6.
Hinweise zur doppelten kommunalen Buchführung
Über den Stand der Reform des kommunalen Haushaltsrechts informieren wir weiterhin im Internet unter http://www.innenministerium.bayern.de/buerger/kommunen/finanzen/detail/08206/.
6.1
Konsolidierter Jahresabschluss
Unter Nr. 5.2 der Bekanntmachung vom 15. Februar 2012 (AllMBl S. 167) ist ausgeführt, dass
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Kommunen, die ihr Haushaltswesen auf die doppelte kommunale Buchführung umgestellt haben, zur Erstellung von konsolidierten Jahresabschlüssen nach Art. 102a GO, Art. 88a LKrO, Art. 84a BezO verpflichtet sind,
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im Rahmen eines Modellprojektes, an dem insgesamt sechs Kommunen teilnehmen, die Erstellung konsolidierter Jahresabschlüsse erprobt werden soll,
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die Rechtsaufsicht mit Blick auf die aus dem Modellprojekt zu erwartenden Erkenntnisse auf Antrag die Frist zur Erstellung des konsolidierten Jahresabschlusses zunächst bis 2015 verlängern kann, wenn eine vollständige Konsolidierung noch nicht möglich ist (§ 99 Abs. 1 KommHV-Doppik).
Erste Ergebnisse aus den bisherigen Sitzungen der Arbeitsgruppe werden noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.
6.2
Ergebnisneutrale Berichtigung der Eröffnungsbilanz
Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband stellt im Rahmen seiner Prüfungen vor allem bei Kommunen, die vor dem Inkrafttreten der inzwischen geltenden Vorschriften mit der Einführung der doppelten kommunalen Buchführung begonnen haben, immer wieder Mängel bei Eröffnungsbilanzen fest, die sich z. T. nicht ohne größeren Aufwand berichtigen lassen. Da die Eröffnungsbilanz die Ausgangsbasis für das neue Rechnungswesen und die Haushaltswirtschaft der Folgejahre bildet, kann es im Einzelfall erforderlich sein, auch nach Ablauf der Frist nach § 93 Abs. 3 KommHV-Doppik die ergebnisneutrale Berichtigung zuzulassen oder die Eröffnungsbilanz neu zu erstellen und gegebenenfalls auch vorangegangene Jahresabschlüsse zu ändern.
Stellt die überörtliche Rechnungsprüfung Änderungsbedarf fest, kann die Kommune auch nach Ablauf der o. a. Frist in Abstimmung mit der Rechtsaufsichtsbehörde die erforderlichen Änderungen vornehmen.
6.3
Grundstücke des Umlaufvermögens
Grundstücke einer Kommune sind nur dann dem Anlagevermögen zuzurechnen, wenn sie dauernd der Aufgabenerfüllung dienen (§ 98 Nr. 4 KommHV-Doppik). Ist dies nicht beabsichtigt (wie z.B. bei den zur (Weiter-)Veräußerung bestimmten Grundstücken), sind sie dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Maßgeblich ist also die Zwecksetzung durch die Kommune selbst, wie sie sich z.B. aus den Sitzungsprotokollen ergibt.
6.4
Bilanzielle Behandlung entschädigungsloser Übergänge kommunalen Vermögens auf Dritte bei straßenrechtlichen Umstufungen
Das wirtschaftliche und rechtliche Eigentum an kommunalen Infrastruktureinrichtungen geht in der Regel entschädigungslos auf einen Dritten über, z.B.
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bei straßenrechtlichen Umstufungen (Art. 7, 11 BayStrWG) oder
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mit der Widmung einer Straße (Art. 11 Abs. 4 BayStrWG), wenn die Kommune diese, ohne gesetzlicher Regelbaulastträger zu sein, in Sonderbaulast nach Art. 44 Abs. 1 BayStrWG errichtet und dafür in der Regel (anteilige) Zuwendungen erhält.
