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Text gilt ab: 01.09.2010
Fassung: 25.06.2009
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Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
Vom 25. Juni 2009[1]

Vollzitat nach RedR: Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 25. Juni 2009 (GVBl. 2010 S. 2, 698, BayRS 02-25-J)
Das Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister der Justiz,
der Freistaat Bayern, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Staatsministerin der Justiz und für Verbraucherschutz,
das Land Berlin, vertreten durch den Regierenden Bürgermeister, dieser vertreten durch die Senatorin für Justiz,
das Land Brandenburg, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Ministerin der Justiz,
die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch den Senator für Justiz und Verfassung,
die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch den Senat, dieser vertreten durch den Präses der Justizbehörde,
das Land Hessen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister der Justiz, für Integration und Europa,
das Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Justizministerin,
das Land Niedersachsen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Justizminister,
das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Justizministerin,
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister der Justiz,
das Saarland, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales,
der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Staatsminister der Justiz,
das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Ministerin der Justiz,
das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister für Justiz, Arbeit und Europa und
der Freistaat Thüringen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch die Justizministerin,
schließen folgenden Staatsvertrag:

[1] Der Staatsvertrag wurde ratifiziert in:
Baden-Württemberg: G v. 1.12.2009 (GBl. S. 681),
Bayern: Bek. v. 23.12.2009 (GVBl. 2010 S. 2),
Berlin: G v. 3.12.2009 (GVBl. S. 703),
Bremen: G v. 3.11.2009 (Brem.GBl. S. 440),
Hamburg: G v. 24.11.2009 (HmbGVBl. S. 395),
Hessen: G v. 24.11.2009 (GVBl. I S. 418),
Mecklenburg-Vorpommern: G v. 5.2.2010 (GVOBl. M-V S. 118),
Niedersachsen: G v. 17.2.2010 (Nds. GVBl. S. 54),
Nordrhein-Westfalen: Bek. v. 10.11.2009 (GV. NRW. S. 556),
Rheinland-Pfalz: G v. 11.5.2010 (GVBl. S. 73),
Saarland: G v. 16.6.2010 (Amtsbl. I S. 1272),
Sachsen: G v. 12.5.2010 (SächsGVBl. S. 146),
Sachsen-Anhalt: G v. 15.1.2010 (GVBl. LSA S. 4),
Schleswig-Holstein: G v. 20.4.2010 (GVOBl. Schl.-H. S. 434),
Thüringen: G v. 30.3.2010 (GVBl. S. 98).
Präambel
Die Bundesrepublik Deutschland hat am 20. September 2006 das Fakultativprotokoll vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (im Folgenden „Fakultativprotokoll“) unterzeichnet.
Das Fakultativprotokoll sieht die Einrichtung nationaler Mechanismen zur Verhütung von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (im Folgenden „zur Verhütung von Folter“) vor. Diese Mechanismen sollen die Behandlung von Personen prüfen, denen die Freiheit entzogen ist. Da die Zuständigkeit für freiheitsentziehende Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland ganz überwiegend bei den Ländern liegt, sind derartige Mechanismen von den Ländern einzurichten und mit den entsprechenden Befugnissen auszustatten. Es erscheint sinnvoll, anstelle einzelner Beauftragter der Länder mit diesem Vertrag einen gemeinsamen nationalen Mechanismus im Sinne des Artikels 3 des Fakultativprotokolls zu schaffen (Kommission), der gegenüber Bund, Ländern und Vereinten Nationen einheitlich auftreten kann.
Daneben richtet der Bund als weiteren nationalen Mechanismus eine Bundesstelle zur Verhütung von Folter ein, die die entsprechenden Aufgaben für Personen, denen im Zuständigkeitsbereich des Bundes die Freiheit entzogen ist, wahrnimmt. Mit dieser Stelle arbeitet die Kommission insbesondere bei der Berichterstattung eng zusammen.
Die Kommission soll möglichst weitgehend die Infrastruktur der Kriminologischen Zentralstelle e. V. nutzen. Das erforderliche Sekretariat soll bei der Kriminologischen Zentralstelle angesiedelt werden.
Art. 1
Einrichtung der Kommission zur Verhütung von Folter
Die vertragschließenden Länder richten eine gemeinsame Kommission zur Verhütung von Folter ein, die gegenüber den Vereinten Nationen als nationaler Mechanismus zur Verhütung von Folter im Sinne des Artikels 3 des Fakultativprotokolls benannt wird.
Art. 2
Aufgaben und Befugnisse
