Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 14.03.2019 – AN 1 K 17.00813
Titel:

Osteochondrale Veränderung am Ellenbogen - Keine Anerkennung als Berufskrankheit

Normenketten:
BeamtVG § 31 Abs. 3 S. 1
BayBeamtVG Art. 46 Abs. 1, Abs. 3
Leitsätze:
1. Bei einem osteochondralen Defekt (freier Gelenkkörper im Ellenbogengelenk) handelt es sich nicht um eine Entzündung im Sinne der Ziff. 2101 der Anlage 1 zur BKV. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Epicondylitis lateralis humeri kann grundsätzlich als Berufskrankheit im Sinne der Ziff. 2101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht kommen, wenn dahingehende Feststellungen getroffen werden können; hierfür genügen schlichte Mutmaßungen des Beamten ohne belastbare Grundlage, aufgrund derer weder die Verwaltung noch das Gericht verpflichtet sind, weitere Ermittlungen bezüglich möglicher Ursachen für den osteochondralen Defekt anzustellen, nicht. (Rn. 37– 38) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist ein Beamter dem Öffnen und Schließen von Türen nicht mit einer täglichen Einwirkungsdauer von mindestens drei Stunden ausgesetzt, da er überwiegend im Abteilungsdienst und im Wohngruppenvollzug eingesetzt ist,und fehlt es dadurch an monotonen wiederholt oder plötzlich einsetzenden Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand, mangelt es an einer Kausalität zwischen den einzelnen Türöffnungs- und -schließvorgängen des Beamten und seiner köperlichen Beeinträchtigung.  (Rn. 39 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstunfall, Berufskrankheit Osteochondraler, Defekt, Epicondylitis lateralis humeri, JVA Bedienstete, Ziff. 2101 d. Anlage 1 zur BKV, Anerkennung, Öffnen und Schließen von Türen, Einwirkungsdauer
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.09.2020 – 3 ZB 19.937
Fundstelle:
BeckRS 2019, 6673

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die am …1969 geborene Klägerin ist Hauptsekretärin im Justizvollzugsdienst und zuletzt in der Justizvollzugsanstalt … - … - tätig gewesen. Mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie u. Soziales Region … Versorgungsamt vom 29. Juni 2016 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgesetzt, wobei u.a. wegen der Funktionsbehinderung des Ellenbogens links ein Einzel-GdB von 40 vorliegt. Mit Ablauf des 31. Oktober 2016 wurde sie wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Sie begehrt die Anerkennung eines osteochondralen Defekts am linken Ellenbogen als Berufskrankheit.
2
Mit einem am 13. Juli 2016 unterzeichneten Antragsformular, beim Landesamt für Finanzen, Dienststelle …, eingegangen am 12. August 2016, beantragte die Klägerin die Anerkennung eines Dienstunfalls. Als anzuerkennende Verletzung gab die Klägerin eine Knochen/Knorpelverletzung (Osteochondraler Defekt) des linken Ellenbogens durch ständiges Öffnen schwerer Feuerschutztüren in der … der JVA … an. Auf einer beigefügten Aufstellung waren insgesamt 74 Türbewegungen bei normalem Arbeitsablauf in der JVA … aufgeführt. Im Beiblatt zum Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls bestätigte der behandelnde Arzt Dr. med. … … am 4. Juli 2016 eine Berufserkrankung nach 26 Jahren Dienst. Als Befund war vermerkt: OD Ellenbogen links, FGK. Als Diagnose war vermerkt: Zn. Ellenbogen AS, li Resektion, FGK Anbohrung OD.
3
Auf Anforderung der Beklagten übersandte Dr. med. … ein ärztliches Attest vom 22. September 2016 und bestätigte, dass sich die Klägerin aufgrund berufsbedingter Schädigung beider Ellenbogengelenke in seiner Behandlung befinde. Behandlungsbeginn sei Februar 2012 gewesen. Zunächst sei der rechte Ellenbogen im Vordergrund gestanden, die Klägerin habe über belastungsabhängige ziehende Schmerzen im rechten Ellenbogen geklagt, die insbesondere im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit im Schließdienst an Intensität jeden Tag zunähmen. Ein Tennisellenbogen habe nicht nachgewiesen werden können. Stattdessen habe sich eine intraartikuläre Gelenksschädigung, insbesondere am Radiusköpfchen und an der Plica humero radialis rechts, finden lassen, die im Rahmen einer stationären Behandlung arthroskopisch behandelt worden sei. Der postoperative Heilungsverlauf sei prolongiert, nach Wiedereingliederung und Rückkehr in den Schließdienst seien die Schmerzen rechts wieder angestiegen, unter konservativer Behandlung gelänge es allmählich, eine Besserung zu erreichen, da die Patientin den linken Arm vermehrt zum Schließen gebrauche. Im weiteren Verlauf nach Konsolidierung der rechten Seite seien zunehmende Beschwerden am linken Ellenbogen aufgetreten, wo im Rahmen einer erneuten Arthroskopie ein schwerer Knorpelschaden am Kapitulum Humeri, eine eingeklemmte Plica humero radialis und chondrale Gelenkkörper gefunden worden seien, die Knorpeltherapie sei in Form einer Microfrakturierung erfolgt. Es resultiere eine Alltagsbelastbarkeit beider Ellenbogengelenke, jedoch massive Schmerzzunahme durch berufliche Wiederaufnahme der Tätigkeit im Schließdienst, so dass aus Sicht des Behandlers eine Berufserkrankung vorliege, die zu einer dauerhaften Unfähigkeit führe.
4
Aus einem Befundbericht des Kompetenznetz … über ein Kernspintomogramm des Ellbogengelenks links nativ/KM am 5. August 2015 ergab sich die Beurteilung:
„Verdacht auf Chondropathie Grad III am Capitulum humeri humeri mit kleiner subchondraler Reaktion, ein kleines abgesprengtes corticales Fragment kernspintomographisch zu suspizieren, zur Diagnosesicherung wäre ergänzend noch ein CT empfohlen. Anliegender Reizzustand mit Synovialitis. Diskrete Tendinopathie des gemeinsamen Ansatzes der Extensorensehnen am Capitulum humeri radialis“.
