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BayUmlR
Text gilt ab: 01.01.2023
Fassung: 02.12.2022
7.
Zuteilung und Abfindung, Neuordnung der Rechte

7.1 Grundsätze (§ 59 BauGB)

1Nach dem gewählten Verteilungsmaßstab ist der Sollanspruch für jeden Besitzstand zu berechnen. 2Der Sollanspruch bildet die Grundlage für die Zuteilung oder Abfindung.

7.1.1

1Unter Zuteilung ist die Erfüllung des Sollanspruchs eines Eigentümers mit Grundstücken aus der Verteilungsmasse zu verstehen. 2Dabei sind die Zuteilungsgrundstücke den Eigentümern nach Möglichkeit in gleicher oder gleichwertiger Lage wie die Einwurfsgrundstücke zuzuteilen. 3Vorrangig ist anzustreben, für jeden Bestand das Eigentum an Grund und Boden durch eine Zuteilung zu erhalten. 4Dies gilt für Inhaber grundstücksgleicher Rechte wie zum Beispiel Erbbauberechtige entsprechend (§ 200 Abs. 2 BauGB). 5Inhaber von anderen Rechten sowie Beteiligte, zugunsten derer eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist, haben keinen Zuteilungsanspruch.

7.1.2

1Eine Abfindung ist zu gewähren, wenn ein Eigentümer aus der Verteilungsmasse kein Grundstück erhält. 2Eine Abfindung ist im Regelfall mit Einverständnis der Beteiligten möglich
a)
in Geld (Geldabfindung),
b)
in Grundeigentum außerhalb des Umlegungsgebiets (Landabfindung),
c)
in der Begründung von Miteigentum an einem Zuteilungsgrundstück,
d)
in der Gewährung von grundstücksgleichen Rechten, Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder sonstigen dinglichen Rechten innerhalb und außerhalb des Umlegungsgebiets.

7.1.3

1Eine Geld- oder Landabfindung ohne das Einverständnis der Eigentümer ist bei einer Umlegung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans jedoch möglich, wenn den Eigentümern im Hinblick auf die Festsetzungen des Bebauungsplans (zum Beispiel Festsetzung von Mindestgrößen von Baugrundstücken) wegen eines zu geringen Zuteilungsanspruchs keine bebauungsfähigen Grundstücke zugeteilt werden können. 2Unter den Voraussetzungen des § 59 Abs. 6 BauGB ist ein Eigentümer auch ohne sein Einverständnis in Geld abzufinden.

7.1.4

1Die Landabfindung ist einer Geldabfindung grundsätzlich vorzuziehen. 2Bei einer Landabfindung mit Grundstücken außerhalb des Umlegungsgebiets sind diese förmlich in das Umlegungsgebiet einzubeziehen, wenn Rechte an den Abfindungsgrundstücken aufgehoben, geändert oder neu begründet werden sollen. 3Die Zulässigkeit der förmlichen Einbeziehung richtet sich nach § 45 BauGB.

7.1.5

1Bringt der Bedarfs- oder Erschließungsträger gemäß § 55 Abs. 5 BauGB Ersatzland in die Verteilungsmasse ein, wird er gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 5 BauGB Beteiligter in der Umlegung. 2Das Ersatzland muss der Sollzuteilung derjenigen Beteiligten entsprechen, denen es zugeteilt werden soll. 3Eigentümer, die Flächen einbringen, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke entsprechend § 55 Abs. 5 BauGB festgesetzt ist, können Ersatzland beanspruchen, das ihrer Sollzuteilung entspricht und die ihnen zustehende Nutzungsmöglichkeit bietet. 4Das Ersatzland kann Bauland oder Rohbauland, auf Wunsch des künftigen Eigentümers auch landwirtschaftliche Fläche sein. 5Das außerhalb des Umlegungsgebiets liegende Ersatzland wird dabei nicht förmlich in das Umlegungsgebiet einbezogen.

7.2 Berechnung des Sollanspruchs bei einer Verteilung nach Werten (§ 57 BauGB)

7.2.1

1Bei einer Verteilung nach Werten wird die gesamte Verteilungsmasse im Verhältnis der eingeworfenen Werte an die Eigentümer verteilt und der Umlegungsvorteil in voller Höhe abgeschöpft. 2Jedem Eigentümer soll ein Grundstück in Höhe seines Sollanspruches, mindestens in Höhe seines Einwurfswertes zugeteilt werden.

