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LG München I, Endurteil v. 26.02.2019 – 33 O 2855/18
Titel:

Irreführung durch affiliate-Verlinkung in Redaktionsbeitrag ohne Hinweis auf Provision

Normenketten:
UWG § 3, § 5, § 5a
GG Art. 5 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Verlinkung zu einem sog. affiliate-Partner in einem Online-Redaktionsbeitrag ohne Hinweis auf eine Provision ist irreführend. Der Provisionsanspruch stellt hierbei eine wesentliche Information für den Verbraucher im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG dar.  (Rn. 42 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Verlinkung in einem laufenden Text oder in anderer Form im redaktionellen Beitrag enthalten ist. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Irreführung, affiliate, Verlinkung, Provision, Information, Berichterstattung, Redaktionsbeitrag, Internetauftritt, Unterlassungsanspruch
Fundstellen:
WRP 2019, 1083
LSK 2019, 15125
BeckRS 2019, 15125
GRUR-RS 2019, 15125
MMR 2020, 499

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer,
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr auf dem Internetauftritt ... in redaktionellen Beiträgen werbliche Hyperlinks auf Seiten von ... Werbepartnern zu setzen, ohne darauf hinzuweisen, dass mit Nutzung des Hyperlinks eine Vergütung der Beklagten durch den ... verbunden sein kann, wenn dies geschieht wie bei den Beiträgen vom 18.07.2017 (Anlage K 1) und/oder 03.11.2017 (Anlage K 3).
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- EUR, in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte zuletzt noch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.
2
Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
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Die Beklagte betreibt das Internetportal „...“ auf der sie Beiträge veröffentlicht.
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Am 18.07.2017 veröffentlichte sie einen Artikel „Die ... Matratze ist wieder da: Ist der höhere Preis gerechtfertigt?“ (Anlage K 1). In diesem setzt sich die Beklagte mit einem Matratzen-Angebot von ... auseinander und vergleicht das untersuchte Modell mit dem Vorjahresmodell von ... Anschließend führt sie unter der Überschrift „Einschätzung der ...-Matratze“ unter anderem Folgendes aus:
„11 Euro für eine Matratze mit zwei Härtezonen ist ein fairer Preis - aber nicht außergewöhnlich, wie unsere Alternative zeigt (...).
Wir gehen daher davon aus, dass das Standard-Rückgaberecht von 14 Tagen gilt - einige Anbieter, wie der von unserer Alternative, gewähren hier 100 Tage.“
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Unter der Überschrift „Alternative“ heißt es dann weiter:
„für ebenfalls 199 Euro bekommen Sie den Testsieger der Stiftung Warentest, die ...-Matratze von ... (bei ... ansehen).“
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Dabei sind die vorstehend fettgedruckten Formulierungen im Originaltext farbig ausgestaltet und als Link erkennbar.
7
Beim Anklicken des Links gelangte man zu einer ...-Angebotsseite, auf der eine „...-Matratze“ für 199 EUR angeboten wurde. Die URL der verlinkten Seite machte dabei deutlich, dass es sich bei den Verlinkungen um sogenannte Affiliate Links handelt. Das bedeutet, dass die Beklagte am Partnerprogramm von ... teilnimmt und wirtschaftlich profitiert, wenn Kunden über die jeweilige Verlinkung auf die ... seite gelangen bzw. dort einen Kauf tätigen (Anlage K 2).
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Unter dem 03.11.2017 war auf der Internetseite der Beklagten ferner ein Artikel unter dem Titel „... schützen: Hüllen, Flip-Cases, Bumper und Displayschutzfolien“ abrufbar (Anlage K 3).
