Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 12.02.2019 – AN 1 K 18.01267
Titel:

Beitrag für die Verbesserung einer Abwasserbeseitigungseinrichtung

Normenketten:
KAG Art. 5 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 1
Leitsatz:
Für die Beitragspflicht von bebaubaren Grundstücken kommt es nicht entscheidend darauf an, ob auf dem Grundstück ein Wohngebäude genehmigungsfähig wäre. Auch die Bebaubarkeit nur mit landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden oder gewerblichen Gebäuden erfüllt den Beitragstatbestand. (Rn. 109) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorauszahlung auf einen Verbesserungsbeitrag, unbebautes Grundstück im Innenbereich, Bebaubarkeit, Beitragspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2019, 3252

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger sind in Gütergemeinschaft zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … im Hoheitsgebiet der Beklagten. Herr … … ist ebenfalls zu Hälfte Miteigentümer des genannten Grundstücks.
2
Das Grundstück befindet sich im Ortsteil … der Beklagten, ist unbebaut und hat eine Größe von insgesamt 440 m².
3
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15. Dezember 2017 setzte die Verwaltungsgemeinschaft … als Behörde der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 1) für das genannte Grundstück zur Deckung des Aufwands für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung einen Verbesserungsbeitrag in Höhe von voraussichtlich 2.236,30 EUR fest. Zugrunde gelegt wurden eine Grundstücksfläche von 440 m² und eine Geschossfläche von 110 m², ein Grundstücksflächenbeitrag von 2,62 EUR/m² sowie als Geschossflächenbeitrag 9,85 EUR/m².
4
Der festgesetzte Beitrag wurde in vier Ratenzahlungen eingefordert.
5
Der Kläger zu 1) legte gegen den genannten Bescheid mit Schreiben vom 27. Dezember 2017, eingegangen bei der Verwaltungsgemeinschaft … am 2. Januar 2018, Widerspruch ein.
6
Bei dem Grundstück handle es sich um eine reine Wegefläche, die für die Benutzung der Gemeinschaftsmaschinenhalle … und für die rückwärtige Zufahrt zum Hofgrundstück … unbedingt erforderlich sei. Dieses Grundstück sei im Rahmen der Flurbereinigung extra gebildet worden, um den Zugang zum rückwärtigen Teil der Gemeinschaftshalle … sowie des Hofgrundstückes … sicherzustellen.
7
Aus diesem Grund seien für dieses Grundstück auch die beiden Eigentümer der Halle gleichberechtigt eingetragen worden. Eine Bebauung sei unmöglich, da sonst die Rechte der einzelnen Eigentümer verletzt würden. Deshalb handle es sich um ein unbebaubares Grundstück im Sinne des § 2 BGS/EWS.
8
Dies hätten übrigens der damalige Gemeinderat und der zuständige Beamte der Verwaltungsgemeinschaft auch so gesehen, als im Jahr 2003 Beiträge für den Kanalbau und den Anschluss an die Kläranlage … erhoben worden seien. Damals sei das Grundstück FlNr. … als unbebaubare Wegefläche eingestuft worden. Zudem wäre eine Bebauung auf Grund der unmittelbaren Nähe zum offenen Güllebehälter und zum Schweinestall sowieso nicht genehmigungsfähig.
9
Der Gemeinderat der Beklagten beschloss in seiner Sitzung am 23. Januar 2018, dem Widerspruch nicht abzuhelfen und diesen dem Landratsamt … zur Entscheidung vorzulegen.
10
Auf Anfrage der Kommunalabteilung teilte das Bauamt des Landratsamtes … mit Schreiben vom 5. Januar 2018 mit, das Flurstück … der Gemarkung … liege bauplanungsrechtlich gesehen im nicht überplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB und sei damit grundsätzlich bebaubar. Die Wegefläche könnte theoretisch durch die Grundstückseigentümer überbaut werden.
11
Unter dem 9. April 2018 setzte das Landratsamt … dem Kläger zu 1) darüber in Kenntnis, dass sein Widerspruch keinen Erfolg haben werde, und gab diesem Gelegenheit, bis zum 7. Mai 2018 den Widerspruch zurückzunehmen.
12
Die Bevollmächtigten der Kläger erwiderten mit Schreiben vom 17. Mai 2018, bei dem veranlagten Grundstück handle es sich nicht um ein bebaubares Grundstück im Innenbereich gemäß § 34 BauGB. Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit werde ein Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB im Einzelfall erst ab zehn Wohngebäuden angenommen (vgl. VG München, U.v. 31.10.2013, Az: 11 K 12.6411; sieben Wohngebäuden fehle das hinreichende städtebauliche Gewicht: OVG HB, U.v. 5.6.1984 - 1 BA 114/93). Ein Ortsteil sei jeder Bebauungskomplex einer Gemeinde, der nach Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Das „gewisse Gewicht“ sei nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der jeweiligen Gemeinde zu beurteilen. Nicht dazu zählten Gebäude wie Scheunen oder Gewächshäuser, die lediglich eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion hätten und deshalb für sich genommen nicht zu einer organischen Siedlungsstruktur beitragen könnten (BVerwG, U.v. 17.11.1972 - 4 C 13.71).
13
Hier liege das Grundstück FlNr. … jedenfalls nicht auf den „ersten Blick“ im Innenbereich gemäß § 34 BauGB, sondern es handle sich bei näherer Betrachtung um eine Splittersiedlung im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Dies ergebe sich daraus, dass zuletzt 1987 lediglich acht Wohnhäuser in … erfasst worden seien (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung: Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand vom 25.5.1987, Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayern, München 1991, S. 324).
14
Ein Blick auf die heutigen Gegebenheiten vor Ort per Satellitenkarte lasse auch nichts anderes vermuten. Es sei auch jetzt nicht mehr von Wohnhäusern bzw. einer ausreichenden Siedlungsstruktur von gewissem Gewicht auszugehen. Im Gegenteil handle es sich bei einigen Gebäuden lediglich um Lagerhallen bzw. Scheunen. Es handle sich somit um eine Splittersiedlung.
15
Außerdem befinde sich unmittelbar neben dem Grundstück ein Schweinestall. Bei einem solchen Schweinestall handle es sich um ein privilegiertes Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, welches auf Grund seiner besonderen Anforderungen an die Umwelt grundsätzlich nur im Außenbereich zu finden sei.