(1) Die Kommission hat die Aufgabe, zur Verhütung von Folter Orte der Freiheitsentziehung im Sinne des Artikels 4 des Fakultativprotokolls im Zuständigkeitsbereich der Länder aufzusuchen, auf Missstände aufmerksam zu machen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge vorzulegen.
(2) 1Den Mitgliedern der Kommission stehen einzeln oder gemeinsam die in Artikel 19 des Fakultativprotokolls genannten Befugnisse zu. 2Die Länder gewähren ihnen die in Artikel 20 des Fakultativprotokolls genannten Rechte und Befugnisse.
(3) 1Die Kommission kann zur Verbesserung der Bedingungen für Personen, denen die Freiheit entzogen ist, Empfehlungen an die zuständigen Behörden richten. 2Die Behörden sind gehalten, diese Empfehlungen sorgfältig zu prüfen und gegenüber der Kommission in angemessener Zeit dazu Stellung zu nehmen.
(4) Die Kommission erstellt gemeinsam mit der Bundesstelle zur Verhütung von Folter einen Jahresbericht, der der Bundesregierung, den Landesregierungen, dem Deutschen Bundestag und den Länderparlamenten zugeleitet wird.
Art. 3
Vertraulichkeit
Die Mitglieder der Kommission sind verpflichtet, die Vertraulichkeit von Informationen, die ihnen im Rahmen ihrer Aufgaben bekannt werden, auch über die Dauer ihrer Amtszeit hinaus zu wahren.
Art. 4
Mitglieder
(1) 1Die Kommission besteht aus vier Mitgliedern, die ehrenamtlich tätig sind. 2Die Mitglieder sind unabhängig und keinen Weisungen unterworfen. 3Die Zahl der Kommissionsmitglieder kann durch einstimmigen Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (Justizministerkonferenz) geändert werden.
(2) 1Die Kommissionsmitglieder werden von der Justizministerkonferenz für eine Amtszeit von vier Jahren ernannt. 2Abweichend hiervon werden bei der Ernennung der ersten vier Kommissionsmitglieder zwei Mitglieder für vier Jahre und zwei Mitglieder für zwei Jahre ernannt. 3Eine erneute Ernennung ist möglich. 4Sie können ihr Amt jederzeit niederlegen. 5Ein Kommissionsmitglied kann vor Ablauf seiner Amtszeit gegen seinen Willen nur unter den Voraussetzungen der §§ 21 und 24 des Deutschen Richtergesetzes durch einstimmigen Beschluss der Justizministerkonferenz abberufen werden. 6In diesen Fällen ernennt die Justizministerkonferenz einen Nachfolger für die verbleibende Amtszeit.
(3) 1Die Kommission gibt ihre Berichte und Empfehlungen einheitlich ab. 2Den Vorsitz der Kommission führt ein Mitglied der Kommission, das jeweils auf zwei Jahre von der Justizministerkonferenz ernannt wird. 3Eine erneute Ernennung ist möglich.
(4) 1Die Mitglieder der Kommission sollen Personen von anerkanntem Sachverstand auf dem Gebiet des Justiz- oder Maßregelvollzugs, der Polizei, der Psychiatrie, der Kriminologie oder vergleichbarer Gebiete sein. 2Bei der Besetzung der Kommission soll darauf geachtet werden, dass Mitglieder mit Sachverstand aus unterschiedlichen Fachgebieten vertreten sind. 3Auf eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter ist zu achten. 4Die Mitglieder der Kommission sollen bei der Ernennung nicht älter als 70 Jahre sein.
(5) Die Mitglieder der Kommission erhalten Aufwendungs- und Kostenersatz nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes.
Art. 5
Sekretariat
(1) Der Kommission steht ein Sekretariat zur Verfügung, das die laufenden Geschäfte der Kommission wahrnimmt und gemäß der Satzung der Kriminologischen Zentralstelle e. V. bei dieser angesiedelt werden soll.
(2) 1Das Personal des Sekretariats wird nur mit Zustimmung der Kommission eingestellt oder entlassen. 2Es unterliegt in fachlicher Hinsicht nur den Weisungen der Kommission.
Art. 6
Sitz
Sitz der Kommission ist Wiesbaden.
Art. 7
Arbeitsweise und Geschäftsordnung
1Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung. 2Sie ist in der Festlegung ihrer Strategien und Arbeitsmethoden frei.
Art. 8
Zusammenarbeit
1Die Kommission arbeitet mit der Bundesstelle zur Verhütung von Folter zusammen. 2Sie kann Personal- und Sachmittel gemeinsam mit der Bundesstelle nutzen. 3Das Nähere regelt eine Verwaltungsvereinbarung.
Art. 9
Finanzierung
(1) Die Aufteilung der Kosten für die Kommission erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel.
(2) 1Die Finanzierung erfolgt in Form von Zuschüssen an die Kriminologische Zentralstelle e.V.1. 2Die Anteilsbeträge werden im Laufe eines jeden Rechnungsjahres in zwei Teilbeträgen zum 31. Mai und 30. November nach den Ansätzen des Haushaltsplans fällig. 3Die Personal- und Sachaufwendungen werden vom Hessischen Ministerium der Justiz für Integration und Europa verauslagt.