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Dort wird ein Überblick über Schutzfolien und Smartphone-Hüllen gegeben. Weiter heißt es dort:
„Der Hersteller verlangt mit 50 Euro aber einen stolzen Preis - ... hat ihn derzeit allerdings auf 39 Euro herabgesetzt.“
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Das Wort „herabgesetzt“ ist im Text farbig markiert. Vorangestellt ist das Symbol eines Einkaufswagens. Das Wort „herabgesetzt“ ist als Link ausgestaltet, bei dessen Anklicken man auf eine Amazon-Angebotsseite gelangt. Es handelt sich dabei um einen Affiliate-Link (Anlage K 4).
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Auf der gleichen Seite befindet sich unten im Text eine Passage zu Smartphone-Versicherungen. Darin heißt es:
„Handy-Versicherung abschließen.
Wer sich für mindestens 800 Euro ein ... mit empfindlichem Edge-Display leistet, der sollte auch eine Smartphone-Versicherung ins Auge fassen. Sie zahlt im Fall eines Bruchschadens, aber auch, wenn das Handy gestohlen wird oder einen Wasserschaden erleidet. ... hat zwölf Smartphone-Versicherungen auf Herz und Nieren überprüft und kam zu dem Ergebnis, dass die Smartphone-Versicherung von ... das beste Leistungspaket bei einem fairen Preis von 7,99 Euro monatlich bietet.“
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Auch hier stellten die hier durch Fettdruck hervorgehobenen, im Originaltext farbig markierten Worte, denen das Symbol eines Einkaufswagens vorangestellt war, einen Link zur Internetseite des Versicherungsunternehmens dar und dort auf ein Angebot für Handy-Versicherungen (Anlage K 3). Dabei war durch die URL der verlinkten Seite erkennbar, dass es sich hierbei um einen sogenannten Affiliate-Link handelte (Anlage K 5 der Akten). Unter dem vorbezeichneten Text fand sich ein weiterer Link mit dem Inhalt:
„... Handy-Versicherung ab 7,99 Euro“
(Anlage K 3). Bei Anklicken dieses Links gelangte man über einen entsprechenden Affiliate-Link zu der Internetseite der Versicherung (Anlage K 5).
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Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2017 wegen der aus seiner Sicht nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Affiliate-Links auf dessen Webseite ... ab (Anlage K 6). Die von dem Kläger geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab.
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Der Kläger ist der Auffassung, die von der Beklagten praktizierte und mittels der Anlagen K 1 und K 3 unter Beweis gestellten Verlinkungen der Beklagten auf Affiliate-Seiten stellten einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot gemäß §§ 3, 5 UWG dar.
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Eine geschäftliche Handlung sei irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufe, mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht übereinstimme und die geschäftliche Handlung zudem geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei sei von einer geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher schon dann auszugehen, wenn die geschäftliche Handlung sie auch nur veranlasse, eine Internetseite aufzurufen, auf der ein Bestellvorgang ausgelöst werden könne (Verweis auf BGH GRUR 2016, 1073 - Geo-Targeting, Rdnr. 27).
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Bei den Beiträgen und den darin enthaltenen Verlinkungen handele es sich um geschäftliche Handlungen. Sie dienten der Förderung des eigenen und auch eines fremden Unternehmens, da sie über die Verlinkungen eigene Umsätze (Provisionen) generieren sollen und auch der Absatz der jeweils begünstigten Waren-Dienstleistungen des Drittunternehmens gefördert werden solle.
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Die angegriffenen Gestaltungsformen der Beiträge gemäß den Anlagen K 1 und K 3 erschienen dem unbefangenen Internetnutzer als rein redaktionell veranlasste Beiträge. Auch die darin enthaltenen Verlinkungen stellten sich als solche dar. Dass es sich dabei tatsächlich um wirtschaftlich motivierte und von Provisionsinteressen gesteuerte Verlinkungen - und dementsprechend auch wirtschaftlich motivierte redaktionelle Beiträge insgesamt - handele, könne der Internetnutzer dagegen nicht erkennen. Dies gelte umso mehr, da der Verkehr generell bei dem Portal der Beklagten überhaupt derartiges nicht erwarte, da es ihm in einem neutralen und objektiven Gewand entgegentrete.