16
Ein im Außenbereich gelegenes, unbebautes Grundstück sei grundsätzlich nicht bebaubar und damit nicht beitragspflichtig (BayVGH, U.v. 11.5.1998 - 23 B 96.4009). Erst mit der Benutzbarkeit einer genehmigten Bebauung auf einem Außenbereichsgrundstück entstehe die Beitragspflicht (BayVGH, U.v. 13.8.1998 - 23 B 97.1134, GK 67/1999). Voraussetzung sei aber, dass mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks ein Entwässerungsbedarf verbunden sei (vgl. BayVGH, U.v. 12.11.1997 - 23 B 94, 291 und v. 28.6.1998 - 23 B 96.4113, GK 78/1999). Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor, da das Grundstück nur als Zufahrtsweg für die Lagerhalle benutzt werde.
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Zudem sei eine theoretische Bebauung des Grundstücks nicht denkbar, denn die Grundstücksfläche eigne sich kaum dazu, ein Wohngebäude oder auch nur ein landwirtschaftliches Gebäude zu errichten. Das Grundstück sei von der Form her „länglich“ und explizit als Zufahrtsweg angelegt worden. Ein Wohngebäude, selbst eine Scheune oder Lagerhalle würden von der Größe und Form nicht auf das Grundstück passen. Dies gelte insbesondere auch im Hinblick auf die einzuhaltenden Abstandsflächen gemäß Art. 6 BayBO, die keinesfalls eingehalten werden könnten. Auch die angrenzende Kläranlage spreche gegen eine mögliche Wohnbebauung wegen der schädlichen Immissionen, die von der Anlage ausgingen.
18
Das Landratsamt … wies den Widerspruch mit Bescheid vom 6. Juni 2018 zurück.
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Der Vorauszahlungsbescheid vom 15. Dezember 2017 sei rechtmäßig und verletze den Kläger zu 1) nicht in seinen Rechten.
20
Die in § 1 der Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung (VES-EWS) der Beklagten vom 21. November 2017 bezeichneten Maßnahmen stellten rechtlich zulässige, beitragsfähige Verbesserungsmaßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 KAG dar (wird im Widerspruchsbescheid näher ausgeführt).
21
Gemäß § 2 Abs. 1 VES-EWS werde für bebaute oder bebaubare Grundstücke ein Verbesserungsbeitrag erhoben, für die nach § 4 EWS ein Recht zum Anschluss bestehe oder die tatsächlich an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen seien (§ 2 Abs. 2 VES-EWS).
22
Das Grundstück mit der FlNr. … der Gemarkung … sei ein unbebautes Grundstück, welches gemäß Kanalbestandsplan von der öffentlichen Entwässerungseinrichtung im Mischsystem erschlossen sei und somit ein Anschlussrecht gemäß § 4 EWS habe.
23
Gemäß der Stellungnahme des Bauamtes des Landratsamtes … vom 5. Januar 2018 liege das streitgegenständliche Grundstück im nicht überplanten Innenbereich nach § 34 BauGB und sei für sich bebaubar. Eine (theoretische) Über- bzw. Bebauung sei somit grundsätzlich möglich.
24
Das Grundstück FlNr. … der Gemarkung … liege innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Die Bebauung des Ortsteils … erwecke trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit, habe nach der Zahl der vorhandenen Gebäude ein gewisses Gewicht und den Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968, Az. IV C 2/66). Für die Beitragserhebung seien die bauplanungsrechtliche Beurteilung und nicht bauordnungsrechtliche Voraussetzungen ausschlaggebend. Dass die Fläche als Wegefläche genutzt werde, sei für die Beitragserhebung irrelevant, dies stelle eine derzeitige, subjektive Nutzung dar. Auch eine Bebaubarkeit nur mit landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden oder gewerblichen Gebäuden - also nicht mit Wohngebäuden - erfülle den Beitragstatbestand (Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Art. 5, Abschnitt A, Frage 7 Nr. 8.1). Das streitgegenständliche Grundstück unterliege also einer grundsätzlichen Beitragspflicht.
25
Die auf den Verbesserungsbeitrag zu leistende Vorauszahlung werde dabei auf Grund des Beitragsmaßstabes nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 VES-EWS).
26
Die Festsetzung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche sei rechtmäßig mit der tatsächlichen Grundstücksfläche von 440 m² erfolgt. Bei der Festsetzung des Grundstücksbegriffes werde in der Regel im gesamten Kommunalabgabenrecht vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff, also vom Buchgrundstück ausgegangen. Dies entspreche grundsätzlich dem Grundstück im vermessungstechnischen Sinne, also der Flurnummer (BayVGH, B.v. 27.6.2000 - 23 ZB 00.1626). Eine Ausnahme hiervon, die eine Zugrundelegung des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs anstelle des grundbuchrechtlichen verlange, sei nicht gegeben. Insbesondere scheide die Bildung einer wirtschaftlichen Einheit mit einem der angrenzenden Grundstücke aus, da bereits keine vollständig übereinstimmende Eigentümeridentität vorliege.
27
Die Festsetzung der fiktiven Geschossfläche von 110 m² sei ebenfalls rechtmäßig. Da das streitgegenständliche Grundstück unbebaut sei, werde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 VES-EWS ein Viertel der Grundstücksfläche als beitragspflichtige Geschossfläche in Ansatz gebracht.
28
Als Eigentümer eines durch die Entsorgungsanlage erschlossenen unbebauten, jedoch bebaubaren Grundstücks ziehe der Kläger zu 1) (ebenso wie der Eigentümer eines bereits bebauten Grundstücks) den vollen Vorteil aus der öffentlichen Einrichtung. Im Beitragsrecht werde es als sachgerecht gesehen und entspreche dem Gesetz, bereits mit der Anschlussmöglichkeit die volle Beitragspflicht bei noch unbebauten (bebaubaren) Grundstücken entstehen zu lassen. Beim Maßstab der „vorhandenen Geschossfläche“ werde zur Vorteilsabgeltung beim unbebauten Grundstück mittels einer Fiktion für die voraussichtliche Bebauung ein geeigneter Maßstab gefunden (Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Art. 5, Abschnitt A, Frage 13 Nr. 1). Die Beklagte nehme hier generell ein Viertel der Grundstücksfläche an. Dieser Ansatz sei nach ständiger Rechtsprechung nicht zu beanstanden (BayVGH, B. v. 1.12.2005, Az. 23 ZB 05.2083).
