Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 14.11.2019 – 4 K 234/18
Titel:

Einkommensteuer bei Promotionsstipendium

Normenketten:
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
EStG § 3, § 18, § 22
FG § 171 Abs. 10 S. 1
Leitsätze:
1. Da eine Bescheinigung des Finanzamts nach EStR 3.44 zur Steuerfreiheit eines Forschungsstipendiums lediglich auf einer Verwaltungsvorschrift und nicht auf einer gesetzlichen Regelung beruht, stellt sie keinen Grundlagenbescheid iSd § 171 X 1 AO für die Einkommensteuerfestsetzung dar, so dass das Finanzgericht nicht an diese Bescheinigung gebunden ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der von der Bank, dh. der industriefinanzierte Teil des Forschungsstipendiums ist nicht nach EStR 3.44 steuerbefreit, da die Bank weder eine von der Körperschaftsteuer befreite gemeinnützige GmbH ist, noch eine privatrechtliche Körperschaft, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Einkommensteuer
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Urteil vom 28.09.2022 – X R 21/20
Fundstellen:
EFG 2021, 25
BeckRS 2019, 49742
LSK 2019, 49742

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
Streitig ist, ob das Promotionsstipendium der Klägerin zu 1 nach § 3 Nr. 44 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) insgesamt steuerfrei ist und ob der von der A gezahlte Anteil steuerpflichtige Einkünfte nach § 22 EStG darstellt.
2
Die Klägerin zu 1 wurde im Streitjahr 2012 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen.
3
Bei Abgabe der Steuererklärung 2012 am 22.04.2013 zeigte sie an, dass sie vom 01.07.2012 bis voraussichtlich 30.06.2014 (verlängerbar bis maximal 31.12.2014) ein nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfreies Stipendium des Europäischen Sozialfonds (ESF) erhalte. Die Seiten 1-2 des Zuwendungsbescheides vom 11.06.2012 waren beigefügt. Hierin bewilligt die Bank 1 auf Grundlage
- der Richtlinie des … Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst zur Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Vorhaben in den Bereichen Hochschule und Forschung im Freistaat Z (RL ESF Hochschule und Forschung) vom 02. November 2010,
- der §§ 23 und 44 der ZHaushaltsordnung (Z-HO) und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VwV-ZHO),
- des Operationellen Programms des Freistaates Z für den Europäischen Sozialfonds in der Förderperiode 2007 bis 2013 und
- der gemeinschaftlichen Verordnungen (EG) 1038/2006, 1828/2006 sowie 1081/2006 in den jeweils gültigen Fassungen für die Vergabe von Strukturfondsmitteln aus dem Europäischen Sozialfonds
eine Zuwendung i.H.v. 19.200,00 € in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses. Zuwendungszweck war die Sicherung des Lebensunterhalts während der Durchführung des beantragten Graduierungsstudiums bis höchstens zur Einreichung der Promotionsschrift. Der Bewilligungszeitraum umfasste die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2014. Das monatliche Stipendium betrug 800,00 € und der Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben wurde mit 38.400,00 € beziffert.
4
Darüber hinaus machte die Klägerin zu 1 Aufwendungen für das Promotionsstudium von 5.640,35 € als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
5
Das damalig zuständige Finanzamt 1 setzte mit Bescheid vom 12.09.2013 die Einkommensteuer 2012 antragsgemäß auf 16.225,00 € fest und bescheinigte der Klägerin zu 1 zur Vorlage bei der Krankenkasse mit Schriftsatz vom gleichen Datum, dass sie laut vorliegenden Unterlagen seit dem 01.07.2012 eine Förderung aus dem ESF - bewilligt durch die BANK 1 - von 800 € monatlich erhalte. Dieses Stipendium stelle steuerfreies Einkommen nach § 3 Nr. 44 EStG dar und sei daher nicht im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt worden.
6
Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 wurden in den Streitjahren 2013 und 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin zu 1 gab in den Einkommensteuererklärungen an, sie habe ein steuerfreies Promotionsstipendium von dem ESF bzw. der BANK 1 zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten. Ferner machte sie Aufwendungen für das Promotionsstudium i.H.v. 2.408,13 € (2013) und 2.833,00 € (2014) als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
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Mit Bescheiden vom 18.07.2014 bzw. 21.07.2015 setzte das Finanzamt 1 die Einkommensteuer 2013 auf 1.008,00 € und 2014 auf 2.761,00 € fest.
