Inhalt

Text gilt ab: 01.10.2023

5.   Gefahrenabwehr

1Die Kreisverwaltungsbehörde trifft die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen; hinsichtlich der Reihenfolge der Bearbeitung sollen die Bearbeitungsprioritäten (siehe Nr. 5.2) zugrunde gelegt werden. 2Soweit zweckmäßig, sollen die mit Bodenschutzaufgaben betrauten örtlichen Behörden das Vorgehen in einer hierfür gebildeten Arbeitsgruppe abstimmen.

5.1   Schädliche Bodenveränderungen

5.1.1   Bestimmte stoffliche schädliche Bodenveränderungen (Art. 5 Abs. 2 BayBodSchG)

1Bei bestimmten stofflichen schädlichen Bodenveränderungen finden grundsätzlich die Vollzugshinweise für Altlasten und Altlastverdachtsflächen (siehe Nr. 5.2) entsprechende Anwendung. 2Entscheidungen, die sich auf Art. 5 Abs. 2 BayBodSchG stützen, sind in Abdruck über die Regierung an das StMUV zu senden.

5.1.2   Schädliche Bodenveränderungen auf Grund von Bodenerosion durch Wasser oder Wind

1Bei landwirtschaftlich, erwerbsgärtnerisch oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen beurteilen die Kreisverwaltungsbehörde und das AELF einvernehmlich, ob eine schädliche Bodenveränderung auf Grund von Bodenerosion durch Wasser oder Wind nach § 9 Abs. 1 BBodSchV vorliegt. 2Bei landwirtschaftlich genutzten Flächen prüft das AELF gegebenenfalls, ob die sich aus den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis ergebenden Anforderungen an die Gefahrenabwehr eingehalten sind und teilt das Ergebnis der Kreisverwaltungsbehörde mit (Art. 10 Abs. 3 Satz 2 BayBodSchG). 3Sind die Anforderungen nicht erfüllt, empfiehlt das AELF dem betroffenen Landwirt unter Berücksichtigung der Standortgegebenheiten geeignete erosionsmindernde Maßnahmen für die Nutzung der Erosionsfläche (§ 9 Abs. 5 Satz 1 BBodSchV). 4Die Kreisverwaltungsbehörde kann im Einvernehmen mit dem AELF Anordnungen zur Gefahrenabwehr treffen (§ 9 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 BBodSchV).

5.2   Altlasten, Altlastverdachtsflächen

1Die Altlastenbearbeitung erfolgt in einem mehrstufigen und schrittweisen Prozess. 2Aufgrund der Vielzahl an Altlastverdachtsflächen ist ein schrittweises und an Prioritäten orientiertes Vorgehen erforderlich. 3Die erfassten Flächen werden in den Verfahrensschritten Erhebung und historische Erkundung in Bearbeitungsprioritäten eingestuft, um eine fachlich begründete und zeitliche Reihung für die weitere Vorgehensweise zu erreichen.

5.2.1   Amtsermittlung nach § 9 Abs. 1 BBodSchG

1Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) untersucht die Kreisverwaltungsbehörde den Sachverhalt von Amts wegen. 2Sie bedient sich dabei aller in Betracht kommenden Beweismittel im Sinne des Art. 26 BayVwVfG. 3Die betroffenen Grundstückseigentümer und Pflichtigen sind möglichst frühzeitig über die erforderlichen Untersuchungen, Maßnahmen und sonstigen bodenschutzrechtlichen Pflichten zu informieren.

5.2.1.1   Erhebung

Die Kreisverwaltungsbehörde erhebt aufgrund von Mitteilungen nach Art. 1 oder Art. 12 Abs. 2 BayBodSchG Altlasten und schädliche Bodenveränderungen sowie Verdachtsflächen.