1 [Amtl. Anm.:] Die Länder sind darüber einig, dass die Zuschüsse für die Kommission nicht bei der Berechnung der auf dem Beschluss der Konferenz der Regierungschefs der Länder vom 30. März 2006 basierenden Kürzungen der Haushaltsansätze angerechnet werden.
Art. 10
Geltungsdauer, Kündigung
(1) Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann von jedem Land durch schriftliche Erklärung gegenüber den übrigen Ländern mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Schluss eines Kalenderjahres gekündigt werden.
(2) Durch das Ausscheiden eines Landes wird die Wirksamkeit des Vertrages zwischen den übrigen Ländern nicht berührt.
(3) Kündigt ein Land wirksam zum Schluss eines Kalenderjahres, so berechnet sich die Kostenverteilung zwischen den verbleibenden Ländern nach dem entsprechend angepassten Königsteiner Schlüssel.
Art. 11
Inkrafttreten
1Der Vertrag bedarf der Ratifikation. 2Er tritt am Ersten des Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die letzte Ratifikationsurkunde der vertragschließenden Länder bei dem Hessischen Ministerium der Justiz für Integration und Europa hinterlegt ist. 3Die Hessische Staatskanzlei teilt den übrigen beteiligten Ländern den Zeitpunkt der Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde mit.
Für das Land Baden-Württemberg:
Der Minister der Justiz

Prof. Dr. Ulrich G o l l
Für den Freistaat Bayern:
Die Staatsministerin der Justiz
und für Verbraucherschutz

Dr. Beate M e r k
Für das Land Berlin:
Die Senatorin für Justiz

Gisela von der A u e
Für das Land Brandenburg:
Die Ministerin der Justiz

Beate B l e c h i n g e r
Für die Freie Hansestadt Bremen:
Der Senator für Justiz und Verfassung

I.V. Ralf N a g e l
Für die Freie und Hansestadt Hamburg:
Der Präses der Justizbehörde

Dr. Till S t e f f e n
Für das Land Hessen:
Der Minister der Justiz,
für Integration und Europa

Jörg-Uwe H a h n
Für das Land Mecklenburg-Vorpommern:
Die Justizministerin

Uta-Maria K u d e r
Für das Land Niedersachsen:
Der Justizminister


Bernd B u s e m a n n
Für das Land Nordrhein-Westfalen:
Die Justizministerin

Roswitha M ü l l e r - P i e p e n k ö t t e r
Für das Land Rheinland-Pfalz:
Der Minister der Justiz

Dr. Heinz Georg B a m b e r g e r
Für das Saarland:
Saarbrücken, den 17. Juni 2009
Der Minister für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales

Prof. Dr. Gerhard V i g e n e r
Für den Freistaat Sachsen:
Der Staatsminister der Justiz

Geert M a c k e n r o t h
Für das Land Sachsen-Anhalt:
Die Ministerin der Justiz

Prof. Dr. Angela K o l b
Für das Land Schleswig-Holstein:
Kiel, den 22. Juni 2009
Der Minister für Justiz, Arbeit und Europa

Uwe D ö r i n g
Für den Freistaat Thüringen:
Die Justizministerin

Marion W a l s m a n n