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VV-BayHO
Text gilt ab: 01.01.2024
Fassung: 05.07.1973
[VV zu Art. 37 BayHO]
Art. 37
Über- und außerplanmäßige Ausgaben
(1) 1Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums. 2Sie darf nur im Fall eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden. 3Eine Unabweisbarkeit liegt insbesondere nicht vor, wenn die Ausgaben bis zur Verabschiedung des nächsten Haushaltsgesetzes oder des nächsten Nachtrags zum Haushaltsgesetz zurückgestellt werden können. 4Eines Nachtrags bedarf es nicht, wenn die unvorhergesehene und unabweisbare Mehrausgabe im Einzelfall 5.000.000 € nicht überschreitet oder wenn Rechtsansprüche zu erfüllen sind.
(2) Absatz 1 gilt auch für Maßnahmen, durch die für den Staat Verpflichtungen entstehen können, für die Ausgaben im Haushaltsplan nicht veranschlagt sind.
(3) Über- und außerplanmäßige Ausgaben sollen innerhalb desselben Einzelplans, möglichst durch Einsparung bei anderen gleichartigen Ausgaben ausgeglichen werden.
(4) Über- und außerplanmäßige Ausgaben, die den Betrag von 250 000 € übersteigen, sind dem Landtag halbjährlich, in Fällen von grundsätzlicher oder erheblicher finanzieller Bedeutung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Ausgaben, die ohne nähere Angabe des Verwendungszwecks veranschlagt sind, dürfen nicht überschritten werden.
(6) 1Überplanmäßige Ausgaben bei übertragbaren Ausgaben (Vorgriffe) sind auf die nächstjährige Bewilligung für den gleichen Zweck anzurechnen. 2Das für Finanzen zuständige Staatsministerium kann Ausnahmen zulassen.
(Vgl. auch Art. 16, 34 Abs. 2 und Art. 38.)
Zu Art. 37:

A. Über- und außerplanmäßige Ausgaben

1. Begriffsbestimmung

1.1

Überplanmäßige Ausgaben sind Ausgaben, die den Ansatz bei einer im Haushaltsplan enthaltenen Zweckbestimmung überschreiten; Ausgabereste, zur Verstärkung verwendete deckungsfähige Ausgaben sowie dem Ansatz zufließende zweckgebundene Mehr- oder Mindereinnahmen sind vorher dem Ansatz zuzurechnen, Haushaltsvorgriffe sind abzuziehen. Als „Ansatz“ gilt auch ein Leertitel.

1.2

Außerplanmäßige Ausgaben sind Ausgaben, für die der Haushaltsplan keine Zweckbestimmung enthält.
Wegen der Abwicklung eines Ausgaberestes, für den im neuen Haushaltsplan die bisherige Zweckbestimmung nicht mehr enthalten ist, vgl. Nr. 6 zu Art. 45.

1.3

Vorgriffe sind überplanmäßige Ausgaben (Nr. 1.1) bei übertragbaren Bewilligungen; sie sind auf die nächstjährige Bewilligung für den gleichen Zweck anzurechnen (Art. 37 Abs. 6).

1.3.1

Wird eine Ausgabe mit gleicher Zweckbestimmung im Haushaltsplan des nächsten Haushaltsjahres nicht oder nicht in der erforderlichen Höhe vorgesehen, so ist die überplanmäßige Ausgabe insoweit nicht als Vorgriff zu behandeln (abschließende Willigung).

1.3.2

Außerplanmäßige Ausgaben dürfen formell nicht als Vorgriff behandelt werden. Bei der Einwilligung zu einer außerplanmäßigen Ausgabe gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 kann aber zur Auflage gemacht werden, die hierfür im nächsten Haushaltsjahr veranschlagten Mittel in entsprechender Höhe nicht zu verwenden.

2. Bewilligungsvoraussetzungen, Antragsverfahren

2.1 Unvorhergesehenes und unabweisbares Bedürfnis

Die Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums zu einer über- oder außerplanmäßigen Ausgabe darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden; ob die Voraussetzungen vorliegen, ist in sachlicher und zeitlicher Hinsicht zu prüfen und in dem Antrag an das für Finanzen zuständige Staatsministerium (Nr. 2.2) zu begründen. Da das Etatbewilligungsrecht des Parlaments Vorrang vor dem Notbewilligungsrecht des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums hat, ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen.

2.1.1

In sachlicher Hinsicht ist insbesondere davon auszugehen, dass die Ausgabemittel gemäß Art. 34 Abs. 2 so zu bewirtschaften sind, dass sie zur Deckung aller Ausgaben ausreichen, die unter die einzelnen Zweckbestimmungen fallen.