5.2.1.2   Katastermäßige Erfassung

1Das Kataster nach Art. 3 Satz 1 BayBodSchG wird vom LfU als behördeninternes Altlasten-, Bodenschutz- und Dateninformationssystem (ABuDIS) zur Erhebung und Bearbeitung von Altlasten, Altlastverdachtsflächen sowie stofflichen schädlichen Bodenveränderungen und deren Verdachtsflächen in Bayern geführt. 2ABuDIS dient zur Erfassung, Dokumentation und behördlichen Abwicklung dieser Flächen im Rahmen der Erhebung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung. 3Die Kreisverwaltungsbehörde trägt die ihr vorliegenden Daten in die dafür vorgesehenen Masken in ABuDIS ein, die Priorisierung erfolgt dann in ABuDIS. 4Das LfU erstellt jährlich zum Stichtag 31. März Übersichten zum Stand des Katasters. 5Zu den zum Stichtag 31. März erfassten Altlasten und Altlastverdachtsflächen, schädlichen Bodenveränderungen sowie deren Verdachtsflächen erstellt das LfU Übersichten über die eingeleiteten, durchgeführten und abgeschlossenen Maßnahmen des Vorjahres.

5.2.1.3   Historische Erkundung

1Zunächst nimmt die Kreisverwaltungsbehörde eine historische Erkundung vor, die Erkenntnisse über die frühere und gegenwärtige Nutzung der Fläche und – soweit erforderlich – eine Grundlage für eine zielgerichtete Beprobungsstrategie liefert. 2Die staatlichen Fachbehörden tragen mit den ihnen vorliegenden Erkenntnissen dazu bei. 3Das WWA unterstützt die Kreisverwaltungsbehörde bei der fachlichen Bewertung der Ergebnisse der historischen Erkundung in Bezug auf den Wirkungspfad Boden – Grundwasser. 4Für die fachliche Bewertung bezüglich des Wirkungspfads Boden – Mensch ist die Kreisverwaltungsbehörde zuständig (Gesundheitsverwaltung); für den Wirkungspfad Boden – Nutzpflanze beteiligt sie die AELF.

5.2.1.4   Orientierende Untersuchung (§ 12 BBodSchV)

1Ziel der orientierenden Untersuchung ist es, auf der Grundlage der Ergebnisse der Erfassung und der historischen Erkundung, mit Hilfe örtlicher Untersuchungen, insbesondere Messungen, festzustellen, ob ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer Altlast oder einer schädlichen Bodenveränderung besteht (§ 12 Abs. 1 BBodSchV). 2Das WWA ist nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 BayBodSchG beim Wirkungspfad Boden – Grundwasser für die Entnahme von Proben (Boden-, Bodenluft- und gegebenenfalls Sickerwasser- und Grundwasserproben), deren Untersuchung und die fachliche Bewertung der Untersuchungsergebnisse sowie der Vorschläge über die gegebenenfalls weiter zu veranlassende Detailuntersuchung zuständig. 3Die Reihenfolge und der jeweilige Umfang der Amtsermittlungen werden zwischen der Kreisverwaltungsbehörde und dem WWA abgestimmt. 4Beim Wirkungspfad Boden – Nutzpflanze beteiligt die Kreisverwaltungsbehörde das AELF, den Pfad Boden – Mensch beurteilt sie selbst als Gesundheitsverwaltung. 5Das WWA übernimmt ergänzend für diese fachlichen Stellen in der orientierenden Untersuchung im Rahmen der Amtshilfe die Entnahme und Untersuchung von Boden- und Bodenluftproben. 6Altlastenuntersuchungen, wie die Entnahme, Untersuchung und Bewertung von Proben (Boden, Bodenmaterial, Bodenluft, Sickerwasser, Grundwasser), die im Rahmen der Bauleitplanung einer Gemeinde notwendig sind, um die Eignung der für eine Bebauung vorgesehenen Flächen festzustellen, obliegen nicht dem WWA, sondern sind Sache der Gemeinde. 7Auf die Unterrichtungspflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 4 BBodSchG wird hingewiesen.

