Inhalt

VGH München, Beschluss v. 18.01.2019 – 4 CE 18.2578
Titel:

Zulassung eines Bürgerbegehrens

Normenketten:
VwGO § 123
BayGO Art. 18a Abs. 8, Abs. 9
BauGB § 1 Abs. 7, § 30, § 33
BauNVO § 23
Leitsätze:
1. Ist ein Bauvorhaben, das mit einem Bürgerbegehren verhindert werden soll, erst nach Wirksamwerden eines in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans bzw. unter den Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigungsfähig, so genügt es zur Sicherung des Anspruchs auf Zulassung des Bürgerbegehrens, der Gemeinde im Eilverfahren den Erlass des Bebauungsplans vorläufig zu untersagen (Abgrenzung zu BayVGH, B.v. 13.12.2010 - 4 CE 10.2839 - BayVBl 2011, 309). (Rn. 17)
2. Ein auf eine Bauleitplanung gerichtetes Bürgerbegehren ist wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB unzulässig, wenn die Fragestellung auf konkrete grundstücksbezogene Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB bzw. der Baunutzungsverordnung abzielt, die der zu beschließende Bebauungsplan unverändert übernehmen soll (Klarstellung zu BayVGH, B.v. 11.8.2005 - 4 CE 05.1580 - BayVBl 2006, 733). (Rn. 19 – 20)
Schlagworte:
Zulassung eines Bürgerbegehrens im Wege einer einstweiligen Anordnung, ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache, plebiszitäre Festlegungen in Bezug auf den Inhalt eines Bebauungsplans, Vorabbindung des Gemeinderats beim Erlass des Bebauungsplans, Anordnungsanspruch, Anordnungsgrund, Bauantrag, Baugenehmigung, Bauleitplanung, Bauvorhaben, Sperrwirkung
Vorinstanz:
VG Augsburg vom 26.11.2018 – Au 7 E 18.1683
Fundstellen:
DÖV 2019, 492
BayVBl 2020, 522
BeckRS 2019, 257
KommJur 2019, 78
LSK 2019, 257
NVwZ-RR 2019, 616

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses für beide Instanzen auf jeweils 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller begehren als Vertreter eines für unzulässig erklärten Bürgerbegehrens dessen Zulassung im Wege einer einstweiligen Anordnung.
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Das mit einer ausreichenden Zahl von Unterschriften bei der Antragsgegnerin eingereichte Bürgerbegehren enthält folgende Fragestellung:
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„Sind Sie dafür, dass die Stadt F. im Rahmen ihrer planerischen Entscheidungen alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um im Bereich des Bebauungsplans ‚U.straße Süd‘ ein Baufenster für das Strandbad am H. (inklusive Nebenanlagen) zuzulassen, das einen Mindestabstand von mindestens 5 Metern zum See einhält und eine Erweiterung des Bestandsbaus um maximal 3 Meter nach Osten, 1 Meter nach Westen und Süden sowie 50 cm in der Höhe ab Fundament ermöglicht?“.
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Mit Bescheid vom 1. Oktober 2018 wies die Antragsgegnerin das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Es sei auf ein unzulässiges Ziel gerichtet, da es auf einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hinauslaufen würde. Nach der Fragestellung werde mit dem Bürgerbegehren ein sehr konkretes Ergebnis - ein klar umrissenes Baufenster - festgelegt. Damit verbleibe dem Stadtrat kein Abwägungsspielraum von substantiellem Gewicht. So nehme z. B. die Vorabfestlegung des Mindestabstands zum Seeufer die Möglichkeit - ggf. unter Berücksichtigung fachlicher Stellungnahmen - abzuwägen, inwieweit eine näher am Seeufer gelegene Bebauung mit anderen Gesichtspunkten, insbesondere den in der Begründung des Bürgerbegehrens erwähnten Umweltschutzgründen, vereinbar wäre.
