Inhalt

BFDuR
Text gilt ab: 27.12.2021
Fassung: 24.08.2020
6.
Ermessensentscheidung

6.1 Vorgaben und Kriterien

6.1.1

1Die Entscheidung über die Gewährung oder Ablehnung einer Stabilisierungsmaßnahme erfolgt nach pflichtgemäßen Ermessen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 2Dabei sind die Vorgaben und Kriterien des BayFoG, dieser Richtlinie und des EU-Rechts zu berücksichtigen, insbesondere
a)
für alle Stabilisierungsmaßnahmen die Vorgaben und Kriterien des Art. 2 Abs. 1 und 2, des Art. 6 Abs. 1 und 2, des Art. 10 BayFoG und ergänzenden Bestimmungen dieser Richtlinie,
b)
für Garantien im Sinne des Art. 7 BayFoG und für Rekapitalisierungen im Sinne des Art. 8 BayFoG zusätzlich die in diesen Vorschriften jeweils vorgesehen Vorgaben und Kriterien und ergänzenden Bestimmungen dieser Richtlinie, sowie
c)
die jeweils einschlägigen Beschlüsse des Europäischen Rates und die Vorgaben der Europäischen Kommission, insbesondere zur Vereinbarkeit von Stabilisierungsmaßnahmen mit den Art. 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

6.1.2

1Bei der Vereinbarkeit der Stabilisierungsmaßnahmen mit den Art. 107 und 108 AEUV sind insbesondere zu berücksichtigen
a)
die Mitteilung C(2020) 1863 der Kommission vom 19. März 2020 über den Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (ABl. C 91 I vom 20. März 2020, S. 1);
b)
die Mitteilung C(2020) 2215 der Kommission vom 3. April 2020 über die Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (ABl. C 112 I vom 4. April 2020, S. 1);
c)
die Mitteilung C(2020) 3156 der Kommission vom 8. Mai 2020 über die Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (ABl. C 164 vom 13. Mai 2020, S. 3);
d)
die Mitteilung C(2020) 4509 der Kommission vom 29. Juni 2020 über die 3. Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (ABl. C 218 vom 2. Juli 2020, S. 3);
e)
die Mitteilung C(2020) 7127 der Kommission vom 13. Oktober 2020 über die 4. Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (Abl. C 340 I vom 13. Oktober 2020, S. 1);
f)
die Mitteilung C(2021) 564 Nr. 1 und Nr. 2 der Kommission vom 28. Januar 2021 über die 5. Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 und Änderung des Anhangs der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (Abl. C 34 vom 1. Februar 2021, S. 6);
g)
die Mitteilung C(2021) 8442 der Kommission vom 18. November 2021 über die 6. Änderung des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 und Änderung des Anhangs der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (Abl. C 473 vom 24. November 2021, S. 1).
2Soweit Stabilisierungsmaßnahmen beantragt werden, die nicht vom Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 der Europäischen Kommission in der jeweils geltenden Fassung (Befristeter Rahmen) umfasst sind oder Stabilisierungsmaßnahmen beantragt werden, die über Bestimmungen dieser Richtlinie hinausgehen, stehen diese unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission.

6.2 Geeignetheit

1Durch die Stabilisierungsmaßnahme muss eine eigenständige Fortführungsperspektive nach Überwindung der COVID-19-Pandemie bestehen. 2Besteht diese für das Unternehmen auch bei Gewährung der Stabilisierungsmaßnahme nicht, so ist die Stabilisierungsmaßnahme nicht geeignet, den Zweck des Fonds zu fördern.

6.3 Erforderlichkeit

6.3.1

Eine Stabilisierungsmaßnahme ist nicht erforderlich, soweit dem Unternehmen anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

6.3.2

1Anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten im Sinne der Nr. 6.3.1 sind sämtliche Finanzierungsmöglichkeiten nicht-staatlicher Stellen. 2Hierzu gehören insbesondere, aber nicht ausschließlich, Finanzierungsmöglichkeiten von Gesellschaftern, Anteilseignern oder sonstigen an dem Unternehmen Beteiligten, der Hausbank des Unternehmens und anderer Kreditinstitute, von Fonds und Beteiligungsgesellschaften sowie von sonstigen nicht-staatlichen Finanzierungs- oder Unterstützungseinrichtungen.

6.3.3

1Ein Verweis auf anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten muss mit dem Zweck des Fonds nach Art. 2 Abs. 1 BayFoG vereinbar sein. 2Das wäre zum Beispiel nicht der Fall bei Finanzierungsmöglichkeiten durch Investoren aus einem Drittstaat (Unionsfremder), durch die die technologische oder wirtschaftliche Souveränität gefährdet werden könnte. 3Auf solche Finanzierungsmöglichkeiten muss sich das Unternehmen nicht verweisen lassen.