5
Ein weiterer Befundbericht des Kompetenznetz … über ein Kernspintomogramm des Ellbogengelenks links nativ vom 26. November 2015 enthielt die Beurteilung:
„Im Vergleich zur präoperativen Voruntersuchung ist kein umschriebener Flüssigkeitseintritt im Knorpel des Capitulum humeri mehr abgrenzbar. Es verbleiben geringe subchondrale Inhomogenitäten und Knorpelinhomogenitäten, die in erster Linie postoperativ zu werten sind. Weiterhin diskrete Tendinopathie des gemeinsamen Ansatzes der Extensorensehnen. Kein Gelenkguss.“
6
Mit Schreiben vom 23. Februar 2017 beantwortete die Justizvollzugsanstalt … eine Anfrage des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 12. September 2016:
„1. In der … befinden sich sieben Brandschutztüren, drei davon im Erdgeschoss, jeweils zwei im 1. und im 2. Stock. Frau … war in den letzten Jahren ausschließlich zum Spätdienst (14.00 Uhr bis 22.00 Uhr) eingeteilt. Üblicherweise stehen zu dieser Zeit jene Schließgangtüren offen. Nur während des Aufschlusses von werktags 17.00 Uhr bis 19.45 Uhr werden sie verschlossen gehalten, um die Gefangenen, während ihre Haftraumtüren offen sind, bereichsmäßig zu trennen. In diesem Zeitraum muss etwa zehnmal eine Brandschutztüre geöffnet werden.
2. Die Brandschutztüren sind etwa 1,15 mal 2,12 Meter dimensioniert. In einem etwa 10 cm breiten Stahlrahmen sind vollflächige Glasscheiben eingelassen. Das Gewicht dieser Türen wird auf etwa 120 bis 150 kg geschätzt. Alle diese Türen sind mit hydraulischen DORMA Türschließern ausgerüstet. Die notwendige Kraft zum Öffnen dieser Türen entspricht oder liegt leicht über dem Niveau von Hauseingangstüren und beträgt zwischen 3 und 5 NM (kg). Dies stellt einen vernünftigen Mittelwert zwischen vorgeschriebener sicherer Schließung und notwendiger Dämpfung dar.
3. Frau … arbeitete seit dem 1. September 2009 nur mit einem Arbeitszeitanteil von 50%. Ab 1. September 2014 hat sie ihren Arbeitszeitanteil auf 60% erhöht. Auf eigenen Wunsch verrichtete sie an den Wochentagen Montag, Dienstag, Mittwoch und sporadisch auch an Wochenenden Spätdienst, damit sie, nach ihren Angaben, die Pflege ihrer Mutter übernehmen konnte. Allerdings war sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, selbst die verminderte Arbeitszeit vollumfänglich einzubringen. So fielen seit dem Jahr 2010 bis zu ihrer Pensionierung zum 1. November 2016 insgesamt 632 Arbeitstage Fehlzeit wegen gesundheitlichen Problemen an. Nach ihren eigenen Angaben handelte es sich dabei vorwiegend um mehrere Operationen am Ellenbogen, am Knie und an der Hand sowie um einen Fersensporn und eine Betonallergie.
4. Frau … war seit Beginn ihrer Tätigkeit im Justizvollzug vollumfänglich im Abteilungsdienst und im Wohngruppenvollzug einsetzbar. Nach ihrer Elternzeit von 2006 bis 2008 und der anschließenden Beurlaubung bis 2009 war sie nur noch im Spätdienst, zu Besuchsüberwachungen und zu Krankenhausüberwachungen heranzuziehen. In den letzten Jahren allerdings wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nur bedingt und ausschließlich im Abteilungsdienst einsetzbar. Ihre Aufgaben im Spätdienst beschränkten sich auf die Beaufsichtigung der Gefangenen beim Hofgang und der Maßnahme der offenen Hafträume. Weitere, eigentlich zu den Aufgaben der Abteilungsbediensteten gehörenden Aufgaben, wie z.B. Vorführungen, Ausführungen usw. konnten von ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wahrgenommen werden.“
7
In der beigezogenen Schwerbehindertenakte findet sich ein Gesundheitszeugnis der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von … vom 11. Februar 2016. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:
"1. Welche funktionale ärztliche Diagnose und Gesamtbeurteilung ergeben sich für den Amtsarzt? Frau … leidet an einer degenerativ bedingten Funktionsstörung des linken Ellbogens. Zwei operative Eingriffe sind bisher erfolgt. Alltagsstabilität in Bezug auf die Einsatzfähigkeit des linken Arms besteht derzeit nicht. Beweglichkeit und Funktionen sind eingeschränkt. Vor allem die schnelle Einsetzbarkeit des linken Armes und Kraftaufwendungen durch den linken Arm sind nicht möglich.
2. Wie wirken sich die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die dienstliche Leistungsfähigkeit aus? Negatives Leistungsbild: Die Beugefähigkeit ist endgradig eingeschränkt. Die Streckung ist mittelgradig eingeschränkt. Umwendbewegungen des linken Armes sind deutlich eingeschränkt. Die aktive und passive Beweglichkeit sind schmerzhaft. Schnelles Zugreifen oder gar Abwehrbewegungen sind nicht möglich. Der linke Arm kann für Haushaltstätigkeiten derzeit nicht eingesetzt werden.
3. Welche konkreten Funktionseinschränkungen sind durch die festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingt?
Der linke Arm kann nicht zum Selbstschutz eingesetzt werden. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist nicht möglich. Funktionell muss von einer Einarmigkeit ausgegangen werden.
