Inhalt

FG München, Urteil v. 07.11.2019 – 10 K 2075/18
Titel:

Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften

Normenketten:
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BGB § 873, § 883, § 925
BauGB § 143 Abs. 4, § 144 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Für die Zehnjahresfrist des § 23 I 1 Nr. 1 S. 1 EStG bei privaten Grundstücksveräußerungsgeschäften ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge abzustellen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die nach § 144 BauGB durch die Gemeinde genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte und Verfügungen im Hinblick auf in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet belegene Immobilien sind bis zur Entscheidung der Gemeinde schwebend unwirksam. Nach den allgemeinen Grundsätzen zu den Auswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf das betreffende zivilrechtliche Rechtsgeschäft hat die Erteilung der Genehmigung in Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 I BGB Rückwirkung, womit das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft mit Erteilung der Genehmigung als von Anfang an wirksam anzusehen ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 I 1 Nr. 1 S. 1 EStG erfolgte Genehmigung durch die Gemeinde nach § 144 II Nr. 1 BauGB wirkt daher auf den (im Streitfall noch innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgten) Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts zurück, wenn es den Vertragsparteien trotz der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 II Nr. 1 BauGB nicht (mehr) möglich war, sich einseitig und frei vom Vertrag zu lösen. (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Genehmigungserfordernis nach § 144 BauGB dient nicht der Wahrnehmung der privaten Belange der Vertragsparteien, sondern gewährleistet öffentliche baurechtliche Interessen. Damit kann der Entschluss der Behörde, die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, die Vollendung der privatrechtlichen Bindung bei Abschluss des Vertrags nicht beeinflussen (vgl. auch FG Brandenburg, Urteil v. 8.10.1998, 2 K 856/97 E, EFG 1998 S. 1683). (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
privates Veräußerungsgeschäft, Veräußerungsfrist, Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, Veräußerungsgeschäfte
Rechtsmittelinstanzen:
BFH München, Urteil vom 25.03.2021 – IX R 10/20
BFH München vom -- – IX R 10/20
Fundstellen:
EFG 2020, 1614
BeckRS 2019, 46553
DStRE 2020, 1359
LSK 2019, 46553

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.
1
Die Beteiligten streiten über den Ablauf einer Veräußerungsfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
2
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2013 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
3
Am 20. Dezember 2002 gaben die Kläger mit notariell beurkundeter Erklärung (URNr. …) gegenüber der M Immobilien GmbH & Co. D-Straße 83 KG ein verbindliches Kaufangebot zum Erwerb des Grundstücks D-Straße 83 in B, eingetragen im Grundbuch von P des Amtsgerichts T Blatt … (FlNr. …, Flurstück …) für einen Kaufpreis i.H.v. 236.871 € zuzüglich 5.500 € für eine Einbauküche ab (Kaufpreis insgesamt 242.371 €). Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 7. Januar 2003 (URNr. …) nahm der Verkäufer das Kaufangebot der Kläger an.
4
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Dezember 2012 (URNr. …) veräußerten die Kläger den im Wohnungsgrundbuch von P des Amtsgerichts M Blatt … eingetragenen 38,06/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück FlNr. … verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 13 (D-Straße 83) zu je 1/2 für einen Kaufpreis i.H.v. 285.000,00 €. Nach § 4 des Kaufvertrags sollte der Kaufpreis binnen 10 Tagen zur Zahlung fällig sein, nachdem den Vertragsteilen die Mitteilung des Notars zugegangen ist, dass unter anderem die sanierungsrechtliche Genehmigung zum Kaufvertrag nach § 144 des Baugesetzbuchs (BauGB) erteilt worden ist. Nach § 6 des Kaufvertrags beauftragten die Vertragsteile den Notar, den Vertrag dem Grundbuchamt zum Vollzug der Eigentumsumschreibung erst vorzulegen, wenn dem Notar die vollständige Zahlung des Kaufpreises in voller Höhe nachgewiesen ist. Nach § 7 des Kaufvertrags sollte der Besitz, Nutzen und Lasten am Tag der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen. In § 8 des Kaufvertrags erklärten die Verkäufer, dass das Grundstück in einem Sanierungsgebiet nach §§ 143 ff. BauGB liegt. Der Käufer erklärte, dass ihm das Recht Abt. II lfd. Nr. 1 (Sanierungsvermerk) bekannt ist und von ihm übernommen wird. Zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Übertragung des Eigentums bewilligten nach § 10 des Kaufvertrags die Verkäufer und beantragte der Käufer die Eintragung einer entsprechenden Auflassungsvormerkung nach § 883 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Grundbuch.
5
Mit Bescheid vom 5. Februar 2013 erteilte das Bezirksamt P von B die Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB.
