Inhalt

Text gilt ab: 27.01.2003
Fassung: 28.08.1978
33
Zu Art. 33 (besondere Mittel der Datenerhebung)

33.1

Absatz 1 enthält Legaldefinitionen für die längerfristige Observation, den verdeckten Einsatz technischer Mittel und den Einsatz von Polizeibeamten als Verdeckte Ermittler. Der Einsatz dieser Mittel und der Einsatz einer Vertrauensperson setzt das Bestehen einer besonderen polizeilichen Gefahr voraus. Soweit die Gefahrenlage auch den gesetzlichen Aufgabenbereich des Landesamtes für Verfassungsschutz tangiert, ist der Einsatz dieser Mittel mit dieser Behörde abzustimmen.

33.2

Der Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Abs. 1 kann gegenüber dem Betroffenen einen erheblichen Eingriff in dessen Grundrechte (allgemeines Persönlichkeitsrecht und Unverletzlichkeit der Wohnung) darstellen. Die in Art. 33 und 34 enthaltenen materiellen und formellen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung gehen deshalb von einer Stufenregelung aus, die sich an der Intensität des jeweiligen Grundrechtseingriffs bemisst. Die polizeirechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit sind strikt zu beachten. Soweit zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen (§ 152 Abs. 2 StPO), gilt die Strafprozessordnung.

33.3

Der Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. V-Personen sind keine staatlichen Organe, sondern Private ohne Hoheitsbefugnisse. Die Inanspruchnahme von V-Personen im Bereich der Gefahrenabwehr ist unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 1 Nr. 1 und des Art. 30 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 zulässig. Daneben ist bei der Inanspruchnahme von Vertrauenspersonen die Gemeinsame Bekanntmachung der Staatsministerien der Justiz und des Innern vom 27. März 1986 (MABl 1986 S. 208 ff.) zu berücksichtigen.
Die Inanspruchnahme von V-Personen kommt demnach auch bei der Gefahrenabwehr vor allem im Bereich der Schwerkriminalität, der organisierten und der Rauschgiftkriminalität in Betracht; im Bereich der mittleren Kriminalität bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung des Einzelfalles. Entsprechend Nr. 1.3.2 der Gemeinsamen Bekanntmachung dürfen V-Personen zur Gefahrenabwehr nur in Anspruch genommen werden, wenn die Erfüllung polizeilicher Aufgaben sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Einsatz von Minderjährigen als V-Personen ist nicht zulässig.

33.4

Eine längerfristige Observation (Abs. 1 Nr. 1) ist nach Abs. 2 zulässig, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine kurzfristige Observation ergeben sich aus Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 30 Abs. 2 und 3.

33.5

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen (Abs. 1 Nr. 2) außerhalb von Wohnungen ist nach Abs. 2 zulässig, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise gefährdet oder erheblich erschwert würde.

33.6

Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zum Abhören oder zur Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes (Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz) außerhalb von Wohnungen sowie der Einsatz Verdeckter Ermittler (Abs. 1 Nr. 3) ist unter den in Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 genannten Voraussetzungen zulässig. Betroffen von den Maßnahmen können nach Nr. 1 Störer (Art. 7 und 8) und Nichtstörer (Art. 10) sowie unter den Voraussetzungen der Nr. 2 auch sonstige Personen sein. Nach Abs. 3 Nr. 2 können diese besonderen Mittel der Datenerhebung auch gegen Kontakt- und Begleitpersonen angewandt werden, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung (Art. 30 Abs. 5) erforderlich ist. Kontakt- oder Begleitpersonen sind Personen, die mit Straftatverdächtigen im Sinne von Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung stehen, ohne dass ihre Beteiligung an strafbaren Handlungen für die Polizei zu diesem Zeitpunkt feststellbar ist.

33.7

Die in den Abs. 2 und 3 genannten besonderen Mittel der Datenerhebung dürfen nach Abs. 4 auch dann angewandt werden, wenn es sich nicht vermeiden lässt, dass unbeteiligte Dritte von den Maßnahmen betroffen werden (z.B. Passanten, Besucher).

33.8

Absatz 5 regelt die formellen Voraussetzungen für den Einsatz der besonderen Mittel der Datenerhebung. Mit Ausnahme des verdeckten Einsatzes technischer Mittel zu Anfertigung von Bildaufnahmen (Lichtbildern) ist die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel der Datenerhebung wegen der Schwere des Grundrechtseingriffes den in Abs. 5 Satz 1 genannten Dienststellenleitern oder ihren vom Staatsministerium des Innern bestellten Vertretern vorbehalten (so genannter Behördenleitervorbehalt). Der Präsident des Landeskriminalamtes kann die Anordnungsbefugnis auf die ihm nachgeordneten Abteilungsleiter delegieren. Beim Einsatz von Personenschutzsendern kann für Eilfälle die Anordnungsbefugnis innerhalb des Landeskriminalamtes, eines Landespolizeipräsidiums oder einer Polizei- oder Kriminaldirektion delegiert werden. Dies gilt gleichermaßen für den Einsatz von Personenschutzsendern innerhalb und außerhalb von Wohnungen. Insbesondere wird sich eine Übertragung der Anordnungsbefugnis auf die Leiter der OK-Dienststellen anbieten, weil gerade bei „Ad-hoc-Lagen“ diese Stellen die größere Sachnähe aufweisen werden und regelmäßig eine bessere Erreichbarkeit gewährleisten können.

33.9

Nach Satz 3 hat die Anordnung für eine eventuelle gerichtliche oder datenschutzrechtliche Nachprüfung schriftlich unter Angabe der für sie maßgeblichen Gründe zu erfolgen. Die Schriftform soll den Behördenleiter zu einer kritischen Wertung der vorliegenden Verdachtsgründe veranlassen und seine Entscheidung für eine etwaige gerichtliche Überprüfung nachvollziehbar machen. Die Anordnung ist entsprechend den Grundsätzen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit zu befristen.