Inhalt

LArbG Nürnberg, Urteil v. 20.12.2019 – 8 Sa 170/19
Titel:

Eingruppierung eines nautischen Beschäftigten mit nautischem Befähigungszeugnis

Normenketten:
TVöD-AT § 12 Abs. 2
EGO-Bund Teil V Nr. 2.3 EG 9c, 10, 11
Leitsätze:
1. Bei natürlicher Betrachtungsweise sind bei einem nautischen Beschäftigten in den Tätigkeitsbereichen "Bearbeitung von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten", "Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien" und "Beförderung gefährlicher Güter" abgrenzbare Arbeitsergebnisse anzunehmen, die eine Bewertung als einheitlicher Arbeitsvorgang nicht zulassen. (Rn. 27 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine pauschale summarische Prüfung, ob der Arbeitnehmer die Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsvergütungsgruppe erfüllt, ist ausreichend, soweit die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (Anschluss an BAG, Urteil vom 9.12.2015 - 4 AZR 11/13, Rn. 22). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wird bei einer Eingruppierungsfeststellungsklage ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen, genügt allein eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht für einen schlüssigen Vortrag. Denn allein hieraus sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sich die Tätigkeit aus der Ausgangsfallgruppe entsprechend dem Qualifizierungsmerkmal hervorhebt. Der Vortrag muss vielmehr erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt, und einen wertenden Vergleich mit den nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten erlauben (Anschluss an BAG BeckRS 2012, 73475 Rn. 18). (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die Bedeutung einer Tätigkeit im Sinne der Entgeltgruppen 10 und 11 EGO-TVöD ist eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung nötig, die sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen muss und sich aus der Bedeutung oder der Größe des Aufgabengebietes sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben muss. Hierbei müssen die Tarifmerkmale "besondere Schwierigkeit" und "Bedeutung" kumulativ vorliegen. Eine Tätigkeit, die zwar eine Bedeutung im Sinne der Tarifvorschrift aufweist, aber deren Ausübung nicht besonders schwierig einzustufen ist, ist nicht den Entgeltgruppen 10 oder 11 EGO-TVöD zuzuordnen. (Rn. 46 und 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eingruppierung, Höhergruppierung, nautischer Beschäftigter, nautisches Befähigungszeugnis, abgrenzbare Arbeitsergebnisse, Tarifmerkmale
Vorinstanz:
ArbG Würzburg, Endurteil vom 28.11.2018 – 3 Ca 287/18
Fundstelle:
BeckRS 2019, 40833

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 28.11.2018 - Az.: 3 Ca 287/18 - wird auf Kosten des Berufungsklägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um die Eingruppierung des Klägers.
2
Der Kläger ist seit dem 16.07.1982 bei der Beklagten im Wasser- und Schifffahrtsamt S…, davon die letzten 10 Jahre als Schifffahrtssachbearbeiter, beschäftigt. Als Mitglied des Personalrates ist der Kläger zu 30% freigestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet seit dem 01.05.2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Der Kläger ist derzeit in die Entgeltgruppe 9b Stufe 5 bzw. rückwirkend ab 01.03.2018 in die seit 18.04.2018 neu geschaffene Entgeltgruppe 9c eingruppiert.
3
Mit seiner am 05.04.2018 eingegangenen Klage begehrte der Kläger eine höhere Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD, hilfsweise die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD.
4
Innerhalb der Entgeltgruppen des TVöD sind die Tätigkeiten bei Wasser- und Schifffahrtsämtern (Binnenbereich) dem Bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Teil V - BMVI) und dabei die Entgeltgruppen für Beschäftigte bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung an Land im nautischen Bereich in Teil V Ziffer 2.3 zugeordnet.
5
Teil V Ziffer 2.3 lautete bis zur Tarifeinigung vom 18.04.2018 wie folgt:
Entgeltgruppe 11
Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebt.
Entgeltgruppe 10
Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1, deren Tätigkeit sich mindestens zu 1/3 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebt.
Entgeltgruppe 9b
1. Beschäftigte der Fallgruppe 2, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.
2. Nautische Beschäftigte mit nautischem Befähigungszeugnis und entsprechender Tätigkeit, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
3. Nautische Sachverständige mit nautischem Befähigungszeugnis in einer Schiffsuntersuchungskommission.
4. Leiterinnen und Leiter einer Revierzentrale mit nautischem Befähigungszeugnis.
Entgeltgruppe 8
Nautische Beschäftigte mit nautischem Befähigungszeugnis und entsprechender Tätigkeit in einer Revierzentrale.
6
Nach der Tarifeinigung vom 18.04.2018 lautet Teil V Ziffer 2.3 mit Wirkung ab 01.03.2018 wie folgt:
Entgeltgruppe 11
Beschäftigte der Entgeltgruppe 9c, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9c heraushebt.
Entgeltgruppe 10
Beschäftigte der Entgeltgruppe 9c, deren Tätigkeit sich mindestens zu 1/3 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9c heraushebt.
Entgeltgruppe 9c
Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.
Entgeltgruppe 9b
1. Nautische Beschäftigte mit nautischem Befähigungszeugnis und entsprechender Tätigkeit, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
7
Der Kläger vertrat erstinstanzlich die Auffassung, seine Tätigkeiten unterfielen der Entgeltgruppe 11, zumindest der Entgeltgruppe 10 TVöD. Nautische Tätigkeiten an Land seien per se höherwertiger als allgemeine Verwaltungsaufgaben. Nautiker seien zwar ausdrücklich in das neue Vergütungssystem des TVöD aufgenommen worden, jedoch mit einer zu geringen Grundeingruppierung in Entgeltgruppe 9b. Er verfüge unstreitig über ein nautisches Befähigungszeugnis und übe Tätigkeiten aus, die besonders verantwortungsvoll seien und gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erforderten. Bereits im Jahr 2011 sei sein Dienstposten bewertet worden und in zwei Arbeitsvorgänge gegliedert worden, nämlich die Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien mit 25,69% seiner Arbeitszeit und schifffahrtspolizeiliche Angelegenheiten mit 74,31% seiner Arbeitszeit. In den Jahren 2016/2017 seien seine Tätigkeiten neu bewertet worden und die Arbeitsvorgänge in fünf Bereiche untergliedert worden und zwar:
a) Bearbeiten von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten (46,04%),
b) Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien (22,56%),
c) Fachbeiträge zu schifffahrtsrechtlichen Angelegenheiten (14,77%),
d) Beförderung gefährlicher Güter (11,53%) und e) sonstige Aufgaben (5,10%).
