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Verordnung über die Anerkennung als Kur- oder Erholungsort und über die Errichtung des Bayerischen Fachausschusses für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen
(Bayerische Anerkennungsverordnung – BayAnerkV)
Vom 17. September 1991
(GVBl. S. 343, ber. S. 371)
BayRS 2024-1-1-I
Vollzitat nach RedR: Bayerische Anerkennungsverordnung (BayAnerkV) vom 17. September 1991 (GVBl. S. 343, 371, BayRS 2024-1-1-I), die zuletzt durch Verordnung vom 7. März 2025 (GVBl. S. 75) geändert worden ist
Erster Abschnitt Anerkennung von Kurorten
§ 1
Grundsatz für Kurorte
(1) Gemeinden und Gemeindeteile können als Heilbad (§ 3), Kneippheilbad (§ 4), Kneippkurort (§ 5), Schrothheilbad (§ 6), Schrothkurort (§ 7), Waldheilbad (§ 7a), heilklimatischer Kurort (§ 8) oder Ort mit Heilquellen-, Heilstollen-, Peloid- oder Waldkurbetrieb (§ 9) anerkannt werden, wenn die allgemeinen (§ 2) und die artspezifischen (§§ 3 bis 9) Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) 1Eine Anerkennung als Waldheilbad oder Ort mit Waldkurbetrieb kann auch neben einer anderen der in Abs. 1 genannten Bezeichnungen erfolgen. 2Unbeschadet des Satzes 1 kann die Anerkennung in Ausnahmefällen auch im Übrigen auf eine weitere der in Abs. 1 genannten Bezeichnungen erstreckt werden.
§ 2
Allgemeine Voraussetzungen
(1) 1Nach § 1 Abs. 1 anerkannte Gemeinden oder Gemeindeteile (Kurorte) müssen
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über natürliche ortsgebundene Heilmittel des Bodens oder des Klimas verfügen oder in erheblichem Umfang Waldkuren, Kneippkuren oder Schrothkuren anbieten,
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über artgemäße Kureinrichtungen und geeignete Möglichkeiten zur Durchführung ortsspezifischer Kuren verfügen sowie eine artgemäße ärztliche Versorgung und begleitende therapeutische Betreuung sicherstellen,
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artgemäße bioklimatische Verhältnisse sowie regelgerechte Verhältnisse der Ortshygiene bei Wasser, Boden und Luft aufweisen,
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über ein angemessenes Angebot an Gaststätten und Beherbergungsbetrieben sowie zur Information, Unterhaltung, Betreuung und zur sportlichen Betätigung der Kurgäste verfügen,
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kurunterstützende Speiseangebote und Diäten gewährleisten und
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einen der Artbezeichnung gemäßen Kurortcharakter aufweisen.
2Kurorte nach den §§ 3 bis 7a und 9 weisen ein Klima und eine Luftqualität auf, die periodisch überprüft werden und welche die Gesundungs- und Erholungsmöglichkeiten unterstützen.
(2) 1Natürliche ortsgebundene Heilmittel sind insbesondere Heilquellen, Heilmoore und Heilklima. 2Die Eignung der natürlichen Heilmittel zu Heilzwecken muss durch wissenschaftliche Untersuchungen nachgewiesen und bewährt sein sowie periodisch überprüft werden. 3Quellvorkommen gelten dann als Heilquellen, wenn sie als solche staatlich anerkannt sind. 4Die Hauptheilanzeigen müssen wissenschaftlich anerkannt und medizinisch erprobt sein.
(3) Die Erbringer von kurmedizinischen Leistungen stellen ein geeignetes Qualitätsmanagementsystem sicher, das durch dokumentierte, zielgerichtete und systematische Verfahren und Maßnahmen die Qualität der Versorgung gewährleistet und kontinuierlich verbessert.
(4) Soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt, sind bei jeder Anerkennung (§§ 3 bis 9) die im Kur- und Bäderwesen allgemein anerkannten Grundsätze zu berücksichtigen.