6
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2013 erklärten die Kläger unter anderem sonstige Einkünfte aus der Veräußerung des Objekts D-Straße i.H.v. 227.545 €, die sie wie folgt ermittelten: Veräußerungspreis 280.000 € ./. Anschaffungskosten 229.603 € + Absetzung für Abnutzung (AfA) 177.810 € ./. Veräußerungskosten 662 €. Als Zeitpunkt der Anschaffung gaben die Kläger zunächst den 7. Januar 2003 und als Zeitpunkt der Veräußerung den 27. Dezember 2012 an. Die Kläger waren jedoch der Ansicht, dass das Objekt D-Straße außerhalb der Veräußerungsfrist von 10 Jahren nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfolgt sei, da der wirtschaftliche Bindungswille bei Erwerb des Objekts bereits durch die Abgabe des verbindlichen Kaufangebots am 20. Dezember 2002 Bestand gehabt habe und die spätere Annahme des Angebots am 7. Januar 2003 von beiden Vertragsparteien als reine Formsache angesehen worden sei. Der Grund für die spätere Annahme am 7. Januar 2003 sei allein die räumliche Distanz zwischen A und B gewesen. Zudem sei das veräußerte Grundstück ausweislich des Grundbuchstands unter Abteilung II mit der Durchführung einer Sanierung i.S.d. § 143 Abs. 4 BauGB belastet. Nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB bedürfe die Veräußerung deshalb der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Diese sei jedoch erst am 5. Februar 2013 erteilt worden, womit die Veräußerung auch aus diesem Grund außerhalb der Veräußerungsfrist erfolgt sei. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. Oktober 2001 (IX R 45/99, BStBl II 2002, 10) werde bei einem genehmigungsbedürftigen Geschäft auf den Zeitpunkt der Genehmigung abgestellt und nicht auf den Zeitpunkt der zivilrechtlich rückwirkenden Wirksamkeit des Vertragsschlusses. Für die Berechnung der Veräußerungsfrist seien grundsätzlich die obligatorischen Verträge maßgebend.
7
Am 23. Februar 2016 erließ der Beklagte (das Finanzamt - FA -) einen Einkommensteuerbescheid 2013, mit dem die Einkommensteuer i.H.v. 117.714 € festgesetzt wurde. Dieser Steuerfestsetzung legte das FA unter anderem sonstige Einkünfte i.H.v. 203.390 € aus der Veräußerung des Objekts D-Straße zugrunde, die es unter zusätzlicher Berücksichtigung von Anschaffungskosten auf Grund und Boden i.H.v. 24.155 € zugunsten der Kläger ermittelte. Entgegen der Ansicht der Kläger sei im Streitfall die Veräußerungsfrist von 10 Jahren nach § 23 EStG noch nicht abgelaufen gewesen. Als Anschaffungszeitpunkt gelte die Annahme des Angebots am 7. Januar 2003, da ein bindendes Angebot kein Kaufvertrag sei. Veräußerungszeitpunkt sei der 27. Dezember 2012, da die erteilte behördliche Genehmigung auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags zurückwirke.
8
Am 17. März 2016 legte der Kläger hiergegen elektronisch über ElsterOnline Einspruch ein. Im Schreiben der Kläger an das FA vom 19. Mai 2016 wurde erstmals auch die Klägerin als Einspruchsführerin genannt.
9
In der Folgezeit erließ das FA am 16. Oktober 2017 und am 9. Februar 2018 jeweils aus einem nicht streitgegenständlichen Grund nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) bzw. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide 2013, mit denen die Einkommensteuer zuletzt auf 125.208 € herabgesetzt wurde.
10
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2018 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.
11
Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2018 - bei Gericht eingegangen am selben Tag - erhoben die Kläger hiergegen Klage, die sie im Wesentlichen wie folgt begründen: Nach den Regelungen des Kaufvertrags vom 27. Dezember 2012 zur Eigentumsumschreibung nach § 6, zum Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten nach § 7 sowie zur Kaufpreiszahlung nach § 4 hätten die Vertragsparteien die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Erteilung der behördlichen sanierungsrechtlichen Genehmigung nach § 144 BauGB abhängig gemacht. Hierbei habe es sich um eine sog. Rechtsbedingung gehandelt, die jedoch keine Bedingung i.S.d. §§ 158 ff. BGB sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei ein Rechtsgeschäft bis zum Eintritt einer Rechtsbedingung schwebend unwirksam (BGH-Beschluss vom 11. Februar 2004 XII ZB 158/02, NJW 2004, 1595). Die §§ 158 ff. BGB seien auch nicht entsprechend anwendbar, sondern es kämen vielmehr Sondervorschriften wie z.B. §§ 184, 185 Abs. 2 BGB zur Anwendung. Bis zur Erklärung des Zustimmungsberechtigten seien die Vertragsparteien zwar gebunden, könnten den Vertrag jedoch aufheben. Die Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 (IX R 23/13, BStBl II 2015, 487) zur Rechtswirkung von Bedingungen i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB seien daher im Streitfall nicht einschlägig. Richtigerweise greife § 184 Abs. 1 BGB, wonach die nachträgliche Zustimmung als Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirke, soweit nicht ein anderes bestimmt sei. Allerdings halte der BFH in seinem Urteil vom 2. Oktober 2001 (IX R 45/99, BStBl II 2002, 10) die nach § 184 Abs. 1 BGB bestimmte Rückwirkung für die Berechnung der Spekulationsfrist nach § 23 EStG für unbeachtlich, da vielmehr auf den Zeitpunkt der Genehmigung abzustellen sei. Nach Ansicht des BFH wirke einerseits eine Genehmigung nach § 184 Abs. 1 Halbs. 