8
Diese neue prozentuale Aufspaltung seiner Tätigkeiten entspräche nicht der Definition der Protokollerklärung zu Absatz 2 des § 12 TVöD. Einzelne Arbeitsvorgänge dürften nicht hinsichtlich der Anforderungen zeitlich aufgespaltet werden. Er übe vielfältige Aufgaben aus. Hieraus ergebe sich eine besondere Verantwortung. Darüber hinaus habe sich das Gefahrgutrecht als verbreitetes Handlungsfeld herauskristallisiert. Die besondere Schwierigkeit, die zu einer Heraushebung aus Entgeltgruppe 9b führe, liege vor allem darin, dass es im Bereich des Schifffahrtsrechts kaum Kommentierungen gebe und er die Entscheidungen selbst erarbeiten müsse. Teilweise sei er persönlich haftbar. Die Größe seines Aufgabengebietes, die Tragweite der Materie und die Auswirkungen seiner Tätigkeiten und der von ihm zu treffenden Maßnahmen würden die besondere Bedeutung ergeben. Zu mehr als 1/3 sei die Bearbeitung von Havarien für seine Tätigkeit prägend.
9
Der Kläger beantragte erstinstanzlich:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung zum 01.05.2017 Vergütung nach Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD zu zahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die jeweiligen Bruttodifferenzbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9b Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD, jeweils ab Fälligkeit.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Antrag zu Ziffer 1:
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung zum 01.05.2017 Vergütung nach Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD zu zahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die jeweiligen Bruttodifferenzbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9b Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD, jeweils ab Fälligkeit.
10
Die Beklagte beantragte
die Klageabweisung.
11
Sie vertrat erstinstanzlich die Auffassung, die Tätigkeit des Klägers sei zutreffend bewertet. Bereits bei Zugrundelegung der Entgeltgruppe 9b seien die gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse des Klägers, seine selbständigen Leistungen sowie sein verantwortungsvolles Aufgabenfeld bewertet worden. Der Kläger übe jedoch weder zu mehr als die Hälfte noch zu mindestens 1/3 Tätigkeiten aus, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 herausheben würden. Selbst wenn man nur zwei Arbeitsvorgänge bilden würde und der Bearbeitung von Havarien eine besondere Verantwortung und Schwierigkeit unterstellen würde, reiche der Zeitanteil von 25,69% der Arbeitszeit bereits für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 10 nicht aus. Übergreifende Aufgaben würden von der Mittelbehörde wahrgenommen. Die Aufgabenverantwortung läge beim Sachgebiets- und Amtsleiter. Die Befähigung zum Umgang mit Gefahrgut sei keine erhebliche fachliche Qualifikation. Die vom Kläger aufgeführten Entscheidungsmöglichkeiten seien bei den selbständigen Leistungen berücksichtigt, würden aber keine besondere Schwierigkeit begründen.
12
Das Erstgericht hat mit Endurteil vom 28.11.2018 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es an einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers fehle. Berufe sich der Arbeitnehmer auf Heraushebungen, so habe er nicht nur seine eigene Tätigkeit im Einzelnen darzustellen, sondern müsse die Tatsachen darlegen, die einen wertenden Vergleich mit nicht herausgehobenen Tätigkeiten ermögliche. Der Tatsachenvortrag müsse erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit im Vergleich zur Grundtätigkeit heraushebe. Entgeltgruppe 10 erfordere, dass sich die Tätigkeit zu mindestens 1/3 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebe. Der Begriff der besonderen Schwierigkeit beziehe sich auf die fachliche Qualifikation, also auf das fachliche Können und die fachliche Erfahrung. Dabei müssten die Anforderungen der Entgeltgruppe 9b in gewichtiger Weise, also beträchtlich, überstiegen werden. Diese erhöhte Qualifikation könne sich aus der Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlicher Erfahrung oder aus einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa aufgrund besonderer Spezialkenntnisse. Eine besondere Schwierigkeit, die im erforderlichen Umfang die Entgeltgruppe 9b übersteige, könne nicht gesehen werden. Soweit der Kläger darauf verweise, dass im Bereich des Schifffahrtsrechts auf weitgehend unkommentierte Vorschriften zurückgegriffen werden müsse, könne dies nicht die besondere Schwierigkeit begründen. Diese Problematik treffe sämtliche Mitarbeiter mit (auch eingeschränkter) Entscheidungsbefugnis in gleicher Weise, könne also nicht zu einer Heraushebung führen. Die selbständige Erarbeitung - auch diejenige ohne umfangreiche Hilfsmittel - werde bereits im Bereich der selbständigen Leistungen nach Entgeltgruppe 9b abgebildet. Die zusätzliche Bedeutung der Tätigkeit knüpfe dagegen - anders als bei der Anforderung der „besonderen Schwierigkeit“ - an die Auswirkungen der Tätigkeit an. Diese kennzeichneten sich insbesondere aufgrund der Stellung innerhalb der Behördenhierarchie, der finanziellen Auswirkungen der Tätigkeit bei der Verwaltung oder bei den Betroffenen und der Folgen für den Binnenbereich der Verwaltung oder für die Allgemeinheit. Nicht erkennbar sei aufgrund des Sachvortrages des Klägers, inwieweit sich der Tätigkeitsbereich durch zusätzliche Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b hervorhebe. Für das Gericht sei weder ersichtlich, dass eine herausgehobene Stellung innerhalb der Behördenhierarchie vorliege, noch, dass die Folgen der zu treffenden Entscheidungen erheblich bedeutsam erscheinen.
13
Das Endurteil des Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 28.11.2018 wurde dem Kläger am 24.04.2019 zugestellt. Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 22.05.2019, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am selben Tag, Berufung ein und begründeten diese mit Schriftsatz vom 24.07.2019 innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist.