29
Die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten hätten sich gegenüber dem erstmaligen Anschluss des Ortsteils … an die öffentliche Entwässerungseinrichtung im Jahr 2003 nicht geändert. Dementsprechend sei auch zu diesem Zeitpunkt ein Herstellungsbeitrag entstanden, da für das Flurstück Nr. … ein Anschlussrecht an die öffentliche Entwässerungseinrichtung vorgelegen habe. Der damals entstandene Herstellungsbeitrag sei von der Beklagten zu Unrecht nicht erhoben worden. Da die Beitragsschuld im Allgemeinen nur vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem sie entstanden ist, festgesetzt werden könne (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO), unterliege sie im vorliegenden Fall offensichtlich der Verjährung und könne nicht mehr festgesetzt werden.
30
Als Grundstückseigentümer des Flurstücks Nr. … der Gemarkung … sei der Kläger zu 1) der richtige Adressat des Vorauszahlungsbescheides. Da sich das Grundstück sowohl im Eigentum von Herrn … … als auch im Eigentum von Frau … … und Herrn … … befinde, greife hier die so genannte gesamtschuldnerische Haftung gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG i.V.m. § 4 VES-EWS. Die Haftung als Gesamtschuldner bedeute, dass die Beklagte die Leistung zwar nur einmal verlangen könne, dass aber jeder der einzelnen Gesamtschuldner für die gesamte Verbindlichkeit (also nicht nur für den auf ihn treffenden Anteil) hafte. Welcher von mehreren Miteigentümern als Schuldner zur Zahlung des (gesamten) Betrages herangezogen werde, habe die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Das Ermessen sei hierbei sehr weit. Erlaubt sei insbesondere eine Auswahl aus finanziellen oder aus verwaltungspraktischen Gründen. Innerhalb der ihrem Ermessen lediglich durch Willkürverbot und offenbare Unbilligkeit gezogenen Grenzen könne die Behörde den Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, dessen Wahl ihr geeignet und zweckmäßig erscheine (Nitsche/Baumann/Mühlfeld, Satzungen zur Abwasserbeseitigung, 10.02, Nr. 10). Die Verwaltungsgemeinschaft … habe hierzu mitgeteilt, dass nach erfolgter Rücksprache mit allen Grundstückseigentümern sich diese übereinstimmend dafür ausgesprochen hätten, den Kläger zu 1) als Gesamtschuldner zu wählen. Ein möglicher Ausgleich mit den anderen Miteigentümern habe auf privatrechtlicher Ebene zu erfolgen.
31
Allgemein gelte, dass vor Entstehung des satzungsgemäß vorgesehenen und mit Beendigung der Maßnahme erst entstehenden Verbesserungsbeitrags nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG und § 3 Abs. 2 VES-EWS Vorauszahlungen erhoben werden könnten. Die Vorauszahlung sei eine Leistung auf den späteren Beitrag, die ihn insoweit tilge (BVerwG v. 5.9.1975 in DVBl 1976, 748). Sie werde deshalb mit der endgültigen Beitragsschuld verrechnet (Art. 5 Abs. 5 Satz 2 KAG). Nach Abschluss und Gesamtabrechnung der Baumaßnahme würden die endgültigen Beitragssätze festgelegt und der Verbesserungsbeitrag unter Anrechnung der Vorauszahlung endgültig festgesetzt.
32
Die Kläger ließen mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 3. Juli 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt …, Klage erheben und beantragen,
1.
Die Bescheide der Verwaltungsgemeinschaft … vom 15. Dezember 2017 und des Landratsamtes … vom 9. April 2018 sowie der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 6. Juni 2018 werden aufgehoben.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
33
Die Begründung aus dem Widerspruchsverfahren wurde wiederholt und vertieft. Entgegen der Angabe im Widerspruchsbescheid werde das Grundstück FlNr. … nicht durch ein Mischsystem, sondern durch ein Trennsystem erschlossen.
34
Das Grundstück sei zudem weder bebaubar, noch werde es gewerblich genutzt oder sei es gewerblich nutzbar.
35
Es handle sich aber auch nicht um ein Grundstück nach § 2, Variante 5 Nr. 1, 2 VES-EWS. Nach dieser Vorschrift bestehe dann eine Beitragspflicht, wenn das Grundstück zwar keine entsprechende Nutzungsmöglichkeit im oben genannten Sinne aufweise, aber auf dem Grundstück tatsächlich Abwasser anfalle und für das Grundstück ein Recht zum Anschluss an die Entwässerungseinrichtung bestehe oder dieses tatsächlich an die Entwässerungseinrichtung angeschlossen sei.
36
Ein Anschluss- und Benutzungsrecht bestehe gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 EWS nicht, wenn das Abwasser wegen seiner Art oder Menge nicht ohne weiteres von der Entwässerungseinrichtung übernommen werden könne und besser von demjenigen behandelt werde, bei dem es anfalle.
37
Hier liege ein sogenannter Schmutzwasserkanal vor, der am streitgegenständlichen Grundstück vorbeilaufe. Dabei handle es sich nach § 3 Nr. 3 EWS um einen Kanal, der ausschließlich der Aufnahme und Ableitung von Schmutzwasser diene. Nach § 3 Nr. 5 EWS dürfe Niederschlagswasser ausschließlich in einen Regenwasserkanal abgeleitet werden.
38
Tatsächlich falle auf dem Grundstück nur Niederschlagswasser an. Dieses dürfe nicht in den Schmutzwasserkanal eingeleitet werden. Das Grundstück sei somit nicht tatsächlich an die Entwässerungseinrichtung im Sinne des § 2 Variante 5 Nr. 2 VES-EWS angeschlossen. Es bestehe allerdings auch kein Anschlussrecht, denn das Niederschlagswasser dürfe auf Grund seiner (Abwasser-)Art nicht in den Schmutzwasserkanal eingeleitet werden. Somit stehe fest, dass für das Grundstück auch kein Verbesserungsbeitrag gezahlt werden müsse.
39
Mit weiterem Schriftsatz vom 5. Juli 2018 teilten die Bevollmächtigten der Kläger mit, dass versehentlich die Bezeichnung der Beklagten mit „Freistaat Bayern“ angegeben worden sei. Tatsächlich richte sich die Klage gegen die Gemeinde …, vertreten durch die Verwaltungsgemeinschaft … Als Beklagte wurde daraufhin die Gemeinde … erfasst.