2 BGB nur zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt sei. Eine abweichende Bestimmung sei jedoch bereits anzunehmen, wenn die Vertragspartner übereinstimmend und nicht zuletzt aus steuerlichen Erwägungen an einer Rückwirkung nicht interessiert seien. Zudem sei zu beachten, dass vor der Genehmigung vertraglich begründete Ansprüche noch nicht als aktuelle Ansprüche entstanden seien und deshalb noch nicht geltend gemacht werden könnten. Aufgrund dieser Erwägungen sei die Rückwirkung nach § 184 Abs. 1 BGB nach dem Normzweck einzuschränken, zumal eine Genehmigung z.B. auch keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährungsfrist habe. Für die Unbeachtlichkeit der Rückwirkung im Steuerrecht stelle der BFH auch auf den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ab, womit eine Spekulationsfrist abgelaufen sei, wenn die Genehmigung erst nach Ablauf der Frist erteilt werde, da frühestens vom Zeitpunkt der Genehmigung an tatsächlich und rechtlich alle Folgerungen aus dem bisher schwebend unwirksamen Vertrag gezogen werden könnten. Aus diesem Grund hätten die Vertragsparteien des Kaufvertrags vom 27. Dezember 2012 die Kaufpreiszahlung und dem folgend die Eigentumsverschaffung von der Erteilung der behördlichen Genehmigung abhängig gemacht. Zudem seien die Vertragsparteien zwar bis zur Genehmigung an den Vertrag gebunden gewesen, hätten diesen jedoch - entgegen der Ansicht des FA - aufheben können.
12
Der Verweis des FA auf das Urteil des BFH vom 10. Februar 2015 (IX R 23/13, BStBl II 2015, 487) sei unbehelflich, da in dem Urteilsfall der Vertrag von der Voraussetzung einer erteilten Entwidmung abhängig gemacht worden sei und nicht - wie im vorliegenden Fall - von einer behördlichen Genehmigung. Zudem seien die Vertragsparteien in dem vom BFH entschiedenen Fall von der Vollwirksamkeit des Vertrags ausgegangen und hätten deshalb bereits die Kaufpreiszahlung geleistet und Regelungen für eine etwaige Rückabwicklung vereinbart.
13
Am 22. Oktober 2018 hat das FA einen aus einem nicht streitgegenständlichen Grund nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2013 erlassen, mit dem die Einkommensteuer auf 120.136 € herabgesetzt worden ist.
14
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 23. Februar 2016 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 16. Oktober 2017 und vom 9. Februar 2018 sowie der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2018 und des Änderungsbescheids vom 22. Oktober 2018 dahingehend abzuändern, dass der Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 203.390 € außer Ansatz bleibt und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
15
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
16
Zur Begründung verweist das FA auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2018. Danach sei nach ständiger Rechtsprechung für die Berechnung der 10-Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf die Zeitpunkte des Abschlusses der obligatorischen Verträge abzustellen. Demnach beginne im Streitfall die Veräußerungsfrist mit Annahme des Kaufangebots der Kläger am 7. Januar 2003 und ende mit Abschluss des Kaufvertrags am 27. Dezember 2012, womit die Frist von 10 Jahren noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der BFH habe mit Urteil vom 10. Februar 2015 (IX R 23/13, BStBl II 2015, 487) entschieden, dass auch bei einem Kaufvertrag mit einer aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 185 Abs. 1 BGB für den Zeitpunkt der Veräußerung auf den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts abzustellen sei, da sich die Parteien auch bei einem bedingten Kaufvertrag nicht mehr einseitig von der Vertragsbeziehung lösen könnten und der Vertrag damit für beide Seiten bindend sei. Es komme daher nicht darauf an, ob und wann die Bedingung und damit die Wirksamkeit des Vertrags eintreten würden. Im Streitfall sei eine sanierungsrechtliche Genehmigung nach § 144 BauGB notwendig gewesen, bei der es sich um eine aufschiebende Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB gehandelt habe, die am 5. Februar 2013 erteilt worden sei. Diese nachträgliche Zustimmung wirke nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Werde ein privatrechtliches Rechtsgeschäft von einer behördlichen Genehmigung abhängig gemacht, werde durch die nachträglich erteilte behördliche Genehmigung das Rechtsgeschäft mit rückwirkender Kraft wirksam. Entgegen der Ansicht der Kläger handle es sich im vorliegenden Fall nicht um ein schwebendes Geschäft. Das von den Klägern in Bezug genommene Urteil des BFH vom 2. Oktober 2001 (IX R 45/99, BStBl II 2002, 10) könne auf den Streitfall nicht angewendet werden, da in dem Urteilsfall ein vollmachtloser Vertreter i.S.d. § 177 Abs. 1 BGB mitgewirkt habe und zur Zeit des notariellen Vertrags noch keine für die Übertragung des Grundstücks notwendige wirksame Willenserklärung des Käufers vorgelegen habe.
