Inhalt

Text gilt ab: 05.09.2024

7.   Fortgesetzte und mitgebrachte Verfahren

– Zu Nr. 191 Abs. 2 RiStBV –

7.1   Grundlagen

1Mitgebrachte Verfahren sind Verfahren, die vor dem zeitlichen Beginn des Immunitätsschutzes gegen das Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft eingeleitet worden sind.
2Fortgesetzte Verfahren sind Verfahren gegen ein wiedergewähltes Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft, deren Durchführung in der letzten Wahlperiode von der vorhergehenden gesetzgebenden Körperschaft genehmigt war.
3Der Deutsche Bundestag und der Bayerische Landtag behandeln mitgebrachte und fortgesetzte Verfahren unterschiedlich.

7.2   Mitglieder des Deutschen Bundestages

7.2.1   Fortsetzung des Verfahrens

1Mitgebrachte und fortgesetzte Verfahren dürfen nur mit Genehmigung der gesetzgebenden Körperschaft fortgesetzt werden, der das Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft zum Zeitpunkt des Beginns des (erneuten) Immunitätsschutzes (vgl. Nr. 2.3) angehört (vgl. Nr. 16 der GO-BT-Grundsätze; Nr. 191 Abs. 2 RiStBV); dies gilt nicht in Fällen des Art. 46 Abs. 2 letzter Halbsatz des Grundgesetzes.
2In den Fällen, in denen eine allgemeine Genehmigung nicht vorliegt, ist eine (erneute) Genehmigung entsprechend Nr. 6 zu erholen.
3Bei allgemein genehmigten Ermittlungsverfahren ist (erneut) entsprechend Nr. 192a RiStBV zu verfahren (vgl. Nr. 5.2).
4In Nr. 2 Buchst. d des GO-BT-Beschlusses ist festgelegt, dass die allgemeine Genehmigung des Deutschen Bundestages nicht die Fortsetzung eines Ermittlungsverfahrens umfasst, zu dem der Deutsche Bundestag in der vorausgegangenen Wahlperiode die Aussetzung der Ermittlungen gemäß Art. 46 Abs. 4 des Grundgesetzes verlangt hat.

7.2.2   Prüfung der Fortsetzung

1Bevor eine erneute Genehmigung erholt oder erneut entsprechend Nr. 192a RiStBV verfahren wird, ist zu prüfen, ob aufgrund von Änderungen in der tatsächlichen oder rechtlichen Situation die Einstellung des Verfahrens nunmehr geboten ist. 2Namentlich ist zu prüfen, ob ein öffentliches bzw. besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung inzwischen entfallen ist.

7.2.3   Erholung der Entscheidung

Ist von der vorhergehenden gesetzgebenden Körperschaft die Genehmigung nicht erteilt worden, so ist alsbald nach dem Zusammentritt der neuen gesetzgebenden Körperschaft deren Entscheidung über die Genehmigung einzuholen.

7.2.4   Wiedervorlage der Akten

Zur Überprüfung einer späteren Fortsetzung des Verfahrens ist die Wiedervorlage der Akten zu verfügen.

7.3   Mitglieder des Bayerischen Landtags

7.3.1   Fortsetzung des Verfahrens

7.3.1.1  

1Für die Weiterführung eines vor dem Zusammentritt des Landtags eingeleiteten Verfahrens gegen ein neu gewähltes Mitglied oder eines genehmigten Verfahrens gegen ein wiedergewähltes Mitglied bedarf es keiner bzw. keiner neuen Genehmigung des Landtags nach Art. 28 Abs. 1 der Verfassung. 2Das Verfahren ist erst aufzuheben, wenn ein hierauf gerichtetes Verlangen des Landtags nach Art. 28 Abs. 3 der Verfassung (vgl. Nr. 4.3) vorliegt.

7.3.1.2  

Gleiches gilt, wenn ein Verfahren gegen ein wiedergewähltes Mitglied zwischen den Tagungen in zulässiger Weise (vgl. Nr. 2.3.2.2) eingeleitet worden ist.

7.3.1.3  

1Hat bei wiedergewählten Abgeordneten der frühere Landtag die Genehmigung nicht erteilt oder hat dieser darüber nicht mehr entschieden und ist die Einleitung eines Verfahrens zwischen den Tagungen unzulässig (vgl. Nr. 2.3.2.2) oder unterblieben, ist erneut an den Landtag heranzutreten. 2Nr. 7.2.2 gilt entsprechend.

7.3.2   Unterrichtung des Landtags

1Über Verfahren, die vor Beginn der Tagung des Landtags in zulässiger Weise eingeleitet worden sind, ist alsbald nach Beginn der Tagung dem Staatsministerium der Justiz ein Bericht zur Weiterleitung an den Landtag zu übersenden. 2Das Staatsministerium der Justiz gibt dem Landtag Gelegenheit, von seiner Befugnis nach Art. 28 Abs. 3 der Verfassung (sog. Reklamationsrecht) Gebrauch zu machen. 3Der Bericht soll Gegenstand und Stand des Verfahrens in gedrängter, aus sich heraus verständlicher Form wiedergeben; eine bereits eingereichte Anklageschrift und ergangene gerichtliche Entscheidungen sind gegebenenfalls beizufügen.