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Stattdessen riefen die streitgegenständlichen Beiträge einen von den tatsächlichen Gegebenheiten signifikant abweichenden Eindruck hervor. Durch diesen würden die angesprochenen Verkehrskreise veranlasst, der Verlinkung zu folgen und über sie auf die entsprechenden Kaufseiten der Affiliates zu gelangen. Damit sei die geschäftliche Entscheidung der Verbraucher bereits unmittelbar bewirkt.
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Über den wahren Charakter der Verlinkung sei nicht unmittelbar aufgeklärt worden.
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Sofern die Beklagte behaupte, der Internetnutzer sei in Bezug auf Affiliate-Systeme quasi allwissend, werde dies bestritten. Es könne insbesondere keine Rede davon sein, dass der Internetnutzer wisse, dass unentgeltliche Angebote im Internet durch Werbeerlöse finanziert würden, und dass das Modell von Provisionserlösen bei Verlinkung auf E-Commerce-Seiten allgemein bekannt sei.
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Sofern die Beklagte ferner behaupte, seit mindestens Anfang 2017 den auf Seite 5 ihrer Klageerwiderung eingelichteten Text auf ihrer Homepage eingestellt zu haben oder seit langem Affiliate-Links mit einem Einkaufswagensymbol zu kennzeichnen und in der Fußleiste ihrer Beiträge einen erläuternden Link anzubringen, werde dies mit Nichtwissen bestritten.
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Entgegen den Darstellungen der Beklagten erscheine ihr Internetportal als neutrales Informationsportal. Hierzu wird insbesondere auf die Einlichtung im Schriftsatz vom 08.11.2018, Seite 5 (Blatt 43 der Akten), verwiesen. Eine Information darüber, dass die Beklagte an einer kaum zu überschauenden Vielzahl von Stellen Affiliate-Verlinkungen gesetzt habe, über die sie Geld verdiene, erfahre der Verbraucher auf der Startseite nicht. Insoweit habe der Verbraucher keinen Anlass, die inhaltlichen Darbietungen der Beklagten in irgendeiner Weise kritisch zu hinterfragen.
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Die Auffassung der Beklagten, der Verkehr erkenne anhand des Einkaufswagensymbols bereits ein bestehendes kommerzielles Interesse der Beklagten, könne nicht geteilt werden. Der Verkehr entnehme dem lediglich, dass er bei einem entsprechenden Klick auf eine Einkaufsmöglichkeit geführt werde. Dass die Beklagte für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss Provision verdiene, erwarte der Verkehr hingegen nicht. Dies könne der Verkehr dem Einkaufswagensymbol auch nicht entnehmen.
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Unzutreffend sei auch die Auffassung, es sei bereits keine geschäftliche Entscheidung des Verkehrs erkennbar. Jeder Klick auf einen Link, wie die streitgegenständlichen, der in Unkenntnis der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten erfolge, sei bereits als eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG anzusehen, denn auf diese Weise erhalte der Verkehr die Möglichkeit eines Kaufs geboten („Eintritt in das virtuelle Geschäftslokal“). Dies gelte erst recht für durchgeführte Käufe.
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Ferner liege auch ein Verstoß gegen § 5 a UWG vor. Dem Verbraucher werde bei der Internetseite der Beklagten die wesentliche Information vorenthalten, dass es sich bei den auf ihrem Portal eingestellten Beiträgen nicht um neutral veranlasste handele, sondern damit ein wirtschaftliches Geschäftsmodell praktiziert werde, an dem die Beklagte verdiene. Für den Verbraucher mache es einen erheblichen Unterschied, ob ihm ein redaktionell angebotener Link oder ein Werbelink präsentiert werde. Sei Letzteres der Fall, werde dem Verbraucher möglicherweise der gesamte Text des Beitrags überhaupt nicht interessieren, weil er sich von dem Inhalt des Textes keine objektive Berichterstattung/Bewertung verspreche/versprechen könne. Daher müsste der Verbraucher über die wirtschaftlichen Hintergründe der Verlinkungspraxis klar und eindeutig informiert werden, was hier nicht der Fall sei.