8
Im Februar 2016 erhielt das Finanzamt 1 durch eine Kontrollmitteilung Kenntnis davon, dass die Klägerin zu 1 aufgrund einer Kooperationsvereinbarung zwischen der A und der TU 1 und der Klägerin zu 1 vom 05.04.2012 für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.06.2014 ein Forschungsstipendium zur Erstellung ihrer Doktorarbeit i.H.v. monatlich 800,00 € durch die A erhalten hat.
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Laut der Vereinbarung verpflichtete sich die Klägerin zu 1 zum Einsatz ihrer vollen Arbeitskraft für die geplanten wissenschaftlichen Arbeiten sowie Vorlage einer Dissertation zum Thema: „…“.
10
Laut der Bestimmung Nr. 20 des Zuwendungsbescheides vom 11.06.2012 ist der Zuwendungsempfänger verpflichtet, den Zahlungseingang des Mitfinanzierungsanteils durch den Industriepartner jeweils mit den Zwischenberichten gegenüber der Bewilligungsstelle durch Vorlage von Kontoauszügen (im Original) nachzuweisen.
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Das Promotionsstipendium der Klägerin zu 1 wurde sowohl von der BANK 1 als auch von der A bis zum 31.12.2014 verlängert.
12
In einem Schreiben vom 13.03.2015 des ESF und der BANK 1 betreffend die Verwendungsnachweisprüfung zum Bewilligungsende wird ausgeführt:
„Die zuwendungsfähigen Ausgaben in Höhe von 48.740,71 € werden anerkannt.
Die Einnahmen aus Unternehmensfinanzierung (Mitfinanzierungsanteil des Industriepartners) belaufen sich laut eingereichter Kontoauszüge auf 24.370,36 €.
Die Förderung (in Höhe von 24.370,35 €) erfolgte aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) der Europäischen Union (EU) und des Freistaates Z.“
13
Mit Schreiben vom 24.06.2016 teilte das nunmehr zuständige Finanzamt 2 der Klägerin zu 1 mit, es beabsichtige, die Einnahmen von monatlich 800,00 € aus dem Forschungsstipendium der A als steuerpflichtige Einkünfte in den Jahren 2012 bis 2014 anzusetzen, da laut Mitteilung des Finanzamtes 3 vom 26.04.2016 die Voraussetzung des § 3 Nr. 44 EStG nicht vorlägen.
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Mit Änderungsbescheiden nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) vom 23.08.2016 bzw. 25.08.2016 erhöhte das Finanzamt 2 die Einkommensteuer auf 18.379,00 € (2012), 3.199,00 € (2013) und 5.199,00 € (2014). Es setzte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 EStG i.H.v. 4.800,00 € (2012), 9.600,00 € (2013) und 9.600,00 € (2014) an und erläuterte dies unter Hinweis auf das Schreiben vom 24.06.2016 ergänzend, das zur Erstellung der Doktorarbeit von der A gezahlte Forschungsstipendium i.H.v. 800,00 € monatlich sei steuerpflichtig, da die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 44 EStG nicht vorlägen.
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Die Klägerin zu 1 legte hiergegen mit Schreiben vom 28.08.2016 Einspruch ein.
16
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, bei dem ESF handele es sich um eine überstaatliche Einrichtung, der die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehöre. Das vom ESF als Zuwendungsgeber errichtete Stipendium ESF-Industriepromotion, bei welchem 50% von einem Industriepartner (hier: A) mitfinanziert worden seien, werde von der BANK 1, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verwaltet. Das gesamte Stipendium nach dem Zuwendungsbescheid der BANK 1 vom 11.06.2016 belaufe sich auf 38.400,00 €, also 1.600,00 € pro Monat. Laut Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität, dem Stipendiaten und der A würden die 50% der Stipendienfinanzierung durch die Letztgenannte nur im Fall der „Gewährleistung des ESF-Stipendiums“ übernommen werden. Die Mitfinanzierung der Kooperationsvereinbarung habe für sich alleine keinen Bestand. Vielmehr sei sie integrativer und untergeordneter Bestandteil des von der BANK 1 verwalteten Stipendiums ESF-Industriepromotion. Dies ergebe sich auch daraus, dass gemäß Zuwendungsbescheid an die BANK 1 und das zuständige ZStaatsministerium zu berichten und der Zahlungseingang des Mitfinanzierungsanteils durch den Industriepartner gegenüber der Bewilligungsstelle (BANK 1) durch Kontoauszüge nachzuweisen sei. Mithin sei das gesamte Stipendium steuerfrei.
