3

Von den Vorschriften nach Absatz 3 Satz 1 und 2 darf nur abgewichen werden, wenn tatsächliche Gegebenheiten entgegenstehen. Nach Möglichkeit sollen auch Minderjährige, Kranke und Süchtige gesondert untergebracht werden.
Beschränkungen im Sinn des Absatzes 3 Satz 3 sind beispielsweise Fesselung, Verbot des Schreibens, Entzug mitgeführter Sachen.