26
Schließlich bestünden ebenfalls Unterlassungsansprüche gemäß § 6 Abs. 1 TMG und § 58 RStV in Verbindung mit § 3 a UWG.
27
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,
geschäftlich handelnd
auf dem Internetauftritt ... in redaktionellen Beiträgen werbliche Hyperlinks auf Seiten von Affiliate-Werbepartnern zu setzen, ohne darauf hinzuweisen, dass mit Nutzung des Hyperlinks eine Vergütung der Beklagten durch den Affiliate-Partner verbunden sein kann, wenn das geschieht wie bei den Beiträgen vom 18.07.2017 (Anlage K 1) und/oder 03.11.2017 (Anlage K 3).
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
29
Die Beklagte trägt vor, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei bereits wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr unbegründet. Mit ihrem Schreiben vom 02.05.2018 habe die Beklagte als Reaktion auf die Abmahnung des Klägers eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung abgegeben, die sich auf „die konkret in Bezug genommenen Verletzungshandlungen sowie kerngleiche Gestaltungen dieser beiden konkreten Beiträge bezieht“.
30
Damit sei das klägerische Unterlassungsbegehren erfüllt worden und die Wiederholungsgefahr entfallen. Kern der Beanstandung des Klägers sei die Frage, ob Internetnutzer den fraglichen Verlinkungen unkritisch gegenüberstünden, weil sie deren kommerziellen Charakter nicht erkennen. Ob und wie die Internetnutzer Artikel und Internetverlinkungen auffassten, lasse sich aber nur anhand der jeweiligen konkreten Verletzungsform beurteilen. Es finde hierzu ein komplexes Wechselspiel zwischen dem Artikelinhalt, seiner Gesamtdarstellung, den Linktexten und den Linkzielen statt. Die Erkennbarkeit des kommerziellen Hintergrunds von Hyperlinks könne nicht abstrakt beurteilt oder vorhergesagt werden. Genau aus diesem Grund habe die Beklagte auch die Unterlassungserklärung so abgegeben wie erfolgt.
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Der Kläger habe keinen einzigen Fall aufgezeigt, der in einer den Klageanlagen K 1 und/oder K 3 vergleichbaren Weise noch immer Links enthalte, die nicht mit dem Warenkorb-Symbol (und dazugehörige Erläuterung) gekennzeichnet sei. Dies sei auch unwahrscheinlich, da die Beklagte bereits Maßnahmen ergriffen habe, bei denen sie praktisch alle möglichen Quellen kommerzieller Links erfasst habe. In dieser Situation müsse die Beklagte keinen abstrakten Verbotstenor gegen sich gelten lassen, der für sie ein beim besten Willen nicht beherrschbares Verstoßrisiko mit sich bringen würde. Vielmehr sei der Kernbereich so zu fassen, dass nicht letztlich eine bloße Gesetzeswiederholung vorliege und auch die Belange von Artikel 5 Abs. 1 GG gewahrt würden, indem ein Zwang zur Löschung geschützter redaktioneller Artikel wegen bloßer abstrakter Verstoßgefahren vermieden werde. Dies habe die Beklagte durch die abgegebene Unterlassungserklärung samt beigefügter Erläuterungen getan.
