Art. 35
Bruttonachweis, Einzelnachweis
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben sind mit ihrem vollen Betrag bei dem hierfür vorgesehenen Titel zu buchen, soweit sich aus Art. 15 Satz 2 nichts anderes ergibt.
(2) 1Für denselben Zweck dürfen Ausgaben aus verschiedenen Titeln nur geleistet werden, soweit der Haushaltsplan dies zuläßt. 2Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen.
(Für die Aufstellung des Haushaltsplans vgl. Art. 15.)
Zu Art. 35:
A.
Bruttonachweis
1.
Grundsatz
Das Bruttoprinzip bei der Ausführung des Haushaltsplans besagt, dass alle Einnahmen und Ausgaben mit ihrem vollen Betrag und – als Folge von Art. 15 – getrennt voneinander zu buchen sind. Es verbietet grundsätzlich, dass Ausgaben von Einnahmen vorweg abgesetzt oder dass Einnahmen auf Ausgaben vorweg angerechnet werden.
Das Bruttoprinzip gilt nicht bei Unrichtigkeit einer Zahlung oder Buchung (Nr. 2); eine Unrichtigkeit liegt insbesondere nicht vor, wenn bei Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse eine Richtigstellung der ursprünglichen Zahlung notwendig ist.
Ferner können Ausnahmen durch Haushaltsvermerk im Haushaltsplan oder durch die Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz (Nr. 3) zugelassen werden (vgl. Art. 15 Satz 2).
Außer den Ausnahmen durch Haushaltsvermerk ist das Absetzen von der Einnahme oder Ausgabe in den Fällen der nachstehenden Nrn. 2 und 3 zulässig oder vorgeschrieben.
2.
Unrichtigkeit einer Zahlung oder Buchung
2.1
Von der Einnahme sind abzusetzen, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2):
- a)
-
Rückzahlungen von dem Grunde nach irrtümlichen Einzahlungen,
- b)
-
Rückzahlungen irrtümlich zu viel eingezahlter Beträge,
- c)
-
Buchungen bei einem unrichtigen Titel (Titelverwechslungen).
Handelt es sich um zweckgebundene Einnahmen, kann das für Finanzen zuständige Staatsministerium aus wichtigen Gründen die Berichtigung auch nach Abschluss der Bücher anordnen oder zulassen.
2.2
Von der Ausgabe sind abzusetzen, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2), oder es sich um übertragbare Ausgaben handelt und der zutreffende Titel im Haushaltsplan noch enthalten ist:
- a)
-
Rückzahlungen etwaiger dem Grunde nach irrtümlicher Auszahlungen,
- b)
-
Rückzahlungen irrtümlich zu viel ausgezahlter Beträge; Erstattung pauschalierter tariflicher Zahlungen (z.B. des Wassergeldes) bei der Schlussabrechnung, nicht aber freiwillige Rückvergütungen; Erstattung von zu viel geleisteten Heizungskosten bei Mieträumen,
- c)
-
Buchungen bei einem unrichtigen Titel (Titelverwechslungen).
Handelt es sich um Ausgaben, an denen auch andere Gebietskörperschaften beteiligt sind oder die für andere Gebietskörperschaften vorläufig auf den Bayerischen Staatshaushalt gebucht werden, kann das für Finanzen zuständige Staatsministerium die Berichtigung auch nach Abschluss der Bücher anordnen oder zulassen.
2.3
Für den Ausgleich von Titelverwechslungen gilt im Übrigen Folgendes:
2.3.1
Für den Ausgleich von Titelverwechslungen nach Abschluss der Bücher gemäß Nr. 2.2 Buchst. c ist Voraussetzung, dass wenigstens bei einer der betroffenen Haushaltsstellen die Folgen der Titelverwechslung (Begünstigung oder Benachteiligung) noch fortbestehen. Von dem Ausgleich soll abgesehen werden, wenn der unrichtig gebuchte Betrag 500 € nicht übersteigt. Dies gilt – unbeschadet der Regelung in Nr. 1.1 der Anlage zu den VV zu Art. 59 BayHO (Kleinbeträge) – nicht, wenn durch unrichtige Buchungen Haushalte anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts (z.B. der Bundeshaushalt) betroffen werden.
2.3.2
Ist einer der beteiligten Titel bereits abgeschlossen, so ist die Gegenbuchung entsprechend den Zuordnungshinweisen zum Gruppierungsplan außerplanmäßig bei Titel 119 48 (Einnahmen aus Anlass von Titelverwechslungen) oder Titel 546 48 (Ausgaben aus Anlass von Titelverwechslungen) vorzunehmen. Hierzu bedarf es keiner Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums, da es sich nicht um die Leistung neuer Ausgaben, sondern nur um die Verrechnung bereits geleisteter Zahlungen handelt.