5.2.2   Maßnahmen nach § 9 Abs. 2 BBodSchG

Besteht nach der orientierenden Untersuchung ein hinreichender Verdacht auf das Vorliegen einer schädlichen Bodenveränderung beziehungsweise Altlast, sind von der Kreisverwaltungsbehörde folgende Maßnahmen zu veranlassen:

5.2.2.1   Auswahl des Untersuchungspflichtigen

5.2.2.1.1  
1Sind der Kreisverwaltungsbehörde mehrere – in § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG aufgeführte – Untersuchungspflichtige bekannt, entscheidet sie nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wen sie heranzieht. 2Bei der Ausübung dieses Auswahlermessens sind die Grundsätze des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts zu beachten; im Vordergrund muss dabei das Gebot der effektiven und schnellen Gefahrenabwehr stehen. 3Die Entscheidung für einen von mehreren Verhaltensverantwortlichen setzt nicht den Nachweis voraus, in welchem Umfang jeder von ihnen zu der Verunreinigung beigetragen hat. 4Es genügt, dass der Verpflichtete einen erheblichen Beitrag zu der Verunreinigung geleistet hat.
5.2.2.1.2  
1Bei der Auswahl zwischen Zustands- und Handlungsverantwortlichen ist zu beachten, dass die Zustandshaftung des Eigentümers als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums durch das Übermaßverbot begrenzt ist. 2Zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer an Belastungen zugemutet werden darf, kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 16. Februar 2000 – Az. 1 BvR 242/91) als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dienen. 3Die zumutbare Grenze ist einzelfallbezogen zu bestimmen; sie kann auch unter oder über dem Verkehrswert nach Sanierung liegen. 4Ist die Kostenbelastung wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungswegen begrenzt, muss die Kreisverwaltungsbehörde auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden. 5Diese mögliche Haftungsbegrenzung des Zustandsverantwortlichen kann zu einer vorrangigen, ausnahmsweise sogar ausschließlichen Haftung des Handlungsverantwortlichen führen, beispielsweise wenn die Verunreinigung ausschließlich auf eine eindeutig feststellbare und nicht lange zurückliegende Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung zurückzuführen ist.

5.2.2.2   Detailuntersuchung

1Die Kreisverwaltungsbehörde ordnet nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG an, dass der Untersuchungspflichtige die notwendigen Untersuchungen zur abschließenden Gefährdungsabschätzung, also eine Detailuntersuchung nach § 13 BBodSchV, durchzuführen hat. 2Der Untersuchungspflichtige ist auf seine Informationspflicht nach § 12 BBodSchG hinzuweisen; wird dieser Pflicht nicht oder nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen, können Anordnungen auf § 16 Abs. 1 BBodSchG und Art. 11 BayBodSchG gestützt werden.

5.2.3   Weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierung

1Die weiteren Maßnahmen zur Sanierung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen richten sich nach den §§ 4, 10 und 13 bis 16 BBodSchG in Verbindung mit den entsprechenden Vorschriften der BBodSchV. 2Sie haben sich hinsichtlich des Wirkungspfads Boden – Mensch an der planungsrechtlich zulässigen Nutzung zu orientieren (§ 4 Abs. 4 Satz 1 BBodSchG). 3Soll ein Sanierungsplan für verbindlich erklärt werden, ist das Einvernehmen mit den Behörden, deren Aufgaben berührt werden, herzustellen. 4Die Kreisverwaltungsbehörde stellt die Verbindlichkeit durch Bescheid fest (sogenannte Verbindlichkeitserklärung).

5.2.4   Sicherheitsleistung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BBodSchG) 

1Ordnet die Kreisverwaltungsbehörde zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 BBodSchG Sicherungsmaßnahmen an, soll sie verlangen, dass der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. 2Die Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Kreisverwaltungsbehörde. 3Zu berücksichtigen sind dabei die voraussichtlichen Kosten für die dauerhafte Überwachung der Wirksamkeit der Sicherungsmaßnahme sowie für eine gegebenenfalls erforderliche nachträgliche Wiederherstellung der Sicherungswirkung. 4Die Höhe der Sicherheitsleistung sollte jedoch die Kosten der Sicherungsmaßnahme nicht übersteigen. 5Die Sicherheitsleistung kann durch Hinterlegung des festgesetzten Betrags bei der Kreisverwaltungsbehörde, Nachweis einer entsprechenden Versicherung, Bürgschaft oder durch Bestellung dinglicher Sicherheiten erfolgen. 6Derartige Sicherheitsleistungen werden freigegeben, wenn infolge
a)
einer späteren Sanierung durch Dekontamination oder
b)
natürlicher Abbau- oder Umwandlungsprozesse
die Voraussetzungen für die Festsetzung nicht mehr gegeben sind. 7Entsprechende Nachweise hat die Kreisverwaltungsbehörde vom Verpflichteten anzufordern.