14
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass er die Arbeitsvorgänge Fachbeiträge zur schifffahrtsrechtlichen Angelegenheiten und sonstigen Aufgaben unberücksichtigt lasse. Entscheidend seien seine Tätigkeiten „Bearbeitung von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten“ mit 46,04%, „Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien“ mit 22,56% und Aufgaben im Zusammenhang mit „Beförderung gefährlicher Güter“ mit 11,53% der Gesamttätigkeit. Hierbei handele es sich um einen Arbeitsvorgang, der vom Ergebnis her nicht in unterschiedliche Teilbereiche aufgespaltet werden könne. Nach den Grundsätzen des BAG reiche es für die Bestimmung eines Arbeitsvorganges aus, dass die Aufgaben nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgaben einer Person real übertragen seien. Das Arbeitsergebnis dieser drei Einzeltätigkeiten sei die Sicherstellung des Schifffahrtsverkehrs im Zuständigkeitsbereich des Klägers. Die Tätigkeit des Klägers sei gekennzeichnet dadurch, dass er die Sicherstellung der Ordnung und die Leichtigkeit des Schiffverkehrs auf der Wasserstraße Main im Zuständigkeitsbereich des Wasser- und Schifffahrtsamtes S… zu gewährleisten habe. Hierzu gehörten anlassbezogene Aufgaben und Erledigungen bis hin zu repressiven Maßnahmen. Für die Ausübung seiner Tätigkeiten seien gründliche umfassende Fachkenntnisse erforderlich. Aufgrund seiner Entscheidungs- und Beurteilungsspielräume würden nicht nur leichte geistige Arbeiten erforderlich sein, sondern eine deutlich darüber hinausgehende geistige Leistung von ihm verlangt werden, so dass eine selbständige Leistung vorläge. Sowohl bei der Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien als auch bei der Aufrechterhaltung des Normalbetriebes handele es sich um besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten. Die besondere Schwierigkeit seiner Tätigkeiten resultiere nicht nur daraus, dass im Bereich des Schifffahrtsrechts auf weitgehend unkommentierte Vorschriften zurückgegriffen werden müsse, sondern vielmehr aus der Kenntnis und Anwendung verwaltungsverfahrensrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Vorschriften, Vorgaben und Zuständigkeiten, durch besondere hoheitliche fiskalische Befugnisse im Bereich der Havarien und der Beförderung gefährlicher Güter. So sei er im Wasser- und Schifffahrtsamt S… der einzige verantwortliche Gefahrgutbeauftragte. In der Normaltätigkeit der Beschäftigten der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe würde die Bearbeitung von Havarien und die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Bereich der Beförderung von gefährlichen Gütern nicht anfallen. Er sei unstreitig für die Verhängung von Weiterfahrverboten zuständig. Hierbei müsse er ein umfangreiches verwaltungsrechtliches Wissen anwenden, welches in der Ausbildung zur Erlangung des nautischen Befähigungszeugnisses nicht vermittelt werde. Bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für die Beförderung gefährlicher Güter seien zusätzlich umfangreiche besondere Spezialkenntnisse anzuwenden. Die Bandbreite der anzuwendenden Vorschriften, das Erfahrungswissen und die Anforderungen an die Schnelligkeit von Entscheidungen gingen über das Maß hinaus, das von besonders verantwortungsvoll tätigen Beschäftigten in der Entgeltgruppe 9b in der Regel verlangt werden würde. Er bearbeite ohne Unterstützung der Generaldirektion die Havarien eigenständig und abschließend. Die vollständige Bearbeitung von Schiffsunfällen und Havarien unterscheide ihn von den Aufgaben anderer nautischer Beschäftigter an Land der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe. Im Bereich Gefahrgutbeförderung habe er besonderes Wissen vorzuhalten, welches er durch die Teilnahme an umfangreichen Schulungen erworben habe. Er sei befugt, Anordnungen zur Gefahrabwehr zu treffen. Er sei aufgrund seiner besonderen Aufgaben von vielen Tätigkeiten befreit, die andere Schifffahrtssachbearbeiter in der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe auszuführen hätten, wie z.B. Aufstellen und Überprüfen von Schifferdienstbüchern, Bordbüchern, Ölkontrollbüchern, Genehmigung von Veranstaltungen, Erstellen und Auswerten von Statistiken, Erfassen von Havarien und Unfällen, Streckenkontrollfahrten, Abgabentarife für Hafenentgelt und für Liegeplätze, Untersuchen und Zulassen von Sportbooten, Auswerten von Tätigkeitsberichten der Wasserschutzpolizei, Verkehrsbeobachtung auf der Bundeswasserstraße Main, Meldedienste für die Schifffahrt, Befähigungszeugnisse für Berufs- und Sportschifffahrt. Die besondere Bedeutung seiner Tätigkeit ergebe sich aufgrund der Auswirkungen auf die Beklagte selbst oder aus den Auswirkungen gegenüber Dritten. Treffe er z.B. bei Havarien mit Schiffen, die Gefahrgut transportierten, eine falsche Entscheidung, könne es zu schwerwiegenden Umweltschäden kommen. Bei Sperrungen einer Wasserstraße könnten enorme wirtschaftliche Belastungen für die Reedereien entstehen. So habe er auch den Einsatz von Eisbrechern zu koordinieren. Auch die Verhängung von Weiterfahrverboten im Bereich der schifffahrtspolizeilichen Anordnungen könnten zu enormen wirtschaftlichen Schäden und Schadensersatzansprüchen gegenüber der Beklagten führen. Im Rahmen von Ermessensentscheidungen habe er diese Risiken korrekt abzuschätzen. Jedenfalls seien aber die Bearbeitung von Schiffsunfällen und Havarien und die Beförderung gefährlicher Güter zu einem Arbeitsvorgang zusammenzufassen. Dies ergebe 34,09% der Gesamttätigkeit, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebe.
15
Die Tätigkeitsmerkmale hätten sich nicht aufgrund der Korrekturen in der Entgeltordnung mit Rückwirkung zum 01.03.2018 geändert. Insoweit würden seine erstinstanzlich gestellten Anträge entsprechend angepasst.
16
Der Kläger beantragt daher in der Berufungsinstanz zuletzt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Würzburg vom 28.11.2018, Az: 3 Ca 287/18 wird abgeändert und es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.05.2017 Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD zu zahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die Bruttodifferenzbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 b Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD ab deren Fälligkeit bis 28.02.2018 bzw. ab 01.03.2018 zwischen der Entgeltgruppe 9 c Stufe 5 und der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD ab deren Fälligkeit.