17
Mit Hinweis vom 9. Mai 2019 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen,
- dass ausweislich des Akteninhalts allein der Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 23. Februar 2016 eingelegt hat,
- dass ausweislich des Akteninhalts die Kläger das Objekt D-Straße mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 20. Dezember 2002 und 7. Januar 2003 erworben und mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Dezember 2012 veräußert haben, die Kläger einen Gewinn aus privatem Veräußerungsgeschäft i.H.v. 227.545 € jedoch lediglich für den Kläger erklärt haben und im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2013 ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 203.390 € lediglich beim Kläger erfasst worden ist,
- dass ausweislich des Akteninhalts die Kläger einen - ihrer Ansicht nach steuerfreien - Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft aus dem Verkauf des Objekts D-Straße i.H.v. 227.545 € erklärt haben, das FA demgegenüber einen Gewinn i.H.v. 203.390 € ermittelt und der Besteuerung unterworfen hat,
- dass nach Ansicht der Rechtsprechung und des Schrifttums auf öffentlich-rechtliche Genehmigungen eines zivilrechtlichen Vertrags die §§ 182 ff. BGB weder unmittelbar noch analog anwendbar sind, sondern die rechtliche Bedeutung, die tatbestandlichen Voraussetzungen, das Erteilungsverfahren sowie die rechtlichen Wirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung primär aus dem Öffentlichen Recht folgen, wobei Inhalt und Sinn und Zweck der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschrift maßgebend sind,
- und dass nach Ansicht des Schrifttums nach § 144 BauGB genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte und Verfügungen bis zur Entscheidung der Gemeinde schwebend unwirksam sind und die Erteilung der Genehmigung Rückwirkung hat, womit das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft als von Anfang an wirksam anzusehen ist.
18
Zu diesem Hinweis des Gerichts haben die Kläger in der Folgezeit wie folgt Stellung genommen:
19
Formal habe zwar nur der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 Einspruch eingelegt, da eine Erhebung des Einspruchs auch für die Klägerin technisch nicht möglich gewesen sei, da diese nicht bei ElsterOnline erfasst sei. Aus der Begründung des Einspruchs gehe jedoch hervor, dass dieser im Namen beider Kläger erfolgt sei. Was die Frage der Zurechnung der Einkünfte anbelange, habe der Steuerberater der Kläger in seinem Schreiben an das FA vom 30. März 2015 ausdrücklich angegeben, dass die Kläger die Immobilie in der D-Straße veräußert hätten. Der vom FA ermittelte Gewinn aus der Veräußerung der Immobilie i.H.v. 203.390 € sei unstreitig.
20
Zur Frage der Auswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf einen zivilrechtlichen Vertrag führen die Kläger aus, dass ein unter einem entsprechenden Genehmigungserfordernis stehender zivilrechtlicher Vertrag bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam sei. Werde die Genehmigung später erteilt, werde das zunächst schwebend unwirksame Rechtsgeschäft rückwirkend wirksam. Für die im Streitfall maßgebende steuerrechtliche Qualifikation sei jedoch eine von der zivilrechtlichen und der sonstigen öffentlich-rechtlichen Wirkung der Genehmigung abweichende Entscheidung zu treffen. Dabei gehe der BFH davon aus, dass einer Genehmigung regelmäßig keine Rückwirkung zukomme, wobei es insoweit genüge, wenn aus steuerlichen Erwägungen ein Interesse an einer Rückwirkung fehle (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10). Eine vom Zivilrecht abweichende Beurteilung folge auch aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, da nur realisierte Wertsteigerungen der Besteuerung unterworfen werden könnten, was aber erst dann der Fall sei, wenn die Vertragserklärungen wirksam abgegeben worden seien. Im Streitfall habe das Bezirksamt P von B die Genehmigung am 5. Februar 2013 und damit nach Ablauf der Spekulationsfrist erteilt. Die Kläger hätten aber kein Interesse an einer Rückwirkung der Genehmigung gehabt. Vielmehr seien sie daran interessiert gewesen, dass die Wirksamkeit des Vertrags erst nach Ablauf der Spekulationsfrist eintrete. Auch hätten die Vertragsparteien den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums von der Kaufpreiszahlung abhängig gemacht, die wiederum erst nach dem Vorliegen der öffentlich-rechtlichen Genehmigung fällig werden sollte, womit das der Besteuerung zu unterwerfende Rechtsgeschäft mit seinen Wirkungen erst mit der Genehmigung tatsächlich zustande gekommen sei. Beide Vertragsparteien hätten auch während der Schwebezeit den Vertrag jederzeit aufheben können, da bis zur Erteilung der Genehmigung die entsprechenden Willenserklärungen noch keine Rechtsbindung in Bezug auf das vorgenommene Rechtsgeschäft erzeugt hätten. Eine Verfügung über einen gemeinschaftlichen Gegenstand sei nach der Regelung des § 747 Satz 2 BGB schwebend unwirksam, wenn die Mitwirkung eines Teils (schwebend) unwirksam sei, womit sich die als Miteigentümer veräußernden Kläger bis zur Wirksamkeit des Vertrags einseitig wieder vom Vertrag hätten lösen können. Im Streitfall habe sich die zur Verwirklichung des Erwerbsvorgangs erforderliche Bindung aller Vertragsbeteiligten damit nicht bereits durch den notariell beurkundeten Abschluss des Grundstückskaufvertrags ergeben (BFH-Urteil vom 8. Februar 2000 II R 51/98, BStBl II 2000, 318).
