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BayUmlR
Text gilt ab: 01.01.2023
Fassung: 02.12.2022
6.
Wertermittlung und Verteilungsmaßstab

6.1 Wertermittlung

1Eine Wertermittlung ist unabhängig vom gewählten Verteilungsmaßstab grundsätzlich bei allen Umlegungsverfahren durchzuführen. 2Dabei ist für die Einwurfs- und Zuteilungsgrundstücke der Verkehrswert nach § 194 BauGB, in der Regel ohne den Wert baulicher Anlagen, Anpflanzungen und sonstiger Anlagen, zu ermitteln. 3Hat ein Grundstück wegen baulicher Anlagen, Anpflanzungen und sonstiger Anlagen einen über den Bodenwert hinausgehenden Verkehrswert, ist auch für diese wertbeeinflussenden Merkmale des Grundstücks der Verkehrswert zu ermitteln. 4Die Bestimmungen der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) sind zu beachten.

6.1.1

Als Gegenstand der Wertermittlung sind heranzuziehen
a)
zur Ermittlung der Sollansprüche auf Landzuteilung und der Abfindung nach § 59 Abs. 4 und 5 BauGB nur der Bodenwert nach § 40 ImmoWertV und
b)
zur Bestimmung der durch die Umlegung bewirkten Wertänderungen alle wertbeeinflussenden, allgemeinen sowie besonderen objektspezifischen, Grundstücksmerkmale nach §§ 2 bis 6 und 8 ImmoWertV.

6.1.2

1Die erschließungsflächenbeitragsfreie Zuteilung ist aus Gründen der gleichmäßigeren und überschaubareren Vorteilsausgleichung der Regelfall in der Umlegungspraxis. 2Dadurch verringern sich die noch anfallenden Erschließungskosten um den ansonsten erforderlichen Kostenanteil für den Grunderwerb für die vorweg auszuscheidenden Flächen nach § 55 Abs. 2 BauGB. 3Umfasst das Umlegungsgebiet unterschiedliche Ordnungs- und Erschließungszustände, ist die Frage der erschließungsflächenbeitragsfreien oder erschließungsflächenbeitragspflichtigen Zuteilung im Einvernehmen mit der Gemeinde zu treffen.

6.1.3

1Stichtag für die Wertermittlung ist der Tag der Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses (Wertermittlungsstichtag). 2Abweichend davon ist eine zeitnahe Bewertung stets erforderlich
a)
bei Zuteilungen unter dem Einwurfswert,
b)
bei Zuteilungen, die mehr als nur unwesentlich unter dem Sollanspruch liegen,
c)
wenn eine Abfindung nach § 59 Abs. 5 oder 6 BauGB erfolgt,
d)
für bauliche Anlagen, Anpflanzungen und sonstige Einrichtungen (§ 60 BauGB),
e)
für Vermögensnachteile infolge Aufhebung, Änderung oder Begründung von Rechten oder Baulasten (§ 61 BauGB) und
f)
für Vermögensnachteile bei vorzeitiger Besitzeinweisung.
3Bewertungsstichtage einer zeitnahen Bewertung sind in der Regel der Zeitpunkt
a)
des Beschlusses über die Aufstellung des Umlegungsplans,
b)
der Vorwegnahme der Entscheidung,
c)
der vorzeitigen Besitzeinweisung.
4In Ausnahmefällen kann der Stichtag auch der Zeitpunkt der letztinstanzlichen Entscheidung über eingelegte Rechtsmittel sein. 5Der Stichtag für die Bestimmung des Geldausgleichs bei mehr als nur unwesentlichen, planungsrechtlich oder umlegungsbedingt notwendigen Mehrzuteilungen ist nach § 59 Abs. 2 Satz 3 BauGB der Zeitpunkt der Aufstellung des Umlegungsplans.

6.1.4

1Die Wertermittlung ist grundsätzlich in Form eines Gutachtens nach der Immobilienwertermittlungsverordnung zu erstellen. 2Die Wertermittlung muss insbesondere mit Blick auf eine gerichtliche Überprüfung nachvollziehbar sein. 3In Absprache mit der Gemeinde kann im Einzelfall ein Gutachter mit der Wertermittlung beauftragt werden (Anlage 1 Nr. 3.2 Buchst. f). 4Die Ergebnisse der Wertermittlung sind grundsätzlich auch in einer Karte der Bodenwerte darzustellen, die dem Gutachten beizufügen ist.