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Darüber hinaus liege in der Erstellung der Doktorarbeit keine Gegenleistung für die A vor, denn die Dissertation sei ohne Sperrvermerke veröffentlich worden.
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Das nunmehr zuständige beklagte Finanzamt erließ eine Teil-Einspruchsentscheidung betreffend die Klägerin zu 1 für das Streitjahr 2012 und eine betreffend die Kläger zu 1 und 2 für die Streitjahre 2013 und 2014 jeweils vom 22.01.2018. Die Einsprüche wurden, soweit über sie entschieden wurde, als unbegründet zurückgewiesen. Über folgenden Teil der Eisprüche wurde nicht entschieden: „Sind die als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten Kosten für ein Masterstudium um hierfür erhaltene Graduiertenstipendiumsleistungen zu kürzen?“ Insofern tritt durch die Einspruchsentscheidungen keine Bestandskraft ein.
19
Zu Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, nach § 3 Nr. 44 EStG seien solche Stipendien steuerfrei, die unmittelbar aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehöre, zur Förderung von Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung gewährt würden (BFH-Urteil vom 24.02.2015 VIII R 43/12, BStBl II 2015, 691). Voraussetzung für die Steuerfreiheit sei neben der öffentlichen Quelle der Fördermittel auch, dass
- die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht überschreiten und nach den vom Geber erlassenen Richtlinien vergeben würden und
- der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung verpflichtet sei.
20
Die 800,00 €/Monat von der BANK 1 aus dem ESF stammten aus Mitteln der EU und des Landes, somit aus öffentliche Mitteln. Mithin sei diese Förderung steuerfrei nach § 3 Nr. 44 EStG.
21
Die Förderung durch das Industrieunternehmen A sei zwar nach der Richtlinie des ZStaatsministeriums für Wissenschaft und Kunst notwendige Fördervoraussetzung des von der BANK 1 vergebenen Stipendiums. Danach müsse sich ein Z-s Unternehmen zumindest anteilig mit 800,00 € monatlich an den gesamten förderfähigen Ausgaben beteiligen. Dies bedeute jedoch nicht, dass sämtliche förderfähigen Aufwendungen steuerfrei seien. Das vom Unternehmen gewährte Stipendium teile nicht das Schicksal des durch die BANK 1 gewährten Stipendiums. Vielmehr seien die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 EStG gesondert zu prüfen. Die Zahlungen von der A würden nicht unmittelbar aus einem öffentlichen Haushalt zufließen. Die aus privaten Mitteln stammende Studienbeihilfe erfülle somit nicht Voraussetzung des § 3 Nr. 44 EStG.
22
Es lägen (entgegen der bisherigen Behandlung als Einkünfte gemäß § 18 EStG) steuerpflichtige sonstige Einkünfte nach § 22 EStG vor.
23
Das Argument der Kläger, bei anderen Teilnehmern sei das gesamte Stipendium steuerfrei behandelt worden, könne zu keinem anderen Ergebnis führen, denn einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gäbe es nicht.
24
Die Kläger haben hiergegen am 22.02.2018 Klage erhoben.
25
Sie führen zur Begründung im Wesentlichen aus, Rechtsgrundlage für das Stipendium „ESF-Industriepromotion“ sei die Richtlinie des ZStaatsministerium für Wissenschaft und Kunst zur Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Vorhaben in den Bereichen Hochschule und Forschung im Freistaat Z vom 14.09.2010 (RL ESF Hochschule und Forschung).
26
(1) Das Stipendium sei von der BANK 1 auf Grundlage dieser Richtlinie vergeben worden. Das Stipendium „ESF-Industriepromotion“ habe allein die Behörde BANK 1 gewährt. Zwar sei das Stipendium von der A mitfinanziert worden. Diese habe jedoch kein Mitspracherecht bei der Entscheidung über die Gewährung gehabt.