21
Hierzu hat das FA ausgeführt, dass die Klage betreffend die Klägerin mangels erfolglos durchgeführten Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen sei. Im Streitfall habe lediglich der Kläger Einspruch eingelegt, wobei nicht ersichtlich gewesen sei, dass auch die Klägerin habe Einspruch einlegen wollen. Im Streitfall sei zudem nach der Entscheidung des BFH vom 10. Februar 2015 (IX R 23/13, BStBl II 2015, 487) eine einseitige Loslösung der Vertragsparteien vom Vertrag nicht mehr möglich gewesen. Dies lasse sich auch damit begründen, dass die Vertragsparteien sich mit einer ebenfalls am 27. Dezember 2012 vereinbarten Auflassungsvormerkung hätten binden wollen. Zudem sei dem Käufer vertraglich auch schon eine - wenn auch eingeschränkte - Verfügungsgewalt über den Grundbesitz eingeräumt worden, wonach dieser mit Zustimmung der Verkäufer das Objekt habe belasten können. Schließlich sei im Vertrag auch nicht vereinbart worden, dass dieser nur dann eine Wirkung entfalten solle, wenn die Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erteilt werde.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Akten des FA sowie die Gerichtsakte nebst Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.
23
1. a) Die Klage des Klägers ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht erhoben.
24
b) Die Klage der Klägerin ist mangels erfolglos durchgeführten Vorverfahrens i.S.d. § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unzulässig. Unstreitig hat lediglich der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 23. Februar 2016 elektronisch über ElsterOnline Einspruch eingelegt. Eine Einspruchseinlegung auch durch die Klägerin kann zwar in dem Schreiben vom 19. Mai 2016 an das FA gesehen werden, in der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2018 hat das FA erkennbar jedoch lediglich über den Einspruch des Klägers entschieden. Eine zulässige Untätigkeitsklage der Klägerin nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt ebenfalls nicht vor. Denn der Einspruch der Klägerin vom 19. Mai 2016 gegen den Bescheid vom 23. Februar 2016 war verfristet.
25
2. Die Klage ist - soweit sie zulässig ist - jedoch unbegründet. Das FA hat zu Recht der Einkommensbesteuerung 2013 der Kläger einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus der Veräußerung des Objekts D-Straße i.H.v. 203.390 € zugrunde gelegt.
26
a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 22 Nr. 2 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG berechnet sich nach § 108 AO i.V.m. §§ 187 ff. BGB analog. Für die Fristberechnung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH auf den Zeitpunkt des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge abzustellen (BFH-Urteile vom 4. Juni 2003 X R 49/01, BStBl II 2003, 751; vom 13. Dezember 2005 IX R 14/03, BStBl II 2006, 513; vom 1. Oktober 2014 IX R 55/13, BStBl II 2015, 265; vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487).
27
aa) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt nach § 158 Abs. 1 BGB die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. Da nach Ansicht des BFH ein nach § 158 Abs. 1 BGB aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft dessen ungeachtet für die Parteien bindend ist, ist der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des Eintritts einer aufschiebenden Bedingung für die Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unerheblich (BFH-Urteil 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487). Der BFH stellt in diesem Zusammenhang entscheidend auf den Normzweck der § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ab, wonach innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer unterliegen, womit von einer Verwirklichung des Grundstückswerts nur gesprochen werden kann, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10; BFH-Beschluss vom 18. September 2006, IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31; BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487). Nach Ansicht des BFH folgt aus dem Wesen der Bedingung und dem Wortlaut des § 158 Abs. 1 BGB, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet und voll gültig ist - die Parteien daher fortan bindet - und seine Wirksamkeit mit dem Bedingungsfall ipso iure eintritt, ohne dass die Willenseinigung der Parteien noch bis dahin Bestand haben müssen; nur die Rechtswirkungen des bedingten Rechtsgeschäfts befinden sich bis zum Bedingungseintritt in der Schwebe. Die Parteien eines bedingten Rechtsgeschäfts können die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen, vielmehr sind sie im Hinblick auf den aufschiebend bedingten Rechtserwerb (Anwartschaftsrecht) zur gegenseitigen Treuepflicht und zur Beachtung der Schutzvorschriften des BGB verpflichtet (BFH-Urteile vom 8. Februar 2000 II R 51/98, BStBl II 2000, 318; vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487 unter Hinweis unter anderem auf BGH-Urteil vom 21. September 1994 VIII ZR 257/93, BGHZ 127, 129).