2.3.3
Von einem Ausgleich von Titelverwechslungen zwischen übertragbaren und untereinander gegenseitig deckungsfähigen Titeln soll abgesehen werden.
3.
Ausnahmen durch die Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz
Durch die Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz sollen grundsätzlich folgende Ausnahmen vom Bruttonachweis zugelassen oder vorgeschrieben werden:
3.1
Absetzen von der Einnahme
3.1.1
Von der Einnahme sind stets, also auch nach Abschluss der Bücher, abzusetzen:
- a)
-
zurückzuzahlende Steuern und steuerähnliche Abgaben (Hauptgruppe 0),
- b)
-
zurückzuzahlende Gebühren und Auslagen, Entgelte (Gruppe 111) sowie Geldstrafen, Geldbußen und Verwarnungsgelder – einschließlich der damit zusammenhängenden Gerichts- und Verwaltungskosten – (Gruppe 112),
- c)
-
Erstattungen von Beträgen, die zusammen mit Einnahmen der Hauptgruppe 0 sowie der Gruppen 111 und 112 erhoben werden, dem Staat nicht zustehen und deshalb an die Berechtigten weiterzuleiten sind,
- d)
-
zurückzuzahlende Miet- und Pachteinnahmen sowie Dienstwohnungsvergütungen (Gruppe 124),
- e)
-
Rückzahlungen von Zuweisungen und Erstattungen aus dem öffentlichen Bereich (Obergruppen 21, 23 und 33) und von der EU (Obergruppe 27 und Gruppe 346).
3.1.2
Von der Einnahme dürfen abgesetzt werden, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2):
Die im Zusammenhang mit einem Verkauf entstehenden Aufwendungen für eine Versteigerung, Vermessung, Schätzung, Versicherung, Vermittlung, Beurkundung, für den Transport sowie – bis zur Höhe von 1 000 € im Einzelfall – für die Herrichtung eines zu verkaufenden Gegenstandes.
3.2
Absetzen von der Ausgabe
3.2.1
Von der Ausgabe sind stets, also auch nach Abschluss der Bücher, abzusetzen:
- a)
-
Rückzahlungen zu viel ausgezahlter Personalausgaben (Hauptgruppe 4);
- b)
-
Beträge, die gemäß Art. 61 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 oder Abs. 4 ausnahmsweise erstattet werden (z. B. Erstattung von Bewirtschaftungskosten durch die mitnutzende Dienststelle gemäß VV Nr. 3.2.3.2 zu Art. 64 BayHO). Das gilt nicht für Kosten, Benutzungsgebühren und Sachverständigenentschädigungen;
- c)
-
die vom Bund erstatteten Ausgleichsbezüge nach § 11a des Soldatenversorgungsgesetzes;
- d)
-
die von anderen Dienstherrn oder Arbeitgebern gemäß den VANBest – Anlage zu den VV zu Art. 50 – erstatteten Bezüge und Beihilfen abgeordneter oder zugewiesener Staatsbediensteter;
- e)
-
die von den Krankenkassen nach § 17 Abs. 2 SGB V erstatteten Leistungen des Arbeitgebers bei Erkrankung während einer Beschäftigung im Ausland;
- f)
-
Leistungen der Inklusionsämter nach SGB IX zur Förderung des Arbeitsplatz- und Ausbildungsstellenangebots und Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben für schwerbehinderte Menschen (§§ 15 bis 27 SchwbAV);
- g)
-
Erstattungen der Krankenkassen nach § 1 Abs. 2 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG);
- h)
-
Rückläufer (Rückabwicklungen von Auszahlungen wegen falscher oder erloschener Bankverbindung ohne Tätigwerden des Zahlungsempfängers) sowie Rückzahlungen (z.B. bei Wegfall des Rechtsgrunds) von gesetzlichen Leistungen und von Ausgaben (einschl. Zuwendungen), die in voller Höhe aus zweckgebundenen Einnahmen bzw. ganz oder teilweise aus Drittmitteln finanziert wurden.
