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RiVASt
Text gilt ab: 01.01.2017
Fassung: 18.09.1984
Nummer 40
Amtsrichterliche Vernehmung eines nicht aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls vorläufig Festgenommenen (§ 22 IRG)
(1) 1Das Amtsgericht führt die Vernehmung der vorläufig festgenommenen Person nach § 22 Absatz 2 IRG durch (vgl. zum Antrag Muster Nummer 6). 2Das Amtsgericht prüft, ob die festgenommene Person mit der gesuchten Person identisch ist, und summarisch, ob die Voraussetzungen der §§ 15 und 16 IRG vorliegen1. 3Bestehen insoweit Zweifel, sind diese mit der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft zu erörtern. 4Es widerspricht nicht dem Artikel 104 des Grundgesetzes, dass die verfolgte Person bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts ohne Haftbefehl festgehalten wird.
(2) 1Die verfolgte Person ist über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung nach § 22 Absatz 3 Satz 3, § 21 Absatz 6 IRG zu belehren. 2Sie soll dabei darauf hingewiesen werden, dass diese zu einer wesentlichen Verfahrensbeschleunigung führt (die Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht erforderlich; darüber hinaus muss der Eingang der Auslieferungsunterlagen nicht abgewartet werden). 3Die verfolgte Person ist ferner darüber zu belehren, dass die vereinfachte Auslieferung mit Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes (§ 41 Absatz 1 IRG) erfolgen kann, welche Rechtsfolgen damit verbunden sind, sowie dass ihr Einverständnis mit der vereinfachten Auslieferung und ihre Erklärung des Spezialitätsverzichts unwiderruflich sind. 4Die Belehrung muss jeweils vor der Äußerung der verfolgten Person erfolgen und auch so protokolliert werden.
(3) Ist die Auslieferung nur mit Zustimmung der verfolgten Person zulässig (§ 80 Absatz 3 IRG), so soll sie bei ihrer Belehrung auch auf die Möglichkeit, dass ein Vollstreckungshilfeersuchen auch ohne ihr Einverständnis bewilligt werden kann, hingewiesen werden.
(4) 1Das Amtsgericht hat die Freilassung oder die Festnahme anzuordnen. 2Wird die verfolgte Person nicht freigelassen, veranlasst das Amtsgericht die Überführung der verfolgten Person in die zuständige Untersuchungshaftanstalt. 3In dem Aufnahmeersuchen ist anzugeben, dass es sich um eine Festnahme nach § 19 IRG handelt und die weitere Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft zusteht. 4Das Amtsgericht übersendet die Vernehmungsniederschrift mit den übrigen Vorgängen unverzüglich und unmittelbar der Generalstaatsanwaltschaft. 5Hat sich die verfolgte Person mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt, teilt dies das Amtsgericht zusätzlich vorab der Generalstaatsanwaltschaft fernmündlich oder per Telefax mit. 6Diese führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Anordnung der Auslieferungshaft herbei, falls sie nicht die Freilassung der festgenommenen Person verfügt.

1 [Amtl. Anm.:] Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16. September 2010 (2 BvR 1608/07).