Inhalt

Text gilt ab: 01.07.2020
Gesamtvorschrift gilt bis: 30.06.2030

3.   Befugnisse

1Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 49 Abs. 2 BayNatSchG sind der Naturschutzwacht in Art. 49 Abs. 3 BayNatSchG bestimmte Befugnisse eingeräumt. 2Daneben bestehen Befugnisse aufgrund einer Beauftragung (§ 52 BNatSchG) sowie die jedermann zustehenden Rechte. 3Vorrangig sollte sich die Naturschutzwacht jedoch vorbeugender und aufklärender Mittel bedienen.

3.1   Befugnisse nach Art. 49 Abs. 3 BayNatSchG

3.1.1  

1Nach Art. 49 Abs. 3 Nr. 1 BayNatSchG kann eine Person zur Feststellung der Identität angehalten werden, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass sie sich einer der in Art. 49 Abs. 2 BayNatSchG genannten Zuwiderhandlungen schuldig gemacht hat. 2Die Feststellung erstreckt sich auf die Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtsort, Geburtstag und Wohnanschrift. 3Zur Prüfung kann das Vorzeigen von Ausweispapieren verlangt werden. 4Gegebenenfalls ist auf § 111 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) hinzuweisen, wonach die Verweigerung der Angaben oder unrichtige Angaben zur Identität eine Ordnungswidrigkeit darstellen. 5Das Anhalten von Personen ausschließlich zur Überwachung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist nicht zulässig; allerdings können Personen angehalten werden, die Straßen oder Straßenstrecken benutzen, auf denen der Verkehr nach § 45 Abs. 1a Nr. 4 oder 4a der Straßenverkehrsordnung (StVO) beschränkt oder verboten ist. 6Vor Einsätzen auf höher klassifizierten Straßen (Staats- und Kreisstraßen) holt die untere Naturschutzbehörde das Einvernehmen der Polizei ein.

3.1.2  

1Kann die Identitätsfeststellung nicht an Ort und Stelle vorgenommen werden oder besteht der Verdacht auf Unrichtigkeit der Angaben zur Person, so hat die Naturschutzwacht das Recht, die angehaltene Person zu einer Polizeidienststelle zu verbringen (Art. 49 Abs. 3 Nr. 2 BayNatSchG). 2Dies ist etwa erforderlich, wenn sich die betroffene Person nicht ausweisen kann und unglaubwürdige Angaben macht. 3Hierbei kommt es immer auf den Gesamteindruck und das Verhalten der betroffenen Person an.

3.1.3  

1Der Platzverweis (Art. 49 Abs. 3 Nr. 3 BayNatSchG) besteht darin, dass eine bestimmte Person von dem Ort weggewiesen wird, an dem sie sich befindet. 2Ein Platzverweis ist zulässig, wenn er geeignet erscheint, Zuwiderhandlungen gegen mit Strafe oder Bußgeld bewährte Vorschriften zu verhüten oder zu unterbinden. 3Der Platzverweis kann sich auch auf Fahrzeuge oder andere Sachen (zum Beispiel auf Tiere) erstrecken, welche die betroffenen Personen bei sich haben.

3.1.4  

1Die Sicherstellung von unberechtigt entnommenem Gut und von bei der Zuwiderhandlung verwendeten Gegenständen (Art. 49 Abs. 3 Nr. 4 BayNatSchG) besteht in der Aufforderung an den Inhaber des Gewahrsams, das Gut beziehungsweise den Gegenstand herauszugeben, wenn anzunehmen ist, dass das Gut unberechtigt entnommen oder durch die Zuwiderhandlung erlangt wurde oder dass der Gegenstand zur Begehung der in Art. 49 Abs. 2 BayNatSchG genannten Zuwiderhandlungen verwendet wurde oder verwendet werden soll. 2Die Sicherstellung kann sich auch auf verwendete Werkzeuge und benutzte Transportmittel erstrecken. 3Über sichergestellte Gegenstände ist ein Verzeichnis anzulegen (Muster siehe Anlage 1). 4Der betroffenen Person ist auf Verlangen eine Durchschrift auszuhändigen.

3.2   Verwarnungsverfahren (§§ 56, 57, 58 OWiG)

3.2.1  

1Nach den §§ 35, 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, § 87 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV), Art. 44 Abs. 2 BayNatSchG ist die untere Naturschutzbehörde für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz oder der aufgrund des Bayerischen Naturschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zuständig. 2Gemäß § 56 Abs. 1 OWiG kann die untere Naturschutzbehörde bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten die betroffene Person verwarnen und ein Verwarnungsgeld von fünf bis fünfundfünfzig Euro erheben. 3Beispielsweise können Verwarnungen erteilt beziehungsweise Verwarnungsgelder erhoben werden im Rahmen der Verfolgung und Ahndung der unbefugten Inanspruchnahme naturschutzrechtlich geschützter Flächen oder von Wegen, die nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben sind. 4Bei Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften – zum Beispiel bei Parkverstößen auf öffentlichem Verkehrsgrund – können dagegen weder Verwarnungen erteilt noch Verwarnungsbußgelder erhoben werden.

3.2.2  

1Gemäß § 57 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG werden Angehörige der Naturschutzwacht hiermit zur Erteilung von Verwarnungen mit Verwarnungsgeld ermächtigt; sie haben sich entsprechend auszuweisen. 2Auf die Ermächtigung ist im Dienstausweis hinzuweisen. 3Die untere Naturschutzbehörde entscheidet nach ihrem Ermessen, ob von der Ermächtigung in ihrem Zuständigkeitsbereich Gebrauch gemacht wird.