2.1.2

Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 3 liegt eine Unabweisbarkeit in zeitlicher Hinsicht vor allem dann nicht vor, wenn die Ausgaben bis zur Verabschiedung des nächsten Haushaltsplan oder des nächsten Nachtragshaushalts zurückgestellt werden können.

2.2 Antrag

Die Staatsministerien beantragen die Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums zu einer über- oder außerplanmäßigen Ausgabe nach dem beiliegenden Muster 1 zu Art. 37 BayHO.
Vor der Antragstellung ist neben Nr. 2.1 u. a. zu prüfen, ob der Mehrbedarf nicht durch
Ausgabereste aus dem abgelaufenen Haushaltsjahr,
eine Verstärkung durch deckungspflichtige Ausgaben,
eine Verlagerung der haushaltsgesetzlichen Sperre,
gekoppelte Mehreinnahmen oder
Verpflichtungsermächtigungen
aufgefangen werden kann.

2.3 Vorherige Zustimmung

2.3.1

Unter Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums ist die vorherige Zustimmung zu verstehen (vgl. dazu Klammerdefinition bei Art. 22 Satz 3). Der Antrag ist daher zu stellen, bevor eine Maßnahme eingeleitet oder eine Zusage gemacht wird, die zu einer über- oder außerplanmäßigen Ausgabe führt. Eine nachträgliche Zustimmung durch das für Finanzen zuständige Staatsministerium ist – abgesehen von den Ausnahmefällen des Art. 116 – nicht möglich.

2.3.2

Das für Finanzen zuständige Staatsministerium kann die Einwilligung in über- oder außerplanmäßige Ausgaben in besonderen Fällen allgemein erteilen.

2.4 Ausgleichsgebot

Zur Vermeidung von Fehlbeträgen kommt dem Ausgleichsgebot des Art. 37 Abs. 3 besondere Bedeutung zu. Im Einzelnen ist Folgendes zu beachten:

2.4.1

Die genaue Einsparstelle – möglichst bei einem Titel derselben Hauptgruppe – ist in dem Antrag anzugeben.

2.4.2

Einsparungen bei den gemeinsam bewirtschafteten Personalausgaben können grundsätzlich nicht anerkannt werden.

2.4.3

Der Ausgleich von Mehrausgaben durch Mehreinnahmen kann im Allgemeinen nur anerkannt werden, wenn zwischen ihnen ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

2.4.4

Das Ausgleichsgebot gilt grundsätzlich auch für Mehrausgaben, die auf gesetzlichen Verpflichtungen beruhen.

2.4.5

Kann in besonders gelagerten Fällen eine Einsparung im gesamten Einzelplan nicht gefunden werden, so ist dies in der „Zusätzlichen Begründung für das für Finanzen zuständige Staatsministerium“ eingehend darzulegen.

2.4.6

Kann eine Einsparung bei der angebotenen Einsparstelle nicht oder nicht voll realisiert werden, so ist für eine Einsparung an anderer Stelle Sorge zu tragen und die neue Einsparstelle mit dem für Finanzen zuständigen Staatsministerium abzustimmen (ggf. kurzhändig).

2.5 Mit Einnahmen gekoppelte Ausgaben

Beruht die Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums zu einer überplanmäßigen Ausgabe darauf, dass bei einem durch Haushaltsvermerk mit den Ausgaben gekoppelten Einnahmetitel Mindereinnahmen erwartet werden, so wird die Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums insoweit gegenstandslos, als höhere Einnahmen eingehen, als bei der Antragstellung erwartet. Das gleiche gilt, falls unvorhergesehene Mehreinnahmen eingehen.

2.6 Deckungsfähige Ausgaben

Die Einwilligung zu einer überplanmäßigen Ausgabe bei einem Titel, der mit anderen Titeln einseitig oder gegenseitig deckungsfähig ist, schafft keine zusätzlichen Deckungsmittel für den deckungsberechtigten Titel. Ausnahmen sind in den Fällen zugelassen, in denen ein Titel durch mehrere Dienststellen bewirtschaftet wird. Durch Haushaltsgesetz (Durchführungsbestimmungen) oder Haushaltsvermerk erklärte Deckungsfähigkeit oder Verstärkungsfähigkeit erstreckt sich nicht auf außerplanmäßig ausgebrachte Titel.

2.7 Inaussichtstellungen

2.7.1

Formlose Anträge auf die Inaussichtstellung der Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums zu einer über- oder außerplanmäßigen Ausgabe (vorläufige Einwilligungen) sollen in den Fällen vermieden werden, in denen der formelle Antrag nach Muster 1 zu Art. 37 BayHO bereits möglich ist. Sie erscheinen im Allgemeinen nur dann gerechtfertigt, wenn sich die Höhe der über- oder außerplanmäßigen Ausgabe noch stärker verändern (ermäßigen) kann.