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Gegen den Ablehnungsbescheid erhoben die Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur Zulassung des Bürgerbegehrens zu verpflichten. Zugleich beantragten sie gemäß § 123 VwGO, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Bürgerbegehren zuzulassen. In der Begründung dieses Eilantrags wurde ausgeführt, ohne die vorläufige Zulassung würde ein nicht mehr wiedergutzumachender unzumutbarer Nachteil entstehen. Die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens lägen vor; das Bürgerbegehren betreffe lediglich eine Rahmenfestlegung, die der Antragsgegnerin einen Planungsspielraum von substantiellem Gewicht und ausreichend Alternativen belassen würde. Ein Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass die Antragsgegnerin schon in der Stadtratssitzung vom 25. September 2018 für das betreffende Gebiet einen Bebauungsplan habe beschließen wollen, der dann aber aufgrund zahlreicher Einwendungen mit verkürzter Frist erneut ausgelegt worden sei. Zur Herbeiführung der Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO sei es erforderlich, das Bürgerbegehren noch vor einem denkbaren Satzungsbeschluss in der nächsten Stadtratssitzung zuzulassen. Aufgrund des eingeleiteten Bauleitplanverfahrens sei auch bereits ein Bauantrag gestellt worden, zu dem die Antragsgegnerin am 4. September 2018 das gemeindliche Einvernehmen erteilt habe. Einer Mitteilung des zuständigen Landratsamts Ostallgäu sei zu entnehmen, dass die Behörde mit ihrer Genehmigungsentscheidung nicht bis zur Entscheidung über die Zulassung des Bürgerbegehrens im Hauptsacheverfahren zuwarten werde.
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Die Antragsgegnerin und der vom Verwaltungsgericht beigeladene Bauherr in dem beim Landratsamt Ostallgäu anhängigen Baugenehmigungsverfahren traten dem Antrag entgegen.
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Mit Beschluss vom 26. November 2018 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Eilantrag ab. Die Antragsteller hätten einen Anordnungsgrund, nicht jedoch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Bürgerbegehren sei auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet. Die Fragestellung könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur noch darauf abzielen, dass die Antragsgegnerin die bereits vorhandenen Planentwürfe für den Bebauungsplan „U.straße Süd“ hinsichtlich der Festsetzungen, die sich auf das Strandbad bezögen, im Sinne der Fragestellung abändere und einen entsprechenden Satzungsbeschluss fasse; andere planerische Entscheidungen stünden nicht mehr aus. Für die angestrebte Änderung des Entwurfs würden teilweise zentimetergenaue Angaben gemacht. Der Wortlaut lasse objektiv darauf schließen, dass es um das konkrete Ergebnis der Festsetzung gehe und nicht nur um die Angabe eines noch unverbindlichen Planungsziels oder um eine Rahmenvorgabe, die noch genügend Abwägungsspielraum belasse. Die konkreten Größenangaben und die Mindestabstandsangabe ließen lediglich Abweichungen jeweils in eine Richtung zu.
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Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit der vorliegenden Beschwerde. Sie beantragen,
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unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. November 2018 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Baufenster des Strandbades im Bebauungsplan Hopfen am See, U.straße Süd“ zuzulassen.
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Mit Beschluss vom 14. Dezember 2018 untersagte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der Antragsgegnerin im Wege einer Zwischenentscheidung, in der Stadtratssitzung am 18. Dezember 2018 einen Satzungsbeschluss über den streitgegenständlichen Bebauungsplan zu fassen.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
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1. Die zulässige Beschwerde der Antragssteller, die der Senat anhand der fristgerecht dargelegten Gründe überprüft (§ 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO), hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände führen zu keiner anderen Beurteilung.