40
Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2018 zeigten sich die Bevollmächtigten der Beklagten an und beantragten,
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens.
41
Die Bevollmächtigten der Beklagten trugen mit weiterem Schriftsatz vom 30. Oktober 2018 vor, die Klage sei unzulässig und unbegründet.
42
Die Kläger seien Miteigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Sie seien überdies Eigentümer der Grundstücke FlNrn. …, auf denen sich der landwirtschaftliche Betrieb der Kläger befinde. Das Grundstück FlNr. … sei mit einem Wohngebäude und einem landwirtschaftlichen Gebäude bebaut.
43
Die Beklagte betreibe eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung. Das streitgegenständliche Grundstück liege im Entsorgungsgebiet der Beklagten und im unbeplanten Innenbereich im Ortsteil … Wie dem beigefügten Luftbild deutlich zu entnehmen sei, handle es sich bei … um einen typischen Ortsteil. Es seien nicht nur vereinzelte Gebäude im Außenbereich vorhanden. Ein Bebauungszusammenhang sei vielmehr deutlich zu erkennen, da auf beiden Straßenseiten aneinander angrenzende Grundstücke bebaut seien. Insbesondere seien auch die an das klägerische Grundstück angrenzenden Flurnummern bebaut.
44
Die zuständige Baubehörde des Landratsamts … habe daher die Bebaubarkeit des Grundstücks bestätigt.
45
Das Grundstück sei zudem mit einer Wegefläche überbaut und werde von den Klägern nach eigenem Vortrag auch genutzt, um auf das Grundstück FlNr. … fahren zu können, auf dem sich der landwirtschaftliche Betrieb der Kläger befinde. Eine andere Nutzung, insbesondere eine Bebauung, sei auf Grund des Grundstückszuschnitts jederzeit möglich.
46
Eine Entwässerungsleitung der Beklagten verlaufe im Straßengrundstück FlNr. … und damit unmittelbar entlang der Grenze des klägerischen Grundstücks.
47
Soweit die Klage auch im Namen der Klägerin zu 2) erhoben wurde, sei die Klage unzulässig. Dieser fehle die Klagebefugnis. Zudem habe sie kein Rechtsschutzbedürfnis, da sie nicht zur Zahlung eines Beitrags herangezogen worden sei.
48
Die Klage sei zudem unzulässig, soweit sie sich gegen „Bescheide“ der Verwaltungsgemeinschaft … vom 15. Dezember 2017 sowie gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 9. April 2018 richte.
49
Die Verwaltungsgemeinschaft … habe am 15. Dezember 2017 eine Reihe von Verwaltungsakten erlassen, die jedoch nicht an die Kläger adressiert gewesen seien. Lediglich ein Bescheid sei an den Kläger zu 1) gerichtet worden. Nur insoweit könne eine Klagebefugnis bestehen.
50
Ein Bescheid des Landratsamtes … vom 9. April 2018 sei der Beklagten ebenfalls nicht bekannt. Soweit sich die Klage gegen ein formloses Schreiben des Landratsamtes richten sollte, sei der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Zudem wäre dann jedenfalls nicht die Beklagte passivlegitimiert.
51
Die Klage sei jedenfalls auch unbegründet. Die Klage sei gegen den Freistaat Bayern gerichtet worden. Soweit sich die Klage gegen Vorausleistungsbescheide der Beklagten richte, fehle dem Freistaat Bayern die Passivlegitimation. Soweit sich die Klage isoliert gegen den Widerspruchsbescheid wie auch gegen ein Schreiben des Landratsamtes richten sollte, sei die Beklagte nicht passivlegitimiert.
52
Soweit die Bevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz vom 5. Juli 2018 erklärt hätten, die Bezeichnung der Beklagten mit Freistaat Bayern sei ein Versehen gewesen, stelle dies eine Klageänderung dar, der nicht zugestimmt werde. Eine Rubrumsberichtigung komme insoweit nicht in Betracht, da nicht lediglich eine falsche Bezeichnung des Beklagten gewählt worden sei. Das Gericht sei an das Rechtsschutzbegehren gebunden. Dies sei zunächst aus dem Klageantrag zu entnehmen.
53
Der Klageantrag sei jedoch auch gegen den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes sowie einen „Bescheid“ des Landratsamtes gerichtet. Ein Widerspruchsbescheid sei isoliert anfechtbar. Im Wege der Auslegung müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Freistaat Bayern tatsächlich Beklagter hätte sein sollen.
54
Zudem erwiesen sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig. Die Beitragserhebung beruhe auf der rechtswirksamen Verbesserungsbeitragssatzung vom 21. November 2017.
55
Die Beitragsschuld sei auch entstanden. Das klägerische Grundstück sei unmittelbar durch eine Entwässerungsleitung der Beklagten erschlossen. Auf die Erschließung eines anderen Grundstücks, FlNr. …, komme es nicht streitentscheidend an.
56
Auch sei unerheblich, ob tatsächlich Schmutz- oder Regenwasser in die Entwässerungseinrichtung eingeleitet werde. Maßgeblich sei allein, dass eine Einleitungsmöglichkeit bestehe. Hierin liege der beitragspflichtige Vorteil.
57
Wie das Landratsamt … zutreffend feststelle, sei das Grundstück auch bebaubar. Es liege im unbeplanten Innenbereich und sei umgeben von bereits bebauten Grundstücken. Dies lasse sich der vorgelegten Flurkarte deutlich entnehmen.
58
Mit Schriftsatz vom 16. November 2018 beantragten die Bevollmächtigten der Kläger:
59
1. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2017, Gz. …, in der Form des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 des Landratsamtes …, Gz. …, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
60
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
61
Die Klägerin zu 2) sei klagebefugt. Gemäß Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2017 hafteten mehrere Miteigentümer als Gesamtschuldner gemäß Art. 5 Abs. 6 KAG. Deshalb sei ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zu 2) gegeben.
62
Bei dem Schreiben des Landratsamts … vom 9. April 2018 handle es sich um einen Verwaltungsakt gemäß Art. 13 KAG, § 118 Abgabenordnung. Es sei in diesem Schreiben eine hinreichend verbindliche Regelung getroffen worden, die sich nicht nur auf einfache Hinweise beschränkt habe. Ein formloses Schreiben könne bei einer sechsseitigen Begründung dieser Art nicht mehr angenommen werden. Dass der Bescheid keinen Tenor und auch keine Rechtsbehelfsbelehrung:enthalte, sei nicht allein ausschlaggebend. Außerdem ergebe sich daraus keine Änderung hinsichtlich der Passivlegitimation.