Heilbad, d.h. ein Mineral-, Thermal- oder Moorheilbad, ist ein Kurort,
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der ein natürliches Heilmittel des Bodens in ausreichender Menge besitzt und
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der über ein umfassendes Angebot geeigneter Kurbetriebe und Kureinrichtungen zur Anwendung des Heilmittels verfügt.
Kneippheilbad ist ein Kurort,
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der über ein umfassendes Angebot an Kureinrichtungen und über mehr als drei geeignete Kurbetriebe zur Durchführung einer Kneippkur verfügt und
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der sich mindestens zehn Jahre als Kneippkurort bewährt hat.
Kneippkurort ist ein Kurort, der über ein ausreichendes Angebot an Kureinrichtungen und über mindestens drei geeignete Kurbetriebe zur Durchführung einer Kneippkur verfügt.
Schrothheilbad ist ein Kurort,
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der über mehr als drei geeignete Kurbetriebe zur Durchführung von Schrothkuren verfügt und
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der sich mindestens zehn Jahre als Schrothkurort bewährt hat.
Schrothkurort ist ein Kurort, der über mindestens drei geeignete Kurbetriebe zur Durchführung von Schrothkuren verfügt.
1Waldheilbad ist ein Kurort, der
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über Kurwald mit einem Waldareal mit einer Fläche von mindestens 12 ha oder mindestens zwei Waldarealen mit einer Fläche von je mindestens 6 ha verfügt, der in besonderer Weise für die indikationsbezogene therapeutische oder rehabilitative Behandlung geeignet ist (Heilwald),
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über ein geeignetes, auf den Heilwald abgestimmtes Nutzungskonzept verfügt,
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ein geeignetes Waldgestaltungskonzept vorweist,
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über ein umfassendes Angebot geeigneter Kurbetriebe und Kureinrichtungen zur Durchführung der Waldkuren einschließlich therapeutischer Behandlung verfügt und
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sich mindestens zehn Jahre als Kurort bewährt hat.
2Kurwald ist Wald, der für die natürliche Gesunderhaltung und die Gesundheitsvorsorge des Menschen in herausgehobener Weise geeignet ist.
§ 8
Heilklimatischer Kurort
Heilklimatischer Kurort ist ein Kurort,
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der ein Klima besitzt, dessen besondere Eignung für die therapeutischen Anwendungen wissenschaftlich anerkannt ist und der ortsspezifische Klimakuren durchführt,
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dessen klimatische Eigenschaften durch eine Klimastation laufend überwacht oder in geeigneten Fällen gleichwertig durch repräsentative Modellrechnungen, wie beispielsweise Rasterdaten, nachgewiesen werden sowie dessen Luftqualität periodisch überprüft wird und
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der über ein umfassendes Angebot an geeigneten Kurbetrieben und Kureinrichtungen zur ortsspezifischen Anwendung des Klimas im Rahmen von Kuren verfügt.
§ 9
Ort mit Heilquellen-, Heilstollen-, Peloid- oder Waldkurbetrieb
(1) Ort mit Heilquellenkurbetrieb ist ein Kurort, der über eine staatlich anerkannte Quelle mit natürlichem Heilwasser verfügt, das therapeutisch genutzt wird.
(2) Ort mit Heilstollenkurbetrieb ist ein Kurort, der
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über einen Stollen, z.B. eine Höhle oder ein Bergwerk verfügt, dessen spezifische Eigenschaften therapeutisch genutzt werden,
- 2.
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ein wissenschaftlich anerkanntes und bewährtes, therapeutisch anwendbares Klima und eine Luftqualität im Stollen besitzt, deren Eigenschaften periodisch überprüft werden, und
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eine bioklimatisch günstige Lage aufweist.
(3) Ort mit Peloid-Kurbetrieb ist ein Kurort, der über Heilmoore aus ortstypischen Lagerstätten verfügt, die therapeutisch genutzt werden.
(4) Ort mit Waldkurbetrieb ist ein Kurort, der
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über Kurwald mit einem Waldareal mit einer Fläche von mindestens 12 ha oder mindestens zwei Waldarealen mit einer Fläche von je mindestens 6 ha verfügt,
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über ein geeignetes, auf den Kurwald abgestimmtes Nutzungskonzept verfügt,
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ein geeignetes Waldgestaltungskonzept vorweist,
- 4.
