Inhalt

Text gilt ab: 27.01.2003
Fassung: 28.08.1978
11
Zu Art. 11 (Allgemeine Befugnisse)

11.1

Polizeiliche Maßnahmen (vgl. Nr. 2.1) bedürfen der besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Solche gesetzliche Ermächtigungen stellen die Art. 11 bis 29* dar.

11.2

Art. 11 Abs. 1 und 2 gelten nicht für Maßnahmen, die in Art. 13 bis 29* typisiert sind.
Die Art. 11 bis 29* sind nicht anzuwenden, soweit die Polizei Aufgaben erfüllt, die ihr durch andere Rechtsvorschriften zugewiesen sind, soweit diese Rechtsvorschriften die Polizei zu diesen Maßnahmen ermächtigen. Sind der Polizei durch andere Rechtsvorschriften Aufgaben zugewiesen und enthalten diese Rechtsvorschriften keine entsprechende Befugnisregelung für die Polizei, so können die Art. 11 bis 29* angewendet werden, soweit die Regelung der anderen Rechtsvorschrift nicht abschließend ist. Die Strafprozessordnung, das Gerichtsverfassungsgesetz und das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten enthalten - abgesehen von der Anwendung unmittelbaren Zwangs - eine abschließende Regelung der polizeilichen Befugnisse auf dem Gebiet der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten.

11.3

Soweit die Art. 11 bis 29* für den polizeilichen Vollzug anderer Rechtsvorschriften gelten, sind auch die Art. 4 bis 10 zu beachten.

11.4

Gefahr im Sinn des Absatzes 1 und des Absatzes 2 Nr. 3 ist die konkrete Gefahr. Darunter ist eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden (einer Verletzung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung) führt. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Der Eintritt des Schadens braucht nicht unmittelbar bevorzustehen.
Gefahr in diesem Sinn ist auch die so genannte Anscheinsgefahr, also eine Sachlage, die bei verständiger Betrachtung objektiv den Anschein oder den dringenden Verdacht einer Gefahr erweckt.
Zur Gefahrenabwehr gehört auch die Beseitigung einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung (Störung) der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, wenn von ihr eine fortwirkende Gefährdung für diese Rechtsgüter ausgeht. Eine Gefahr in diesem Sinn ist auch gegeben, wenn der Tatbestand einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verwirklicht wird, ohne dass im Einzelfall eine zusätzliche konkrete Gefahr vorzuliegen braucht.

11.5

Art. 11 Abs. 2 erläutert den Begriff der Gefahrenabwehr im Sinn des Absatzes 1 beispielhaft. Diese nicht abschließende gesetzliche Definition des Begriffs der Gefahrenabwehr, die sich an das bisherige bayerische Polizeirecht anlehnt, deckt mit ihren Beispielen den Bereich nach Absatz 1 nahezu völlig ab. Die Polizei wird daher bei der Anwendung des Art. 11 Abs. 1 fast immer die Kriterien nach Absatz 2 zugrunde legen können. Soweit Absatz 1 über Absatz 2 hinausgeht, wird es sich im Wesentlichen um Gefahren für die öffentliche Ordnung handeln.
Aus Absatz 2 Nr. 2 folgt, dass durch eine Straftat, Ordnungswidrigkeit oder verfassungsfeindliche Handlung verursachte Zustände eine fortwirkende Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen.
Eine Handlung ist dann darauf gerichtet, die verfassungsmäßige Ordnung im Sinn des Art. 11 Abs. 2 Satz 4 „auf verfassungswidrige Weise“ zu stören oder zu ändern, wenn durch sie eine Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung angestrebt wird, die durch die Verfassung nicht zugelassen ist (vgl. Art. 79 GG).

* [Amtl. Anm.:] Nichtamtliche Anpassung an die neue Artikelfolge des PAG.