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Im Übrigen werde bestritten, dass Internetnutzer den Charakter von Affiliate-Links nicht erkennen würden. Durchschnittliche Internetnutzer wüssten, dass kostenlose Contentangebote, wie das der Beklagten, sich durch Werbeerlöse finanzierten. Das Modell von Provisionserlösen bei Verlinkung auf E-Commerce-Seiten sei allgemein bekannt. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt versucht, dies irgendwie zu verschleiern. Im Gegenteil: Sie habe seit langem Affiliate-Links mit einem „Einkaufswagen-Symbol“ gekennzeichnet und in der Fußleiste ihrer Beiträge einen erläuternden Link mit dem Text „Was bedeutet der Einkaufswagen?“ angebracht. Daher liege weder ein Verstoß gegen § 3, 5 UWG, noch einer gegen § 5 a UWG vor. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, welche geschäftliche Entscheidung ein Verbraucher ansonsten gegebenenfalls nicht getroffen hätte. Auch werde dem unterschwellig vorgebrachten Vorwurf der Klägerin entgegengetreten, die redaktionelle Berichterstattung ihrerseits erfolge beeinflusst von der Möglichkeit zur Einbindung von Affiliate-Links. Die redaktionelle Berichterstattung der Beklagten erfolge in voller journalistischer Unabhängigkeit. Die Bereitstellung von Links auf E-Commerce-Seiten wirke sich nicht auf den Inhalt aus und werde von den Nutzern als bloßer Service erwartet.
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Entgegen der Darstellung der Klägerin sei auch nicht von einer geschäftlichen Entscheidung auszugehen, die der Verbraucher andernfalls nicht getroffen hätte. Die Klägerin erläutere hierzu nur, dass der Klick eine geschäftliche Entscheidung sein könne. Das sei aber gar nicht das Thema. Entscheidend sei, ob es für einen kaufwilligen Verbraucher, der einen Onlineshop aufsuchen wolle, einen Unterschied mache, ob der Linksetzer hierfür eine Provision erhalte oder nicht. Dies möge bei einem Preisvergleich so sein, bei dem eine Verbrauchererwartung bestünde, zum günstigsten Onlineshop geleitet zu werden. Wenn aber aus einem redaktionellen Artikel auf einen einzelnen Shop verlinkt werde, nähmen die Verbraucher das lediglich als Erleichterung/Service wahr, ohne zu erwarten, dass der fragliche Shop nach journalistischen Kriterien als der beste/günstigste ausgewählt worden sei. Für sie mache die Frage einer Provisionierung schlicht keinen Unterschied, weshalb auch die Voraussetzungen des § 5 a Abs. 2 UWG nicht erfüllt seien.
34
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2019 (Blatt 62-64 der Akten) verwiesen.

Entscheidungsgründe

35
Die zulässige Klage ist begründet.
A.
36
Dem Kläger steht der gegen die Beklagte geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 in Verbindung mit §§ 3, 5 a Abs. 2 UWG zu.
I.
37
Dass der Kläger zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert ist, zieht die Beklagte zu Recht nicht in Zweifel.
II.
38
Die vom Kläger beanstandete Verlinkung der Beklagten ist irreführend im Sinne des § 5 a Abs. 2 UWG und damit als unlautere geschäftliche Handlung unzulässig gemäß § 3 Abs. 1 UWG.
39
1. § 5 a Abs. 2 UWG dient der Umsetzung von Art. 7 UGP-Richtlinie. Danach handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.
40
2. Die in Rede stehenden Verlinkungen der Beklagten in ihren Beiträgen auf dem Internetportal „...“ auf Internetseiten ihrer Affiliate-Partner ist eine geschäftliche Handlung der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
41
3. Die streitgegenständlichen Verlinkungen der Beklagten enthalten jedenfalls keinen offenkundigen, ausdrücklichen Hinweis darauf, dass aufgrund der Verlinkungen möglicherweise Provisionsansprüche der Beklagten entstehen können.
42
Ein solcher Hinweis stellt nach Auffassung der Kammer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände jedoch eine für den Verbraucher wesentliche Information im Sinne von § 5 a Abs. 2 UWG dar.