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über mindestens einen Kurbetrieb zur Durchführung von Waldkuren verfügt.
Zweiter Abschnitt Anerkennung von Luftkurorten und Erholungsorten
(1) Eine Gemeinde oder ein Gemeindeteil kann als Luftkurort anerkannt werden, wenn
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ein der Erholung dienliches und gesundheitsförderndes Klima gegeben ist, dessen Eigenschaften periodisch überprüft werden, sowie regelgerechte Verhältnisse der Ortshygiene bei Wasser, Boden und Luft,
- 2.
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eine angemessene medizinische Versorgung und ein angemessenes, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 entsprechendes Angebot vorhanden sind,
- 3.
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hinsichtlich der Gästeübernachtungen und der Übernachtungsdauer mindestens die Anforderungen an Erholungsorte erfüllt werden und
- 4.
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ein der Gesundheitsorientierung, der Erholung und touristischen Bedeutung entsprechender Ortscharakter vorliegt.
(2) Bei der Anerkennung sind die im Kur-, Bäder- und Tourismuswesen allgemein anerkannten Grundsätze zu berücksichtigen.
(1) Eine Gemeinde oder ein Gemeindeteil kann als Erholungsort anerkannt werden, wenn
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eine landschaftlich bevorzugte und klimatisch günstige Lage und regelgerechte Verhältnisse der Ortshygiene bei Wasser, Boden und Luft gegeben sind,
- 2.
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geeignete Einrichtungen für die Erholung und ein angemessenes, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 entsprechendes Angebot vorhanden sind,
- 3.
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die durchschnittliche Übernachtungsdauer der Gäste, berechnet aus Übernachtungen geteilt durch die Zahl der Ankünfte, in der Regel mindestens drei Nächte beträgt,
- 4.
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die Zahl der Gästeübernachtungen in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt und
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ein der Erholung und touristischen Bedeutung entsprechender Ortscharakter vorliegt.
(2) Bei der Anerkennung sind die im Tourismus allgemein anerkannten Grundsätze zu berücksichtigen.
Dritter Abschnitt Verfahren
(1) 1Die Anerkennung setzt einen Antrag der Gemeinde voraus. 2Der Antrag ist zu begründen und über die Rechtsaufsichtsbehörde einzureichen. 3Dem Antrag sind beizufügen:
- 1.
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eine Abschrift des Gemeinderatsbeschlusses,
- 2.
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ein Gutachten des Landratsamts zur Ortshygiene hinsichtlich Wasser, Boden und Luft, das mit dem Wasserwirtschaftsamt abgestimmt ist,
- 3.
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die je nach der beantragten Anerkennung erforderlichen Unterlagen, Analysen oder Gutachten ärztlicher, balneologischer, klimatologischer, lufthygienischer und hydrologischer Art,
- 4.
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ein Verzeichnis der bestehenden Kurbetriebe sowie Kur- und Erholungseinrichtungen mit Lageplan und Erläuterungen.
(2) Weitere Unterlagen und Nachweise können gefordert werden.
§ 13
Auflagen, Befristung
(1) 1Die Anerkennung kann befristet und unter Auflagen ausgesprochen werden. 2Hierbei können insbesondere Betriebs- und Überwachungspflichten einschließlich periodischer Kontrollmaßnahmen festgelegt werden.
(2) Zur Sicherung des Fortbestandes der jeweiligen Anerkennungsvoraussetzungen können Auflagen auch nachträglich verfügt werden.
§ 14
Überprüfung der Anerkennungsvoraussetzungen
1Bei Kurorten im Sinne von § 1 Abs. 1 und Luftkurorten im Sinne von § 10 wird im Abstand von zehn Jahren das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen überprüft. 2Die §§ 12 und 13 gelten entsprechend.
Die Anerkennung und deren Aufhebung werden nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung im Staatsanzeiger bekanntgemacht.