28
bb) Nach § 184 Abs. 1 BGB wirkt eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
29
(1) Nach Ansicht des BFH ist für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung bei einem schwebend unwirksamen (genehmigungsbedürftigen) Rechtsgeschäft i.S.d. § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Genehmigung und nicht auf den der zivilrechtlich rückwirkenden Wirksamkeit des Vertragsabschlusses abzustellen, weil frühestens vom Zeitpunkt der Genehmigung an alle Folgerungen aus dem bisher schwebend unwirksamen Vertrag gezogen werden können (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10; BFH-Beschluss vom 18. September 2006 IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31). Wiederum stellt der BFH auf den Normzweck der § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ab, wonach innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen sind. Nach Ansicht des BFH wirkt eine Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB nur dann auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Der Rückwirkung liegt damit der Gedanke zugrunde, dass die Geschäftspartner das von der Genehmigung abhängige Vertragsverhältnis regelmäßig in dieser Weise haben vereinbaren wollen. Steht damit die Rechtsfolge zur Disposition der Vertragsparteien, so kann sich eine abweichende Bestimmung aus der Sache ergeben und wie eine aufschiebende Bedingung wirken. Es spricht vieles dafür, eine von der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge abweichende Bestimmung in diesem Sinne bereits dann anzunehmen, wenn die Vertragspartner übereinstimmend und nicht zuletzt aus steuerlichen Erwägungen an einer Rückwirkung der Genehmigung nicht interessiert sind. Selbst dann, wenn sich die Parteien nicht in einer solchen Weise verständigt haben, tritt die Rückwirkung des § 184 Abs. 1 BGB auch bürgerlich-rechtlich nicht in allen Fällen ein. Durch die Rückwirkung gelten nur die Rechtsfolgen, die gelten würden, wenn das genehmigte Geschäft von Anfang an wirksam gewesen wäre. Diese Fiktion gestaltet aber keinen in die Vergangenheit wirkenden Kausalprozess, denn der Zeitablauf ist unumkehrbar. Vor der Genehmigung sind vertraglich begründete Ansprüche noch nicht als aktuelle Ansprüche entstanden und können deshalb noch nicht geltend gemacht werden. Aufgrund dieser Erwägung ist die Rückwirkung nach dem Normzweck einzuschränken: Sie hat z.B. keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährungsfrist (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10 m.w.N.).
30
(2) Diese Rechtsprechung schränkt der BFH jedoch dahingehend ein, dass einer nachträglichen Genehmigung i.S.d. § 184 Abs. 1 BGB steuerrechtlich dann keine Rückwirkung zukommt, wenn lediglich der Verkäufer ein Verkaufsangebot abgegeben hat, die Gefahr noch nicht übergegangen ist und der Verkäufer dem Käufer noch kein wirtschaftliches Eigentum verschafft hat und die Genehmigung des Käufers nach § 184 Abs. 1 BGB noch aussteht. Eine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG kann angenommen werden, wenn beide Vertragserklärungen (Angebot und Annahme) innerhalb der Veräußerungsfrist abgegeben worden sind, wobei der BFH die Frage der Auswirkungen einer für den Eintritt der Wirksamkeit des Vertrags erforderlichen Genehmigung eines Dritten, der am Vertrag selbst nicht beteiligt ist, ausdrücklich offen gelassen hat. Erforderlich für eine Veräußerung i.S.d. § 23 EStG ist in jedem Fall, dass der Vertragsschluss innerhalb der Veräußerungsfrist für beide Vertragsparteien bindend ist (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BStBl II 2002, 10; hierzu auch BFH-Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13, BStBl II 2015, 487).
31
In diesem Zusammenhang hat das FG Brandenburg mit Urteil vom 8. Oktober 1998 (2 K 856/97 E, EFG 1998, 1683 rkr.) entschieden, dass bei einer noch ausstehenden Genehmigung eines Grundstückskaufvertrags nach der Grundstücksverkehrsordnung als Genehmigung eines nicht am Vertragsschluss beteiligten Dritten die später erteilte Genehmigung auf den Abschluss des Kaufvertrags zurückwirkt, soweit der Vertragsschluss für die Vertragsparteien selbst bindend ist. Eine Bindungswirkung ist somit ab dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem eine einseitige Vertragsaufhebung bzw. eine anderweitige Veräußerung grundsätzlich nicht mehr möglich ist (Ratschow in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 23 EStG Rn. 170; Wernsmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rn. B 116; zur Bindungswirkung auch Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 23 EStG Rn. 53).
32
cc) Die Wirksamkeit eines privatrechtlichen Vertrags kann auch von einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden.