7. Besteht Aussicht auf Wiederherstellung der vollen tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate?
Aus amtsärztlicher Sicht besteht keine Aussicht auf Wiederherstellung der vollen tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate oder zu einem späteren Zeitpunkt. Aus amtsärztlicher Sicht kann auch unter der Voraussetzung eines weiteren günstigen Verlaufs, der linke Arm nicht mehr zur Anwendung unmittelbaren Zwangs oder zum Selbstschutz eingesetzt werden.
9. Ist die Beamtin aus amtsärztlicher Sicht in der Lage, unter Beibehaltung ihres Amtes ihre Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu erfüllen? Da Kernkompetenzen der Diensttätigkeiten nicht erfüllt werden können, besteht aus amtsärztlicher Sicht keine begrenzte Dienstfähigkeit.
10. Besteht infolge der Erkrankung aus amtsärztlicher Sicht eine dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten, bezogen auf den derzeit ausgeübten Dienstposten?
Aus amtsärztlicher Sicht besteht dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Pflichten, bezogen auf den derzeit ausgeübten Dienstposten.
…“
8
Mit Schreiben vom 13. März 2017 beauftragte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle …, das Landratsamt …, Gesundheitsbehörde, mit der Begutachtung der Klägerin. Gegen die von dort vorgeschlagene Begutachtung durch einen externen Sachverständigen wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit dem Hinweis, dass die Durchführung eines medizinischen Sachverständigengutachtens erst dann zweckdienlich sei, wenn bezüglich des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhaltes geklärt sei, welcher Kraftaufwand für die Türbewegungen erforderlich sei und welche Anzahl an Öffnungen und Schließungen die Klägerin in den letzten Jahren getätigt habe. Die Feststellungen im Schreiben der Justizvollzugsanstalt … seien sachlich unzutreffend und würden vollumfänglich bestritten.
9
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 30. März 2017, versandt am 31. März 2017, den Antrag vom 13. Juli 2016 auf Anerkennung osteochondraler Veränderungen im linken Ellenbogen als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG ab. Beamtenrechtliche Unfallfürsorgeleistungen könnten nicht gewährt werden.
10
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG auch als Dienstunfall gelte, wenn ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr einer Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt sei, eine derartige Krankheit (Berufskrankheit) zu erleiden, es sei denn, dass er sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen habe. Dazu sei erforderlich, dass der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Erkrankungsgefahr besonders ausgesetzt sein müsse. Von der Leitung der JVA … sei mit Schreiben vom 23. Februar 2017 mitgeteilt worden, dass die Klägerin etwa zehnmal am Tag die Schutztüren zu öffnen habe. Der notwendige Kraftaufwand zum Öffnen der Türen liege leicht über dem Niveau von Hauseingangstüren. Auch sei die Klägerin von 2006 bis 2008 in Elternzeit sowie anschließend bis 2009 beurlaubt gewesen. Seit 1. September 2009 sei sie nicht mehr mit einem vollumfänglichen Arbeitszeitanteil beschäftigt gewesen. Es sei daher eine besondere Gefährdung, an osteochondralen Veränderungen im linken Ellenbogen zu erkranken, nicht erkennbar. Die besondere Gefährdung sei damit weder für die dienstliche Verrichtung typisch noch in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden.
11
Mit Schriftsatz vom 28. April 2017, beim Bayer. Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eingegangen am selben Tag, ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben und kündigte für die mündliche Verhandlung folgende Anträge an:
1. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, Bezügestelle Dienstunfall, vom 30. März 2017 (Geschäftszeichen: …) wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, auf den Antrag der Klägerin vom 13. Juli 2017 die osteochondralen Veränderungen im linken Ellenbogen der Klägerin als Berufskrankheit im Sinne von Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG anzuerkennen und der Klägerin beamtenrechtliche Unfallfürsorgeleistungen zu gewähren.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Es wird festgestellt, dass die Beiziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Klägerin im Verwaltungsverfahren als notwendig erachtet wird.
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Zur Begründung trugen die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 vor, dass das Landesamt für Finanzen, Dienststelle …, ihrer aus dem Fürsorgeprinzip resultierenden Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung weder hinsichtlich der beim Öffnen der vorbezeichneten Feuerschutztüren in der … der JVA … erforderlichen Kraft noch hinsichtlich der Anzahl der Öffnungsvorgänge durch die Klägerin nachgekommen sei, sondern sofort den angefochtenen Bescheid vom 30. März 2017 erlassen habe. Dieser beruhe somit auf einem Sachverhalt, der auf Grund eines Versäumnisses des Landesamtes für Finanzen nicht vollständig und ordnungsgemäß aufgeklärt sei. Hätte das Landesamt für Finanzen den Sachverhalt richtig aufgeklärt, wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin, wie auch von ihr angegeben, an einem durchschnittlichen Tag die dort eingebauten Feuerschutztüren bis zu 74 mal habe öffnen und schließen müssen und dabei rechtshändig das Schloss entriegelt und linkshändig die Tür geschoben bzw. gezogen habe.
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Beweis wurde diesbezüglich angeboten durch Vernehmung einer Kollegin der Klägerin und durch Einholung eines physikalisch-technischen Sachverständigengutachtens zum Kraftaufwand beim Öffnen und Schließen der Feuerschutztüren in der JVA …, … Des Weiteren fassten die Bevollmächtigten der Klägerin die Voraussetzungen zusammen, unter denen nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG eine Berufskrankheit anerkannt werden könne. Hätte das Landesamt den vorliegenden Sachverhalt ordnungsgemäß aufgeklärt, wäre es zweifelsfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Tätigkeit der Klägerin in der JVA … insbesondere durch das Aufschließen und Verschließen der dort angebrachten Feuerschutztüren in besonderem Maße der Gefahr der Erkrankung an einem osteochondralen Defekt des linken Ellenbogens, wie er jetzt bei ihr vorliege, ausgesetzt gewesen sei, was sich insbesondere auf Grund der Kraft, die beim Öffnen und Schließen der Feuerschutztüren aufzuwenden sei, und weiterhin der Anzahl der täglichen Öffnungen und Schließungen dieser Feuerschutztüren ergebe.