6.2 Wahl des Verteilungsmaßstabs (§ 56 BauGB)

1Für die Berechnung der den beteiligten Grundstückseigentümern an der Verteilungsmasse zustehenden Anteile (Sollanspruch) ist der Verteilungsmaßstab festzulegen. 2Die Aufteilung der Verteilungsmasse kann nach Werten, Flächen oder mit Einverständnis aller Beteiligten nach einem anderen Maßstab erfolgen. 3Der Verteilungsmaßstab ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Beteiligten je nach Zweckmäßigkeit einheitlich festzulegen. 4Die Wahl des Maßstabs hängt weitgehend von der baulichen Entwicklungsstufe der Einwurfsgrundstücke und von den Festsetzungen des Bebauungsplans für die Zuteilungsgrundstücke ab. 5Die Entscheidung über die Wahl des Verteilungsmaßstabs trifft die Umlegungsstelle nach sachgemäßem Ermessen; sie ist zu begründen.

6.3 Verteilung nach Werten (§ 57 BauGB)

1Insbesondere bei inhomogenen Wertverhältnissen der Einwurfs- und Zuteilungsgrundstücke bietet es sich an, eine Verteilung nach Werten durchzuführen. 2Die Verteilungsmasse wird dabei in dem Verhältnis verteilt, in dem die zu berücksichtigenden Eigentümer wertmäßig an der Umlegung beteiligt sind. 3Jedem Eigentümer soll, auch unter Berücksichtigung der Bereitstellung von Flächen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB, ein Grundstück mindestens mit dem Verkehrswert seiner Einwurfsgrundstücke (Einwurfswert) zugeteilt werden. 4Der Umlegungsvorteil wird in Geld abgeschöpft.

6.4 Verteilung nach Flächen (§ 58 BauGB)

1Bei homogenen Wertverhältnissen der Einwurfs- und Zuteilungsgrundstücke ist auch eine Verteilung nach Flächen möglich. 2Die Verteilungsmasse wird dabei in dem Verhältnis verteilt, in dem die zu berücksichtigenden Eigentümer flächenmäßig an der Umlegung beteiligt sind. 3Bei unterschiedlichen Wertverhältnissen soll eine Verteilung nach Werten nach Nr. 6.3 durchgeführt werden. 4In einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ist eine Verteilung nach Flächen unzulässig (§ 153 Abs. 5 Nr. 3 BauGB). 5Der Umlegungsvorteil wird in Form des Flächenbeitrags abgeschöpft. 6Übersteigt der Umlegungsvorteil den gesetzlich zulässigen Flächenbeitrag, so wird der übersteigende Umlegungsvorteil in Geld abgeschöpft. 7Bei der Bestimmung des Flächenbeitrags ist der Flächenabzug gemäß § 55 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen. 8Flächenbeitrag und Flächenabzug sind getrennt auszuweisen.

6.5 Verteilung nach einem anderen Maßstab (§ 56 Abs. 2 BauGB)

1Die Verteilungsmasse kann auch nach einem anderen Maßstab aufgeteilt werden, wenn alle Beteiligten mit diesem Maßstab einverstanden sind. 2Ein anderer Verteilungsmaßstab kommt insbesondere bei einer vertraglich vereinbarten gesetzlichen Umlegung zur Umsetzung städtebaulicher Verträge zur Anwendung. 3Die Wahl des Verteilungsmaßstabs hängt dabei von den gemäß § 11 Abs. 1 BauGB zulässigen Regelungen ab. 4Die Grundsätze über die Zulässigkeit einer Umlegung (Nr. 2.2) dürfen hierdurch jedoch nicht berührt werden.