63
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2018 sei das Rubrum berichtigt und der richtige Beklagte mitgeteilt worden (vgl. BVerwGE 72, 167; München, BayVBl 1972, 249; 1984, 407: Wenn der Staat statt einer Gemeinde als Beklagter bezeichnet wird). Dies sei insbesondere noch vor Ablauf der Klagefrist am 9. Juli 2018 geschehen.
64
Eine Klageänderung gemäß § 91 VwGO liege nicht vor, denn im Rahmen der nach § 88 VwGO gebotenen Auslegung sei das Gericht nicht an die irrtümlich gewählte Fassung der Anträge gebunden, sondern es sei das erkennbare Klageziel auf Grund des gesamten Parteivorbringens maßgeblich (vgl. BVerwGE 60, 149; NVwZ 1993, 781). Das Klageziel sei hier nur so zu verstehen, dass der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2017 aufgehoben werden solle. Es sei hier ferner ersichtlich, dass der Widerspruchsbescheid nicht isoliert habe angefochten werden sollen.
65
Es werde nach wie vor daran festgehalten, dass der Beitragstatbestand gemäß § 2 VES-EWS nicht erfüllt sei, und dass es sich bei dem Grundstück um den Außenbereich gemäß § 35 BauGB handle. Es werde die Durchführung eines Ortstermins angeregt.
66
Weiterhin werde darauf hingewiesen, dass gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VES-EWS der Grundstücksflächenbeitrag für Grundstücke nicht erhoben werde, von denen kein Niederschlagswasser eingeleitet werden dürfe. Dies sei hier der Fall, denn gemäß § 14 EWS dürfe das Niederschlagswasser nicht in den Schmutzwasserkanal eingeleitet werden.
67
Die Bevollmächtigten der Beklagten erwiderten mit Schriftsatz vom 27. November 2018, das streitgegenständliche Grundstück sei sowohl durch einen Schmutzwasserkanal als auch durch einen Niederschlagswasserkanal erschlossen. Dies ergebe sich aus der beigefügten Anlage (Luftbild mit Kanalleitungen).
68
Die Bevollmächtigten des Klägers replizierten mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2018, es führe ein Niederschlagswasserkanal an dem Grundstück vorbei. Dieser münde direkt in den Vorfluter bzw. in den … Das Grundstück sei nicht an den Niederschlagswasserkanal angeschlossen und habe auch keinen Bedarf, da das Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickere (§ 5 Abs. 6 EWS).
69
Der Niederschlagswasserkanal stehe in keinem Zusammenhang mit der Kläranlage … und den Verbesserungsbeiträgen hierfür. Gemäß § 2 Abs. 1 VES-EWS könne ein Verbesserungsbeitrag für Grundstücke erhoben werden, für die nach § 4 EWS ein Recht zum Anschluss bestehe. Hier gehe es nur um die Verbesserung der Kläranlage. Der Niederschlagswasserkanal leite jedoch nicht in die Kläranlage ein.
70
Eine Bebauung (es würden ja 110 m² Geschossfläche berechnet) mit Gebäuden, in denen Schmutzwasser anfalle, sei nicht möglich, da der Mindestabstand zur Emissionsquelle nicht eingehalten werden könne (offener Schweinegüllebehälter 3 m, Schweinestall 30 m Abstand). Die gemeindlichen Satzungen gingen davon aus, dass auf den beitragspflichtigen Grundstücken eine Wohnbebauung möglich sei, deshalb werde auch eine fiktive Geschossfläche berechnet. Wenn - wie hier - keine Wohnbebauung möglich sei, könne auch keine Geschossfläche berechnet werden.
71
Auf gerichtliche Anfrage teilten die Bevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 1. Februar 2019 mit, die streitgegenständlichen Verbesserungsmaßnahmen seien im Herbst 2017 begonnen worden und noch nicht abgeschlossen. Die Bekanntmachung der Verbesserungsbeitragssatzung vom 21. November 2017 sei durch Mitteilungsblatt der Beklagten vom 28. November 2017 erfolgt.
72
Inwieweit der Kläger Niederschlagswasser in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einleite, sei nicht bekannt. Hierauf komme es jedoch nicht entscheidungserheblich an, da für das Grundstück jedenfalls ein Recht zum Anschluss an die öffentliche Entwässerungseinrichtung bestehe.
73
Die Bevollmächtigten der Kläger führten mit Schriftsatz vom 4. Februar 2019 aus, der landwirtschaftliche Betrieb der Kläger werde steuerlich nicht als Gewerbebetrieb veranlagt. Eine Einleitung von Niederschlagswasser von dem streitgegenständlichen Grundstück in die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Beklagten erfolge nicht.
74
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

75
Soweit sich die Klage vom 3. Juli 2018 ursprünglich auch auf das von den Bevollmächtigten der Kläger als Bescheid bezeichnete Schreiben des Landratsamtes … vom 9. April 2018 bezogen hat, wurde die Klage nicht aufrechterhalten. Die Aufhebung dieses „Bescheides“ ist in der mündlichen Verhandlung nicht mehr beantragt worden (Antrag aus dem Schriftsatz vom 16.11.2018). Insoweit ist die Klage konkludent teilweise zurückgenommen worden.
76
Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses bedurfte es nicht. Die Kostenentscheidung kann vielmehr im Urteil über den noch anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits getroffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2005 - 3 C 50.04, DVBl 2006, 118; Kopp/ Schenke, VwGO, Rn. 27 zu § 92).
77
Die Klage ist im noch anhängigen Teil nur teilweise zulässig.
78
Nicht zulässig ist die Klage der Klägerin zu 2).
79
Das veranlagte Grundstück Fl.Nr. … steht zwar zur Hälfte im Gesamthandseigentum der Kläger. Da die Gütergemeinschaft jedoch weder aktiv noch passiv parteifähig ist (Gsell/Krüger/ Lorenz/Reymann, Großkommentar zum BGB, Stand 01.11.2018, Rn. 8 zu § 1416, beck-online), damit aber auch nicht beteiligungsfähig nach Art. 11 BayVwVfG ist und deshalb nicht Adressat eines Beitragsbescheides sein kann, konnte die Beklagte auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG den Kläger zu 1) als Gesamtschuldner heranziehen (vgl. OVG NW, B.v. 25.11.2009 - 9 a 2420/09, juris zum Gesamthandseigentum). Einer gesonderten Begründung, weshalb der Kläger zu 1) als Gesamtschuldner ausgewählt worden ist, bedurfte es nicht (vgl. BayVGH, B.v. 28.8.2003 - 23 CS 03.2169).