5.2.5   Entlassung

1Der zur Sanierung Verpflichtete hat die Ergebnisse der Sanierung der Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen. 2Die Kreisverwaltungsbehörde entscheidet unter Einbeziehung der zuständigen Fachbehörden über den Abschluss der Dekontaminations- beziehungsweise Sicherungsmaßnahme. 3Der Abschluss einer Sanierung oder die anderweitige Entlassung aus dem Altlastverdacht im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG sind festzustellen. 4Etwaige Nutzungseinschränkungen sind zu dokumentieren. 5Im Fall von Sicherungsmaßnahmen sind Überwachungs- und Eigenkontrollmaßnahmen festzulegen. 6Abdrucke sind an die Betroffenen nach § 12 BBodSchG, die Regierung, das LfU, die WWA, Gemeinden und weitere gegebenenfalls betroffene Behörden zu senden.

5.3   Wertausgleich (§ 25 BBodSchG)

5.3.1   Festsetzung

1Der Wertausgleich ergänzt die Kostenregelung des § 24 BBodSchG für Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten des § 4 BBodSchG, der Sanierungsuntersuchung nach § 13 Abs. 1 und der Erkundung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG. 2Der Einsatz öffentlicher Mittel liegt auch bei einer Förderung durch die Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH (GAB) vor. 3Der Ausgleichsbetrag ist nach Beendigung der Sicherung oder Sanierung durch Verwaltungsakt festzusetzen (§ 25 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG). 4Bei Wohnungseigentumsrechten sind Zahlungen nur nach Bruchteilen zu verlangen. 5Mit der Festsetzung wird der Ausgleichsbetrag fällig und ist erforderlichenfalls nach dem Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz beizutreiben. 6Wenn ein Grundstückseigentümer als Zustandsverantwortlicher wegen der Rechtsprechung des BVerfG vom 16. Februar 2000 – 1 BvR 242/91 nur begrenzt zu den Sanierungskosten herangezogen werden kann, ist dies auch bei der Prüfung eines Wertausgleichsanspruchs im Rahmen der Härtefallregelung des § 25 Abs. 5 BBodSchG zu berücksichtigen. 7Soweit Entscheidungen nach § 25 Abs. 5 Satz 1 BBodSchG zu höheren Finanzzuweisungen nach Art. 7 Abs. 4 Bayerisches Finanzausgleichsgesetz führen, darf von einer Festsetzung des Ausgleichsbetrags nur mit Zustimmung des StMUV ganz oder teilweise abgesehen werden. 8Soweit andere öffentliche Mittel, wie beispielsweise der GAB, von einer Entscheidung nach § 25 Abs. 5 Satz 1 BBodSchG betroffen sind, soll die mittelverwaltende Stelle vorher beteiligt werden.

5.3.2   Bodenschutzlast

1Auf den Ausgleichsbetrag wird durch Grundbuchvermerk hingewiesen. 2Dieser Bodenschutzlastvermerk wird jeweils auf Ersuchen der Kreisverwaltungsbehörde eingetragen und gelöscht (§§ 93a, 93b der Grundbuchverfügung). 3Beide Anträge sind gesetzliche Pflichten und daher keinem Ermessen zugänglich. 4Der Bodenschutzlastvermerk darf nicht mit einer Betragsangabe versehen werden. 5Auskunft über die Höhe entsprechend Art. 29 BayVwVfG sollte nur bei Einverständnis des Grundstückseigentümers beispielsweise einem Kreditgeber gewährt werden. 6Bei im Erbbaurecht genutzten Grundstücken ist von der Bodenschutzlast kein Gebrauch zu machen.