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GVOPol
Text gilt ab: 01.05.2022
Gesamtvorschrift gilt bis: 30.04.2032
Fassung: 12.01.2022
14.
Gewahrsamstauglichkeit

14.1

1Grundsätzlich darf nur aufgenommen werden oder im Gewahrsam verbleiben, wer gewahrsamstauglich ist. 2Nicht gewahrsamstauglich im Sinne dieser Vorschrift ist, wer bewusstlos, nicht zu gezielten Reaktionen erweckbar ist oder einer sofortigen ärztlichen Behandlung bedarf. 3Verletzungen sind unverzüglich medizinisch angemessen zu versorgen.

14.2

1Ist die Gewahrsamstauglichkeit zweifelhaft, so ist unverzüglich ein Arzt zuzuziehen. 2Das ist insbesondere notwendig, wenn die eingelieferte Person
a)
über Schmerzen im Bauch oder in der Brust (zum Beispiel Verdacht auf innere Verletzungen, Herzbeschwerden) oder über Schmerzen klagt, die den Verdacht von Verrenkungen oder Knochenverletzungen begründen,
b)
Kopfverletzungen hat (zum Beispiel Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma),
c)
ohne ersichtlichen Grund auffallend erregt oder verwirrt ist (Verdacht auf Vergiftungserscheinungen),
d)
über Atemnot klagt (zum Beispiel Verdacht auf Herz- oder Lungenerkrankungen),
e)
Angaben über die Notwendigkeit der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten oder Ersatzstoffen im Rahmen eines Subsitutionsprogramms macht und die Erforderlichkeit und/oder Dosierung unklar ist,
f)
Hinweise auf deutliche Temperaturerhöhungen bietet (zum Beispiel Verdacht auf Infektionen),
g)
über Schwangerschaftsbeschwerden klagt oder
h)
nicht nur geringfügig alkoholisiert ist, erkennbar unter Einfluss sonstiger berauschender Mittel steht oder an einer psychischen Krankheit leidet.
3Es ist zu beachten, dass Symptome von Alkohol-, Medikamenten- oder Drogeneinfluss und Schädelverletzungen sich ähneln und gegenseitig verstärken können. 4Verwahrte, die stark alkoholisiert sind oder unter dem Einfluss sonstiger berauschender Mittel oder Medikamente stehen, sollen nach Möglichkeit in einem Krankenhaus untergebracht werden. 5Näheres hierzu regeln die Verbände in eigener Zuständigkeit. 6Ist dies nicht möglich, soll der Verwahrte nach Möglichkeit in einem Gewahrsamsraum mit Videoüberwachung untergebracht werden.

14.3

1Zur Klärung der Gewahrsamstauglichkeit stellt der Arzt mittels Untersuchung fest, ob für die Gewahrsamsperson eine stationäre Krankenhausbehandlung oder weitere ständige ärztliche Überwachung notwendig ist oder nicht. 2Eine vom untersuchenden Arzt ausgestellte Gewahrsamstauglichkeitsbescheinigung ist anzustreben, rechtlich aber nicht vorgesehen und kann somit auch nicht gefordert werden. 3Die Untersuchung und das Ergebnis der Prüfung ist im Aufnahmenachweis (Nr. 18) zu dokumentieren.

14.4

Die allgemeine Verpflichtung der Polizei, rechtzeitig Erste Hilfe zu leisten oder herbeizuführen, bleibt unberührt.

14.5

1Die reine Untersuchung, ob eine Person gewahrsamstauglich ist, stellt kein Gutachten im Sinne der Aufwendungen für ärztliche Sachverständigenleistungen zur Erforschung einer Straftat gemäß § 163 StPO dar. 2Die Kosten zur Überprüfung der Gewahrsamstauglichkeit werden aus dem Polizeihaushalt getragen. 3Wurde die Person nach den Vorschriften der Strafprozessordnung verwahrt, ist eine Vormerkung dieser Auslagen im Strafverfahren nicht möglich. 4Bei einer Gewahrsamnahme nach den Vorschriften des Polizeiaufgabengesetzes ist Nr. 35 zu beachten.

14.6

1Die Kosten einer Behandlung (zum Beispiel auf Wunsch des Betroffenen oder als zusätzliche Leistung des Arztes) sind nicht aus dem Polizeihaushalt zu tragen. 2Der Arzt hat in diesen Fällen mit dem Betroffenen oder dessen Krankenversicherung abzurechnen. 3Der Krankenversicherungsschutz ruht nicht während des polizeilichen Gewahrsams.