Inhalt

VertrVVollzBek
Text gilt ab: 01.12.2022

6. Rückgriffsansprüche des Freistaates Bayern

6.1 Anhörung des Betroffenen

Wird gegen den Freistaat Bayern ein Anspruch außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht, der einen Rückgriffsanspruch des Freistaates Bayern gegen einen Staatsbediensteten begründen kann, so soll der Betroffene vor einem Anerkenntnis des Anspruchs und vor Abschluss eines Vergleichs gehört werden.

6.2 Streitverkündung

6.2.1 

1Wird gegen den Freistaat Bayern ein Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend gemacht, so hat die Vertretungsbehörde zur Wahrung der Rückgriffsbelange alsbald zu prüfen, ob eine Streitverkündung erforderlich ist. 2Sie wird in der Regel angebracht sein, wenn mit einem Unterliegen des Freistaates Bayern gerechnet werden muss, ein Rückgriffsanspruch voraussichtlich begründet ist und der Bedienstete eine Ersatzpflicht nicht anerkennt. 3Bei der Prüfung des Rückgriffsanspruchs ist die zuständige Beschäftigungsbehörde zu beteiligen.

6.2.2 

Die Streitverkündung soll unterbleiben, wenn
a)
der Bedienstete ausdrücklich erklärt, er wolle ein ergehendes Urteil auch ohne Streitverkündung gegen sich gelten lassen oder
b)
mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass die Rückgriffsforderung in vollem Umfang oder bis auf einen nicht nennenswerten Teil wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners oder aus anderen Gründen voraussichtlich dauernd nicht einziehbar sein wird (vergleiche Art. 59 Abs. 1 Nr. 2 BayHO) oder auch nur eine teilweise Einziehung für den Schuldner eine besondere Härte bedeuten würde (vergleiche Art. 59 Abs. 1 Nr. 3 BayHO). 2Der endgültigen Entscheidung über die Niederschlagung oder über den Erlass durch die nach Haushaltsrecht zuständige Stelle wird damit nicht vorgegriffen.

6.3 Behandlung von Rückgriffsansprüchen

6.3.1 

1Wird ein Anspruch gegen den Freistaat Bayern, wenn auch nur im Wege eines Vergleichs oder zu einem Teilbetrag, für begründet erklärt, so ist die Frage des Rückgriffs gegen die dafür in Betracht kommenden Bediensteten vom Dienstvorgesetzten zu prüfen, sofern nicht bereits ein Erstattungsverfahren eingeleitet ist. 2Dabei sind Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 und Satz 2 sowie Art. 70 des Bayerisches Personalvertretungsgesetzes zu beachten.
3Auf folgende Vorschriften zur Frage, welchem Dienstvorgesetzten diese Prüfungspflicht obliegt, wird hingewiesen:
a)
Anspruchsbehandlungsbekanntmachung .
b)
Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen über die Behandlung von Ansprüchen gegen den Freistaat Bayern und von Rückgriffsforderungen vom 19. Juli 2007 (Az.: Z 1/025-2030-4-A/1/07).

6.3.2 

Erkennt der Bedienstete seine Ersatzpflicht an, so ist zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er zur Ersatzleistung herangezogen werden soll.

6.3.3 

1Bestreitet der Bedienstete seine Ersatzpflicht, obwohl sie zweifelsfrei feststeht, wird regelmäßig geboten sein, im Wege der Aufrechnung gegen die Leistungen des Dienstherrn (Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes – BayBG) Rückgriff zu nehmen. 2Die in Nr. 6.3.1 genannte Stelle teilt der zuständigen Dienststelle des Landesamts für Finanzen (Bezügestelle) die für die Aufrechnung erforderlichen Angaben mit.
3Soweit gegen Bedienstete ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung besteht, ist die Aufrechnung auch gegen den unpfändbaren Teil der Leistungen des Dienstherrn zulässig (Art. 11 Abs. 2 Halbsatz 2 BayBG). 4Die Aufrechnung kann auf einen angemessenen Teil der Dienstbezüge beschränkt werden.
5Die Aufrechnung soll regelmäßig erst erklärt werden, nachdem der Schadensersatzanspruch durch Leistungsbescheid (wegen Art. 34 Satz 3 GG nicht in Rückgriffsfällen, die aus Amtshaftungsfällen folgen) geltend gemacht und unanfechtbar geworden ist oder Leistungsklage gegen den Bediensteten erhoben worden ist und das Urteil rechtskräftig ist. 6Bei eindeutiger Rechtslage kann die Aufrechnung ausnahmsweise unter Verzicht auf das Vorliegen eines Titels (Leistungsbescheid oder Leistungsurteil) erklärt werden.
7Die Vertretung des Freistaates Bayern im Klageverfahren vor den ordentlichen Gerichten (wegen der Rechtswegverweisung in Art. 34 Satz 3 GG für einen Rückgriff in Amtshaftungsfällen) und vor den Verwaltungsgerichten richtet sich nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 VertrV. 8Zur Kostenersparnis wird es sich häufig empfehlen, nur einen Teilbetrag des Rückgriffsanspruches einzuklagen. 9Dies gilt insbesondere dann, wenn nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bediensteten der Rückgriff voraussichtlich nur in beschränktem Umfang durchgeführt werden kann. 10Wegen des Restbetrages ist erforderlichenfalls einer Verjährung bzw. einem Erlöschen (Art. 78 Abs. 1 BayBG, Art. 71 Abs. 2 AGBGB) entgegenzuwirken.
11Die Aufrechnungsmöglichkeit soll nicht dazu benützt werden, in einem gerichtlichen Verfahren die Parteirollen umzukehren. 12Bei zweifelhafter Sach- und Rechtslage wird daher, wenn nicht dadurch die Durchsetzung des Rückgriffsanspruches gefährdet wird, eine Aufrechnung nicht in Betracht kommen.