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KSRKern
Text gilt ab: 01.01.2016

4.   Objektbezogene Planungen der Katastrophenschutzbehörden

4.1   Allgemeiner Katastrophenschutzplan

Einsatzgrundlage für von den Katastrophenschutzbehörden in Bayern zu veranlassende Maßnahmen der Gefahrenabwehr ist der allgemeine Katastrophenschutzplan, der von den Kreisverwaltungsbehörden und den Regierungen nach dem vom StMI eingeführten einheitlichen Muster aufzustellen ist.

4.2   Objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderpläne

1Die besonderen nuklearspezifischen Gefahren, die dadurch entstehen, dass nach einem Unfall in einer kerntechnischen Anlage möglicherweise radioaktive Stoffe in die Umgebung freigesetzt werden, erfordern zusätzliche Schutz- und Abwehrmaßnahmen des Katastrophenschutzes. 2Sie sind in einem besonderen, objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplan entsprechend Nr. 3 der Rahmenempfehlungen zusammenzufassen. 3Die Gliederung aller objektbezogenen Sonderpläne ergibt sich aus der Anlage 1. 4Liegen mehrere kerntechnische Anlagen innerhalb eines Radius von einem Kilometer, so ist für diese Objekte ein gemeinsamer Plan zu erstellen. 5Dabei ist sicherzustellen, dass die jeweiligen Alarm- und Meldewege und anlagenspezifischen Schutz- und Abwehrmaßnahmen für jede kerntechnische Anlage gesondert berücksichtigt werden.

4.3   Zuständigkeiten für die objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderplanung

4.3.1   Einsatzleitende Katastrophenschutzbehörden

4.3.1.1   Einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde

1Der Kreisverwaltungsbehörde, auf deren Gebiet sich die kerntechnische Anlage befindet, obliegt entsprechend Art. 2 Abs. 2 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes (BayKSG) die Einsatzleitung für den Fall eines kerntechnischen Unfalls, bei dem möglicherweise radioaktive Stoffe in die Umgebung freigesetzt werden (einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde). 2Die einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde hat zur Erfüllung dieser Aufgabe einen Katastrophenschutz-Sonderplan aufzustellen.

4.3.1.2   Einsatzleitende Regierung

1Sobald die für das Gebiet der kerntechnischen Anlage zuständige Regierung die Einsatzbereitschaft hergestellt hat, soll die Regierung die Einsatzleitung entsprechend Art. 2 Abs. 2 BayKSG übernehmen (einsatzleitende Regierung). 2Die Übernahme der Einsatzleitung ist unverzüglich dem Betreiber der betroffenen kerntechnischen Anlage sowie allen an der Bewältigung des Einsatzes beteiligten Katastrophenschutzbehörden, polizeilichen Stellen und sonstigen beteiligten Stellen bekannt zu geben. 3Die einsatzleitende Regierung soll sich, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, bei der Wahrnehmung der Einsatzleitung auf die überörtliche Koordinierung des Einsatzgeschehens sowie alle grundsätzlich zu treffenden Einsatzentscheidungen beschränken. 4Sie kann den Kreisverwaltungsbehörden in ihrem Zuständigkeitsbereich Aufträge zur Durchführung von Einsatzmaßnahmen erteilen. 5Zur Erfüllung dieser Aufgabe hat die einsatzleitende Regierung einen eigenen Katastrophenschutz-Sonderplan aufzustellen. 6Der Plan soll insbesondere die erforderlichen Auftragsblätter und Vorbereitungen enthalten, die notwendig sind, damit die einsatzleitende Regierung im Ereignisfall die Einsatzleitung übernehmen kann und die Maßnahmen nach den Nrn. 11 bis 22 dieser Richtlinien in ihrem Zuständigkeitsbereich durchführen könnte. 7Die konkrete Planung für die Umsetzung der Einsatzmaßnahmen obliegt den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden. 8Die Aufgaben der einsatzleitenden Regierung werden beim Forschungsreaktor FRM II, sofern im Weiteren nicht ausdrücklich anders bestimmt, vom Landratsamt München wahrgenommen.