43
a) Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob eine Information „wesentlich“ im Sinne von § 5 a Abs. 2 UWG ist, ist der allgemeine Zweck der UGP-Richtlinie, für ein hohes Verbraucherschutzniveau zu sorgen, und der besondere Zweck des Art. 7 UGP-Richtlinie, eine informierte geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zu gewährleisten (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Auflage, 2019, § 5 a Rdnr. 3.13). Die Information muss daher einerseits ein solches Gewicht haben, dass sie für die Entscheidung des durchschnittlichen Verbrauchers voraussichtlich und für den Unternehmer erkennbar von maßgebender Bedeutung ist. Andererseits soll der Unternehmer durch die Informationspflicht nicht unzumutbar belastet werden. Dies gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Erwägungsgrund 6 S. 2 UGP-Richtlinie). Was wesentlich im Sinne von Art. 7 Abs. 1 UGP-Richtlinie und damit von § 5 a Abs. 2 UWG ist, steht - von den verbindlichen Festlegungen in Art. 7 Abs. 4 und 5 UGP-Richtlinie abgesehen - nicht von vornherein fest, sondern hängt von einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls ab (vgl. Köhler, a.a.O., Rn. 14).
44
b) Die beanstandeten Verlinkungen ohne Hinweis auf einen möglichen Provisionsanspruch richten sich an die Leser des Portals „...“ und damit an den allgemeinen Verkehr, zu dem auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören. Abzustellen ist folglich auf die Wahrnehmung des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. EuGH GRUR 2011, 930 - Konsumentombudsmannen / Ving).
45
Dieser ist daran gewöhnt, bei Internetseiten wie der der Beklagten Beiträge zu lesen, die ihm als objektive Berichterstattung erscheinen. Zwar ist er - wie die Beklagte behauptet - möglicherweise daran gewöhnt bzw. es ist ihm möglicherweise bewusst, dass frei zugängliche Internetseiten mit redaktionell aufgemachten Beiträgen werbefinanziert sind. Ihm ist möglicherweise auch das Konzept der Affiliate-Werbung bekannt. Er geht indes nicht davon aus, dass der redaktionelle Beitrag selbst - wie vorliegend - über Verlinkungen zu Affiliate-Partnern zur Finanzierung dient. Gerade weil frei zugängliche Internetinhalte auch über deutlich als solche gekennzeichnete bzw. erkennbare Werbung (Bannerwerbung, Werbung am Rand der Internetseite) finanziert werden, erwartet der angesprochene Verkehr nicht, dass (zusätzlich) auch im Beitrag selbst über Verlinkungen zu Affiliate-Partnern weitere Finanzierungsmöglichkeiten erschlossen werden.
46
Dieses Ergebnis wird durch die Rechtsprechung des BGH zu Preisvergleichsportalen gedeckt. So führte der BGH in der Sache I ZR 55/16 (GRUR 2017, 1265 Rn. 21) aus:
„Der Verbraucher nutzt Preisvergleichsportale und Preissuchmaschinen im Internet, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das fragliche Produkt letztlich fordert. Aus der Sicht des Verbrauchers bezieht ein Preisvergleichsportal im Internet seine Aussagekraft gerade aus dem Umstand, dass eine möglichst große Zahl von Anbietern, die ihre Waren oder Dienstleistungen über das Internet vermarkten, in den Preisvergleich einbezogen wird. Der Erfahrungshorizont des Verbrauchers wird dabei durch den Umstand bestimmt, dass das Geschäftsmodell der Anbieter von für den Verbraucher kostenlosen Informationsportalen im Internet häufig auf Einnahmen - etwa in Form der Vergütung für Werbung - gründet, die von einem Vertragsschluss im Einzelfall unabhängig sind. Mit einer Beschränkung der Vergleichsgrundlage durch den Ausschluss von Anbietern, die mit dem Betreiber des Portals keine Provisionsabrede getroffen haben, rechnet der Verbraucher in der Regel unabhängig davon nicht, ob sich die Suchmaschine ausdrücklich als „neutral“ oder „unabhängig“ bezeichnet. Der Verbraucher geht regelmäßig auch nicht davon aus, dass der Betreiber eines Preisvergleichsportals ein konkretes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss im Einzelfall besitzt.“
47
Für das Portal bzw. die dort eingestellten Berichte der Beklagten kann nichts anderes gelten, zumal die Beklagte selbst behauptet, in ihren Berichterstattungen völlig neutral zu sein.