14
Es wurde die Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens zum Beweis dafür, dass die Klägerin durch ihre dienstliche Tätigkeit in der JVA …, …, insbesondere durch ein täglich bis zu 74 mal vorzunehmendes Öffnen und Schließen der dortigen Feuerschutztüren und die dabei pro Öffnungs- und Schließvorgang aufzuwendende Kraft von ca. 3-5 NM im besonderen Maße der Gefahr ausgesetzt gewesen sei, an einem osteochondralen Defekt des linken Ellenbogens zu erkranken und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sich die Klägerin diesen Defekt außerhalb des Dienstes zugezogen habe, angeregt.
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Vor diesem Hintergrund sei das Landesamt für Finanzen in Erfüllung seiner Aufklärungspflicht zunächst gehalten gewesen, festzustellen, in etwa wie viele Öffnungs- und Schließvorgänge der Feuerschutztüren die Klägerin mit welchem durchschnittlichen Kraftaufwand in ihren Dienstzeiten erledigt habe und dann in einem zweiten Schritt ein orthopädisches Fachgutachten einzuholen, aus dem sich ergeben hätte, dass die Klägerin auf Grund ihrer vorbezeichneten dienstlichen Tätigkeiten im besonderen Maß der Gefahr ausgesetzt gewesen sei, an einem osteochon-dralen Defekt des linken Ellenbogens zu erkranken. Der angefochtene Bescheid sei bereits deshalb rechtswidrig, da das Landesamt für Finanzen diesen Aufklärungsarbeiten nicht nachgekommen sei. Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach müsse nunmehr diese Aufklärungsarbeiten nachholen.
16
Die Beklagte beantragte mit Schreiben des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 28. Juni 2017:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung von osteochondralen Veränderungen im linken Ellenbogen als Berufserkrankung und Gewährung von beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeleistungen habe, da dem Klagebegehren § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG, Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG entgegenstehe. Die beamtenrechtliche Unfallfürsorge setze zwingend voraus, dass ein Beamter sich eine in der Anlage 1 zur BKVO angeführte Krankheit zugezogen habe. Der Katalog sei abschließend. Andere als die dort aufgeführten Krankheiten seien nicht berücksichtigungsfähig (VG Augsburg, U.v. 2.8.2012 - AU 2 K 11.891 -, juris). Bezüglich der Erkrankung der Klägerin am linken Ellenbogengelenk käme allenfalls Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKVO in Betracht. Nach dieser zählten zu den Berufskrankheiten Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich seien oder sein könnten. Voraussetzung sei folglich, dass bei der Klägerin eine von der Nr. 2101 genannten Krankheit vorliege. Die bei der Klägerin diagnostizierte osteochondrale Veränderung im linken Ellenbogen werde jedoch nicht von der in Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKVO erfasst, da diese ein eigenes spezifisches Krankheitsbild darstelle, bedingt durch einen schweren Knorpelschaden am Kapitulum Humeri, eine eingeklemmte Plica humero radialis sowie chondrale Gelenkkörper, wie es sich aus dem ärztlichen Attest des Dr. med. … vom 22. September 2016 ergebe.
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Da nach der Diagnostik das Vorliegen einer Erkrankung nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKVO ausscheide, komme es auf die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit, nämlich beispielsweise, dass die Klägerin nach der Art ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt gewesen sei, nicht an. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 30. März 2017 verwiesen. Hinsichtlich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt … vom 1. März 2017 werde bestritten, dass die Klägerin täglich bis zu 74 mal die in der Justizvollzugsanstalt eingebauten Feuerschutztüren habe öffnen und schließen müssen.
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Die Bevollmächtigten der Klägerin erwiderten mit Schriftsatz vom 13. Juli 2017. Offensichtlich verkenne das Landesamt für Finanzen, dass es sich bei den osteochondralen Veränderungen im linken Ellenbogen der Klägerin nur um die im Röntgenbild bzw. bei einer Computertomografie sichtbaren Auswirkungen der Erkrankungen der Klägerin am linken Ellenbogen handele. Zwar sei zutreffend, dass die beamtenrechtliche Unfallfürsorge zwingend voraussetze, dass sich ein Beamter eine in der Anlage 1 zur BKVO aufgeführten Krankheiten zugezogen habe, wobei der dortige Katalog abschließend sei, das Landesamt verkenne jedoch den Wortlaut und den Sinn der Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKVO. Ausgehend vom ärztlichen Attest des Dr. med. … vom 20. September 2016 sei das Landesamt für Finanzen in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht für die Klägerin dringend gehalten gewesen, den vorliegenden Sachverhalt zunächst in fachorthopädischer Hinsicht im Detail aufzuklären. Dies wäre insbesondere auch vor dem Hintergrund des Gesundheitszeugnisses der medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von … auf Grund der unter Ziffer 2 erfolgten Feststellungen geboten gewesen. Vor diesem Gesamthintergrund sei naheliegend, dass bei der Klägerin für die bei ihr festgestellte Dienstunfähigkeit zumindest eine Epicondylitis lateralis humeri (Insertionstendopathie der am Epicondylus entspringenden Unterarmextensoren) mit ursächlich gewesen sei. Hierzu wurde die Einholung eines fachorthopädischen Sachverständigengutachtens nach Auswahl des Gerichts mit zusätzlichen röntgenologischen und computertomografischen Befunden zum Beweis angeboten.