Wird der von der Kommune hergestellte Vermögensgegenstand zunächst in der kommunalen Bilanz mit den Herstellungskosten aktiviert, so ist zum Zeitpunkt des entschädigungslosen Vermögensübergangs auf den Dritten der Restbuchwert des abgehenden Vermögensgegenstands von der Kommune aufwandswirksam auszubuchen. Zugleich sind zum Zeitpunkt des Vermögensübergangs die der Kommune für die Herstellung des Vermögensgegenstands ggf. gewährten und als Sonderposten passivierten Zuwendungen in voller Höhe ertragswirksam aufzulösen. Der Vermögensübergang wird somit erfolgswirksam über die Ergebnisrechnung abgebildet. In der Regel übersteigt der aus dem Vermögensabgang resultierende Abschreibungsaufwand den Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens; diese Differenz stellt im Ergebnis den sog. „Eigenanteil“ der Kommune dar. Dabei kann es sich um erhebliche Summen handeln. Durch die erfolgswirksame Behandlung des Vermögensübergangs in der Ergebnisrechnung entsteht – bei isolierter Betrachtung des Vorgangs – im betreffenden Haushaltsjahr in der Regel ein Fehlbetrag in Höhe des o. g. Eigenanteils, der die Eigenkapitalposition der kommunalen Bilanz mindert. Dieser Fehlbetrag könnte haushaltstechnisch hingenommen werden, da dadurch der unwiderrufliche Abgang kommunalen Vermögens und damit der Ressourcenverbrauch konsequent dargestellt wird. Nach § 24 Abs. 4 KommHV-Doppik müssen auch aus derartigen unentgeltlichen Vermögensübergängen resultierende Fehlbeträge spätestens nach drei Jahren ausgeglichen werden. Das kann zu Liquiditätsproblemen führen, wenn die Kommune die betreffende Baumaßnahme (anteilig) über Kredite finanziert hat, da Verbindlichkeiten, die zur Durchführung der Baumaßnahme von dem bisherigen Baulastträger eingegangen wurden, vom Übergang ausgeschlossen sind (vgl. z.B. Art. 11 Abs. 3 BayStrWG) und die zur Kredittilgung erforderlichen Mittel mangels korrespondierender Abschreibungen ggf. nicht mehr über die Haushaltsausgleichssystematik des § 24 KommHV-Doppik refinanziert werden können.
Ist der künftige Vermögensübergang zum Zeitpunkt der Herstellung des Vermögensgegenstands bereits bekannt (z.B. bei Abschluss der Sonderbaulastvereinbarung), kann sich daher die Bildung einer Drohverlustrückstellung (§ 74 Abs. 1 Satz 2 KommHV-Doppik) in Höhe des o. a. Eigenanteils der Kommune empfehlen. In diesem Fall würde durch die ertragswirksame Auflösung dieser Rückstellung der aus dem Vermögensabgang resultierende Aufwand kompensiert.
6.5
Bilanzielle Behandlung des bei einem Sanierungstreuhänder im Sinn des § 159 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 in Verbindung mit § 150 BauGB gebildeten Sanierungstreuhandvermögens
Gemeinden können zur Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen nach §§ 136 ff. BauGB die ihnen obliegenden Aufgaben einem Sanierungstreuhänder im Sinn des § 159 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 in Verbindung mit § 160 BauGB übertragen. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinde und dem Sanierungstreuhänder sind nach § 159 Abs. 2 BauGB in einem schriftlichen (Sanierungstreuhänder-)Vertrag zu regeln. Der Sanierungstreuhänder handelt in eigenem Namen, aber für Rechnung der Gemeinde (§ 160 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Gemeinde bleibt damit wirtschaftlich Eigentümerin des Treuhandvermögens. Sie ist Gewährträgerin des Sanierungstreuhänders und muss die Kosten der Maßnahmen tragen (vgl. z.B. § 160 Abs. 4 Satz 1 BauGB).