33
(1) Als Wirksamkeitsvoraussetzung für einen zivilrechtlichen Vertrag ist eine öffentlich-rechtliche Genehmigung keine Zustimmung i.S.d. §§ 182 ff. BGB. Die rechtliche Bedeutung, die tatbestandlichen Voraussetzungen, das Erteilungsverfahren sowie die rechtlichen Wirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung folgen weder unmittelbar noch in analoger Anwendung aus §§ 182 ff. BGB, sondern stets primär aus dem Öffentlichen Recht (Westermann in Erman, BGB, 15. Auflage 2017, Vorbem. vor § 182 Rn. 8; Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Einf. v. § 182 Rn. 6). Maßgebend sind Inhalt und Sinn und Zweck der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Vorschrift (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 4. November 1960 VI C 163.58, BVerwGE 11, 195).
34
Ergänzend zu den öffentlich-rechtlichen Vorschiften können die §§ 182 ff. BGB lediglich als Ausdruck allgemeingültiger Grundsätze herangezogen werden (Westermann in Erman, BGB, 15. Auflage 2017, Vorbem. vor § 182 Rn. 8; Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Einf. v. § 182 Rn. 6): Muss die öffentlich-rechtliche Genehmigung nicht bereits vor Abschluss des Rechtsgeschäfts vorliegen, ist das private Rechtsgeschäft bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam (BGH-Urteile vom 20. Februar 1957 V ZR 125/55, BGHZ 23, 342; vom 15. Oktober 1992 IX ZR 43/92, NJW 1993, 648), wobei sich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien während des Schwebezustandes nach dem Zivilrecht richten. Erst mit der Erteilung der Genehmigung wird das schwebend unwirksame Rechtsgeschäft wirksam. Die Rückwirkung der nachträglichen behördlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts wird dabei nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 184 Abs. 1 BGB abgeleitet, sondern in erster Linie aus dem mit der Zustimmungsbedürftigkeit verfolgten Zweck (BGH-Urteile vom 15. Juni 1960 V ZR 191/58, BGHZ 32, 383; vom 7. Oktober 1964 V ZR 142/62, NJW 1965, 41).
35
(2) Das Öffentliche Recht enthält zahlreiche Vorschriften zur Beschränkung des Grundstücksverkehrs (hierzu Bassenge in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Überbl. v. § 873 Rn. 17 ff.). So bedürfen nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks und die Bestellung und Veräußerung eines Erbbaurechts der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Der Begriff der Veräußerung im Sinne der Vorschrift ist das dingliche Erfüllungsgeschäft nach §§ 873, 925 BGB, durch das das Eigentum an dem veräußerten Grundstück auf den Erwerber übertragen wird (Krautzberger in Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, § 144 Rn. 28; Köhler/Fieseler in Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 144 Rn. 11). Nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 BauGB bedarf in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet auch ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den eine Verpflichtung zu einem der in § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB genannten Rechtsgeschäfte begründet wird, der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde; ist der schuldrechtliche Vertrag genehmigt worden, gilt auch das in Ausführung dieses Vertrags vorgenommene dingliche Rechtsgeschäft als genehmigt (hierzu Krautzberger in Ernst/Zinkhahn/Bielenberg, BauGB, § 144 Rn. 28).
36
(3) Die nach § 144 BauGB genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte und Verfügungen sind bis zur Entscheidung der Gemeinde schwebend unwirksam. Nach den allgemeinen Grundsätzen zu den Auswirkungen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf das betreffende zivilrechtliche Rechtsgeschäft hat die Erteilung der Genehmigung in Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung, womit das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft mit Erteilung der Genehmigung als von Anfang an wirksam anzusehen ist (Köhler/Fieseler in Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 144 Rn. 6; Schmitz in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 3. Auflage 2018, § 144 Rn. 19; Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 144 Rn. 6).
37
(4) Während der Schwebezeit ist der genehmigungsbedürftige Grundstückskaufvertrag zwar noch wirkungslos und die Vertragsparteien können aus dem Vertrag unmittelbar noch keine Rechte und Pflichten herleiten. Im Gegensatz zu einem nichtigen Vertrag sind die Parteien eines lediglich schwebend unwirksamen Vertrags grundsätzlich an den Vertrag gebunden und unterliegen bereits einer Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB (J. Schmitt in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2006, § 108 Rn. 4; Ellenberger in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, Überbl. v. § 104 Rn. 31). Demgemäß sind die Vertragsparteien im Fall des Erfordernisses einer behördlichen Genehmigung verpflichtet, alles Erforderliche zu unternehmen, um die Genehmigung herbeizuführen, und alles zu unterlassen, was die Genehmigung gefährden oder vereiteln könnte, da der Vertrag nach ihrem erklärten Willen wirksam werden soll (z.B. BGH-Urteile vom 4. Juni 1954 V ZR 18/53, BGHZ 14, 1; vom 25. Juni 1976 V ZR 121/73, BGHZ 67, 34; Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, § 242 Rn. 33 m.w.N.; Roth in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage 2007, § 241 Rn. 50).