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Die Antragsteller tragen vor, in der Formulierung des Bürgerbegehrens werde klargestellt, dass der Antragsgegnerin ein Planungsspielraum zustehe und dass dieser keinesfalls in unzulässiger Weise eingeschränkt werden solle. Es werde ein durchaus großzügiges Baufenster vorgegeben, in dessen Rahmen sich eine Entscheidung der Antragsgegnerin bewegen könne. Es würden lediglich Eckpunkte der Planung vorgegeben; hierbei sei zugunsten der Antragsteller das Gebot der wohlwollenden Auslegung der Fragestellung zu berücksichtigen. Dies gelte umso mehr, als es den Antragstellern im Laufe des Verfahrens entgegen der Rechtsprechung des Senats verwehrt worden sei, die Fragestellung dahingehend redaktionell zu ändern, dass auf eine bestimmte maximale Kubatur abgestellt werde.
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Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
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a) Es ist bereits fraglich, ob der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist. Entsprechende Zweifel ergeben sich aus dem Umstand, dass das Eilrechtsschutzbegehren nicht nur wie in vergleichbaren Fällen darauf abzielt, der Antragsgegnerin entsprechend Art. 18a Abs. 9 Satz 1 GO zu untersagen, vor einer (Hauptsache-)Entscheidung über die Zulassung des Bürgerbegehrens dessen Ziele durch entgegenstehende Maßnahmen - etwa durch einen wirksam bekannt gemachten Satzungsbeschluss im Bebauungsplanverfahren - zu unterlaufen (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2009 - 4 CE 09.1055 - juris Rn. 17 m.w.N.). Den Antragstellern geht es vielmehr darum, mittels einer einstweiligen Anordnung bereits die Zulassung des Bürgerbegehrens zu erreichen, so dass innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid stattzufinden hätte (Art. 18a Abs. 10 Satz 1 Halbsatz 1 GO). Woraus sich die besondere Dringlichkeit gerade in Bezug auf die Durchführung dieses plebiszitären Abstimmungsverfahrens ergeben soll, ist weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren dargelegt worden. Die Antragsteller haben nur darauf verwiesen, dass der Stadtrat der Antragsgegnerin über den Bebauungsplan in nächster Zukunft abschließend zu entscheiden beabsichtige. Dies allein könnte jedoch nur den Erlass einer Sicherungsanordnung mit der vorläufigen Untersagung des Satzungserlasses rechtfertigen.
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b) Die von den Antragstellern im Eilverfahren erstrebte positive Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens scheidet jedenfalls deshalb aus, weil damit eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden wäre, für die hier es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt zwar eine gerichtlich angeordnete vorläufige Zulassung eines Bürgerbegehrens ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Zulassungsanspruch durch ein in naher Zukunft zu erwartendes Handeln einer am Hauptsacheverfahren nicht beteiligten (staatlichen) Behörde, z. B. durch die Erteilung einer bereits beantragten Baugenehmigung, vereitelt werden kann (BayVGH, B.v. 13.12.2010 - 4 CE 10.2839 - BayVBl 2011, 309 Rn. 24 ff.). Da der mögliche Erfolg eines aufgrund eines solchen Eilbeschlusses durchgeführten Bürgerentscheids sich im Falle einer späteren Klageabweisung in der Regel nicht mehr rückgängig machen lässt, muss aber der Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit so hoher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen ist; außerdem muss den Antragstellern ein nicht mehr wiedergutzumachender und unzumutbarer Nachteil drohen (BayVGH, a.a.O., m.w.N.). Beides ist hier nicht der Fall.
