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Text gilt ab: 01.07.2022

1. Berufsverbot und vorläufiges Berufsverbot (§ 70 StGB, § 132a StPO)

1 § 35 GewO stellt ein umfassendes Instrumentarium dar, um gegen unzuverlässige Gewerbetreibende oder unzuverlässige mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Personen durch Untersagung der Gewerbeausübung vorzugehen. 2Davon abgesehen bestehen für einzelne Gewerbe Vorschriften über die Rücknahme oder den Widerruf der gewerberechtlichen Erlaubnis, die ebenfalls auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen (z. B. § 15 GastG); diese schließen unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 8 GewO die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO aus.
3Diese Regelungen sind mit den strafrechtlichen Vorschriften über das Berufsverbot als Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 70 ff. StGB) und das vorläufige Berufsverbot (§ 132a StPO) abgestimmt. 4Die beiden strafrechtlichen Maßnahmen sind ihrerseits ein bedeutsames Mittel, mit dem der Begehung weiterer Straftaten oft schneller und wirksamer als durch gewerberechtliche Maßnahmen vorgebeugt werden kann. 5Denn anders als der Verstoß gegen das verwaltungsrechtliche Verbot ist ein Verstoß gegen das gerichtliche Verbot seinerseits immer gemäß § 145c StGB mit Strafe bedroht. 6Der Frage, ob die Verhängung einer Maßregel nach § 70 StGB oder eine vorläufige Entscheidung nach § 132a StPO bei Gericht zu beantragen ist, ist daher besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 7Von einem Antrag auf Anordnung dieser Maßnahmen darf in der Regel nicht schon im Hinblick auf mögliche oder bereits ergangene gewerberechtliche Maßnahmen abgesehen werden. 8Nicht nur im Hinblick auf die Personal- und Haushaltslage, sondern vor allem aus Gründen einer sachgerechten Behandlung sollte möglichst vermieden werden, dass derselbe Sachverhalt zum Gegenstand zweier getrennter Verfahren gemacht wird. 9Insbesondere bei Gastwirten wird in Fällen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BtMG ein Berufsverbot im Sinne des § 70 StGB bzw. ein vorläufiges Berufsverbot im Sinne von § 132a StPO im Hinblick auf die allgemeine Notwendigkeit einer wirksamen Bekämpfung des Drogen- und Rauschmittelmissbrauchs in Betracht zu ziehen sein. 10Zu beachten ist, dass eine Verhängung eines Berufsverbots im Wege des Strafbefehlsverfahrens unzulässig ist, § 407 Abs. 2 StPO. 11Weder § 70 StGB noch § 132a StPO sind aber in der Weise vorrangig, dass die Gewerbebehörden während Ermittlungs- und Strafverfahren von ihrer Aufgabe, über verwaltungsrechtliche Gewerbeuntersagungen zu entscheiden, entbunden wären.