Es ist bislang nicht ausdrücklich geregelt, wie das zur Erfüllung der Aufgaben als Sanierungsträger bei einem Sanierungstreuhänder im Sinn des § 159 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 in Verbindung mit § 160 BauGB gebildete und von diesem verwaltete Sanierungstreuhandvermögen bei der Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der doppelten kommunalen Buchführung im kommunalen Jahresabschluss nach Art. 102 Abs. 1 GO, § 80 KommHV-Doppik zu bilanzieren bzw. im kommunalen Haushalt abzubilden ist. Insbesondere ist Nr. 6.1.2 Satz 1 der Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern über die Erfassung und Bewertung kommunalen Vermögens (Bewertungsrichtlinie – BewertR) vom 29. September 2008 (AllMBl S. 558), wonach Treuhandvermögen, das kein wirtschaftliches Eigentum der Gemeinde darstellt, nicht bilanziert werden darf, nicht einschlägig, da bei Sanierungstreuhandverhältnissen die Gemeinde wirtschaftliche Eigentümerin des Treuhandvermögens bleibt. Nrn. 6.1.2 und 7.2.10.5 BewertR betreffen lediglich den Ausweis des Vermögens und des Kapitals fiduziarischer Stiftungen und sind deshalb ebenfalls nicht anwendbar.
Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger doppelter kommunaler Buchführung und den allgemeinen haushaltsrechtlichen Regelungen (insbesondere § 72 Abs. 1 KommHV-Doppik) sind in der Vermögensrechnung (Bilanz) das Anlagevermögen, das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Sonderposten, die Rückstellungen und die Verbindlichkeiten sowie die Rechnungsabgrenzungsposten vollständig auszuweisen und entsprechend § 85 KommHV-Doppik zu gliedern. Für die Vermögensgegenstände und die Schulden gilt dabei der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 76 Nr. 2 KommHV-Doppik). Somit wären grundsätzlich sämtliche im wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde stehenden Gegenstände des Treuhandvermögens einzeln zu bewerten und der nach § 85 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 KommHV-Doppik maßgeblichen Bilanzposition zuzuordnen.
Die Einzelerfassung und -bewertung der Gegenstände des Treuhandvermögens sowie ihre Zuordnung zu den maßgeblichen Bilanzpositionen ist mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden.
Eine Behandlung des Treuhandvermögens nach den allgemeinen haushaltsrechtlichen Vorschriften zöge überdies seine umfassende Einbeziehung in die kommunale Haushaltsplanung und den kommunalen Jahresabschluss nach sich. Insbesondere wären alle das Treuhandvermögen betreffenden Buchungen in der Ergebnis- und Finanzrechnung abzubilden. Dieser Aufwand widerspräche jedoch nicht zuletzt der Intention des Gesetzgebers, das Treuhandvermögen zur Entlastung der Gemeinde (fehlendes Personal, fehlende Fachkenntnisse, langfristige Dauer der Sanierungsmaßnahmen usw.) einem Dritten zur Verwaltung zu überlassen (vgl. Krautzberger, Städtebauförderungsrecht, Rn 75 der Vorbemerkungen zu §§ 136 bis 164b BauGB).
Wir halten es daher – im Vorgriff auf eine Änderung der BewertR – für vertretbar, das Sanierungstreuhandvermögen analog zu den fiduziarischen Stiftungen in einer Summe als letzte bzw. vorletzte Bilanzposition in der kommunalen Bilanz auszuweisen. Im Unterschied zum Stiftungstreuhandvermögen kann jedoch auf die Führung einer (Teil-)Ergebnis- und (Teil-)Finanzrechnung verzichtet werden. Ein ggf. vom Sanierungstreuhänder erstellter Jahresabschluss mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang oder eine vergleichbare Vermögensübersicht ist in den Anhang des kommunalen Jahresabschlusses aufzunehmen.
Die Kommunen haben künftig beim Abschluss von (Sanierungstreuhänder-)Verträgen darauf zu achten, dass das Treuhandvermögen bei den Sanierungstreuhändern – soweit möglich – nach den haushaltsrechtlichen Regelungen erfasst und bewertet wird. Da die von den Sanierungstreuhändern verwendete Ansatz-, Ausweis- und Bewertungsmethodik z. T. deutlich von den Regelungen des kommunalen Haushaltsrechts abweicht, wird es bei bestehenden Verträgen in aller Regel erforderlich sein, im Anhang zur Bilanz der Kommunen die Abweichungen zu erläutern und zu bewerten.