80
Nicht herangezogenen Gesamtschuldnern steht keine Klagebefugnis zu (BVerwG, B.v. 29.1.1990 - 8 CB 100, GK 1991/270; BayVGH, B.v. 20.12.1995 - 23 CS 94.3342). Die auf Art. 5 Abs. 6 Satz 2 KAG beruhende gesamtschuldnerische Haftung gegenüber der Gemeinde und die gemäß § 426 BGB im Innenverhältnis bestehenden Ausgleichspflichten zwischen Gesamtschuldnern untereinander vermögen weder Widerspruchs- noch Klagebefugnis zu begründen (BayVGH, U.v. 26.6.1993 - 23 B 92.1142, GK 1994/19, B.v. 20.12.1995 - 23 CS 94.3352, GK 1996/195).
81
Die Klage des Klägers zu 1) ist zulässig, aber nicht begründet.
82
Den Bevollmächtigten der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 3. Juli 2018 zunächst gegen den Freistaat Bayern Klage erhoben haben. Der Freistaat Bayern ist vorliegend nicht passiv legitimiert, da Streitgegenstand ein Beitragsbescheid einer Gemeinde in der Gestalt des Widerspruchsbescheides eines Landratsamtes ist, die Klage somit gegen die Gemeinde zu richten ist (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 und § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
83
Die Bevollmächtigten der Kläger haben die fehlerhafte Bezeichnung des Beklagten jedoch zulässigerweise mit Schriftsatz vom 5. Juli 2018 berichtigt. Es war durch den Antrag in Ziffer II. der Klageschrift („Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens“) und durch die dem Klageschriftsatz beigefügten Unterlagen, unter denen sich der angefochtene Beitragsbescheid und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … befinden, objektiv erkennbar, dass sich die Klage nicht gegen den Freistaat Bayern, sondern gegen die Gemeinde … richten sollte. Die Berichtigung der offensichtlichen Falschbezeichnung wäre sogar noch nach Ablauf der Klagefrist zulässig gewesen (BayVGH v. 16.4.1984 - 6 B 82 A. 1895, BayVBl 1984, 407), sie stellt keine Klageänderung dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 16 zu § 78).
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Hieran ändert sich nichts durch die Tatsache, dass die Bevollmächtigten der Kläger zunächst auch gegen das von ihnen als Bescheid bezeichnete Schreiben des Landratsamts … vom 9. April 2018 Klage erhoben haben. Das genannte Schreiben beinhaltet ausschließlich die Anhörung des Klägers zu 1) im Rahmen des anhängigen Widerspruchsverfahrens, stellt also eine unselbstständige Verfahrenshandlung im Zusammenhang mit dem späteren Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 dar.
85
Der Bescheid vom 15. Dezember 2017, mit welchem die Verwaltungsgemeinschaft … als Behörde der Beklagten (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 VGemO) gegenüber dem Kläger zu 1) eine Vorauszahlung auf die Verbesserung der von der Beklagten betriebenen öffentlichen Entwässerungseinrichtung in Höhe von voraussichtlich 2.236,30 EUR festgesetzt und in vier Raten eingefordert hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger zu 1) nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gleiches gilt für den Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2018.
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Der Beitragsbescheid ist formell rechtmäßig.
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Zwar wird der Bescheid nicht ausdrücklich als Vorauszahlungsbescheid bezeichnet. Dies ist jedoch unschädlich, da durch die Festsetzung eines Beitrags in Höhe von voraussichtlich 2.236,30 EUR und die Einforderung in vier Raten hinreichend deutlich wird, dass keine endgültige Erhebung eines Verbesserungsbeitrags (nach Abschluss der Verbesserungsmaßnahme) erfolgen sollte.
88
Der Beitragsbescheid ist auch materiell rechtmäßig.
89
Er findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 13. Dezember 2016 (GVBl S. 351), und in den Bestimmungen der Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungsanlage der Beklagten vom 21. November 2017 (VES-EWS).
90
Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung einen besonderen Vorteil bietet.
91
Die Beklagte betreibt eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung (Entwässerungseinrichtung) für das Gebiet der Gemeinde …, ausgenommen die Ortsteile …, …, …, … und … (§ 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Beklagten - EWS - vom 18.10.2016). Das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … in … liegt im Geltungsbereich der genannten Entwässerungssatzung und ist sowohl durch einen Schmutzwasserwie auch durch einen Niederschlagswasserkanal der öffentlichen Entwässerungseinrichtung der Beklagten erschlossen.
92
Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem von den Bevollmächtigten der Beklagten vorgelegten Lageplan über den Verlauf des Schmutzwasser- und Niederschlagswasserkanals im angrenzenden Straßengrundstück. Beide Kanäle führen am Grundstück der Kläger vorbei.
93
Die Beklagte hat von der Rechtsgrundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG Gebrauch gemacht und die Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungsanlage der Gemeinde … vom 21. November 2017 (VES-EWS) erlassen, die eine Woche nach ihrer Bekanntmachung im Mitteilungsblatt der Beklagten Nr. 12 vom 28. November 2017 in Kraft getreten ist.
94
Bedenken gegen die formelle und materielle Rechtswirksamkeit der genannten Satzung wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Bei den in § 1 Abs. 1 VES-EWS bezeichneten Maßnahmen handelt es sich um Verbesserungsmaßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Insoweit wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Landratsamts … vom 6. Juni 2018 Bezug genommen.
95
Die Verbesserungsmaßnahmen hatten zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 15. Dezember 2017 bereits begonnen und waren zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 noch nicht beendet (vgl. BayVGH, U.v. 1.3.2012 - 20 B 11.1723, GK 2012/90; U.v. 20.10.1997 - 23 B 95.2971; U.v. 16.10.1995 - 23 CS 94.2838; U.v. 19.5.1995 - 23 B 94.1611).
