70.
Ungültigkeit der Stimmvergabe bei allen Wahlen (§ 83)
70.1
Ungültige Stimmen von nicht wählbaren Personen
1Nach Art. 35 Abs. 1 Satz 2 werden Stimmen, die für eine sich bewerbende Person abgegeben worden sind, die nach Zulassung des Wahlvorschlags die Wählbarkeit verloren hat, hinsichtlich der Sitzverteilung als gültig gewertet. 2Die Feststellung, bei welchen Personen diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht von den Wahlvorständen oder den Briefwahlvorständen getroffen werden, weil sie sich damit über die Zulassungsentscheidung des Wahlausschusses hinwegsetzen würden. 3Vielmehr muss der Wahlausschuss im Rahmen der Feststellung des Wahlergebnisses nach Art. 19 Abs. 3 hierüber entscheiden, weil er auch über die Zulassung entschieden hat. 4Die Wahlvorstände und die Briefwahlvorstände müssen nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 bei den auf dem Stimmzettel vorgedruckten sich bewerbenden Personen von deren Wählbarkeit ausgehen.
5Diese Überlegungen gelten jedoch nicht bei Personen, deren Wählbarkeit nicht Gegenstand der Zulassungsentscheidung des Wahlausschusses war. 6Das ist der Fall, wenn kein oder nur ein Wahlvorschlag vorlag, hinsichtlich der Wählbarkeit handschriftlich hinzugefügter Personen. 7Auch insoweit können jedoch die Entscheidungen der Wahlvorstände und der Briefwahlvorstände durch den Wahlausschuss überprüft und gegebenenfalls berichtigt werden.
70.2
Behandlung von Stimmzetteln, die Anlass zu Bedenken geben
1Beschlüsse des Wahlvorstands oder des Briefwahlvorstands über die Gültigkeit von Stimmzetteln sind nur dann erforderlich, wenn ein Stimmzettel gekennzeichnet ist, aber Anlass zu Bedenken gegen dessen Gültigkeit besteht. 2Ein solcher Anlass besteht immer dann, wenn anzunehmen ist, dass der Stimmzettel nicht zweifelsfrei gültig ist. 3Das ist auch dann der Fall, wenn der Stimmzettel eindeutig ungültig ist. 4Bei gekennzeichneten Stimmzetteln erfolgt die Ungültigerklärung also stets durch Beschluss, die Gültigerklärung nur dann durch Beschluss, wenn Anlass zu Bedenken bestand.
5Sammelbeschlüsse für alle gleichartigen Ungültigkeitsgründe sind zulässig.
6Das Abstimmungsergebnis muss nicht angegeben werden. 7Der anzubringende Vermerk über den Beschluss auf der Rückseite der Stimmzettel kann auch durch einen Stempelaufdruck oder einen Aufkleber erfolgen.
70.3
Nicht gekennzeichnete Stimmzettel und Streichungen
1Bei nicht gekennzeichneten Stimmzetteln unterbleibt ein Beschluss.
2Bei allen Wahlen gilt der Grundsatz, dass eine gültige Stimmvergabe nicht vorliegt, wenn die stimmberechtigte Person den Stimmzettel überhaupt nicht kennzeichnet oder wenn nur Streichungen vorgenommen wurden. 3Es ist immer eine positive Willensbekundung erforderlich.
4Eine Überschreitung der Gesamtstimmenzahl, die nach § 85 Nr. 1 zur Ungültigkeit der Stimmvergabe führt, liegt auch dann vor, wenn Listenkreuze gesetzt sind und lediglich Namen sich bewerbender Personen gestrichen wurden, dabei aber mehr Namen nicht gestrichen bleiben, als Stimmen vergeben werden können.
70.4
Mehrere in einem Stimmzettelumschlag enthaltene gleichartige Stimmzettel
1Hat eine abstimmende Person mehrere Stimmzettel beispielsweise für die Gemeinderatswahl abgegeben, werden diese fest miteinander verbunden und gelten als ein Stimmzettel.
2Ist nur einer der Stimmzettel gekennzeichnet oder sind sie gleich gekennzeichnet, ist dies allein kein Grund für eine Ungültigkeit der Stimmvergabe. 3Sind alle Stimmzettel nicht gekennzeichnet, handelt es sich um eine ungültige Stimmvergabe.
70.5
Stimmenüberschreitungen
1Eine Überschreitung der Gesamtstimmen führt immer zur Ungültigkeit der Stimmvergabe.
2Wenn einzelnen Personen mehr Stimmen gegeben wurden, als Stimmen an eine Person vergeben werden können (vgl. Art. 34 Nr. 4, Art. 38 Abs. 1 Satz 1), sind diese Mehrstimmen ungültig (§ 85 Nr. 3 Halbsatz 1 bzw. § 86 Nr. 2 Halbsatz 1). 3Die Mehrstimmen gelten gleichwohl als vergeben und zählen zur vergebenen Gesamtstimmenzahl. 4Die Personen erhalten drei Stimmen bzw. eine Stimme, jedoch nur dann, wenn die Gesamtstimmenzahl nicht überschritten wurde; sonst ist die Stimmvergabe insgesamt ungültig (§ 85 Nr. 3 Halbsatz 2 Alternative 2 in Verbindung mit Nr. 2 bzw. § 86 Nr. 2 Halbsatz 2 in Verbindung mit Nr. 1).