Vierter Abschnitt Verwendung der Bezeichnung
(1) Die allgemeine Bezeichnung „Kurort“, eine Artbezeichnung nach § 1 – mit oder ohne Zusatz des Hauptkurmittels (§ 3) –, die Bezeichnung „Luftkurort“ oder „Erholungsort“ und im Fall der Anerkennung als Heilbad, Kneippheilbad oder Schrothheilbad die Bezeichnung „Bad“ dürfen dem Namen einer Gemeinde oder eines Gemeindeteils nur beigefügt werden, wenn die Anerkennung vorliegt.
(2) Andere Bezeichnungen als die in Abs. 1 genannten dürfen dem Namen einer Gemeinde oder eines Gemeindeteils nicht beigefügt werden, wenn sie geeignet sind, eine Qualifikation nach §§ 3 bis 10 vorzutäuschen oder wenn dabei die Gefahr einer Verwechslung mit einer der in Abs. 1 genannten Bezeichnungen entstehen könnte.
Fünfter Abschnitt Fachausschuß
§ 17
Errichtung und Zusammensetzung
(1) 1Beim Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration wird ein in seiner gutachtlichen Tätigkeit unabhängiger Fachausschuß errichtet. 2Er führt die Bezeichnung „Bayerischer Fachausschuß für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen“.
(2) In dem Fachausschuss sind neben dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus und dem Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention folgende Stellen mit je einem Mitglied vertreten:
- 1.
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der Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung – IBE der Ludwigs-Maximilians-Universität München,
- 2.
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das Institut für Wasserchemie und Chemische Balneologie der Technischen Universität München,
- 3.
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die Landesärztekammer,
- 4.
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der Deutsche Wetterdienst,
- 5.
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die BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH,
- 6.
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die Tourismusverbände Oberbayern München, Allgäu/Bayerisch-Schwaben, Ostbayern und Franken,
- 7.
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der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern e.V.,
- 8.
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der Bayerische Heilbäderverband e.V.,
- 9.
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die Deutsche Rentenversicherung,
- 10.
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der Bayerische Städtetag,
- 11.
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der Bayerische Gemeindetag,
- 12.
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die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft,
- 13.
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Verband Deutscher Badeärzte e.V.
(3) 1Die fachlichen Mitglieder und ihre Stellvertreter werden vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus und dem Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention auf Vorschlag der in Abs. 2 Nr. 1 bis 13 aufgeführten Stellen berufen. 2Die Berufung kann widerrufen werden. 3Sie soll widerrufen werden, wenn die Stelle, die die Berufung vorgeschlagen hat, das wünscht.
(4) 1Die Tätigkeit im Fachausschuß ist ehrenamtlich. 2Der Aufwand wird nach Maßgabe des Bayerischen Reisekostengesetzes (BayRKG) abgegolten. 3Für die Fahrkostenerstattung findet Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 BayRKG für die übrigen Besoldungsgruppen Anwendung.
Der Fachausschuß erstattet Gutachten, insbesondere zu Anträgen auf Anerkennung und Aberkennung nach dieser Verordnung.
§ 19
Einberufung und Geschäftsordnung
(1) 1Der Fachausschuß wird vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration einberufen. 2Den Vorsitz führt das Fachausschußmitglied des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration. 3Stellvertretende Vorsitzende sind die Fachausschußmitglieder des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus und des Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention.
(2) 1Der Fachausschuß gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Genehmigung bedarf. 2Die Genehmigung erteilt das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus und dem Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention.
(3) 1Jedes Mitglied des Fachausschusses hat eine Stimme. 2An der Abstimmung über den Inhalt der vom Fachausschuß zu erstellenden Gutachten wirken die Vertreter des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration, des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus und des Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention nicht mit.
Sechster Abschnitt Schlußbestimmungen
§ 20
Erstmalige Überprüfung von Anerkennungen
Anerkennungen als Kurort oder Luftkurort, die am 1. Oktober 2016 länger als zehn Jahre zurückliegen, sind anlässlich der nächsten periodischen Überprüfung der Klimaanalyse bzw. Klimabeurteilung erstmals entsprechend § 14 zu überprüfen.
Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 1991 in Kraft.
München, den 17. September 1991
Bayerisches Staatsministerium des Innern
Dr. Edmund Stoiber, Staatsminister