96
Unschädlich ist, dass bisher noch keine geänderte Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung mit den Verbesserungsaufwand beinhaltenden erhöhten Beitragssätzen erlassen worden ist, da eine derartige Beitragssatzung erst zum Zeitpunkt des Entstehens des Verbesserungsbeitrags mit Benutzbarkeit der verbesserten Einrichtung nach Beendigung der Verbesserungsmaßnahme vorliegen muss (BayVGH, B.v. 10.8.2015 - 20 ZB 15.217; B.v. 26.2.2007 - 23 ZB 06.3286, GK 2008/26).
97
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … beitragspflichtig.
98
Gemäß § 2 VES-EWS wird der Beitrag für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundstücke erhoben, sowie für Grundstücke und befestigte Flächen, die keine entsprechende Nutzungsmöglichkeit aufweisen, auf denen aber tatsächlich Abwasser anfällt, wenn
1. für sie nach § 4 EWS ein Recht zum Anschluss an die Entwässerungseinrichtung besteht, oder
2. sie - auch aufgrund einer Sondervereinbarung - an die Entwässerungseinrichtung tatsächlich angeschlossen sind.
99
Das Bauamt des Landratsamtes … hat mit Schreiben vom 5. Januar 2018 zutreffend festgestellt, dass das aktuell als private Wegefläche genutzte Grundstück bauplanungsrechtlich im nicht überplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) liegt und damit grundsätzlich bebaubar ist.
100
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Der Begriff des Innenbereichs enthält somit zwei selbständige Tatbestandsmerkmale, einen Bebauungszusammenhang sowie einen Ortsteil. Ein Bebauungszusammenhang ist eine tatsächlich aufeinander folgende Bebauung, die trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 2.3.2000 - 4 B 15.00, juris m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.9.2009 - 14 ZB 09.425, juris Rn. 3 f.; B.v. 2.11.2006 - 1 ZB 05.2132, juris Rn. 8; U.v. 15.9.2005 - 23 BV 05.1129, juris Rn. 34; U.v. 12.5.2005 - 23 B 04.1761, juris Rn. 33; U.v. 24.10.2002 - 23 B 02.1144, juris Rn. 25). Dies erfordert eine wertende Betrachtung der tatsächlichen Gegebenheiten, für die sich dem Tatsachengericht häufig das Beweismittel der Ortsbesichtigung zur sachgerechten und umfassenden Tatsachenfeststellung anbieten wird (BVerwG, U.v. 14.11.1991 - 4 C 1.91, juris Rn. 22). Das zu beurteilende Grundstück muss einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs darstellen; auch unbebaute Grundstücke können aufgrund besonderer Gegebenheiten („natürlichen Grenzen“, z.B. besonderen topographischen Merkmalen) noch als dem Bebauungszusammenhang zugehörig anzusehen sein (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 18.6.1997 - 4 B 238.96, juris Rn. 4; U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87, juris Rn. 22; U.v. 10.8.1990 - 4 C 3.90, juris Rn. 27; U.v. 16.2.1988 - 4 B 19.88, juris Rn. 2; U.v. 6.12.1967 - IV C 94.66, juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 10.9.2009 - 14 ZB 09.425, juris Rn. 3). Dem gegenüber können je nach den Umständen des Einzelfalles andere Merkmale, beispielsweise Geländehindernisse oder eine Straße eine trennende bzw. unterbrechende Wirkung haben mit der Folge, dass jenseitig gelegene Grundstücke nicht mehr dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sind (stRspr, z.B. BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87, juris Rn. 22; B.v. 16.2.1988 - 4 B 19.88, juris Rn. 2; U.v. 12.10.1973 - IV C 3.72, juris Rn. 11; U.v. 6.11.1968 - IV C 2.66, juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 10.9.2009 - 14 ZB 09.425, juris Rn. 3, 5; B.v. 14.2.2001 - 15 ZB 00.2160, juris Rn. 3; jeweils m.w.N.).
101
Ein Ortsteil ist dem gegenüber jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 19.2.2014 - 4 B 40.13, juris Rn. 5; U.v. 3.12.1998 - 4 C 7.98, juris Rn. 12; B.v. 25.3.1986 - 4 B 41.86, juris; BayVGH, U.v. 15.9.2005 - 23 BV 05.1129, juris). Letzteres kann nicht pauschal beurteilt werden, sondern nur unter Heranziehen der Siedlungsstruktur im Gebiet der jeweiligen Gemeinde (vgl. BVerwG, B.v. 19.9.2000 - 4 B 49.00, juris m.w.N.; U.v. 3.12.1998 - 4 C 7.98, juris Rn. 12; B.v. 25.3.1986 - 4 B 41.86, juris, zum Ganzen: BayVGH, U.v. 26.5.2017 - 20 B 16.190, juris Rn.24; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, EL August 2018, Rn. 14 ff. zu § 34).
102
Ausgehend von der Siedlungsstruktur in der Gemeinde … ergeben sich für die Kammer keine Zweifel an der Richtigkeit der bauplanungsrechtlichen Einstufung des Grundstücks der Kläger durch das Bauamt im Landratsamt …, an welche die Kammer allerdings nicht gebunden wäre (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.1994 - 4 B 109,94, juris).
103
Die Siedlungsstruktur ist bei einer Gesamteinwohnerzahl von 1011 (Stand: 31.12.2017) geprägt durch 12 namentlich benannte Gemeindeteile:
104
Die Pfarrdörfer … und …; die Dörfer … und …; die Weiler … und … und die Einöden … und … Die vier Einöden … und … sind keine amtlich benannten Gemeindeteile.
105
Es handelt sich bei der Beklagten um eine Flächengemeinde (26,44 km²) mit lediglich 38 Einwohnern/km².
106
Hiervon ausgehend erfüllt der Weiler … die Anforderungen des § 34 Abs. 1 BauGB an einen Ortsteil. … hatte mit Stand 31. Mai 1987 33 Einwohner und acht Wohnhäuser (Quelle: Wikipedia). Derzeit sind in … nach dem in „Bayern Atlas plus“ abrufbaren Lageplan elf Hausnummern vergeben. Hinzu kommen mehrere landwirtschaftliche Gebäude. Die sich im Luftbild darstellende (Wohn-)Bebauung besitzt nach der Zahl und der räumlich zusammenhängenden Anordnung der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht und ist - unter Berücksichtigung der oben genannten Besonderheiten der Beklagten als Flächengemeinde - Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. So wurde auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Konstellationen das Vorliegen eines Ortsteils bejaht (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - 4 C 47.68; nicht ausgeschlossen bei bereits 6 Gebäuden vom BVerwG, U.v. 30.4.1969 - 4 C 38.67; Bebauungskomplex von 5 Wohnhäusern und 5 landwirtschaftlichen Nebengebäuden von VGH Mannheim, U.v. 26.3.1984 - 8 S 1895/83, BRS 42 Nr. 63; bei 12 teils Wohnzwecken, teils landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Gebäuden von VGH Mannheim, U.v. 8.7.1986 - 8 S 2815/885, BRS 46 Nr. 81 = BauR 1987, 59; bei 7 landwirtschaftlichen Anwesen und einem Wohngebäude von BayVGH., U.v. 29.7.1985 - Nr. 14 N 84 A 1390, BauR 1986, 185 = BRS 44, Nr. 54; hierzu: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., Rn. 17 zu § 34).