3.2.3  

1Für das Verwarnungsverfahren können die Grundsätze der Nrn. 2.2.1, 2.2.5 und 2.2.6 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 12. Oktober 2007 (AllMBl. S. 529) sowie § 56 Abs. 1 OWiG entsprechend herangezogen werden. 2Das Aufkommen der erhobenen Verwarnungsgelder steht nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 5 des Finanzausgleichsgesetzes den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Gemeinden zu.

3.3   Zutritts-, Auskunfts-, Zufahrtsrecht

3.3.1  

Der Naturschutzwacht ist der Zutritt zu einem Grundstück zum Zwecke von Erhebungen gestattet, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind (zum Beispiel bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten), Art. 54 Abs. 1 BayNatSchG.

3.3.2  

1Auch nach § 52 BNatSchG kann den Angehörigen der Naturschutzwacht ein Auskunfts- und Zutrittsrecht zum Zweck von Artenschutzkontrollen zustehen. 2Erforderlich ist eine im Einzelfall erfolgende Beauftragung der Angehörigen der Naturschutzwacht durch die untere Naturschutzbehörde. 3Zu beachten ist, dass lediglich betrieblich oder geschäftlich genutzte Grundstücke, Gebäude, Räume, Transportmittel etc. während der Geschäfts- und Betriebszeiten betreten werden dürfen.

3.3.3  

1Ein Zufahrtsrecht ist durch Art. 54 Abs. 1 BayNatSchG nicht eingeräumt. 2Für das Befahren gesperrter Straßen und Wege gilt: Für Ausnahmen von Vorschriften des Straßenverkehrsrechts ist eine Genehmigung der Straßenverkehrsbehörde erforderlich; im Übrigen (zum Beispiel bei Privat- oder Forstwegen) ist die Zustimmung des Grundeigentümers oder sonstigen Berechtigten einzuholen (vgl. Teil I Nr. 4 und Teil II Nr. 6 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen (Vollzug des Bayerischen Naturschutzgesetzes; Abschnitt „Erholung in der freien Natur“) vom 30. Juli 1976, LUMBl S. 135, LMBl. S. 230).

3.4   Verwaltungszwang

3.4.1  

1Angehörige der Naturschutzwacht sind bei den in den Nrn. 3.1 bis 3.3 genannten Maßnahmen nicht befugt, unmittelbaren Zwang nach Art. 77 ff. des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) anzuwenden; sie sind weder Polizeivollzugsbeamte im Sinne von Art. 1 PAG noch Beamte des Polizeidienstes im Sinne der §§ 163 Abs. 1, 163b der Strafprozeßordnung (StPO), § 53 OWiG noch Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gemäß § 152 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft vom 21. Dezember 1995 (GVBl. 1996 S. 4). 2Über § 46 Abs. 1 und 2 OWiG hat die Verwaltungsbehörde in Bußgeldverfahren allerdings grundsätzlich die Befugnis zur Identitätsfeststellung gemäß der §§ 163b und 163c StPO. 3Bei Beweismitteln und Einziehungsgegenständen kommt ferner auch in Bußgeldverfahren die Beschlagnahme in Betracht (§ 46 Abs. 1 und 2 OWiG in Verbindung mit den §§ 94 bis 98, 111b ff. StPO). 4Diese Befugnisse stehen gemäß Art. 44 Abs. 2 und Art. 49 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG den Angehörigen der Naturschutzwacht zu. 5Dabei ist besonders auf Folgendes hinzuweisen: 6Beim Vorgehen gegen einen Festzuhaltenden und bei der Beschlagnahme von Beweismitteln und Einziehungsgegenständen muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden; dies gilt insbesondere für den – grundsätzlich nicht unzulässigen – Einsatz einfacher körperlicher Gewalt (zum Beispiel Beiseiteschieben, Festhalten, Wegführen einer Person). 7Daher ist die Anwendung von unmittelbarem Zwang nur zulässig, wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen oder bereits missglückt sind. 8Die Anwendung von Waffen (zum Beispiel auch Hiebwaffen, Knüppel) oder das Fesseln sind unzulässig. 9In allen Zweifelsfällen ist die Polizei zuzuziehen.

3.4.2  

1Bei Straftaten steht der Naturschutzwacht wie allen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern nach § 127 Abs. 1 StPO das Recht zur vorläufigen Festnahme zu, wenn jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und wenn er außerdem der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann. 2In diesem Fall kann je nach der Intensität des geleisteten Widerstands auch Gewaltanwendung gerechtfertigt sein, um die betroffene Person festzunehmen und die erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten.

3.4.3  

1Wird die Naturschutzwacht rechtswidrig angegriffen, so kann sie von den jedermann zustehenden Abwehrmöglichkeiten Gebrauch machen (Notwehr und Nothilfe). 2Wer einer oder einem Angehörigen der Naturschutzwacht bei einer Vollstreckungshandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder diese beziehungsweise diesen bei einer Diensthandlung tätlich angreift, kann sich nach den §§ 113 oder 114 StGB strafbar machen.

3.5   Verhältnismäßigkeit

1Bei allen Maßnahmen der Naturschutzwacht ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. 2Danach dürfen die angewandten Mittel nicht außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen; der durch eine Zwangsmaßnahme drohende Schaden darf also nicht außer Verhältnis zu dem vom Täter angerichteten Schaden stehen. 3Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist die am wenigsten beeinträchtigende zu wählen. 4Eine Maßnahme ist zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.