2. Hilfsweise, die Abänderung des angegriffenen Urteils und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 01.05.2017 Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD zu bezahlen sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die Bruttodifferenzbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 b Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD ab deren Fälligkeit bis 28.02.2018 und ab 01.03.2018 zwischen der Entgeltgruppe 9 c Stufe 5 und der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TVöD ab deren Fälligkeit.
17
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
18
Der neue Sachvortrag sei verspätet und zudem nicht geeignet, den klägerisch behaupteten Anspruch zu begründen. Das Arbeitsgericht sei im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG davon ausgegangen, dass der Kläger nicht nur seine Tätigkeiten im Einzelnen darstellen, sondern auch die Tatsachen darlegen müsse, die einen wertenden Vergleich mit nicht herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichten. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die seine Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge mindestens zur Hälfte den besonderen tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe 11 oder mindestens zu 1/3 die der Entgeltgruppe 10 genügten. Nunmehr stelle der Kläger die Behauptung auf, seine Tätigkeit ließe sich nicht in einzelne Arbeitsvorgänge aufspalten, sondern stelle lediglich einen Arbeitsvorgang dar. Für die Bestimmung des Arbeitsvorganges sei das Arbeitsergebnis maßgebend. Die Tätigkeiten des Klägers ließen sich in mehrere Arbeitsvorgänge aufteilen, die für sich zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führten. Der Sachvortrag des Klägers sei unsubstantiiert, da bereits völlig unklar bliebe, welche Umstände in welchem zeitlichen Umfang nach seiner Auffassung den Heraushebungsmerkmalen der Entgeltgruppe 9b zuzuordnen seien. Bezüglich der Erfüllung der Heraushebungsmerkmale „besondere Schwierigkeit“ und „Bedeutung“ im Sinne der Entgeltgruppen 10 und 11 berufe sich der Kläger auf die große Bandbreite des anzuwendenden Wissens, sowie die Auswirkungen seines Handelns, also auf dieselben Umstände, die er bezüglich der Erfüllung der Heraushebungsmerkmale der Entgeltgruppe 9b aufführte. Unrichtig sei deren Behauptung, die Bearbeitung von Havarien und die entsprechend hoheitlichen Anordnungen oder Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Bereich der Beförderung von gefährlichen Gütern würde im Rahmen der „Normaltätigkeit“ der Beschäftigten der Entgeltgruppe 9b nicht anfallen. Die Anwendung von Fachwissen, das über die in der Ausbildung zur Erlangung des nautischen Befähigungszeugnisses vermittelten Kenntnisse hinausginge, würde im Rahmen der Eingruppierung in Entgeltgruppe 9b berücksichtigt. Die Anwendung verwaltungsrechtlicher Vorschriften sei selbstverständlich. Auch auf dem Gebiet der Gefahrgutbeförderung und der Bearbeitung von Havarien würde sich seine Tätigkeit nicht durch eine Bandbreite von anzuwendenden Vorschriften von der Tätigkeit der Beschäftigten in der Entgeltgruppe 9b unterscheiden. Die Entscheidungsfindung des Klägers sowie die im Raum stehenden Folgen seines Handelns, insbesondere bei Havarien, seien bereits bei den Heraushebungsmerkmalen „verantwortungsvoll“ und „selbständige Leistungen“ der Entgeltgruppe 9b bzw. der neuen Entgeltgruppe 9c berücksichtigt worden. Der Kläger habe selbst dargelegt, dass die gesamten Sachverhalte nicht zu den Routineaufgaben des nautischen Beschäftigten mit nautischen Befähigungszeugnis gehörten und derartige Kenntnisse nicht in der Ausbildung vermittelt würden. Deshalb sei der Kläger auch in Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. nunmehr Entgeltgruppe 9c und nicht in Entgeltgruppe 8 eingruppiert.
19
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
20
Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).
II.
21
Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Höhergruppierungsbegehren des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger ist es auch in der Berufungsinstanz nicht gelungen, substantiiert darzulegen, dass er die Anforderungen der von ihm zur Begründung seines Höhergruppierungsbegehrens herangezogenen Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 11 bzw. 10 des TVöD Bund-Entgeltordnung Teil V, Besondere Tätigkeitsmerkmale im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2.3 Beschäftige an Land im nautischen Bereich, erfüllt. Der Sachvortrag des Klägers in der Berufungsbegründung war jedoch - entgegen des Einwandes der Beklagten - nicht verspätet, § 67 Abs. 4 ArbGG. Die Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe (alt) bzw. Entgeltgruppe 9c (neu) ist nicht zu beanstanden.
22
1. Nach § 12 Abs. 2 TVöD ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten von ihm nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit entsprechen. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Dies gilt allgemein, soweit nicht die Entgeltgruppe selbst einen geringeren zeitlichen Anteil vorsieht.
23
a) Hiernach ist Bezugsobjekt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang.
24
aa) Unter einem Arbeitsvorgang ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (BAG, Urteil v. 10.12.2014, 4 AZR 773/12 m.w.H., in juris recherchiert). Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist somit das Arbeitsergebnis maßgebend. Jeder danach bestimmte einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespaltet werden (ständige Rechtsprechung des BAG, Urteil v. 28.02.2018, 4 AZR 816/16; v. 29.02.2019, 4 AZR 562/17, in juris recherchiert).
25
bb) Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitsgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind (BAG, Urteil v. 23.09.2009, 4 AZR 308/08, in juris recherchiert). Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte auch dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (BAG, Urteil v. 09.12.2015, 4 AZR 11/13, in juris recherchiert). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (BAG, Urteil v. 28.02.2018, 4 AZR 816/16, in juris recherchiert. cc) Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit die frühere Rechtsprechung, dass tatsächlich trennbare tariflich verschieden zu bewertende Tätigkeiten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden können, aufgegeben (BAG, Urteil v. 22.02.2017, 4 AZR 514/16; v. 28.02.2018, 4 AZR 816/16, in juris recherchiert). Es ist auch nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb eines Arbeitsvorganges zeitlich überwiegend anfallen. Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte (BAG, Urteil v. 28.02.2018, a.a.O.).
26
Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand der in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten.