107
Da der Kammer durch das in der Gerichts- bzw. den Behördenakten befindliche Kartenmaterial und die bei „Bayern Atlas plus“ und „Google Maps“ abrufbaren Lagepläne und Luftbildaufnahmen eine ausreichende Bewertungsgrundlage zur Verfügung stand, war die Durchführung eines Ortstermins (Augenschein) nicht erforderlich.
108
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Grundstück auch bebaubar.
109
Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob auf dem Grundstück ein Wohngebäude genehmigungsfähig wäre. Auch die Bebaubarkeit nur mit landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden oder gewerblichen Gebäuden erfüllt den Beitragstatbestand. Solche Grundstücke sind im Innenbereich mit der Grundstücksfläche heranzuziehen. Bei der Veranlagung der Geschossflächen kommt es auf den Anschlussbedarf zur Abwasserentsorgung an (vgl. Wuttig/Thimet, Gemeindliche Satzung- und Unternehmensrecht, Teil III, Frage 4, Rn. 8.1).
110
Bei einem unbebauten Grundstück im Innenbereich erfolgt gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 VES-EWS die Veranlagung mit einer fiktiven Geschossfläche in Höhe von einem Viertel der Grundstücksfläche. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern (BayVGH, B.v. 1.12.2005 - 23 ZB 05.2083; U.v. 28.10.1999 - 23 N 99.1354).
111
Es sind für die Kammer keine Gründe ersichtlich, die es ausschließen würden, das unbebaute Grundstück mit einer Fläche von 440 m² zumindest mit einem landwirtschaftlichen Betriebsgebäude mit Anschlussbedarf (z.B. wegen eines installierten Waschbeckens o.ä.) zu bebauen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auch Teilflächen bebaubarer Grundstücke, die nicht überbaut werden dürfen, weil sie in dem sich aus dem Bauordnungsrecht ergebenden Abstandsflächen liegen, beitragspflichtig sind. Baulinien, Baugrenzen, Abstandsflächen und Vorschriften über Anbauverbote sollen ihrer Zielsetzung nach nicht das Maß der baulichen Nutzung regeln, sondern lediglich auf den Standort der zulässigen baulichen Anlagen Einfluss nehmen. Soweit sich ihre Wirkung darauf beschränkt, sie also das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit eines Grundstücks nicht zusätzlich einengen, sind grundsätzlich auch die nicht überbaubaren Flächen ohne Weiteres erschlossen und nehmen als Teil der bebaubaren Grundstücke an der Aufwandsverteilung teil (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2005 - 23 ZB 05.484, juris Rn. 7).
112
Ob aus immissionsschutzrechtlichen Gründen eine Wohnbebauung auf dem Grundstück ausgeschlossen wäre, ist nach dem oben Gesagten nicht entscheidungserheblich. Auch verbliebe im Falle einer Bebauung des Grundstücks zusätzlich eine Zufahrtsmöglichkeit aus Richtung Westen.
113
Es ist unerheblich, ob die Kläger aktuell Niederschlagswasser von dem Grundstück in die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Beklagten einleiten. Der aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Grundsatz des Vorteilsausgleichs gebietet in der Regel, nicht auf die tatsächliche, derzeitige Grundstücksnutzung abzustellen, sondern auf die mögliche Ausnutzung des Baugrundstücks. So wie beim Maßstab der zulässigen Geschoßfläche nicht auf das vorhandene Maß der baulichen Ausnutzung des Baugrundstücks abgestellt wird, sondern auf das Maß der möglichen Bebauung nach den bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Gegebenheiten, so wird bei der Inanspruchnahme der öffentlichen Entwässerungsanlage und des sich hieraus bestimmenden Vorteils nicht abgestellt auf die konkrete Ableitung von Schmutz- und Oberflächenwasser, sondern auf die Möglichkeit der Ableitung, die sich beispielsweise auch durch das Sammeln von Regenwasser auf einem Grundstück nicht verändert (vgl. BayVGH, U.v. 13.8.1998 - 23 N 97.472, juris Rn. 16).
114
Die Kläger können sich jederzeit dafür entscheiden, das gesamte Oberflächenwasser der öffentlichen Entwässerungsanlage zuzuführen. Denn die Entwässerungssatzung der Beklagten enthält keine dem § 4 Abs. 5 des Musters für eine gemeindliche Entwässerungssatzung, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 6. März 2012, Az.: IB1-1405.12-5, AllMBl. 2012 S. 182, vergleichbare Regelung, wonach ein Benutzungsrecht nicht besteht, soweit eine Versickerung oder anderweitige Beseitigung von Niederschlagswasser ordnungsgemäß möglich ist. Vielmehr bestimmt § 5 Abs. 5 der Entwässerungssatzung, dass in dieser Fallgestaltung kein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, das Niederschlagswasser also nicht eingeleitet werden muss, aber weiterhin eingeleitet werden darf. Die Erhebung eines Grundstücksflächenbeitrags ist deshalb wegen des fortbestehenden (objektiven) Vorteils, Niederschlagswasser in die öffentlichen Entwässerungseinrichtung einleiten zu dürfen, zulässig (Nitsche/Baumann/Mühlfeld, Satzungen zur Abwasserbeseitigung, 10.05 Nr. 3, S. 8, unter Bezugnahme auf BayVerfGH Entscheidung v. 27.7.2011 - Vf.-VII-10, juris). Die Möglichkeit, bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für Niederschlagswasser zu beantragen, lässt die Beitragspflicht unberührt (BayVGH, B.v. 28.11.2015 - 23 CS 05.1804, juris Rn. 35).
115
Die Klage war deshalb abzuweisen.
116
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
117
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.