4.3.2   Benachbarte Katastrophenschutzbehörden der Zentral- und Mittelzone

1Die Kreisverwaltungsbehörden, deren Gebiet ganz oder teilweise im Bereich der Zentral- und Mittelzone (Nr. 4.4.2) um die kerntechnische Anlage liegt (benachbarte Kreisverwaltungsbehörden), haben nach den gleichen Vorgaben wie die einsatzleitende Kreisverwaltungsbehörde objektbezogene Katastrophenschutz-Sonderpläne zur Umsetzung der ihnen zugewiesenen Aufgaben aufzustellen und fortzuführen. 2Diese sind mit den einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörden abzustimmen, siehe Nr. 4.3.1.

4.3.3   Katastrophenschutzbehörden in der Außenzone

1Kreisverwaltungsbehörden, deren Gebiet ganz oder teilweise in der Außenzone (Nr. 4.4.2) um die kerntechnische Anlage liegt, haben auf der Grundlage des Katastrophenschutz-Sonderplans der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2) zur Umsetzung der ihnen darin zugewiesenen Aufgaben Anschlusspläne aufzustellen. 2Soweit Kreisverwaltungsbehörden aus anderen Regierungsbezirken betroffen sind, ist die Planung durch die zuständige Regierung in Abstimmung mit der einsatzleitenden Regierung zu koordinieren.

4.3.4   Alle Katastrophenschutzbehörden in Bayern

Alle Kreisverwaltungsbehörden in Bayern haben Kaliumjodidtabletten-Verteilungspläne nach dem Konzept zur Bevorratung und Verteilung von Kaliumjodidtabletten in Bayern zu erstellen.

4.3.5   Unterstützende Katastrophenschutzbehörden

Kreisverwaltungsbehörden, deren Gebiet außerhalb der Außenzone (Nr. 4.4.2) liegt und die ggf. von den einsatzleitenden Katastrophenschutzbehörden (Nr. 4.3.1) für personelle und materielle Hilfeleistungen planmäßig vorgesehen sind, fassen die aus ihrem Bereich erwarteten Hilfemaßnahmen in einem objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplan, der mit dem Kaliumjodidtabletten-Verteilungsplan verknüpft werden kann, oder in einer Anlage zum allgemeinen Katastrophenschutzplan zusammen (siehe Nr. 4.1).

4.3.6   Koordinierung der Planungen

1Die Koordinierung der objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne obliegt der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2) für ihren Zuständigkeitsbereich. 2Bei der koordinierenden Planung sind Planungsgrundsätze und grundlegende Abläufe vorzugeben, die Belange der Katastrophenschutzbehörden nach den Nrn. 4.3.1 bis 4.3.5 sind zu berücksichtigen und die objektbezogenen Katastrophenschutz-Sonderpläne sind aufeinander abzustimmen. 3Andere betroffene Behörden, Dienststellen und Organisationen sind zu beteiligen.

4.3.7   Regierungsbezirksübergreifende Koordinierung der Planungen

1Dem StMI obliegt die Koordinierung der regierungsbezirksübergreifenden Planungen. 2Zur notwendigen Abstimmung der planmäßigen Vorbereitungen setzt es eine Arbeitsgruppe ein, der unter Vorsitz des StMI alle Regierungen angehören. 3Weitere betroffene Stellen und Organisationen werden einzelfallbezogen beteiligt. 4Die Arbeitsgruppe tagt mindestens einmal jährlich. 5Koordinierungsbedürftige Anliegen sind dem StMI laufend zu übermitteln. 6Einfache Angelegenheiten ohne grundsätzliche Bedeutung für die Grundzüge der Planungen sollen direkt zwischen den zuständigen Katastrophenschutzbehörden abgestimmt werden. 7Das StMI ist jedoch über das Ergebnis der Abstimmungen zu informieren.