27
b) In Anwendung dieser Grundsätze sind bei natürlicher Betrachtungsweise nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes abgrenzbare Arbeitsergebnisse in den Tätigkeitsbereichen „Bearbeitung von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten“, „Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien“ und „Beförderung gefährlicher Güter“ anzunehmen.
28
aa) Insoweit sind die Einzeltätigkeiten des Klägers und deren Zeitanteil unstreitig. Lediglich bei der Bewertung, ob es sich bei den Aufgaben „Bearbeitung von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten“ (46,04%), „Bearbeitung von Schiffsunfällen/Havarien“ (22,56%) und „Beförderung gefährlicher Güter“ (11,53%) um einen einheitlichen Arbeitsvorgang oder um drei Arbeitsvorgänge handelt und ob die Tätigkeiten von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung sind, gehen die Auffassungen der Parteien auseinander. Die weitere Untergliederung in „Fachbeiträge“ (14,77%) und „Sonstiges“ (5,10%) kann dahinstehen, da der Kläger diese Tätigkeiten selbst nicht für die beantragte Höhergruppierung heranzieht bzw. diese auch selbst nicht zu einem der drei oben genannten drei Arbeitsvorgänge zählen will.
29
bb) Diese drei Tätigkeitsbereiche können - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht als ein einheitlicher Arbeitsvorgang bewertet werden, sondern sind tatsächlich rechtlich in mehrere Arbeitsvorgänge zu trennen. Die Aufgabenstellungen des Klägers führen in den einzelnen Tätigkeitsbereichen jeweils zu klar abgrenzbaren Arbeitsergebnissen. Eine mögliche Zusammenfassung aller Tätigkeiten eines Sachbearbeiters eines Wasserschifffahrtsamtes unter die allgemeine Aufgabe eines Wasserschifffahrtsamtes „Leichtigkeit und Sicherheit des Binnenschifffahrtsverkehrs“ führt nicht zur Bejahung eines einzigen Arbeitsvorganges. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, dass auf die allgemeine Aufgabe des Wasserschifffahrtsamtes abzustellen sei, würde dies bei jedem Sachbearbeiter dieses Amtes dazu führen, dass lediglich ein Arbeitsvorgang anzunehmen wäre, bzw. gebe es bei Angestellten in einem Verwaltungszweig durch eine Klammerwirkung der jeweilig allgemeinen Verwaltungsaufgabe grundsätzlich immer nur einen Arbeitsvorgang. Abzustellen ist aber nicht auf einen generellen Oberbegriff, der die einzelnen Aufgabenbereiche zusammenfasst, sondern auf ein abgrenzbares Arbeitsergebnis. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass gegebenenfalls im Rahmen einzelner Arbeitsvorgänge gleiche Rechtsvorschriften anzuwenden sind. Das sog. Atomisierungsverbot führt nicht zu einer Generalisierung aller einem Dienstposten übertragenen Verwaltungsaufgaben zu einem einzigen Arbeitsvorgang. Vielmehr liegt keine tarifwidrige Atomisierung der Arbeitseinheiten vor, wenn diese nach tatsächlichen Gesichtspunkten voneinander sachgerecht abgegrenzt werden. Sind die Arbeitsergebnisse nicht dieselben, dann liegen unterschiedliche Arbeitsvorgänge vor.
30
(1) Der Arbeitsbereich „strom- und schifffahrtspolizeiliche Angelegenheiten“ stellt somit einen selbständigen Arbeitsvorgang gemessen am Arbeitsergebnis dar. Dieser Arbeitsvorgang umfasst die gesamte Bearbeitung bis zur Erstentscheidung nebst anschließender Durchführungskontrolle. Mit Erlass der entsprechenden gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmaßnahmen einschließlich gegebenenfalls etwaiger Bußgeldverfahren und der Einleitung von eventuell notwendigen Zwangsmaßnahmen im Falle der Nichtbefolgung ist der Verwaltungsvorgang abgeschlossen. Das angestrebte Arbeitsergebnis, nämlich die Umsetzung der Vorgaben des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes (BinSchAufgG), der Binnenschifffahrtsstraßenordnung (BinSchStrO) und des Wasserstraßengesetzes (WaStrG) ist dann erreicht.
31
(2) Die dem Kläger übertragene Bearbeitung von Schiffsunfällen und Havarien stellt einen eigenen zweiten Arbeitsvorgang dar. Hier geht es um die Aufarbeitung einer Havarie mit der Prüfung der Ursachen, Wirkungen und der Verschuldensfrage. Das Arbeitsergebnis ist die Abwicklung eines Schiffsunfalles bzw. einer Havarie.
32
(3) Einen dritten Arbeitsvorgang bildet der Bereich Gefahrguttransporte. Diese Tätigkeit umfasst insbesondere die Genehmigung des Transportes bestimmter Güter, die als Gefahrgut deklariert sind. Auch wenn im Rahmen des Arbeitsvorganges „Schiffsunfälle/Havarien“, bei dem ein mit Gefahrgut beladenes Schiff beteiligt ist, die Gesetzesvorgaben im Gefahrgutrecht zu beachten sind, führt dies nicht dazu, generell die beiden Tätigkeitsbereiche als einen einzigen Arbeitsvorgang ansehen zu müssen. Das Ergebnis der Tätigkeit ist klar zu trennen, auf der einen Seite die Abwicklung eines bereits konkret eingetretenen Schadensfalles und auf der anderen Seite die Beurteilung einer möglichen abstrakten Gefährdungslage und Durchführung der erforderlichen präventiven Sicherungsvorkehrungen.
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2. Der Kläger erfüllt in diesen drei Arbeitsvorgängen die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. der dieser entsprechenden, mit Wirkung vom 01.03.2018 neu eingeführten Entgeltgruppe 9c. Er konnte jedoch nicht die Erfüllung der Heraushebungsmerkmale der Entgeltgruppe 10 und 11 begründen.
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a) Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Entgeltgruppe vorliegen. Rechtliche Relevanz dabei kommt dem Inhalt einer von der zuständigen Stelle verfassten Stellenbeschreibung insoweit zu, als es die tatsächliche Feststellung betrifft, welche Einzelaufgaben mit welchen zeitlichen Anteilen dem betreffenden Arbeitnehmer übertragen sind. Hiervon zu unterscheiden ist die rechtliche Bewertung, inwiefern die übertragene Tätigkeit den tariflichen Anforderungsmerkmalen einer bestimmten Entgeltgruppe entspricht. Der diesbezügliche Subsumtionsvorgang ist der Rechtsanwendung zuzuordnen, welche vom Gericht selbst ohne Bindung an die Rechtsansichten der Parteien vorzunehmen ist (LAG Hamm, Urteil v. 31.05.2012, 8 Sa 1908/11, in juris recherchiert).