27
Die Zuwendung für Promotionsvorhaben erfolge gemäß RL V. 2.a) auf der Bemessungsgrundlage der als förderfähig anerkannten Ausgaben. Die Bewerbung um das Stipendium „ESF-Industriepromotion“ erfordere die Vorlage [des Entwurfs] einer Kooperationsvereinbarung, die „eine Zusage der beteiligten Unternehmen zur mindestens hälftigen anteiligen Finanzierung des Promotionsvorhabens enthält“ (RL B 1.8). Die Kooperationsvereinbarung beinhalte das Angebot einer Mitfinanzierung des Stipendiums. Dieses greife nur im Falle der Gewährung des Stipendiums.
28
Der Zuwendungsbescheid vom 11.06.2012 diene als Rahmenvertrag für die Abwicklung des Stipendiums. Er enthalte die Höhe der Anteilsfinanzierung durch EU/Landesmittel i.H.v. 19.200 € und die des gesamten Stipendiums, inklusive der Anteilsfinanzierung des Unternehmens: Der „Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben beträgt 38.400 €“ im Bewilligungszeitraum 01.07.2012 - 30.06.2014.
29
Im Zuwendungsbescheid heiße es weiter: „Ihr Antrag vom 20.03.2012 und die dazu eingereichten Unterlagen sind Bestandteile dieses Zuwendungsbescheides.“
30
Daraus folge, dass auch die Kooperationsvereinbarung Bestandteil des Zuwendungsbescheides sei und ein einheitliches, unteilbares Stipendium vorliege. Die Anforderungen für eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 44 EStG seien erfüllt.
31
(2) Dass die Zahlung der Mitfinanzierung durch das Unternehmen - unter Kontrolle der BANK 1 (Stempel auf jedem Kontoauszug der Stipendiaten) - den Zahlungsweg vereinfachend (in der aktuellen Förderperiode 2014-2020 werden ESF-, Landes- und Unternehmensmittel an die Universität überwiesen und von dieser wiederum dem Stipendiaten) direkt an den Stipendiaten erfolgt sei, habe keine Bedeutung für das Wesen der Gewährung und die Ganzheit des Stipendiums.
32
(3) Nach § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchstabe a EStG sei eine weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit von Stipendien, dass die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen. Das Gehalt der Klägerin zu 1 im Zeitraum Januar bis Mai 2012 habe 5.167,00 € brutto pro Monat zuzüglich Bonus (insgesamt 7.278,00 € pro Monat) betragen. Im Monat Juni 2012 habe sie ALG I in Höhe von 1.779,90 € erhalten. Die Höhe des Stipendiums von 1.600,00 € pro Monat übersteige somit die zuvor aus einem Beschäftigungsverhältnis bezogenen Einnahmen nicht.
33
(4) Aufgrund der in der Richtlinie vorgeschriebenen Publizität erhalte das mitfinanzierende Unternehmen keinen ökonomischen Vorteil aus dem Promotionsvorhaben. Aus der Kooperationsvereinbarung sei ebenfalls keine Gegenleistung oder Arbeitnehmertätigkeit der Stipendiatin für die A ersichtlich.
34
(5) § 3 Nr. 44 EStG betreffe alle Stipendien, deren Vergabe durch öffentlich-rechtliche Einrichtungen erfolge, was bei den ESF-Promotionsstipendien zweifellos der Fall sei.
35
Die Entscheidung über die Vergabe der Stipendien erfolge auf Basis eines Verfahrens, an dem die TU, die BANK 1 und das ZMWK mitwirkten, die allesamt öffentliche Einrichtungen seien. Das Unternehmen wirke an der Entscheidung über die Stipendienvergabe nicht mit und finanziere ausschließlich abhängig von der Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Entscheidungsträger das Stipendium mit. Deshalb gewähre nicht das Unternehmen das Stipendium, sondern ausschließlich die BANK 1 in Verbindung mit dem ZMWK und der TU.
36
Neben TU 4, TU 5 und Universität 6 sei die TU 1 seit 2007 mit mehr als 70 ESF-Promotionsstipendiaten einer der größten Anwenderinnen des Stipendiums. Das ESF-Promotionsstipendium sei in Z in der Förderperiode 2007-2013 ca. 350-mal vergeben worden, davon ca. 45 in der Form ESF-Industriepromotion und es habe weder bei der TU 4, TU 5, Uni 6 und TU 1 Probleme mit den Finanzämtern im Hinblick auf eine etwaige Steuerpflicht des 50%-Mitfinanzierungsanteils gegeben.