20
Darüber hinaus habe das Landesamt für Finanzen verkannt, dass auch die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit vorlägen. Auch insoweit habe das Landesamt für Finanzen den Sachverhalt nicht richtig und vor allem nicht vollständig aufgeklärt. Dies sei dem Landesamt für Finanzen bereits mit Telefax vom 28. März 2017 mitgeteilt worden. Tatsache sei vielmehr, und dies dürfte auf Grund der zwingenden diesbezüglichen Brandschutzvorschriften klar und deutlich auf der Hand liegen, dass diese Brandschutztüren immer dann geöffnet und geschlossen werden müssten, wenn eine Person diese passieren wolle. Es müsse noch einmal betont werden, dass die Klägerin die dort eingebauten Feuerschutztüren bis zu 74 mal öffnen und schließen habe müssen, wobei sie rechtshändig das Schloss entriegelt und linkshändig die jeweilige Tür geschoben bzw. gezogen habe. Dabei sei davon auszugehen, dass bei der Beschleunigung einer der vorbezeichneten Feuerschutztüren zum Öffnen derselben unter Berücksichtigung der Masseträgheit eine Masse von ca. 5 kg zu beschleunigen gewesen sei und dann, wenn die Tür in Bewegung gewesen sei, eine Masse von ca. 3 kg zu beschleunigen gewesen sei.
21
Die Beklagte replizierte mit Schriftsatz des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 21. August 2017, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beamtin durch die Art des Dienstes der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt gewesen sei. Der erforderliche Kraftaufwand zum Öffnen und Schließen der Türen liege nur wenig über dem Niveau, das zum Bewegen einer Hauseingangstür erforderlich sei und entspreche damit völlig alltäglichen Belastungen. Daran ändere sich auch durch mehrmaliges Bedienen der Tür nichts, wobei die von der Klägerin angegebene Häufigkeit auf Grund der gegensätzlichen Angaben ihres Dienstvorgesetzten weiterhin bestritten werde. Auf die medizinischen Ausführungen komme es danach nicht mehr an, weshalb auch richtigerweise die Einholung eines orthopädischen Gutachtens unterblieben sei. Nur der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass nach dem Gesundheitszeugnis der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von … vom 11. Februar 2016 die Funktionsstörung der Klägerin am linken Ellenbogen degenerativ bedingt sei, also nicht auf eine Überbelastung infolge von Verrichtung dienstlicher Aufgaben zurückzuführen sei.
22
Mit Schriftsatz vom 6. September 2017 wiederholte der Bevollmächtigte der Klägerin den Vortrag, dass das Landesamt für Finanzen weiterhin die tatsächlichen Tätigkeiten und körperlichen Anstrengungen der Klägerin im Dienst in der JVA …, …, verkenne. Es könne keine Rede davon sein, dass der erforderliche Kraftaufwand der Klägerin beim Öffnen und Schließen der vorbezeichneten Türen nur wenig über dem Niveau, das zum Bewegen einer Hauseingangstür erforderlich sei, gelegen habe. Zum einen sei bei der Klägerin bereits der jeweils einzelne Kraftaufwand erheblich höher, als beim Öffnen und Schließen einer Hauseingangstüre, im Übrigen verkenne das Landesamt, dass es nur mit den speziellen Gegebenheiten in einer JVA erklärt werden könne, dass tatsächlich die diesbezüglichen Feuerschutztüren von der Klägerin während eines normalen Diensttages im Durchschnitt ca. 74 mal geöffnet und geschlossen werden müssten. Es liege daher auf der Hand, dass die Klägerin während des Dienstes in besonderem Maße der Krankheit ausgesetzt gewesen sei, an der sie leide, nämlich einem osteochondralen Defekt des linken Ellenbogens. Die Feststellungen in dem Gesundheitszeugnis der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von … vom 11. Februar 2016 seien zwar durch das Landesamt für Finanzen richtig zitiert, entsprächen jedoch nicht den Tatsachen und müssten daher nachdrücklich bestritten werden. Der fachorthopädische Behandler der Klägerin, Dr. med. …, habe bei der Klägerin einen osteochondralen Deffekt des linken Ellenbogens diagnostiziert, nicht aber, dass es sich um eine degenerativ bedingte Funktionsstörung handele.
23
Zum Beweis hierzu wurde der Behandler als sachverständiger Zeuge angeboten.
24
Des Weiteren werde beantragt, dass das Gesundheitszeugnis der Medizinischen Stelle der Regierung von … vom 11. Februar 2016 unrichtig sei, soweit unter Ziffer 1 festgestellt werde, dass die Klägerin an einer degenerativ bedingten Funktionsstörung des linken Ellenbogens leide. Die Beweiskraft des Gesundheitszeugnisses als öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 Abs. 1 ZPO sei erschüttert. Es werde insbesondere auch durch zwei Röntgenbilder, die am 21. Juni 2017 von den Radiologen Dres. …, …, … von der linken Hand der Klägerin gefertigt worden seien, erschüttert, da diese Röntgenbilder belegten, dass an der kompletten linken Hand der Klägerin keine degenerativen Veränderungen vorlägen.
25
Die Beklagte nahm hierzu mit Schriftsatz des Landesamtes für Finanzen, Dienststelle …, vom 20. September 2017 dahingehend Stellung, dass die Diagnose des Dr. med. … „osteochondraler Defekt“ nichts zu der Ursache dieses Defekts sage, was gerade nicht gegen eine degenerative Ursache spreche. Demgegenüber habe sich die Medizinische Untersuchungsstelle der Regierung von … klar auf eine degenerativ bedingte Funktionsstörung festgelegt. Für eine anderweitige Ursache fehle jeglicher Nachweis. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, was die Röntgenbilder der linken Hand mit den degenerativen Veränderungen am linken Ellenbogen zu tun haben sollten.