6.3.4

1Als anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten im Sinne der Nr. 6.3.1 gelten auch die Angebote der Förderbanken (zum Beispiel EIB, KfW und LfA), der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften und vergleichbarer Institutionen und Einrichtungen. 2Dies gilt nicht, wenn ein Antrag auf Gewährung einer Garantie im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung einer Rekapitalisierung nach Art. 8 BayFoG gestellt wird.

6.3.5

1Nicht zu den anderweitigen Finanzierungsmöglichkeiten im Sinne der Nr. 6.3.1 gehören staatliche Hilfs- oder Stabilisierungsmaßnahmen wie zum Beispiel eine Stabilisierungsmaßnahme aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes oder eine Finanzierungs- oder Unterstützungshilfe durch Bund, Länder oder Kommunen. 2Für das Verhältnis zwischen einer Stabilisierungsmaßnahme nach dem BayFoG und einer anderen staatlichen Hilfs- oder Stabilisierungsmaßnahmen nach Satz 1 gelten die Grundsätze und Abwägungsgesichtspunkte nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayFoG. 3Es ist deshalb zum Beispiel zulässig, dass eine Stabilisierungsmaßnahme anteilig von dem Bund, den Ländern und dem Fonds getragen wird.

6.4 Kriterien für die Abwägung und Ermessensentscheidung

6.4.1

1Bei der Abwägung und Ermessensentscheidung über eine Stabilisierungsmaßnahme müssen in allen Fällen die Kriterien des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayFoG berücksichtigt werden. 2Nr. 6.3.1 bleibt unberührt.

6.4.2

Für die Zwecke dieser Richtlinie ist das Kriterium der Bedeutung des Unternehmens für den Wirtschaftsstandort Bayern nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayFoG übergeordnetes Kriterium für die Einzelkriterien nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayFoG.

6.4.3

Für die Einzelkriterien nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayFoG gilt ergänzend Folgendes:
a)
Bei der Bewertung der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt soll insbesondere die Anzahl der direkt und über Liefer- und Wertschöpfungsketten indirekt betroffenen Beschäftigten und die Bedeutung des Unternehmens auf dem jeweiligen regionalen Arbeitsmarkt berücksichtigt werden.
b)
Eine drohende Verzerrung des Wettbewerbs soll über Auflagen begrenzt werden.
c)
Für die Bewertung der technologischen Souveränität kann es auf die Beschäftigten und Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung sowie Patente in bestimmten Technologieklassen ankommen.
d)
1Der Schutz der technologischen und wirtschaftlichen Souveränität soll zugleich, im Einklang mit den Vorgaben des EU-Rechtes, die Souveränität der Technologie und der Wirtschaft und ihrer Unternehmen in der Europäischen Union (EU27) sichern. 2Die Bedeutung der Sicherung der wirtschaftlichen Souveränität innerhalb der Europäischen Union zeigt sich beispielhaft in den Leitlinien der Europäischen Kommission zum Umgang mit ausländischen Direktinvestitionen und dem freien Kapitalverkehr aus Drittstaaten nach C(2020) 1981 final vom 25. März 2020 und der begleitenden Presseerklärung der Kommission vom 25. März 2020 („Coronavirus: Commission issues guidelines to protect critical European assets and technology in current crisis“). 3Dieser Schutz der technologischen und wirtschaftlichen Souveränität soll bei der Entscheidung über Stabilisierungsmaßnahmen nach Art. 6 Abs. 1 BayFoG berücksichtigt werden.
e)
Für die Bewertung der Kriterien der Versorgungsicherheit und kritischen Infrastruktur kann es insbesondere darauf ankommen, ob ein Unternehmen eine Zugehörigkeit zu speziellen Branchen aufweist, zum Beispiel in einem in § 55 Abs. 1 Satz 2 der Außenwirtschaftsverordnung genannten Geschäftsbereich oder Sektor tätig ist, oder ein Unternehmen erhebliche Bedeutung für die Sicherung von Wertschöpfungsketten in Bayern hat.

6.4.4

1Es gilt der Grundsatz des möglichst sparsamen und wirtschaftlichen Einsatzes der Mittel des Fonds (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BayFoG). 2Er erstreckt sich insbesondere auf die Art, den Umfang und die Laufzeit der Stabilisierungsmaßnahme. 3Diese sind auch unter Beachtung des Verlaufs und der Dauer der Verwerfungen durch die COVID-19-Pandemie und der darauf beruhenden Situation eines Unternehmens zu gestalten.