37
Gemäß Richtlinie müssten mindestens 800,00 € auch seitens der Mitfinanzierung beim Stipendiaten ankommen, damit die Stipendienhöhe von 1.600,00 €/Monat erreicht werde. Eine teilweise Besteuerung würde zu Nachteilen gegenüber anderen Stipendiaten führen.
38
(6) Darüber hinaus sei das vorliegende Stipendium mit dem Deutschlandstipendium, welches ebenfalls zur Hälfte von privaten Geldgebern/Unternehmen und zur anderen Hälfte aus öffentlichen Mittel finanziert werde, vergleichbar.
39
(7) Inwieweit Promotionskosten als Werbungskosten unter Erhalt eines Stipendiums gegenüber Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anrechenbar seien, sei für den streitgegenständlichen Fall irrelevant. Dieser Sachverhalt wäre, wenn überhaupt, Gegenstand eines separaten Verfahrens.
40
Das Stipendium sei in seiner Gänze gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei, weil es von der BANK 1 als Körperschaft öffentlichen Rechts gewährt worden sei.
41
Die Klägervertreterin beantragt für die Klägerin zu 1, die Teil-Einspruchsentscheidung vom 22.01.2018 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 23.08.2016 dahin zu ändern, dass die Einnahmen aus dem Promotionsstipendium um 4.800 € gemindert werden.
42
Die Klägervertreterin beantragt für die Kläger zu 1 und 2, die Teil-Einspruchsentscheidung vom 22.01.2018 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom 23.08.2016 bzw. 25.08.2016 dahin zu ändern, dass die Einnahmen aus dem Promotionsstipendium jeweils um 9.600 € gemindert werden.
43
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
44
Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, in der RL ESF (A V Nr. 2) werde erläutert, dass die Zuwendung auf der Basis der als förderfähig anerkannten Ausgaben erfolge. Die förderfähigen Aufwendungen würden monatlich 1.600,00 € betragen. Auf Grund des besonderen öffentlichen Interesses an den Vorhaben würden bis zu 100% der förderfähigen Ausgaben bezuschusst, soweit in Großbuchstabe B der RL ESF nichts Abweichendes geregelt sei (vgl. RL A V Nr. 2 b).
45
Im Streitfall liege jedoch eine Industriepromotion vor, für die eine abweichende Regelung RL ESF (B I Nr. 3, 5) vorsehe, dass hierfür ein Stipendium i.H.v. 800,00·€ gewährt werde, wenn eine Mitfinanzierung durch ein Z-s Unternehmen i.H.v. 50% der förderfähigen Ausgaben erfolge.
46
Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 44 EStG setze in jedem Fall öffentliche Mittel voraus.
47
Ein Stipendium aus öffentlichen Mitteln sei laut Zuwendungsbescheid der BANK 1 i.H.v. 19.200 € bzw. monatlich 800,00 € bewilligt und zutreffend vom Finanzamt steuerfrei behandelt worden. Die Zuwendung der Mittel der A laut Kooperationsvereinbarung erfolge nicht (auch nicht auf vereinfachten Zahlungsweg) aus öffentlichen Mitteln. Die Vorgänge seien zwar miteinander verknüpft, jedoch hätten die von Seiten A erfolgten Zahlungen ihren Rechtsgrund eindeutig in der privatschriftlichen Vereinbarung vom 21.03.2012/05.04.2012 und nicht im Zuwendungsbescheid vom 11.06.2012. Zwar sei der Zuwendungsbescheid gleichsam Bedingung der privatschriftlichen Vereinbarung und umgekehrt sei die Erfüllung der privatschriftlichen Vereinbarung eine Bedingung des Zuwendungsbescheides. Daher stellten die von A gezahlten monatlichen 800,00 € trotzdem keine Zuwendung von einer öffentlichen Stelle dar. Vorliegend handele es sich nicht um eine Refinanzierung, sondern um eine Co-Finanzierung.
48
Wegen des weiteren Vorbingens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorliegenden Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14.11.2019 verwiesen.
49
Mit E-Mail vom 18.11.2019 wandte sich die Klägerin zu 1 nach Schluss der mündlichen Verhandlung an das Gericht und trug wiederholt vor, sie habe für die Mitfinanzierung durch die A dieser keine Gegenleistung erbracht. Dies ergebe sich aus der Kooperationsvereinbarung, wonach sich die A bereit erklärt habe, der Klägerin zu 1 Daten … für ihre Promotion zur Verfügung zu stellen.