38
b) Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall haben die Kläger das Objekt D-Straße innerhalb der 10-järigen Veräußerungsfrist nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angeschafft und veräußert und demgemäß ein privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht.
39
aa) Im Streitfall haben die Kläger das Objekt D-Straße am 7. Januar 2003 i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erworben, da der Verkäufer an diesem Tag ihr bindendes Kaufangebot vom 20. Dezember 2002 angenommen hat.
40
bb) Im Streitfall haben die Kläger das Objekt D-Straße am 27. Dezember 2012 i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist veräußert und demgemäß den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts erfüllt.
41
(1) Im Streitfall liegt mit der schriftlichen Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ein öffentlich-rechtliches Genehmigungserfordernis vor, auf das die Regelungen der §§ 182 ff. BGB weder unmittelbar noch analog anwendbar sind. Entsprechend den Regelungen des Öffentlichen Rechts war der Vertrag über die Veräußerung des Objekts D-Straße vom 27. Dezember 2012 bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB durch das Bezirksamt P für B am 5. Februar 2013 schwebend unwirksam und wurde zu diesem Zeitpunkt im Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 1 BGB rückwirkend wirksam.
42
(2) Ungeachtet der Rückwirkung der nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB erteilten Genehmigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags vom 27. Dezember 2012 haben die Kläger das Objekt D-Straße bereits mit Abschluss des Vertrags i.S.d. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - und damit innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist - veräußert, da mit Abschluss des Vertrags für beide Vertragsparteien die nach der Rechtsprechung des BFH erforderliche Bindungswirkung eingetreten ist. Entgegen der Ansicht der Kläger war es den Vertragsparteien trotz der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufvertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht (mehr) möglich, sich einseitig und frei vom Vertrag zu lösen. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass nach § 10 des Kaufvertrags zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Übertragung des Eigentums an dem Objekt D-Straße die Verkäufer die Eintragung einer entsprechenden Auflassungsvormerkung nach § 883 BGB im Grundbuch bewilligten und der Käufer diese beantragte. Den Klägern war es somit nicht möglich, nach Vertragsschluss und während der Zeit der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrags bis zur Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB sich einseitig von der Verpflichtung zur Veräußerung des Objekts D-Straße an den Käufer zu lösen bzw. das Objekt anderweitig zu veräußern. Zudem waren sowohl die Kläger als Verkäufer als auch der Käufer nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen an den lediglich schwebend unwirksamen Kaufvertrag gebunden, unterlagen dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und waren zudem verpflichtet, alles Erforderliche zu unternehmen, um die Genehmigung herbeizuführen, und alles zu unterlassen, was die Genehmigung gefährden oder vereiteln könnte.
43
(3) Entgegen der Ansicht der Kläger folgt auch aus § 747 Satz 2 BGB keine abweichende Beurteilung, wonach über einen gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen die Teilhaber nur gemeinschaftlich verfügen können. Nach der Vorschrift ist die Verfügung über einen gemeinschaftlichen Gegenstand schwebend unwirksam, wenn die Mitwirkung eines Teilhabers unwirksam ist (Sprau in Palandt, BGB, 78. Auflage 2019, § 747 Rn. 4). Im Streitfall sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, dass eine im Rahmen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2012 abgegebene Erklärung des Klägers oder der Klägerin unwirksam gewesen sein könnte.
44
(4) Soweit die Kläger auf Argumente aus dem BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 (IX R 45/99, BStBl II 2002, 10) verweisen, gelten diese nach den Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 10. Februar 2015 (IX R 23/13, BStBl II 2015, 487, dort Rz. 25) für den Fall eines wegen vollmachtloser Vertretung auf der Erwerberseite schwebend unwirksamen - genehmigungsbedürftigen - Rechtsgeschäfts. Entscheidend stellt der BFH nämlich darauf ab, dass in jenem Fall keine bindenden Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Spekulationsfrist vorgelegen haben und damit die erforderliche beidseitige schuldrechtliche Bindung bei einem Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht gerade nicht gegeben war.
45
Im Übrigen dient das Genehmigungserfordernis nach § 144 BauGB nicht der Wahrnehmung der privaten Belange der Vertragsparteien, sondern gewährleistet öffentliche baurechtliche Interessen. Damit kann der Entschluss der Behörde, die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, die Vollendung der privatrechtlichen Bindung bei Abschluss des Vertrags nicht beeinflussen (vgl. auch FG Brandenburg, Urteil vom 8. Oktober 1998 2 K 856/97 E, EFG 1998, 1683).
46
c) Im Streitfall sind sich die Beteiligten über die Höhe des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft aus der Veräußerung des Objekts D-Straße von 203.390 € und über die steuerliche Zuordnung des privaten Veräußerungsgeschäfts zum Jahr 2013 einig. Bei einem hälftigen Ansatz des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft je Kläger i.H.v. jeweils 101.695 € (= 203.390 € : 2) ergibt sich keine Änderung der bisher festgesetzten Einkommensteuer 2013 i.H.v. 120.136 €.
47
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
48
4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.