3.2.2
Von der Ausgabe dürfen abgesetzt werden, solange die Bücher noch nicht abgeschlossen sind (Art. 76 Abs. 2), oder es sich um übertragbare Ausgaben handelt und der zutreffende Titel im Haushaltsplan noch vorhanden ist:
- a)
-
Einnahmen, die sich bei der Durchführung einer Baumaßnahme (Hauptgruppe 7 einschließlich etwa gesondert veranschlagter Baunebenkosten) ergeben, z.B. Erlöse aus dem Verkauf beweglicher Sachen, die nur für den Zweck und die Dauer der Baudurchführung benötigt werden und aus Baumitteln beschafft wurden, oder Einnahmen aus dem Verkauf von Ausschreibungsunterlagen,
- b)
-
Einnahmen aus Schadenersatzansprüchen (Schadenersatzleistungen) bei der Durchführung von Baumaßnahmen für Schäden, zu deren Beseitigung Baumittel verwendet wurden oder zu verwenden wären,
- c)
-
Erlöse aus dem Verkauf von Altstoffen oder entbehrlichen Gegenständen, die beim Erwerb gleichartiger Gegenstände auf den Kaufpreis angerechnet werden oder die ein Unternehmer aus Anlass einer Reparatur in Zahlung nimmt, wenn sie im Einzelfall 1 000 € nicht übersteigen; Nr. 1.1 zu Art. 63 gilt entsprechend,
- d)
-
erstattete Post-, Telegramm- und Fernmeldegebühren sowie erstattete Kosten von Fernmeldeanlagen; dies gilt nicht für die Erhebung von Post- und Fernmeldegebühren, welche als Auslagen nach kostenrechtlichen Vorschriften erhoben werden, oder von Postgebührenauslagen, die zusammen mit Erlösen für Lieferungen oder Leistungen des Staates vereinnahmt werden,
- e)
-
Rückzahlungen von Reisekosten aufgrund Stornierung der Reise.
4.
Minus-Einnahme, Minus-Ausgabe
Die Absetzung von der Einnahme oder Ausgabe kann zur Darstellung einer Minus-Einnahme oder Minus-Ausgabe in der Haushaltsrechnung führen, wenn sie die übrigen Einnahmen oder Ausgaben des laufenden Haushaltsjahres bei der Buchungsstelle übersteigt.
B.
Einzelnachweis
5.
Der für die Buchung vorgesehene Titel ist grundsätzlich der Titel, unter dem die Einnahme oder Ausgabe im Haushaltsplan veranschlagt ist. Besonderheiten sind unter Nr. 5.1 bis 5.3 dargestellt.
5.1
Der rechnungsmäßige Nachweis der Bezüge und sonstigen Leistungen bei Abordnungen richtet sich nach Art. 50 Abs. 2 und den dazu ergangenen Bestimmungen.
5.2
Wenn durch Haushaltsvermerk im Haushaltsplan oder durch das Haushaltsgesetz (Durchführungsbestimmungen) eine Übertragung von Ausgabemitteln zugelassen ist, so gilt als für die endgültige Buchung vorgesehen der Titel, auf den die Übertragung – unter Berücksichtigung einer etwaigen Aufteilung oder Zusammenfassung von Titeln im neuen Haushaltsplan – erfolgt ist.
5.3
Der Gruppierungsplan gliedert die Einnahmen und Ausgaben des Haushalts auch nach ökonomischen Gesichtspunkten. Soweit bei der Haushaltsveranschlagung bei einem Haushaltsansatz Ausgaben verschiedener Einnahme- oder Ausgabearten veranschlagt wurden (ökonomische Zuordnung des Ansatzes nach dem Schwerpunkt), verbleibt es hierbei auch bei der Haushaltsausführung. Es sind aber folgende Besonderheiten zu beachten:
5.3.1
Soweit aus Mitteln für Zuweisungen oder Zuschüsse gemäß Art. 39 Abs. 5 ein Darlehen gewährt wird, ist dieses bei dem nach dem Gruppierungsplan maßgeblichen Titel zu buchen (z.B. nicht bei dem bei Gruppe 685 veranschlagten Zuschuss, sondern unter der Gruppe 863). Tritt hierdurch eine Überschreitung des Ausgabeansatzes ein oder wird eine Nachweisung bei einem im Haushaltsplan nicht vorgesehenen Titel erforderlich, so handelt es sich zwar formell um eine über- oder außerplanmäßige Ausgabe, auf die aber Art. 37 Abs. 1 nicht anzuwenden ist.
5.3.2
Soweit ein einzeln veranschlagter Zuschuss etc. zwar mit gleicher Zweckbestimmung wie im Haushaltsplan vorgesehen, aber mit anderer ökonomischer Zuordnung ausgereicht wird, ist für die Buchung grundsätzlich der im Gruppierungsplan vorgeschriebene Titel maßgebend (z.B. Gewährung eines bei Gruppe 883 einzeln veranschlagten Investitionszuschusses für den Bau eines Kindergartens an einen Zweckverband – Gruppe 887 –). Die Ausgabe ist gegebenenfalls über- oder außerplanmäßig nachzuweisen; die Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums gemäß Art. 37 Abs. 1 gilt insoweit allgemein als erteilt.
5.3.3
In den Fällen der Nrn. 5.3.1 und 5.3.2 müssen bei dem Titel, bei dem die Ausgaben im Haushaltsplan veranschlagt sind, Minderausgaben in mindestens gleicher Höhe nachgewiesen werden; in die Haushaltsrechnung sind gegenseitige Hinweise aufzunehmen. Der zuständigen Kasse ist in geeigneter Weise mitzuteilen, bei welchem Titel die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.