Entscheidungsgründe

50
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
51
Die Klägerin zu 1 ist durch den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 23.08.2016 und die Kläger zu 1 und 2 sind durch die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom 23.08.2016 bzw. 25.08.2016 jeweils in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidungen vom 22.01.2018 nicht in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
I.
52
Die Klage betrifft nur die Frage, ob auch die Zahlungen der A an die Klägerin zu 1 nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind. Die Frage, ob vorweggenommene Werbungskosten aufgrund eines steuerfrei gewährten Stipendiums zu kürzen sind, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
53
Im Falle der Klage gegen eine Teil-Einspruchsentscheidung i.S.d. § 367 Abs. 2a Satz 2 AO sind die von der Finanzbehörde ausgeklammerten Besteuerungsgrundlagen nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung; insoweit bleibt der Einspruch anhängig (BFH-Beschluss vom 21.12.2016 I B 57/16, BFH/NV 2017, 881).
II.
54
Die Klägerin zu 1 hat die Zahlungen der A für ihre Industriepromotion aufgrund der Kooperationsvereinbarung vom 05.04.2012 erhalten. Hierbei handelt es sich um sonstige wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG (BFH-Urteil vom 15.09.2010 X R 33/08, BStBl II 2011, 637; FG Hamburg Urteil vom 05.09.2012 6 K 39/12, juris; FG Düsseldorf Urteil vom 08.05.2018 13 K 614/17, EFG 2018, 1372; a.A. FG Niedersachsen, Urteil vom 14.02.2019 10 K 247/17, EFG 2019, 706 Revision anhängig: Az. des BFH X R 6/19).
55
Diese sind auch steuerpflichtig, da die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit dieser Einkünfte nicht vorliegen. Der Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 44 EStG ist nicht erfüllt.
56
1. Bei der Beurteilung der Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift ist das Gericht an die in den Schreiben vom 26.04.2016 geäußerte Auffassung des Finanzamtes 3 nicht gebunden.
57
Nach R 3.44 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) hat zwar das Finanzamt, das für die Veranlagung des Stipendiengebers zur Körperschaftsteuer zuständig ist oder zuständig wäre, wenn der Geber steuerpflichtig wäre, die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Stipendien zu prüfen und auf Anforderung des für die Veranlagung des Stipendienempfängers zuständigen Finanzamtes eine entsprechende Bescheinigung zu erteilen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine Verwaltungsvorschrift und nicht um eine gesetzliche Regelung, so dass die Bescheinigung kein Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 Satz 1 AO für die Einkommensteuerfestsetzung ist (FG Hamburg Urteil vom 05.09.2012 6 K 39/12, juris m.w.N.).
58
Mithin ist das Finanzgericht nicht an die Bescheinigung des für die A damalig zuständigen Finanzamt 3 gebunden, sondern prüft die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 EStG in eigener Zuständigkeit.
59
2. Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 EStG sind für die Zahlungen der A in den Streitjahren 2012 bis 2014 nicht gegeben.
60
a) Nach § 3 Nr. 44 EStG sind Stipendien steuerfrei, die (bis einschließlich VZ 2011: unmittelbar; gestrichen durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011, BGBl I 2011 S. 2131) aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden. Das Gleiche gilt für Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gegeben werden.
61
Weitere Voraussetzungen für die Steuerfreiheit sind, dass
- die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden (§ 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG),
- der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist (§ 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. b EStG).
62
Die Steuerfreiheit setzt voraus, dass die Stipendien von bestimmten Stellen gezahlt werden. Die Gesetzesverfasser waren offenbar der Ansicht, dass nur bei diesen Herkunftsquellen - d.h. bei staatlichen und gemeinnützigen Geldgebern - eine sachgerechte Auswahl gewährleistet und mithin eine Steuerbefreiung gerechtfertigt ist (Hüttemann in: Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, Rz. 9.44; von Beckerath in: Kirchhof, § 3 Nr. 44 EStG Rz. 125). Begünstigt sind zunächst Stipendien, die aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, dass die Mittel aus einem öffentlichen Haushalt stammen (z.B. Stipendien nach den Graduiertenförderungsgesetzen der Länder bzw. Stipendien einer staatlichen Akademie). Erfasst sind ferner Gelder, die von einer zwischen- und überstaatlichen Einrichtung, der die Bundesrepublik angehört, geleistet werden.