2.7.2

Die vorstehenden Bestimmungen, insbesondere das Ausgleichsgebot (genaue Einsparstelle) gelten für die formlosen Anträge und Inaussichtstellungen sinngemäß. In den formlosen Anträgen sind insbesondere das unvorhergesehene und unabweisbare Bedürfnis zu begründen sowie das verfügbare Gesamtsoll, die bereits verausgabten Mittel und die Einsparstelle anzugeben.

2.7.3

Die endgültige Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums gemäß Nr. 2.2 ist bei Inaussichtstellungen unverzüglich zu beantragen, sobald die dafür notwendigen Angaben bekannt sind. Dabei ist in dem Antrag nach Muster 1 zu Art. 37 BayHO unter „Zusätzlicher Begründung für das für Finanzen zuständige Staatsministerium“ auf die vorläufige Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums hinzuweisen.

3. Mitteilungen an den Landtag und Obersten Rechnungshof

Die in Art. 37 Abs. 4 vorgeschriebene Mitteilung von über- und außerplanmäßigen Ausgaben an den Landtag erfolgt durch das für Finanzen zuständige Staatsministerium.
Das für Finanzen zuständige Staatsministerium leitet dem Obersten Rechnungshof jeweils einen Abdruck der Anträge nach Muster 1 zu Art. 37 BayHO mit dem Einwilligungsvermerk sowie gegebenenfalls einen Nachweis über die Durchführung des Konsultationsverfahrens mit dem Bayerischen Landtag zu.

B. Nachforderung von Ausgabemitteln

4. Antrag

4.1

Reichen die einer Dienststelle gemäß Nr. 1.2 zu Art. 34 zugewiesenen Ausgabemittel nicht aus oder sind Ausgaben zu leisten, für die ihr keine Ausgabemittel zugewiesen sind, so beantragt sie mit einem Antrag nach dem Muster 2 zu Art. 37 BayHO die erforderlichen Ausgabemittel; die Staatsministerien können für ihren jeweiligen Geschäftsbereich Anpassungen am Antragsmuster vornehmen. Bei Ausgaben für große Neu-, Um- und Erweiterungsbauten (Gruppen 710 bis 749 des Gruppierungsplans) ist der Antrag vom zuständigen Bauamt nach dem Muster 3 zu Art. 37 BayHO zu erstellen.

4.2

Bei Nachforderung von Ausgabemitteln sind die vorstehenden Nrn. 2.1 bis 2.6 sinngemäß zu beachten, insbesondere ist der sachlich und zeitlich unabweisbare Ausgabebedarf zu begründen und möglichst eine Einsparung anzubieten; die bei einer Haushaltsstelle eingesparten Beträge dürfen aber nicht zu einer weniger strengen Auslegung des Erfordernisses des unabweisbaren Bedürfnisses führen.

5. Zuweisung weiterer Ausgabemittel

Die Dienststellen haben den Antrag auf Zuweisung weiterer Ausgabemittel gemäß Nr. 4 an die Stelle zu richten, von der ihnen die Haushaltsmittel zugeteilt wurden. Soweit diese den Antrag nach sorgfältiger Prüfung für begründet hält, weist sie der Dienststelle die erforderlichen Ausgabemittel aus ihrer Reserve (vgl. Nr. 1.6 zu Art. 34) zu. Stehen ihr Ausgabemittel nicht mehr zur Verfügung oder handelt es sich um außerplanmäßige Ausgaben, so hat sie den Antrag der nächst höheren Dienststelle (= regelmäßig dem für den Einzelplan zuständigen Staatsministerium) mit ihrer Stellungnahme vorzulegen.

6. Über- und außerplanmäßige Ausgaben

Die Staatsministerien beantragen erforderlichenfalls die Einwilligung des Staatsministeriums der Finanzen zu einer über- oder außerplanmäßigen Ausgabe gemäß der vorstehenden Nr. 2.2. Bei Ausgaben für große Neu-, Um- und Erweiterungsbauten ist dem Antrag als Anlage der Antrag des Bauamtes nach Muster 3 zu Art. 37 BayHO beizufügen. In der Regel ist es nicht notwendig, den nachgeordneten Dienststellen mitzuteilen, inwieweit die ihnen zugewiesenen weiteren Ausgabemittel auf Einwilligungen gemäß Art. 37 Abs. 1 beruhen.

7. Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung

Die Nrn. 4 bis 6 gelten sinngemäß, soweit den Staatsministerien gemäß Nr. 1.1 Satz 2 zu Art. 34 Teile des Einzelplans der Allgemeinen Finanzverwaltung zur Bewirtschaftung zugewiesen sind.

[Muster zu den VV zu Art. 37 BayHO]

Muster 1: Antrag auf Einwilligung in eine über-/außerplanmäßige Ausgabe
Muster 2: Antrag auf Zuweisung weiterer Ausgabemittel