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Dabei genügt es aber, pauschal summarisch zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsvergütungsgruppe erfüllt, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers unstreitig ist und auch der Arbeitgeber die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (BAG, Urteil v. 09.12.2015, 4 AZR 11/13, in juris recherchiert). In der Tätigkeitsbeschreibung attestiert die Beklagte dem Kläger in den entscheidenden drei Arbeitsvorgängen die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. Entgeltgruppe 9c. Dem Subsumtionsergebnis der Beklagten ist nach Ansicht des LAG zu folgen.
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b) Dem Kläger ist es dagegen nicht gelungen, substantiiert darzulegen, dass seine Tätigkeiten die heraushebenden Merkmale der Entgeltgruppen 10 und 11 der „besonderen Schwierigkeit“ und „Bedeutung“ erfüllen.
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aa) Es obliegt dem Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, zu den Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle Beweis zu führen, aus denen sich die Erfüllung der tariflichen Anforderungen der geforderten Vergütung ergibt (BAG, Urteil v. 11.02.2004, 4 AZR 484/02, in juris recherchiert). Zu dem schlüssigen Vortrag genügt jedoch eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeiten nicht, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeiten sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sich die Tätigkeit gegenüber der Tätigkeit eines Arbeitnehmers, hier der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c, entsprechend der tariflichen Qualifizierungsmerkmale tatsächlich heraushebt. Der Tatsachenvortrag muss erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus den in der Ausgangsfallgruppe erfassten Tätigkeiten heraushebt und einen wertenden Vergleich mit diesen nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten erlauben (BAG, Urteil v. 21.03.2012, 4 AZR 292/10, in juris recherchiert).
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bb) Die Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c setzt bereits eine Tätigkeit eines nautischen Beschäftigten mit nautischem Befähigungszeugnis voraus, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert und die besonders verantwortungsvoll ist.
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Unstreitig ist der Kläger ein nautischer Beschäftigter mit nautischem Befähigungszeugnis. Die Tätigkeit eines nautischen Beschäftigten mit nautischem Befähigungszeugnis mit entsprechender Tätigkeit in einer Revierzentrale ist in Entgeltgruppe 8 eingruppiert.
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(1) Gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten bereits gegenüber gründlichen, vielseitigen Fachkenntnisse eine Steigerung der Tiefe und Breite. Umfassende Kenntnisse sind anzunehmen, wenn ein breites, dem quantitativen Umfang der Kenntnisse nach bedeutsames Wissen auf den für den Aufgabenkreis des Beschäftigten in Betracht kommenden Gebieten der Verwaltung gefordert wird. Erforderlich ist ein Fachwissen, das sich nicht auf Tatbestände und deren Zusammenhänge beschränkt, sondern als Grundlage für analysierende, zur Entscheidung auch von Zweifelsfällen notwendiger Denkvorgänge dient. Das ist z.B. dann der Fall, wenn über die näheren Kenntnisse der erforderlichen Bestimmungen hinaus rechtliche Zusammenhänge erkannt oder wichtige gerichtliche Entscheidungen nicht nur übernommen, sondern in eigener Gedankenarbeit verwertet werden müssen, wobei Fachkenntnisse nicht ausschließlich Rechtskenntnisse sein müssen (BAG, Urteil v. 05.07.2017, 4 AZR 866/15, in juris recherchiert). Zu den Fachkenntnissen sind bereits alle diejenigen Kenntnisse zu rechnen, die unerlässlich sind, um die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können. Dazu kann auch das Erfahrungswissen gehören, das der Angestellte für die ihm übertragene Tätigkeit benötigt (LAG Hamm, Urteil v. 14.11.2001, 18 Sa 581/01).
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(2) Selbständige Leistungen verlangen eine Gedankenarbeit, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges und des zu findenden Ergebnisses eine eigene Beurteilung mit eigener Entscheidung enthält. Es muss sich um das selbständige Erarbeiten eines eigenen Ergebnisses handeln, wobei eine eigene geistige Initiative zu fordern ist. Eine gewisse Freiheit von Weisungen und Anleitungen wird vorausgesetzt. Ein gewisser, wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung der Arbeitsergebnisse ist kennzeichnend (BAG, Urteil v. 14.08.1985, 4 AZR 21/81, in juris recherchiert).
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(3) Eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit im Sinne der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. Entgeltgruppe 9c kann sich aus der Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen, ideellen und materiellen Belangen des Dienstherrn, Gründe im Behördenapparat sowie aus den Auswirkungen der Tätigkeit auf die Lebensverhältnisse Dritter ergeben (BAG, Urteil v. 18.06.1997, 4 AZR 728/95, in juris recherchiert). Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist unter „Verantwortung“ im Sinne des zur Beurteilung stehenden Tarifmerkmals zunächst die Verpflichtung der Tarifbeschäftigten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihnen übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht bearbeitet werden. Die besonders verantwortungsvolle Tätigkeit setzt somit bereits eine gewichtige beträchtliche Heraushebung im Vergleich zu einer verantwortungsvollen Tätigkeit voraus.
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cc) Ein Herausheben der Tätigkeit aus der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe, 9c durch eine „besondere Schwierigkeit“ und „Bedeutung“ bezieht sich auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. Es wird in Entgeltgruppe 10 und 11 somit ein Wissen verlangt, das die Anforderungen in Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c in gewichtiger Weise, d.h. beträchtlich übersteigt.
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(1) Die erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation. Eine „besondere Schwierigkeit“ kann z.B. bejaht werden, wenn die Tätigkeit den gründlichen und umfassenden Fachkenntnissen weitere Spezialkenntnisse voraussetzen, d.h. Kenntnisse, die die normalen, durch die berufliche Ausbildung und Erfahrung erworbenen Kenntnisse weit übersteigen. Die Einarbeitung in die berufliche Tätigkeit ist ebenso wenig eine Spezialausbildung wie die Aktualisierung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. die berufliche Weiterbildung im Hinblick auf Veränderungen z.B. der Gesetzesgrundlagen bzw. Weiterentwicklung der Anforderungen an die Sachbearbeitung.