63
Neben Stipendien aus öffentlichen Mitteln sind nach § 3 Nr. 44 Satz 2 EStG auch finanzielle Unterstützungen befreit, die von bestimmten privatrechtlichen Stipendiengebern geleistet werden. Die begrenzte Gleichbehandlung von staatlichen und privaten Einrichtungen findet ihre Entsprechung im Spendenrecht bzw. bei § 3 Nr. 26 und 26a EStG. Insoweit sind zwei Kategorien zu unterscheiden: Begünstigt sind zum einen privatrechtliche Körperschaften, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet oder verwaltet werden (§ 3 Nr. 44 Satz 2 Alt. 1 EStG). Diese Alternative ist nur relevant, wenn die von der Körperschaft errichtete privatrechtliche Körperschaft ausnahmsweise nicht selbst steuerbegünstigt ist (sonst gilt § 3 Nr. 44 Satz 2 Alt. 2 EStG).
64
Ferner sind Stipendien befreit, die von einer „Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG“ gegeben werden (§ 3 Nr. 44 Satz 2 Alt. 2 EStG) (Hüttemann in: Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, Rz. 9.45).
65
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei den von der A gezahlten 800,00 € monatlich weder um öffentliche Mittel noch ist die A ein begünstigter Geldgeber.
66
a) Dass keine öffentlichen Mittel gegeben sind, belegt das Schreiben vom 13.03.2015 der ESF und der BANK 1 betreffend die Verwendungsprüfung zum Bewilligungsende. Hierin wird einerseits zwischen den Einnahmen aus Unternehmensfinanzierung und andererseits der Förderung aus Mitteln der ESF, der EU und des Freistaates Z differenziert. Hieraus wird deutlich, dass es sich um eine öffentlich und privat finanzierte Förderung und damit um zwei verschiedene Fördertöpfe handelt, die steuerrechtlich einer unterschiedlichen Behandlung zugänglich sind.
67
b) Auch wurden die 800,00 € der A nicht von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung gewährt, denn der Zuwendungsbescheid vom 11.06.2012 i.V.m. der Richtlinie des ZStaatsministeriums für Wissenschaft und Kunst zur Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Vorhaben in den Bereichen Hochschule und Forschung im Freistaat Z (RL ESF Hochschule und Forschung - RL -) vom 02. November 2010 und den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) der BANK 1 bewilligte nur einen Zuschuss von 19.200,00 €, mithin 800,00 € monatlich aus Mitteln des Landes und der EU.
68
Mit dem oben genannten Bescheid bewilligte die BANK 1 einen nicht rückzahlbaren Zuschuss (RL A.V.1.a)) in Höhe von 19.200,00 € zur Sicherung des Lebensunterhalts des Zuwendungsempfängers während der Durchführung des Graduierungsstudiums an der TU 1 als Anteilsfinanzierung (RL A.V.1.a) i.V.m. B.I.1., 3., 5. und 8.). Die Zuwendung setzt sich aus Mitteln des Landes sowie aus Mitteln der Europäischen Union (EU) zusammen. Das monatliche Stipendium beträgt 800,00 €. Der Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben beträgt 38.400,00 €.
69
Zwar erfolgt die Zuwendung auf der Basis der nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als förderungsfähig anerkannten Ausgaben unter Anwendung der ANBest-P, das bewilligte Stipendium beträgt laut Bescheid jedoch nur 800,00 €/Monat bzw. 19.200,00 €.
70
Der Anteil des A ist nicht Gegenstand des Bewilligungsbescheides. Dies ergibt sich aus der mitgeteilten Zusammensetzung der Mittel (Land und EU).
71
Aus den ANBest-P ergibt sich, dass nach Nr. 1.2 alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängende Einnahmen (Zuwendungen, Leistungen Dritter) und der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers als Deckungsmittel für alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben einzusetzen sind. Auch der Nachweis muss nach Nr. 6.4 alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen (Zuwendungen, Leistungen Dritter, eigenen Mittel) und Ausgaben enthalten.
72
Mithin sprechen die ANBest-P selbst von Leistungen Dritter.
73
c) Die A ist auch kein begünstigter Geber, denn sie ist weder eine gemeinnützige GmbH, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist (vgl. Internetauftritt der A). Dies wurde so auch von dem damalig zuständigen Finanzamt 3 bescheinigt.
74
Noch ist sie eine privatrechtliche Körperschaft, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet oder verwaltet wird.