6.6 Umlegungsvorteil

1Der Umlegungsvorteil ist die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Zuteilungsgrundstücke (Zuteilungswert) und dem Einwurfswert (Nr. 6.3 Satz 3), jeweils bezogen auf den Zeitpunkt des Umlegungsbeschlusses. 2Der Umlegungsvorteil besteht aus:
a)
Vorteil wegen Verkürzung des Aufschließungszeitraums (Nr. 6.6.1),
b)
Vorteil wegen ersparter Kosten (Nr. 6.6.2),
c)
Vorteil aus erschließungsflächenbeitragsfreier Zuteilung (Nr. 6.6.3),
d)
Vorteil wegen ausgleichsflächenbeitragsfreier Zuteilung (Nr. 6.6.4),
e)
sonstige Vorteile (Nr. 6.6.5).

6.6.1

1Der Vorteil wegen Verkürzung des Aufschließungszeitraums (vA) ist die Differenz zwischen der Zeitdauer für eine privatrechtliche Abwicklung und der Dauer eines Umlegungsverfahrens. 2Dieser ist primär abhängig von der vorliegenden Grundstücksstruktur und sekundär von der Anzahl der beteiligten Grundstückseigentümer und Rechtsinhaber. 3Er entspricht einem Zinsgewinn für den Verkürzungszeitraum, der abhängig ist von dessen Dauer (n) und einem angemessenen Liegenschaftszins (z).

6.6.2

1Der Vorteil wegen ersparter Kosten (vK) ist nach den zu erwartenden Kosten insbesondere für Vermessung, Beurkundung, Kauf- und Tauschverhandlungen sowie Grundbuchvollzug mit Regelung von Rechten bei einer Bearbeitung ohne Umlegung zu kalkulieren. 2Soweit die Kosten nach Satz 1 genau berechnet werden können, sind sie der Ermittlung des Vorteils wegen ersparter Kosten zugrunde zu legen.

6.6.3

1Der Vorteil wegen erschließungsflächenbeitragsfreier Zuteilung (veff) ist nach dem Mehrbedarf an örtlichen Flächen nach § 55 Abs. 2 BauGB im Umlegungsgebiet zu ermitteln. 2Der Mehrbedarf an öffentlichen Flächen gemäß § 55 Abs. 2 BauGB (Nr. 5.3.5) wird von den Beteiligten in der Regel zum Rohbaulandpreis in das Umlegungsverfahren eingebracht. 3Analog § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB ist davon mindestens der 10 %-Anteil der Gemeinde abzuziehen. 4In der Erschließungsbeitragssatzung oder in städtebaulichen Verträgen können abweichende Regelungen festgesetzt sein, die zu berücksichtigen sind.

6.6.4

Der Vorteil wegen ausgleichsflächenbeitragsfreier Zuteilung (vaff) hängt davon ab, ob Ausgleichsflächen nach § 1a Abs. 3 BauGB, die nicht unter § 55 Abs. 2 Satz 2 BauGB fallen, innerhalb oder außerhalb des Umlegungsgebiets liegen.

6.6.4.1

1Interne, das heißt innerhalb des Umlegungsgebiets gelegene Ausgleichsflächen Aint, werden von den Beteiligten zum Rohbaulandpreis bereitgestellt und eingebracht. 2Aus der Größe dieser Flächen berechnet sich vaff int. 3Im Gegensatz zu Nr. 6.6.3 Satz 3 gibt es hierbei keinen Pflichtanteil der Gemeinde.

6.6.4.2

1Externe, das heißt außerhalb des Umlegungsgebiets gelegene Ausgleichsflächen Aext, werden mit ihrem tatsächlichen Wert wAext bewertet und anteilig auf die Baugrundstücke umgelegt. 2Die Höhe dieser Umlage wird mit vaff ext bezeichnet.

6.6.4.3

Sind die Kosten für die naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen, zum Beispiel für Grunderwerb, Extensivierungsmaßnahmen, zum Zeitpunkt der Aufstellung des Umlegungsplans noch nicht bekannt, kann der Vorteil für die naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB von der Gemeinde auch über eine Kostenerstattungssatzung gemäß §§ 135a bis 135c BauGB realisiert und den Zuteilungsgrundstücken im Rahmen der Erschließungskosten zugeordnet werden.

6.6.5

Sonstige Vorteile, wie zum Beispiel die Änderung oder Aufhebung von Rechten, sind gegebenenfalls zu berücksichtigen.