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aa) Ein zu erwartender irreversibler Nachteil wäre anzunehmen, wenn das vom Beigeladenen beabsichtigte Umbau- und Erweiterungsvorhaben für das Strandbad noch vor der Durchführung eines Bürgerentscheids bauaufsichtlich genehmigt und damit dem auf Änderung des Bebauungsplans abzielenden Bürgerbegehren die Grundlage entzogen würde. Diese Möglichkeit rechtfertigt aber unter den gegebenen Umständen nicht die „vorläufige“ Zulassung des Bürgerbegehrens und damit einen vorgezogenen Bürgerentscheid. Im Unterschied zu der Fallkonstellation, die dem Eilbeschluss des Senats vom 13. Dezember 2010 (a.a.O.) zugrunde lag, könnte sich der Bauherr des hier streitigen Vorhabens nicht auf ein nach § 34 oder § 35 BauGB kraft Gesetzes bestehendes Baurecht berufen, sondern nur auf einen bereits erlassenen (§ 30 BauGB) oder zumindest als „planreif“ anzusehenden (§ 33 BauGB) Bebauungsplan, der seinen Bauabsichten Rechnung trägt. Um das Entstehen eines solchen Genehmigungsanspruchs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern, muss lediglich der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden, den abschließenden Satzungsbeschluss zu fassen bzw. diesen Beschluss ortsüblich bekannt zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2007 - 4 CE 07.647 - BayVBl 2007, 497). Eine solche gerichtliche Anordnung im Eilverfahren verhindert nicht nur das Wirksamwerden des Bebauungsplans, sondern auch schon den Eintritt der materiellen Planreife i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, da das Planaufstellungsverfahren damit gleichsam eingefroren wird (BayVGH, a.a.O.; zustimmend Tophoven in BeckOK BauGB, Stand 1.11.2018, § 33 Rn. 18 u. 19.1). Einer weitergehenden Entscheidung über die Zulassung des Bürgerbegehrens bedarf es hiernach nicht.
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bb) Unabhängig davon kann im vorliegenden Fall auch nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit von der rechtlichen Zulässigkeit des von den Antragstellern vertretenen Bürgerbegehrens „Baufenster des Strandbades im Bebauungsplan Hopfen am See, U.straße Süd“ ausgegangen werden. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass der Inhalt der Fragestellung auf eine unzulässige planerische Vorabfestlegung gerichtet ist und damit den zwingenden Vorgaben des Baugesetzbuchs zuwiderläuft.
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Ein Bürgerbegehren, das nicht bloß auf einen Einleitungsbeschluss im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB abzielt, sondern bereits eine Vorentscheidung zum Inhalt des Bebauungsplans enthält, verstößt allerdings nach der Rechtsprechung des Senats nicht von vornherein gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Geht es nur um Rahmenfestlegungen, die einen „Planungsspielraum von substantiellem Gewicht“ belassen und „genügend Alternativen zur Abwägung der konkreten Belange“ offen halten, so ist es danach eine Frage des Einzelfalls, ob durch einen derartigen „Eckpunkt für die gemeindliche Abwägung“ etwa in Form einer Höchstgrenze schon eine solche Selbstbindung eingetreten ist, dass eine Abwägung in keinem Fall mehr in sachgerechter Weise vorgenommen werden kann (BayVGH, B.v. 11.8.2005 - 4 CE 05.1580 - BayVBl 2006, 733 = juris Rn. 31).
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Ob diese - durch eine Reihe wertungsabhängiger Rechtsbegriffe gekennzeichnete - allgemeine Leitlinie geeignet ist, die Fälle einer zu weitgehenden Vorabbindung in objektiv vorhersehbarer Weise zu bestimmen, bedarf hier keiner weiteren Erörterung. Unzulässig ist ein auf eine Bauleitplanung gerichtetes Bürgerbegehren jedenfalls dann, wenn dessen Fragestellung auf konkrete grundstücksbezogene Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB bzw. der Baunutzungsverordnung abzielt, die der noch zu beschließende Bebauungsplan unverändert übernehmen soll. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen mit bindender Wirkung für das weitere Planaufstellungsverfahren über die Bebaubarkeit bestimmter Flächen hinsichtlich der Art (§ 1 Abs. 2 BauNVO) oder des Maßes der baulichen Nutzung (§ 16 Abs. 2 BauNVO), der Bauweise (§ 22 Abs. 1 BauNVO) oder der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 Abs. 1 BauNVO) abgestimmt werden soll. Mit einer solchen plebiszitären Selbstbindung wird, selbst wenn es im Einzelfall nur um planerische Detailfragen geht, die Entscheidung über die betreffende Festsetzung bereits vollständig vorweggenommen; dem Gemeinderat verbleibt insoweit bei seiner abschließenden Abwägungsentscheidung keinerlei Abweichungs-, Ausgestaltungs- oder Konkretisierungsspielraum mehr.