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Zu beachten ist dabei, dass die Tarifvertragsparteien die Anforderungen der besonderen Schwierigkeit gegenständlich nicht beschränkt haben. Sie fordern, dass die Tätigkeit des Angestellten selbst die entsprechende Qualifikation verlangt. Demgegenüber muss sich die Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit ergeben. Sie ist nicht etwa deswegen besonders schwierig im Tarifsinn anzusehen, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet wird (BAG, Urteil v. 05.03.1997, 4 AZR 511/95, in juris recherchiert).
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(2) Nach der Rechtsprechung des BAG ist für die Bedeutung einer Tätigkeit im Sinne der Entgeltgruppen 10 und 11 eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung nötig, die sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen muss und sich aus der Bedeutung oder der Größe des Aufgabengebietes sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben muss (BAG, Urteil v. 20.09.1995, 4 AZR 413/94, v. 05.03.1997, 4 AZR 511/95, in juris recherchiert).
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dd) Dem Vortrag des Klägers lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die von ihm maßgeblich auszuübenden Arbeitsvorgänge sich jeweils zur Hälfte bzw. wenigstens zu 1/3 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c herausheben. Die Tarifmerkmale „besondere Schwierigkeit“ und „Bedeutung“ müssen kumulativ vorliegen. Eine Tätigkeit, die zwar eine Bedeutung im Sinne der Tarifvorschrift aufweist, aber deren Ausübung nicht besonders schwierig einzustufen ist, ist nicht den Entgeltgruppen 10 oder 11 zuzuordnen.
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Jeder Arbeitsvorgang ist für sich zu beurteilen.
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(1) Innerhalb des Aufgabengebietes „strom- und schifffahrtspolizeilicher Aufgabenbereich“ im Rahmen des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erteilt der Kläger Genehmigungen, überwacht die Verkehrs- und Verhaltensregelungen, den Fährverkehr und berät die Nutzer der Wasserstraßen umfangreich. Er bearbeitet Anträge Dritter mit Fachbeiträgen zu Baumaßnahmen wie Brückensanierung, Ausbaumaßnahmen der Wasserstraße, entscheidet über Schifffahrtssperren bei Maßnahmen Dritter gegebenenfalls unter Erteilung von Auflagen und Bedingungen, koordiniert den Eisbrechereinsatz, ordnet gegebenenfalls Schleusensperren an. Er ist für die Ordnung des Binnenschifffahrtsverkehrs zuständig auch aus Umwelt- und Gewässerschutzgesichtspunkten. Im Rahmen schifffahrtspolizeilichem Vollzug entscheidet er über die Erteilung und Aufhebung von Fahrverboten und Aufhebung und Festlegen von Engstellen.
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Bezüglich der Bearbeitung von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten begründet der Kläger die besondere Schwierigkeit maßgeblich mit der Breite der erforderlichen Rechtskenntnisse und dass es im Bereich des Schifffahrtsrechts kaum bzw. keine Kommentierungen gebe, er die Entscheidungen selbst erarbeiten müsse, eine Vielzahl von geltenden Rechtsvorschriften auslegen müsse. Welche konkreten Rechtsvorschriften bei den jeweiligen einzelnen Arbeitsschritten zu beachten sind, ist jedoch nicht geklärt. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen für die hierbei anfallenden Arbeiten zu berücksichtigen habe, reicht dies nicht aus. Nach der bloßen Aufzählung ist nicht erkennbar, welche Gesetze und Verordnungen in welchem Umfang zur Durchführung welcher konkreten Aufgaben angewendet werden sollen. Hieraus sind Rückschlüsse auf eine „besondere Schwierigkeit“ im tariflichen Sinne nicht zu ziehen. Eine Auslegung von Rechtsvorschriften setzt voraus, dass diese unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten bzw. einen nicht eindeutigen, klar verständlichen Wortlaut besitzen. Inwiefern dies bei den vom Kläger anzuwendenden Vorschriften der Fall sein soll, ist nicht ersichtlich. Das Fehlen von Kommentierungen kann auch dafür sprechen, dass es aufgrund des verständlichen Wortlautes keiner Auslegung bedarf und es keine Schwierigkeiten bei der Anwendung der Vorschriften gibt. Der Kläger nimmt klar umgrenzte Befugnisse innerhalb der Binnenschifffahrtsstraßenordnung wahr. Auch eine Ermessensausübung begründet nicht eine besondere Schwierigkeit der Aufgaben. Ermessensentscheidungen sind in jedem Bereich der Verwaltung üblicherweise zu treffen. Im Bereich der Delegationsverfügung ist geregelt, welche Arten von Zulassungen und Erlaubnissen im Verantwortungsbereich des Klägers liegen.
51
Warum dieser Arbeitsvorgang von Bedeutung im Sinn der Tarifvorschrift sein soll, ist aus dem Sachvortrag des Klägers ebenfalls nicht erkennbar.
52
(2) Im Fall einer Havarie bzw. eines Schiffsunfalls im Zuständigkeitsbereich des Wasser- und Schifffahrtsamtes S…, das sich auf 202 km der Bundeswasserstraße Main erstreckt, vertritt der Kläger die Behörde am Ereignisort und veranlasst entsprechende Maßnahmen zur Sicherung und Wiederherstellung des Schiffverkehrs, leitet entsprechende Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren ein und prüft die sich möglicherweise ergebenden Ansprüche des Bundes gegen Unfallbeteiligte. Er entscheidet, ob er hoheitlich oder fiskalisch tätig wird. Hierbei hat der Kläger die Vorschriften des Binnenschifffahrtsgesetzes, der Binnenschifffahrtsstraßenordnung, der Binnenschifffahrtsunfallordnung, des Ordnungswidrigkeitengesetzes, des Strafgesetzbuches und des BGB anzuwenden. Im Bereich einer Havarie muss der Kläger zügig eine Entscheidung treffen, wie die Störung beseitigt und die Strecke wieder freigegeben werden kann. Im Rahmen der Havarieabwicklung und Havariebearbeitung erteilt er Genehmigungen zur Weiterfahrt von havarierten Fahrzeugen. Gegebenenfalls sind weitere Schiffe an der Weiterfahrt gehindert. Dies führt gegebenenfalls zu immensen finanziellen Verlusten der Betreiber.
