4.
Wählbarkeit (Art. 21, 39)
4.1
Voraussetzungen der Wählbarkeit
1Maßgeblich für die Wählbarkeit für das Amt eines Gemeinderatsmitglieds, einer Kreisrätin oder eines Kreisrats und einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin oder eines ehrenamtlichen Bürgermeisters ist nicht der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen, sondern das Innehaben einer Wohnung nach Melderecht oder, wenn jemand keine Wohnung hat, der gewöhnliche Aufenthalt im Wahlkreis.
2Durch das Anknüpfen an die Wohnung und den gewöhnlichen Aufenthalt wird sichergestellt, dass ein Ortsbezug der sich bewerbenden Person zu dem Wahlkreis, in dem sie sich zur Wahl stellt, vorhanden ist.
3Der Begriff der „Wohnung“ bestimmt sich nach Melderecht. 4Allerdings muss es sich bei der Wohnung im Wahlkreis nicht um die alleinige Wohnung oder die melderechtliche Hauptwohnung der sich bewerbenden Person handeln. 5Es genügt vielmehr, wenn die sich bewerbende Person eine melderechtliche Nebenwohnung im Wahlkreis tatsächlich innehat.
6Der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ ist an das Landeswahlrecht angelehnt und bezieht sich nur auf diejenigen sich bewerbenden Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland mit keiner Wohnung gemeldet sind (z. B. Obdachlose). 7Ein solcher „gewöhnlicher Aufenthalt“ ist der Ort, den jemand auf unbestimmte Zeit als gewollten Mittelpunkt seines Lebens, seiner persönlichen Existenz wählt. 8Er setzt ein Verweilen von gewisser Dauer und Regelmäßigkeit voraus.
4.2
Allgemeiner Ausschluss von der Wählbarkeit
1Soweit die wahlrechtlichen Vorschriften vom „Verlust der Wählbarkeit“ sprechen, ist auch der Todesfall umfasst.
2Der Verlust der Wählbarkeit tritt ein als gesetzliche Nebenfolge einer Verurteilung eines deutschen Gerichts zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen eines Verbrechens (§ 45 Abs. 1 StGB) oder wenn das Gericht den Verlust der Wählbarkeit (§ 45 Abs. 2 StGB) besonders ausspricht.
4.3
Wahl zur ersten Bürgermeisterin, zum ersten Bürgermeister, zur Landrätin und zum Landrat
4.3.1
Ausschluss wegen fehlender Gewähr, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten
1Der Wahlausschuss muss bei der Prüfung der Frage, ob eine sich bewerbende Person nachweisbar nicht die Gewähr dafür bietet, dass sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern eintritt, größte Zurückhaltung üben, da sonst erfolgreiche Wahlanfechtungen zu befürchten sind und eine unrichtige Entscheidung, selbst wenn sie später im Wahlprüfungs- oder Wahlanfechtungsverfahren wieder aufgehoben würde, fortdauernde nachteilige Folgen für die betroffene sich bewerbende Person nach sich ziehen kann. 2Der Wahlausschuss sollte von folgenden Grundsätzen ausgehen: 3Dem Sinn des Gesetzes entspricht eine enge Auslegung. 4In jedem Fall müssen Tatsachen vorliegen, die den Ausschluss von der Wählbarkeit rechtfertigen; Vermutungen und Gerüchte genügen nicht. 5Für die Tatsachen müssen Beweise vorhanden sein, die einer gerichtlichen Nachprüfung standhalten. 6In Verdachtsfällen kann sich die Wahlleiterin oder der Wahlleiter an das Landesamt für Verfassungsschutz wenden mit der Bitte um konkrete Informationen zum Extremismusbezug der jeweiligen sich bewerbenden Person (vgl. Art. 25 Abs. 2 Nr. 3 BayVSG). 7Anonyme und „vertrauliche“ Mitteilungen, deren Wahrheitsgehalt nicht nachgeprüft werden kann, dürfen nicht verwertet werden. 8Die nachgewiesenen Tatsachen müssen objektiv den Schluss rechtfertigen, dass die sich bewerbende Person keine Gewähr dafür bietet, dass sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. 9Im Zweifel muss der Wahlausschuss zugunsten der sich bewerbenden Person entscheiden.
4.3.2
Ausländische Unionsbürgerinnen und Unionsbürger
1Ausländische Unionsbürgerinnen und Unionsbürger können nicht erste Bürgermeisterin, erster Bürgermeister, Landrätin oder Landrat werden.
2Sie können nach Art. 35 Abs. 2 GO auch nicht weitere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder nach Art. 32 Abs. 2 LKrO nicht gewählte Stellvertreterinnen und Stellvertreter der Landrätin oder des Landrats werden. 3Ebenso können sie nicht mit der weiteren Stellvertretung betraut werden (Art. 39 Abs. 1 Satz 2 GO, Art. 32 Abs. 4 LKrO). 4Sie sind von diesen Ämtern deshalb ausgeschlossen, weil die Leitungen oder die stellvertretenden Leitungen der Verwaltung staatliche oder vom Staat übertragene Aufgaben erfüllen; dies soll Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG vorbehalten sein.
4.4
Dreimonatiger Zeitraum
1Die entsprechende Anwendung von Art. 1 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 bedeutet, dass auch insoweit für die Wählbarkeit auf die melderechtliche Situation abzustellen ist.
2Zur berufsmäßigen Bürgermeisterin, zum berufsmäßigen Bürgermeister, zur Landrätin und zum Landrat kann auch gewählt werden, wer seine Wohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Wahlkreis hat.
4.5
Bewerbung für mehrere Ämter
4.5.1
Bewerbung für verschiedene Ämter
1Es kann sich
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eine erste Bürgermeisterin in ihrer und ein erster Bürgermeister in seiner Gemeinde als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied,
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eine Oberbürgermeisterin und ein Oberbürgermeister einer kreisfreien Gemeinde als Kreisrätin oder Kreisrat,
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eine Landrätin und ein Landrat in einer kreisfreien Gemeinde als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied,
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eine Landrätin und ein Landrat als Kreisrätin oder Kreisrat
auch dann bewerben, wenn die Amtszeit nicht mit der Wahlzeit des zu wählenden Gemeinderats oder Kreistags übereinstimmt. 2Die früher insoweit bestehenden Wählbarkeitshindernisse sind weggefallen. 3Die gleichzeitige Ausübung der genannten Ämter wird aber durch die Amtshindernisse nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 und 7 GO und Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 LKrO in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ausgeschlossen.
4.5.2
Bewerbung für gleichartige Ämter
1Aufgrund der Tatsache, dass eine Nebenwohnung für die Wählbarkeit genügt, wäre es möglich, dass eine Person sich in mehreren Wahlkreisen für ein gleichartiges Amt bewirbt. 2Deshalb ist in Art. 25 Abs. 3 geregelt, dass eine sich bewerbende Person bei Wahlen für ein gleichartiges Amt, die am selben Tag stattfinden, nur in einem Wahlkreis aufgestellt werden darf. 3Im Einzelnen siehe Nr. 47.4.
4.6
Höchstaltersgrenze
Die Höchstaltersgrenze für Wahlen zur berufsmäßigen ersten Bürgermeisterin, zum berufsmäßigen ersten Bürgermeister, zur Landrätin und zum Landrat wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 24. Juli 2023 (GVBl. S. 385) aufgehoben.