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Danach dürfte das hier vorliegende Bürgerbegehren unzulässig sein. Bei dem in der Überschrift und in der Fragestellung verwendeten Begriff des für das Strandbad zuzulassenden „Baufensters“ handelt es sich nicht um einen Rechtsbegriff, sondern nach allgemeinem Sprachgebrauch um eine untechnische Bezeichnung für in den Bebauungsplan aufzunehmende Regelungen zum Maß der baulichen Nutzung, insbesondere zu der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO). Der davon umfasste Bereich wird hier nicht lediglich rahmenartig umrissen, sondern durch meter- bzw. zentimetergenau bezeichnete Abstände zum Seeufer und zu dem bestehenden Gebäude bestimmt. Die in dem Bürgerbegehren angesprochene „Erweiterung des Bestandbaus um maximal 3 Meter nach Osten, 1 Meter nach Westen und Süden“ kann nur dahingehend verstanden werden, dass hinsichtlich dieser bisher unbebauten Flächen jeweils eine Baugrenze gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO festgesetzt werden soll, die von neu zu errichtenden Gebäuden und Gebäudeteilen nicht überschritten werden darf. Der Verlauf dieser drei Baugrenzen, die in der Planzeichnung zu kennzeichnen sind (Nr. 3.5 Anlage PlanZV), wird durch die in der Fragestellung des Bürgerbegehrens enthaltenen Maßangaben exakt vorgegeben; bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid würde somit der Inhalt des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans in diesem Punkt abschließend festgelegt. Dass die Erweiterung der überbauten Flächen auf bestimmte „maximale“ Abstände zu dem bestehenden Gebäude begrenzt werden soll, bedeutet entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht, dass im Bebauungsplan ein noch engeres Baufenster festgesetzt werden dürfte und insoweit ein gewisser Planungsspielraum verbliebe. Die entsprechende Gestaltungsfreiheit besitzt nach der gewählten Formulierung nicht der Plangeber, sondern nur ein künftiger Bauherr, der mit einem möglichen Neu- oder Erweiterungsbau die festgesetzte Baugrenze vollständig ausnutzen oder dahinter zurückbleiben könnte.
22
Die vorstehenden Gründe, die gegen eine genaue Festlegung von Baugrenzen im Wege eines Bürgerentscheids sprechen, dürften ebenso für die in dem vorgelegten Bürgerbegehren geforderte Höhenbegrenzung (§ 18 BauNVO) gelten. Das Gleiche gilt für den das Strandbad als Gesamtanlage betreffenden „Mindestabstand von mindestens 5 m zum Seeufer“, wobei insoweit ohnehin unklar bleibt, in welchem Verhältnis dieses Planungsziel zu der Forderung nach einer die Bebauung einschränkenden südlichen Baugrenze steht.
23
Die von den Antragstellern nach Einreichung des Bürgerbegehrens beantragte Änderung der bisherigen Fragestellung dahingehend, dass für das bestehende Gebäude eine Erweiterung nur bis zu einer bestimmten höchstzulässigen Kubatur (1.500 m³) zulässig sein soll, stellte entgegen den Ausführungen in der Beschwerdebegründung einen geänderten Abstimmungsgegenstand und nicht etwa nur eine „redaktionelle“ Klarstellung des ursprünglich Gewollten dar, die der rechtlichen Prüfung im vorliegenden Zulassungsverfahren zugrunde gelegt werden könnte. Im Übrigen wären insoweit, da es wiederum um eine abschließende planungsrechtliche Festlegung ginge (vgl. § 21 BauNVO), wohl dieselben rechtlichen Einwände zu erheben wie gegenüber der bisherigen Formulierung des Bürgerbegehrens.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zum Streitwert folgt aus § 47 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2 und Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs 2013. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der gestellte Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache abzielt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).