53
Die besondere Schwierigkeit in diesem Rahmen sieht der Kläger darin, dass das insoweit anzuwendende Havariebuch von unkommentierten Regelungen durchzogen sei und die Vorschriften, die das Umweltrecht betreffen, eine persönliche Haftung des Klägers bei Fehlern in der Vorgehensweise vorsehen.
54
Eine persönliche Haftung hat zwar folgenschwere Auswirkungen, macht die Tätigkeit selbst aber nicht bereits per se besonders schwierig. Das Havariehandbuch dient als Hilfe für die Beschäftigten, die vor Ort Maßnahmen einzuleiten haben. Insoweit ist dem Kläger ein konkreter Leitfaden vorgegeben, welche Sofortmaßnahmen bei Maßnahmen an den Havaristen, auch beim Sonderfall Transport gefährlicher Güter, zu veranlassen sind.
55
Selbst wenn man den strittigen Sachvortrag des Klägers als wahr unterstellt, dass allgemein bei Beschäftigten der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c die Bearbeitung von Havarien und die entsprechenden hoheitlichen Anordnungen oder Erteilungen von Ausnahmegenehmigungen im Bereich der Beförderung von gefährlichen Gütern nicht anfallen und der Kläger aufgrund der Übertragung dieser Aufgaben von anderen Aufgaben befreit sei, die ansonsten Schifffahrtssachbearbeiter in der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe ausführen, ist hieraus insbesondere eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit nicht zu entnehmen. Insoweit sind die Tätigkeiten, von denen der Kläger befreit sein soll, insbesondere Erstellung von Auswertungen von Statistiken, Überprüfen von Schiffsbüchern, reines Erfassen von Havarien, Auswertung von Tätigkeitsberichten der Wasserschutzpolizei und Streckenkontrollfahrten bereits nicht als Tätigkeiten einzustufen, die die tariflichen Merkmale der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c erfüllen. Mögen Schifffahrtssachbearbeiter, die auch diese Tätigkeiten ausführen, aber keine Havarien bearbeiten bzw. Gefahrguttransporte genehmigen, in Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c eingruppiert sein, da sie zu mindestens 50% ihrer Arbeitszeit mit der Bearbeitung von strom- und schifffahrtspolizeilichen Angelegenheiten beauftragt sind, die die Anforderungen der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c erfüllen. Dies heißt aber nicht, dass die Tätigkeiten im Bereich der Bearbeitung von Havarien und Gefahrguttransporten besonders schwierig sind. Der Kläger übersieht dabei, dass - auch wenn er zu 100% Arbeiten verrichtet, die umfassende Fachkenntnisse, selbständige Leistungen voraussetzen und besonders verantwortungsvoll sind, er dennoch in Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c richtig eingruppiert ist. Die Vielzahl und Vielseitigkeit dieser Tätigkeiten macht auch in einer Gesamtschau diese aber nicht zu besonders schwierigen Tätigkeiten. Die Tätigkeit eines Nautikers wird bereits in der Entgeltgruppe 9b vorausgesetzt, d.h. die Tarifvertragsparteien sehen nicht bereits diese Tätigkeit eines Nautikers per se als besonders schwierig und von Bedeutung an.
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Nachdem eine besondere Schwierigkeit nicht dargelegt werden konnte, kann dahinstehen, ob diese Tätigkeiten von Bedeutung sind.
57
(3) Im Bereich Beförderung gefährlicher Güter erteilt der Kläger Ausnahmegenehmigungen und überwacht den Umschlag mit gefährlichen Gütern.
58
Die Notwendigkeit besonderer Spezialkenntnisse, d.h. Kenntnisse, die nicht im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsausbildung und dem nautischen Befähigungszeugnis, sondern im Rahmen adäquater anderweitiger Ausbildungen erworben wurden, behauptet der Kläger selbst nur bezüglich des Arbeitsvorganges „Transport von Gefahrgut“. Im Rahmen der Überprüfung von Transportgenehmigungen sind neben den allgemeinen Verwaltungsvorschriften und den Vorschriften im nautischen Bereich weitere Vorschriften, nämlich aus dem ADN-Handbuch, dem Gefahrgutrecht-Handbuch für die Binnenschifffahrt, der Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern (GGVSEB) und der Gefahrgutverordnung anzuwenden, die über die Inhalte der Berufsausbildung und der beruflichen Erfahrung hinausgehen mögen. Aus der Anwendung dieser zusätzlichen Rechtsvorschriften ergibt sich die Vielseitigkeit der Fachkenntnisse, auch eine Tiefe der Kenntnisse, nicht jedoch ist damit die tariflich geforderte Steigerung der besonderen Schwierigkeit belegt worden. Insoweit hat der Kläger auch lediglich an einer dreitägigen Fortbildung teilgenommen. Von besonderen Spezialkenntnissen kann somit nicht die Rede sein.
59
Die Tätigkeit als „Gefahrgutbeauftragter“ tangiert den Bereich „Beförderung gefährlicher Güter“ durch Dritte jedoch nicht. Der Gefahrgutbeauftragte hat vielmehr unter der Verantwortung des Unternehmens, das ihn bestellt hat, die Aufgabe, im Rahmen der betroffenen Tätigkeit des Unternehmens nach Mitteln und Wegen zu suchen und Maßnahmen zu veranlassen, die die Einhaltung der Vorschriften zur Beförderung gefährlicher Güter für den jeweiligen Verkehrsträger erleichtern. Insoweit ist der Kläger als Gefahrgutbeauftragter seines Arbeitgebers, d.h. des Wasserschifffahrtsamtes, und damit ohne Außenwirkung bestellt. Diese Tätigkeit gehört nicht zum Arbeitsvorgang „Genehmigung von Gefahrguttransporten“, sondern zu „Sonstiges“.
60
Der Kläger hat somit nicht dargelegt, dass er zumindest zu 1/3 Tätigkeiten ausübt, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b 1. Fallgruppe bzw. 9c herausheben.
III.
61
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 91, 97 ZPO.
IV.
62
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Abs. 1 und 2 ArbGG.