75
c) Der vorliegende Sachverhalt ist auch nicht mit dem Deutschlandstipendium vergleichbar, denn dort wird der gesamte Förderbetrag von 300,00 € von der Hochschule, die die Auswahl und Förderung der Stipendiaten organisiert, an die Studierenden ausbezahlt. Der Förderbetrag wird zur Hälfte (150,00 €) von einem privaten Förderer aufgebracht und von der Hochschule eingeworben und die andere Hälfte finanziert der Bund.
76
Dies entspricht erst dem Verfahren ab dem Jahr 2014. In der aktuellen Förderperiode 2014-2020 werden ESF-, Landes- und Unternehmensmittel an die Universität und von dieser wiederum an den Stipendiaten überwiesen.
77
Für die Förderperiode 2007 bis 2013 wurden nur die ESF- und die Landesmittel von der BANK 1 an die Klägerin zu 1 gezahlt und die Unternehmensmittel wurden direkt von der A an die Klägerin zu 1 überwiesen.
78
Zwar ist die Kooperationsvereinbarung nach den weiteren Bestimmungen des Zuwendungsbescheides vom 11.06.2012 Nr. 5.1. Bestandteil dieses Zuwendungsbescheides geworden und nach Nr. 5.20. ist der Zahlungsempfänger verpflichtet, den Zahlungseingang des Mitfinanzierungsanteils durch den Industriepartner jeweils mit den Zwischenberichten gegenüber der Bewilligungsstelle (BANK 1) durch Vorlage von Kontoauszügen (im Original) nachzuweisen, so dass eine gewisse Kontrollmöglichkeit durch die BANK 1 besteht. Dies ist nach Auffassung des Senates jedoch nicht ausreichend, denn der Wortlaut des Gesetzes besagt: „…Stipendien, die zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird (hier: BANK 1), … gegeben werden.“ Mithin kommt es vorliegend - entgegen der Auffassung der Kläger - entscheidend auf den Zahlungsweg an. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
79
d) Bei der Vergabe des Förderungsbetrages im Zuwendungsbescheid vom 11.06.2012 hat die A nicht mitgewirkt. Allerdings musste die Mitfinanzierung für die Vergabe gesichert sein. Bei dem vorherigen Abschluss des zivilrechtlichen Kooperationsvertrages vom 05.04.2012 konnte die A sehr wohl entscheiden, ob sie überhaupt eine Mitfinanzierung gewährt und ggf. welchem Stipendiaten. Hinsichtlich ihrer gewährten Leistungen war die A in der Entscheidung - bis zum Abschluss des Kooperationsvertrages vom 05.04.2012 - frei.
80
e) Das Argument der Kläger, bei anderen Stipendiaten des Programmes sei das gesamte Stipendium (Anteil der BANK 1 und der Mitfinanzierungsanteil durch ein Unternehmen) steuerfrei behandelt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn es besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
81
f) Auf die weiteren Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 EStG, dass das Stipendium einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigt und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben wurde (§ 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG) und, dass der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist (§ 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. b EStG) kommt es - mangels öffentlicher Mittel oder begünstigtem Geber - nicht mehr an.
82
g) Mithin sind die Zahlungen der A an die Klägerin zu 1 nicht steuerfrei nach § 3 Nr. 44 EStG.
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3. Aufgrund der nachgereichten E-Mail vom 18.11.2019 ist die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO nicht geboten. Sie wäre dann angezeigt, wenn neue, entscheidungserhebliche Tatsachen oder Rechtsmeinungen vorgetragen würden, die eine Partei bisher unverschuldet nicht vorbringen konnte (Tipke/Kruse, FGO, § 93 Rz. 9).
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Die Ausführungen der Klägerin zu 1 nach Schluss der mündlichen Verhandlung enthalten jedoch keine neuen Tatsachen oder Rechtsansichten, die nicht bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert worden wären. Soweit die Klägerin zu 1 ausführt, sie habe der A gegenüber keine Gegenleistung für deren Zahlungen erbracht, wurde dies bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert. Neue Gesichtspunkte wurden diesbezüglich nicht vorgetragen.
85
Ferner ist der im nachgereichten Schriftsatz erläuterte Gesichtspunkt nicht entscheidungserheblich (vgl. II.2.f)).
86
Nach alledem hat die Klage keinen Erfolg.
87
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.