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Art. 9
Verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung
(1) 1Das Landesamt darf bei der Erhebung personenbezogener Daten im Schutzbereich von Art. 13 GG und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung verdeckt technische Mittel einsetzen, um das nichtöffentlich gesprochene Wort abzuhören und aufzuzeichnen sowie Lichtbilder und Bildaufzeichnungen herzustellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen für eine dringende Gefahr für
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den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
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Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder
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Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist.
2Zur Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme darf die Wohnung auch ohne Wissen des Inhabers und der Bewohner betreten werden, wenn dies ausdrücklich angeordnet wurde. 3§ 3 Abs. 2 Satz 1 G 10 gilt entsprechend.
(2) 1Die Maßnahme darf sich nur gegen eine Person richten, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie für die Gefahr verantwortlich ist (Zielperson), und nur in deren Wohnung durchgeführt werden. 2In der Wohnung einer anderen Person ist die Maßnahme zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass
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die Zielperson sich dort zur Zeit der Maßnahme aufhält,
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sich dort für die Erforschung des Sachverhalts relevante Informationen ergeben werden und
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eine Maßnahme in der Räumlichkeit der Zielperson allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht.
Art. 9 Abs. 1 Satz 1 ist gem. Urt. des BVerfG v. 26.4.2022 (BGBl. I S. 789, GVBl. S. 299) mit Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar. Bis zur Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31.7.2023, gilt diese Vorschrift mit den folgenden Maßgaben der Entscheidungsformel fort:
„Maßnahmen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 und gemäß Artikel 10 Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz dürfen nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist, ergriffen werden und nur dann, wenn geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Dabei ist Artikel 8a Absatz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz mit der Maßgabe der widerleglichen Vermutung anzuwenden, dass Erkenntnisse, die bei einer Wohnraumüberwachung gewonnen werden, den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen.“