26
Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2017 erklärten die Bevollmächtigten der Klägerin die Ausführungen des Landesamtes für Finanzen im vorausgegangenen Schriftsatz für nicht nachvollziehbar. Der Facharzt für Orthopädie, Dr. med. …, habe bei der Klägerin einen sogenannten osteochondralen Defekt des linken Ellenbogens diagnostiziert, wobei ausdrücklich nicht festgestellt worden sei, dass es sich hierbei um eine degenerativ bedingte Funktionsstörung handele. Da die vorgelegten Röntgenbilder vom 21. Juni 2017 keinerlei degenerative Veränderungen an der linken Hand der Klägerin nachwiesen, könne mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass auch der osteochondrale Defekt am linken Ellenbogen der Klägerin nicht auf eine degenerative bedingte Funktionsstörung zurückzuführen sei. Die Beweiskraft des Gesundheitszeugnisses der Medizinischen Stelle der Regierung von … vom 11. Februar 2016 sei nachhaltig erschüttert, da es ohne weitere Überprüfung und vor allem ohne weitere Diagnostik zu der Annahme gekommen sei, dass die Klägerin an einer degenerativ bedingten Funktionsstörung des linken Ellenbogens leide. Es bestehe daher eine zwingende Notwendigkeit dafür, das beantragte fachorthopädische Sachverständigengutachten zum Beweis dafür zu erholen, dass die Klägerin durch ihre dienstliche Tätigkeit in der JVA … - … insbesondere durch ein arbeitstäglich bis zu 74 mal vorzunehmendes Öffnen und Schließen der dortigen Feuerschutztüren und die dabei pro Öffnungs- und Schließvorgang aufzuwendende Kraft von ca. drei bis fünf NM im besonderen Maße der Gefahr ausgesetzt war, an einem osteochondralen Defekt des linken Ellenbogens zu erkranken und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sich die Klägerin diesen Defekt außerhalb des Dienstes, insbesondere durch eine degenerativ bedingte Funktionsstörung zugezogen habe, was hiermit noch einmal ausdrücklich beantragt werde.
27
Die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge des Klägervertreters wurden mit in der mündlichen Verhandlung verkündeten und vom Vorsitzenden begründeten Beschluss abgelehnt.
28
Der Klägervertreter beantragte in der mündlichen Verhandlung:
1. Der Bescheid des Landsamtes für Finanzen, Dienststelle …, Bezügestelle Dienstunfall, vom 30. März 2017 (Geschäftszeichen …) wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, auf den Antrag der Klägerin vom 13. Juli 2017 die osteochondralen Veränderungen im linken Ellenbogen als Folge einer Epicondylitis lateralis humeri als Berufskrankheit im Sinne von Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG anzuerkennen und der Klägerin beamtenrechtliche Fürsorgeleistungen zu gewähren.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Es wird festgestellt, dass die Beiziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Klägerin im Verwaltungsverfahren als notwendig erachtet wird.
29
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte und bezüglich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Verpflichtungsklage ist nicht begründet.
31
Der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2017 ist rechtmäßig, da die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung der osteochondralen Veränderungen im linken Ellenbogen als Folge einer Epicondylitis lateralis humeri als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
32
1. Gem. Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder in Folge des Dienstes eingetreten ist. Als Dienstunfall gilt nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG auch die Erkrankung an einer der in den Anlagen zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BKV) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, es sei denn, dass er sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat.
33
Bei der Feststellung, dass der Beamte durch die Art des Dienstes der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, kommt es nicht auf den allgemeinen Inhalt der Dienstaufgaben des Beamten an. Entscheidend ist vielmehr die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung. Für diese muss unter den besonderen, zur fraglichen Zeit bestehenden Verhältnissen und Begleitumständen die Gefährdung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung gegeben sein (Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Hauptband 2, BeamtVG § 31 Rn. 250; VG Kassel, U.v. 10.7.2014 - 1 K 222/12.KS - juris, Rn. 90).
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2. Vorliegend scheitert die Anerkennung einer Berufskrankheit als Dienstunfall bereits am Fehlen einer Erkrankung im Sinne der Berufskrankheitenverordnung (BKV), die im Anhang 1 einen abschließenden Katalog in Betracht kommender Erkrankungen enthält (VG Augsburg, U.v. 2.8.2012 - Au 2 K 11.891 -, juris Rn. 24).
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Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit bezüglich des durch die behandelnden Ärzte diagnostizierten osteochondralen Defekts am linken Ellenbogen. Von den Krankheiten der Anlage 1 der BKV kommt allein eine Erkrankung im Sinne der Ziffer 2101 - „Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“ in Betracht. Bei dem Krankheitsbild der Berufskrankheit Nr. 2101 handelt es sich um eine bakterienfreie Entzündung der Sehnenoberfläche und der Sehnenscheiden oder des die Sehnen umgebenden Gleitgewebes. Diese Entzündungen oder Reizzustände sind Folge sich ständig wiederholender einseitiger berufsbedingter Bewegungen. (SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid v. 29.5.2015 - S 1 U 3803/14 -, juris Rn. 19).
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Bei einem osteochondraler Defekt, also freien Gelenkkörpern im Ellenbogengelenk, handelt es sich nicht um eine Entzündung im Sinne der Ziff. 2101 der Anlage 1 zur BKV. Dies hat auch der Bevollmächtigte der Klägerin erkannt und mit Schriftsatz vom 13. Juli 2017 festgestellt, es sei naheliegend, dass zumindest auch eine Epicondylitis lateralis humeri (Tennisellenbogen) für die festgestellte Dienstunfähigkeit mitursächlich gewesen sei. Den Klageantrag hat er in der mündlichen Verhandlung zulässigerweise entsprechend angepasst.
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Eine Epicondylitis lateralis humeri kann grundsätzlich als Berufskrankheit im Sinne der Ziff. 2101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht kommen (HessLSG U.v. 29.10.2013 - L 3 U 28/10 -, juris), allerdings fehlt es vorliegenden an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass bei der Klägerin überhaupt eine Epicondylitis, die zu dem osteochondralen Defekt geführt haben könnte, vorliegt. Die durch die Klägerin bzw. deren behandelnde Ärzte vorgelegten Atteste und Untersuchungs-/Operationsberichte enthalten keinen Hinweis auf eine Epicondylitis. In Befundberichten über zwei Kernspintomographien des linken Ellenbogengelenks (5.8.2015 und 31.11.2015) wird lediglich auf eine diskrete Tendinopathie des gemeinsamen Ansatzes der Extensorensehnen, also eine primär nicht-entzündliche Erkrankung der Sehnen aufgrund von Über-, Fehlbelastung oder Verschleiß (Degeneration) (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tendopathie), hingewiesen, so dass gerade nicht auf das Vorliegen einer entzündlichen Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze geschlossen werden kann. Einzige Andeutung bezüglich einer Epicondylitis findet sich im ärztlichen Attest des Dr. med. … vom 22. September 2016 den rechten Ellenbogen betreffend, diesbezüglich stellte der behandelnde Arzt jedoch fest, dass ein Tennisellenbogen gerade nicht nachweisbar gewesen sei.