7.2.2

Führt die Umlegung zu einem Flächenverlust im Bereich von 40 % oder mehr, ist die Erhaltung des Grundeigentums (Nr. 2.2.2 Buchst. c) regelmäßig nicht mehr gewährleistet.

7.2.3

Der Quotient (q) aus dem Wert der Verteilungsmasse (WV) und dem Wert der Einwurfsmasse (WE) bestimmt das Verteilungsverhältnis an der Verteilungsmasse:
q = WV / WE

7.2.4

1Obwohl die Verteilungsmasse durch den Flächenabzug gemäß § 55 Abs. 2 BauGB in der Regel kleiner ist als die Einwurfsmasse, ist sie durch die umlegungsbedingte Wertsteigerung von Rohbauland zu Bauland in der Regel wertvoller. 2Deshalb ergibt sich ein Faktor q > 1. 3Für q < 1 wäre die Umlegung einer Enteignung gleichzusetzen und ist damit unzulässig. 4In diesem Fall ist eine Umlegung nur mit dem Einverständnis aller Beteiligten und unter der Wahl eines anderen Verteilungsmaßstabs (§ 56 Abs. 2 BauGB) durchführbar.

7.2.5

Die Sollzuteilung (SB) in Euro für den Besitzstand (B) mit dem Einwurfswert (WB) errechnet sich aufgrund des Sollanspruchs wie folgt:
SB = q x WB

7.3 Berechnung des Sollanspruchs bei einer Verteilung nach Flächen (§ 58 BauGB)

7.3.1

1Bei einer Verteilung nach Flächen wird der Umlegungsvorteil zunächst durch den Flächenbeitrag abgeschöpft. 2Übersteigt der Umlegungsvorteil die gesetzlichen Schranken des Flächenbeitrags nach § 58 Abs. 1 Satz 2 BauGB, so ist der übersteigende Umlegungsvorteil in Geld auszugleichen (Nr. 7.5.1 Buchst. b). 3Nr. 7.2.2 ist analog zu beachten.

7.3.2

Der Flächenbeitrag (F) in m² und die Sollzuteilung für den Besitzstand (SB) mit der Summe der Einwurfsflächen (EB) und einem Flächenbeitrag (FB) in Prozent errechnen sich aufgrund des Sollanspruchs wie folgt:
F [m²] = FB [%] x EB [m²]
SB [m²] = EB - F

7.4 Ausgleich in Geld bei Abweichung von der Sollzuteilung (§ 59 Abs. 2 BauGB)

7.4.1

1Geringfügige, unvermeidbare Mehr- oder Minderzuteilungen sind in Geld auszugleichen. 2Für diesen Geldausgleich sind die Wertverhältnisse bezogen auf den Wertermittlungsstichtag maßgeblich.

7.4.2

1Unterschreitet die Zuteilung den Einwurfswert oder mehr als unwesentlich den Sollanspruch, sind die Vorschriften über die Entschädigung (§§ 93 ff. BauGB) anzuwenden. 2Daher bemisst sich die Höhe des Geldausgleichs nach dem Verkehrswert, bezogen auf den Zeitpunkt der Aufstellung des Umlegungsplans.

7.4.3

Überschreitet die Zuteilung den Sollanspruch wesentlich und wird dadurch eine bebauungsplanmäßige Nutzung ermöglicht, bemisst sich die Höhe des Geldausgleiches ebenfalls nach Nr. 7.4.2 Satz 2.

7.4.4

1Ein wesentliches Über- oder Unterschreiten ist nach geltender Rechtsprechung anzunehmen, wenn die Abweichung der Zuteilung vom Sollanspruch mehr als 10 % beträgt. 2Der Geldausgleich bemisst sich dann nach der Wertdifferenz zwischen Zuteilung und Sollanspruch.

7.5 Weitere mögliche Geldleistungen (§§ 58, 60 und 61 Abs. 2 BauGB)

7.5.1

1Bei der Verteilung nach Flächen kann ein Geldausgleich gewährt werden:
a)
wenn das neue Grundstück nicht in gleicher oder gleichwertiger Lage zugeteilt werden kann (§ 58 Abs. 2 BauGB),
b)
an Stelle des gesamten oder teilweisen Flächenbeitrags (§ 58 Abs. 1 Satz 3 BauGB).
2Ein Geldausgleich ist hingegen zu gewähren:
a)
soweit unter Beachtung des Konservationsprinzips (Nr. 2.2.2 Buchst. c) der Flächenabzug nach § 55 Abs. 2 BauGB den zulässigen Umfang des Flächenbeitrags (Nr. 7.3.1) übersteigt,
b)
wenn der Umlegungsvorteil den zulässigen Umfang des Flächenbeitrags übersteigt (§ 58 Abs. 1 Satz 4 BauGB und Nr. 7.3.1).