4.3.8   Länderübergreifende Koordinierung der Planungen

1Soweit das Planungsgebiet für kerntechnische Anlagen auch Gebiete außerhalb des Freistaats Bayern berührt, führt das StMI unter Beteiligung der einsatzleitenden Regierung (Nr. 4.3.1.2) und ggf. weiterer betroffener Regierungen Verhandlungen mit den dort zuständigen Katastrophenschutzbehörden. 2Entsprechende koordinierungsbedürftige Anliegen sind dem StMI zu übermitteln. 3Einfache Angelegenheiten ohne grundsätzliche Bedeutung für die Grundzüge der Planung sollen direkt zwischen den zuständigen Katastrophenschutzbehörden abgestimmt werden. 4Das StMI ist in diesem Fall über das Ergebnis der Abstimmung zu informieren.

4.4   Planungsgebiete

Für die objektbezogenen Pläne nach den Nrn. 4.3.1 bis 4.3.3 werden unter Berücksichtigung des Gefahrenpotenzials und der Planungszonen in Anlehnung an die Umgebungseinteilung nach Nr. 3.7 der SSK-Rahmenempfehlungen Planungsgebiete für die Maßnahmenplanung definiert.

4.4.1   Grundsätze zur Festlegung der Planungsgebiete

1Die konkreten Planungsgebiete sind durch die einsatzleitende Regierung (Nr. 4.3.1.2) anlagenbezogen festzulegen. 2Die Planungsgebiete müssen so definiert sein, dass im Fall eines kerntechnischen Unfalls die Bevölkerung der Planungsgebiete auf einfache Art und Weise über die zu ergreifenden Maßnahmen informiert werden kann. 3Hierzu sind örtliche Gegebenheiten wie die Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstrukturen bei der Festlegung der Planungsgebiete zu berücksichtigen. 4Die örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörden sind bei der Festlegung der Planungsgebiete zu beteiligen. 5Bei der Festlegung der Zentral- und Mittelzone können auch die betroffenen Gemeinden vor der Festlegung des Planungsgebiets angehört werden.

4.4.2   Planungszonen Kernkraftwerke

Um Kernkraftwerke, die sich noch im Leistungsbetrieb befinden bzw. deren Beendigung des Leistungsbetriebs nicht länger als drei Jahre zurückliegt, sind folgende Planungszonen zu berücksichtigen:
Zone
Abstand vom Kernkraftwerk im Radius von
Zentralzone
0 Kilometer bis ca. 5 Kilometer
Mittelzone
an Zentralzone anschließend bis ca. 20 Kilometer
Außenzone
an Mittelzone anschließend bis ca. 100 Kilometer
Kernkraftwerke, deren Leistungsbetrieb bereits länger als drei Jahre zurückliegt, siehe Nr. 24.

4.4.3   Planungszonen Forschungsreaktor FRM II

Um den Forschungsreaktor FRM II sind folgende Planungszonen zu berücksichtigen:
Zone
Abstand vom Kernkraftwerk im Radius von
Zentralzone
Forschungsgelände der Technischen Universität München um den FRM II
Mittelzone
an Zentralzone anschließend bis ca. 2 Kilometer

4.4.4   Sektoreneinteilung

Die Planungszonen Mittelzone und Außenzone sind in Sektoren von 30° zu unterteilen, wobei diese im Uhrzeigersinn durchnummeriert werden und Sektor 1 symmetrisch zur Nordrichtung liegt.

4.5   Ausweichführungsstellen

1Soweit sich die Führungsstellen der Katastrophenschutzbehörden nach den Nrn. 4.3.1 und 4.3.2 im Gebiet der Zentral- und Mittelzone befinden, ist für den Fall etwaiger Evakuierungen der Zentral- und Mittelzone die Einrichtung von Ausweichführungsstellen in geeigneten Objekten und in ausreichender Entfernung außerhalb dieser Zonen in den Planungen vorzusehen. 2Die Ausweichführungsstelle soll sich in ausreichender Entfernung zum Kernkraftwerk befinden, mindestens 60 Kilometer, und soll bei Betrachtung der durchschnittlichen Wetterlage am Kernkraftwerksstandort nicht in einer der Windrichtungen liegen, in die der Wind im Jahresmittel am häufigsten weht.

4.6   Planungsunterlagen

Zusätzlich zu den anlagenbezogenen Katastrophenschutz-Sonderplänen haben die Katastrophenschutzbehörden Planungsunterlagen entsprechend der Vorgabe der Anlage 2 vorzuhalten.