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Insoweit handelt es sich bei der Feststellung des Bevollmächtigten der Klägerin, dass eine Epicondylitis lateralis humeri Ursache des osteochondralen Defekts am linken Ellenbogengelenk sein müsse, um eine Mutmaßung ohne belastbare Grundlage, aufgrund derer weder die Beklagte im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren noch das Gericht im gerichtlichen Verfahren verpflichtet waren, weitere Ermittlungen bezüglich möglicher Ursachen für den osteochondralen Defekt anzustellen. Ob die Feststellung im Gesundheitszeugnis der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von … vom 11. Februar 2016, dass die Funktionsstörung des linken Ellenbogen degenerativ bedingt sei, zutreffend ist, ist damit nicht mehr entscheidungsrelevant.
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2. Des Weiteren ist die Tätigkeit der Klägerin in der Justizvollzugsanstalt … - … - nicht geeignet eine der Ziffer 2101 der BKV entsprechende Erkrankung zu verursachen.
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Nach dem ärztlichen Merkblatt zur Ziffer 2101 der BKV sind für diese Berufskrankheit erkrankungsursächlich kurzzyklische, repetitive, feinmotorische Handtätigkeiten mit sehr hoher Bewegungsfrequenz (wie z.B. beim Maschinenschreiben und Klavierspielen), hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks (wie z.B. beim Stricken), repetitive Manipulationen mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (wie z.B. beim Drehen, Montieren oder Obst pflücken), forcierte Dorsalextension der Hand (wie z.B. Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern) oder monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes (z.B. beim Betätigen eines Schraubendrehers). Langjährige Schwerarbeit bzw. „eintönige Fließbandarbeit“ kommen als arbeitstechnische Voraussetzungen nicht in Betracht, sofern es sich dabei nicht um unphysiologische Bewegungsabläufe bzw. unnatürliche Haltungen der beteiligten Gliedmaßen handelt. Hier ist eine rasche Gewöhnung (Trainingseffekt) zu erwarten, die eine Störung des Anpassungsgleichgewichts verhindert. Die tägliche Einwirkungsdauer sollte mindestens drei Stunden, die Gesamtbelastungszeit in der Regel fünf Jahre betragen (VG Kassel, U.v. 10.7.2014 - 1 K 222/12.KS -, juris Rn 99 unter Verweis auf HessLSG U.v. 29.10.2013 - L 3 U 28/10 -, juris; U.v. 21.11.2006 - L 3 U 103/05 -, juris; LSG SH, U.v. 14.4.2005 - L 1 U 18/03 -, juris; zur Gesamtbelastungszeit vgl. auch HessLSG, U.v. 29.1.2019 - L 3 U 90/15 -, juris).
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Die nach dem ärztlichen Merkblatt zu Ziffer 2101 geeigneten Tätigkeiten zur Verursachung einer entsprechenden Erkrankung gehen im Wesentlichen mit Bewegungen der Hand und des Handgelenks einher. Dies trifft für das Öffnen und Schließen einer Türe, auch wenn es sich dabei um gegenüber normalen Standardtüren schwerere Feuerschutztüren handelt, nicht zu. Die für das Öffnen und Schließen von Türen erforderliche Kraft wird weitgehend durch den gesamten Arm aufgebracht und ist nicht mit Drehungen des Handgelenks verbunden. Insoweit fehlt es an kurzzyklischen, repetitiven, feinmotorischen Handtätigkeiten mit sehr hoher Bewegungsfrequenz, hochfrequenten, gleichförmigen, feinmotorischen Tätigkeiten bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks, repetitiven Manipulationen mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung oder einer forcierten Dorsalextension der Hand.
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Soweit beim Öffnen und Schließen einer Tür auch eine Türklinke bewegt werden muss, sind damit keine monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand/des Handgelenks und des Vorderarmes verbunden, da es insoweit an einer fortlaufend monotonen Tätigkeit fehlt, die im Übrigen auch nicht plötzlich erfolgt. Zwischen den einzelnen Öffnungs- und Schließvorgängen finden sich zwangsläufig immer wieder Pausen durch das „von Tür zu Tür Gehen“.
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Würde auf das mit dem Öffnen der Türen verbundene Auf- und Zuschließen, was die Klägerin nach eigenen Angaben mit der rechten Hand ausübt und daher von ihrem Bevollmächtigte nicht als Ursache für die Erkrankung der Klägerin am linken Ellenbogengelenk benannt worden ist, abgestellt werden, so stellt dies weder eine kurzzyklische, repetitive, feinmotorische Handtätigkeit wie z. B. beim Klavierspielen dar noch eine hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeit wie z. B. beim Stricken. Darin liegt auch keine repetitive Manipulation mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung wie z. B. beim Drehen, Montieren oder Obst pflücken. Ein Schließvorgang weist keine derart repetitive, also stets wiederholende, Beanspruchung des Handgelenks auf. Es handelt sich vielmehr um eine kurz andauernde Handlung. Sie ist nicht mit Drehen oder Montieren zu vergleichen, welche für eine längere Zeit andauern. Zudem fehlt es an einer hohen Kraftanwendung. Der Schließvorgang stellt auch keine Dorsalextension der Hand dar, da das Handgelenk nicht in Richtung Handrücken beim Schließen bewegt wird. Es fehlt auch an monoton wiederholten oder plötzlich einsetzenden Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes wie beim Betätigen eines Schraubendrehers. Das Schließen wiederholt sich nicht fortlaufend monoton, da zwischen den einzelnen Schließvorgängen zwangsläufig kurze Pausen liegen. Es erfolgt auch nicht plötzlich. Das Schließen kann nicht mit dem Betätigen eines Schraubendrehers verglichen werden, da jenes von wesentlich kürzerer Dauer ist und weniger Aufwand erfordert (VG Kassel, U.v. 10.7.2014 - 1 K 222/12.KS -, juris Rn. 101 ff.).
