2.
Kulturgüter im Sinne des § 10g Abs. 1 Satz 2 EStG
2.1
Prüfungsumfang der Bescheinigungsbehörde
1Die zuständige Bescheinigungsbehörde bescheinigt, dass
- a)
das Gebäude oder der Gebäudeteil nach den Vorschriften des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (insbesondere Art. 1) ein Baudenkmal/Kulturdenkmal ist,
- b)
Gebäude oder Gebäudeteile, die für sich allein nicht die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllen, aber Teil Ensembles sind,
- c)
die gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlage, die kein Gebäude oder Gebäudeteil ist, nach den Vorschriften des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes unter Schutz steht,
- d)
Mobiliar, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken oder Archive
- aa)
sich seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie der steuerpflichtigen Person befinden oder
- bb)
als nationales Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach § 7 Abs. 1 des Kulturschutzgesetzes (KGSG) eingetragen sind und
- cc)
ihre Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt.
2.1.1
Begriffsbestimmungen
1Unter Ensembles sind Mehrheiten von baulichen Anlagen zu verstehen, die nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG geschützt sind.
2
Gärtnerische Anlagen
sind historische Park- und Gartenanlagen, Alleen sowie sonstige Zeugnisse der Garten- und Landschaftsgestaltung, die Gegenstand des Denkmalschutzes sind. 3Dazu gehören auch die in die gärtnerische Anlage einbezogenen baulichen Anlagen, soweit diese nicht eigenständig unter Schutz gestellt sind (zum Beispiel Freitreppen, Balustraden, Pavillons, Mausoleen, Anlagen zur Wasserregulierung, künstliche Grotten, Wasserspiele, Brunnenanlagen).
4
Bauliche Anlagen sind solche, die keine Gebäude oder Gebäudeteile sind (zum Beispiel Straßen, Befestigungen). 5Die bauliche Anlage selbst muss Gegenstand des Denkmalschutzes sein. 6Zu den baulichen Anlagen gehören auch Teile von baulichen Anlagen, zum Beispiel Ruinen oder sonstige übriggebliebene Teile ehemals größerer Anlagen.
7Zu den sonstigen Anlagen gehören zum Beispiel Bodendenkmale oder technische Einrichtungen, die Gegenstand des Denkmalschutzes sind.
8
Mobiliar muss die Voraussetzungen des § 10g Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG erfüllen. 9Zum Mobiliar gehört das bewegliche Inventar eines Gebäudes, wie zum Beispiel Teppiche, Tapisserien, Musikinstrumente, Bibliotheken, Waffen sowie einzelne Werke der bildenden und angewandten Kunst. 10Es kann sich zum Beispiel um das Mobiliar berühmter Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Politik handeln.
11
Kunstgegenstände sind Werke der bildenden Kunst (zum Beispiel Gemälde, Grafik), der Bildhauerkunst (zum Beispiel Skulpturen) und angewandten Kunst (zum Beispiel Uhrmacherwerke, Gold- und Silberschmiedearbeiten).
12
Kunstsammlungen sind eine Gesamtheit von Gegenständen, die zielgerichtet unter einer Themenstellung systematisiert zusammengeführt wurden, aus künstlerischen, wissenschaftlichen oder ästhetischen Prinzipien zusammengetragen wurden und die mehr als nur die Summe ihrer einzelnen Bestandteile darstellen und dadurch einen besonderen Wert gewinnen (Definition der Kultusministerkonferenz). 13Kunstsammlungen im Sinne des Satzes 12 umfassen Kunstgegenstände im Sinne des Satzes 11.
14
Wissenschaftliche Sammlungen umfassen Gegenstände, die nach wissenschaftlichen Interessen unter bestimmten Gesichtspunkten zusammengestellt sind. 15Hierzu zählen zum Beispiel ethnographische, historische, numismatische oder naturwissenschaftliche Sammlungen.
2.1.2
Unterschutzstellung von Kulturgütern im Sinne des § 10g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 EStG
1Gebäude, Gebäudeteile, gärtnerische, bauliche oder sonstige Anlagen müssen Denkmal oder Teil eines Denkmals im Sinne der Vorschriften des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes sein. 2Entfällt die öffentlich-rechtliche Bindung durch die Denkmalschutzvorschriften innerhalb des zehnjährigen Begünstigungszeitraumes des § 10g EStG, ist dies der zuständigen Finanzbehörde mitzuteilen (§ 4 MV).
3Bei Wegfall der Denkmaleigenschaft ist eine steuerliche Begünstigung ab dem Kalenderjahr, das dem Zeitpunkt des Wegfalls der Denkmaleigenschaft folgt, ausgeschlossen.
2.1.3
Unterschutzstellung von Kulturgütern im Sinne des § 10g Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG
1Ist das Kulturgut in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder ein Verzeichnis national wertvoller Archive eingetragen, braucht nicht bescheinigt zu werden, dass sich das Kulturgut seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz befindet. 2Mit der Eintragung steht fest, dass die Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.
3Zur Familie sind alle Angehörigen im Sinne des § 15 AO zu rechnen; es kann sich aber auch um eine Familienstiftung handeln.
2.2
Zugänglichmachung
1Für alle Kulturgüter ist ferner nach entsprechender Vorlage einer textlichen Erklärung des Eigentümers zu bescheinigen, dass sie in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang der wissenschaftlichen Forschung oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. 2Ein den Verhältnissen entsprechendes Zugänglichmachen liegt vor, wenn der Eigentümer der zuständigen Bescheinigungsbehörde mitteilt, dass er die Möglichkeit einräumt, sowohl Personen, die sich systematisch mit Wissenschaft und ihrer Weiterentwicklung beschäftigen, als auch der interessierten Öffentlichkeit Zutritt zu gewähren. 3Bewegliche Kulturgüter werden der Öffentlichkeit auch durch Leihgaben anlässlich von Ausstellungen oder wissenschaftlichen Arbeiten zugänglich gemacht. 4Stehen dem Zugang zwingende Gründe (zum Beispiel konservatorische Gründe) entgegen, sind auch diese zu bescheinigen.