7.5.2

Eine Geldabfindung oder ein Ausgleich in Geld gemäß § 60 BauGB für bauliche Anlagen, Anpflanzungen und sonstige Einrichtungen ist nur zu gewähren, soweit das Grundstück wegen dieser Einrichtungen einen über den Bodenwert hinausgehenden Verkehrswert hat.

7.5.3

Ein Ausgleich in Geld ist gemäß § 61 Abs. 2 BauGB für Vermögensnachteile oder Vermögensvorteile erforderlich, die durch die Aufhebung, Änderung oder Begründung von Rechten oder Baulasten entstehen.

7.6 Städtebauliche Gebote (§ 59 Abs. 7 BauGB)

7.6.1

1Auf begründeten Antrag der Gemeinde kann bei der Zuteilung von Grundstücken ein Baugebot (§ 176 BauGB), ein Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot (§ 177 BauGB) oder ein Pflanzgebot (§ 178 BauGB) angeordnet werden. 2An den Erlass der Gebote sind die Anforderungen zu stellen, die sie sich aus den §§ 175 ff. BauGB ergeben. 3Die Gebote sind im Einvernehmen mit der Gemeinde zu erlassen. 4Die Anordnung der städtebaulichen Gebote nach §§ 176 bis 178 BauGB ist im Umlegungsplan nur zu regeln, wenn das Inkrafttreten des Umlegungsplans durch diese Regelung nicht gefährdet ist.

7.7 Regelung von Rechten (§ 61 BauGB)

7.7.1

Grundstücksgleiche Rechte sowie andere Rechte können durch den Umlegungsplan aufgehoben, geändert oder neu begründet werden.

7.7.2

1Die Rechtsgestaltung ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung des Zwecks der Umlegung sowie den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs vorzunehmen. 2Alle bekannt gewordenen Rechte sind im Umlegungsplan zu regeln.

7.7.3

1Nach Maßgabe des Bebauungsplans oder zur Verwirklichung einer nach § 34 BauGB zulässigen Nutzung können zur zweckmäßigen und wirtschaftlichen Ausnutzung der Grundstücke Gemeinschaftsanlagen festgelegt und ihre Eigentumsverhältnisse geregelt werden. 2Insbesondere bei Flächen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB kann diese Möglichkeit in Frage kommen.

7.8 Gemeinschaftliches Eigentum, besondere rechtliche Verhältnisse (§ 62 BauGB)

7.8.1

Gemeinschaftliches Eigentum (Gesamthandseigentum, Bruchteilseigentum) und gemeinschaftliche Rechtsverhältnisse können mit Zustimmung der Eigentümer geteilt werden, wenn es dem Zweck der Umlegung dient.

7.8.2

1Bei der Teilung des gemeinschaftlichen Eigentums wird für jeden Miteigentümer eine neue Ordnungsnummer eingeführt und der zustehende Miteigentumsanteil auf die neue Ordnungsnummer übertragen. 2Die Wirksamkeit der Aufteilung des Miteigentums tritt mit der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans ein.

7.9 Übergang von Rechtsverhältnissen auf die Abfindung (§ 63 Abs. 1 BauGB)

7.9.1

1Die Zuteilungsgrundstücke treten hinsichtlich der Rechte an den Einwurfsgrundstücken und der diese Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse an die Stelle der Einwurfsgrundstücke. 2Durch die Umlegung geht weder das Eigentum an den Einwurfsgrundstücken unter, noch wird es an den Zuteilungsgrundstücken neu begründet. 3Die alten Rechte und die alten Rechtsverhältnisse setzen sich vielmehr kraft Gesetzes ungebrochen an den Zuteilungsgrundstücken fort, wenn sie nicht ausdrücklich im Umlegungsplan aufgehoben oder geändert werden (Surrogationsprinzip).

7.9.2

Ebenso gehen die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten, die auf den Einwurfsgrundstücken ruhen, auf die jeweiligen Zuteilungsgrundstücke über.