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Des Weiteren liegt ohnehin auch die weitere Voraussetzung, dass die tägliche Einwirkungsdauer mindestens drei Stunden betragen muss, um von einer durch die Tätigkeit verursachten Krankheit nach Ziffer 2101 BKV auszugehen, nicht vor. Denn selbst wenn man entgegen des Vermerks der JVA vom 23. Februar 2017 davon ausgehen würde, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 60% während ihres Dienstes nicht nur zehnmal Brandschutztüren öffnen, sondern insgesamt sechs Feuerschutztüren 74 mal bewegen muss, ist es ausgeschlossen, dass diese Schließvorgänge insgesamt eine Zeit von über drei Stunden am Tag in Anspruch nahmen. Denn das Schließen und Öffnen wird in der Regel stets einige Sekunden in Anspruch nehmen. Außerdem war die „Schließertätigkeit“ nicht die Hauptaufgabe der Klägerin. Die Klägerin war seit Beginn ihrer Tätigkeit im Justizvollzug vollumfänglich im Abteilungsdienst und im Wohngruppenvollzug einsetzbar. Seit 2009 war sie im Spätdienst zur Besuchsüberwachung und zu Krankenhausüberwachung herangezogen. Ihre Aufgaben beschränkten sich auf die Beaufsichtigung der Gefangenen beim Hofgang und der Maßnahmen der offenen Hafträume. Insoweit ist auszuschließen, dass selbst 74 Öffnungsvorgänge einen Zeitraum von drei Stunden in Anspruch nehmen.
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3. Abschließend war die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit auch nicht besonders gefährdet an einer Berufskrankheit im Sinne der BKV zu erkranken.
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Voraussetzung ist nicht nur eine ursächliche Beziehung zwischen der dienstlichen Tätigkeit und dem Körperschaden, sondern auch, dass der Beamte eine dienstliche Tätigkeit ausübt, die nach allgemeiner Erfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer bestimmten Krankheit in sich birgt. Deshalb ist nicht jede in der BKV aufgezählte Erkrankung für jeden Beamten gleichsam automatisch einem Dienstunfall gleichgestellt, wenn er an ihr erkrankt. Die besondere Dienstbezogenheit der Erkrankung setzt vielmehr voraus, dass die konkrete dienstliche Tätigkeit der Beamtin oder des Beamten - im Ganzen gesehen - aufgrund einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung in sich birgt. Die besondere Gefährdung muss also unabhängig von der individuellen Veranlagung für die konkret auszuführenden dienstlichen Verrichtungen unter den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung bzw. den übrigen Beamtinnen und Beamten vorhanden sein (VG Kassel, U.v. 10.7.2014 - 1 K 222/12.KS -, juris Rn. 90 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 10. März 1964 - II C 74.62 -, ZBR 1965, 161; Nds. OVG, Beschluss vom 05. April 2000 - 2 L 2760/98 -, juris; Bay. VGH, Urteil vom 17. Mai 1995 - 3 B 94.3181 -, juris; VG C-Stadt, Urteil vom 25. Januar 2002 - 22 VG 2383/2000 -, juris).
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Das Öffnen und Schließen von Türen zählt zu der Tätigkeit einer Vielzahl von Beamten. Eine Epikondylitis radialis humeri ist nicht typisch für die „Schließertätigkeit“ der Klägerin. Zwar mag die Klägerin in einem höheren Maße als andere Beamten Schließvorgänge vornehmen. Aber selbst wenn zu Gunsten der Klägerin abweichend von dem Vermerk der JVA vom 23. Februar 2017 eine Anzahl von 74 Öffnungs- und Schließvorgängen angenommen wird, stellt dies nach Auffassung des Gerichts noch keine derart hohe Anzahl dar, die geeignet ist, eine besondere Gefährdung herbeizuführen. Dies beruht darauf, dass die einzelnen Schließvorgänge nicht ununterbrochen hintereinander durchgeführt werden. Vielmehr müssen zwischen den einzelnen Schließvorgängen zwangsläufig kurze Pausen liegen (vgl. VG Kassel, U.v. 10.7.2014 - 1 K 222/12.KS -, juris Rn. 92 für das Aufschließen von 120 Türen).
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Auch stellt die Epikondylitis radialis humeri eine in der Bevölkerung unabhängig von armbelastender beruflicher Tätigkeit weit verbreitete Erkrankung dar, wobei diese durch diverse auch nicht berufliche Risikofaktoren ausgelöst werden kann (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. Oktober 2013 - L 3 U 28/10 -, juris). So können mögliche Auslöser eine einseitige Beanspruchung (z.B. bei Tastatur-/Mausbenutzung, siehe auch: Repetitive Strain Injury Syndrom, Sportklettern), Fehlhaltungen im Beruf, bei der Haus- und Gartenarbeit oder in der Freizeit, falsche Technik bei Schlägersportarten, Schlafhaltung in Seitenlage (Verwendung des stark gebeugten Armes als Kopfstütze) und tendotoxische Wirkungen, die im Zusammenhang mit der Anwendung von Fluorchinolon-Antibiotika auftreten können, sein (https://de.wikipedia.org/wiki/Epicondylitis).
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4. Demnach ist die Anerkennung der Erkrankung der Klägerin zu Recht durch die Beklagte abgelehnt worden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 S.1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.