48
c) Bei dem Umstand, dass die Verlinkungen in den Beiträgen der Beklagten möglicherweise Provisionsansprüche für sie generieren handelt es sich auch um eine wesentliche Information im Sinne des § 5 a UWG.
49
Denn der Verbraucher benötigt die Information hierzu, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.
50
Nur wenn der Verbraucher im Streitfall darüber informiert wird, dass die Verlinkungen zu Angeboteseiten von Drittanbietern einen Provisionsanspruch der Beklagten begründen können, kann er die Aussagekraft des in einem redaktionellen Beitrag eingebetteten Angebots angemessen beurteilen und sich gegebenenfalls entscheiden, noch weitere Informationen oder Angebote einzuholen (vgl. BGH GRUR 2017, 1265 Rn. 25, 26 - Informationspflichten eines Preisvergleichsportals im Internet - Preisportal).
51
4. Der Hinweis darauf, dass die Beklagte durch die Verlinkung auf die Internetseite ihrer Affiliate-Partner möglicherweise eine Provision erhält, ist als wesentliche Information für eine informierte geschäftliche Entscheidung nötig, und dessen Vorenthalten ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.
52
a) „Geschäftliche Entscheidung“ bedeutet nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (BGH, a.a.O., Rn. 25).
53
Nach EuGH (GRUR 2014, 196 - Trento Sviluppo / AGCM) erfasst der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts oder das Aufsuchen einer Internetseite.
54
b) Aufgrund der Ausgestaltung der Verlinkungen in ihren Beiträgen kann der Leser ihrer Beiträge veranlasst sein, dem Link der Beklagten und damit dem Angebot ihrer Affiliate-Partner dergestalt näherzutreten, dass er über den im Beitrag vorhandenen Link die Internetseite ihrer Affiliate-Partner aufruft und somit deren Onlineshop betritt.
55
Daher ist das Vorenthalten einer möglichen Provision der Beklagten für den Leser geschäftlich relevant.
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5. Ein beachtenswertes Interesse der Beklagten, die Information nicht zu erteilen, steht im Streitfall der Einordnung als wesentliche Information im Sinne von § 5 a Abs. 2 UWG nicht entgegen. Die Einstellung der Information in die Beiträge bzw. Verlinkungen ist mit einem überschaubaren zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand verbunden. Geheimhaltungsinteressen sind durch den Hinweis darauf, dass eine Provisionsabrede besteht, ebenfalls nicht berührt. Auf die Höhe der im Falle des Vertragsschlusses geschuldeten Provision kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
57
Auch die von der Beklagten angeführte Vielzahl von Beiträgen bzw. Affiliate-Links, die sie nach eigenem Behaupten möglicherweise nicht mehr alle auffinden bzw. korrigieren kann, steht dem Unterlassungsanspruch nicht entgegen.
III.
58
Mangels Abgabe einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung ist die durch die Verstöße begründete Wiederholungsgefahr gegeben.
59
Entgegen der Ansicht der Beklagten, ist die Erklärung im Schreiben vom 02.05.2017 (Anlage B 1) nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Die Unterlassungserklärung der Beklagten bezieht sich demgegenüber nur auf die Unterlassung „im laufenden Text“. Es macht indes keinen Unterschied, ob der Hinweis in einem Link in einem laufenden Text fehlt oder in anderer Form in dem Beitrag. Denn entscheidend ist, dass der angesprochene Verkehr bei Lesen des Beitrags nicht davon ausgeht, dass Links auf Angebotsseiten Dritter eine Provision für die Beklagte auslösen können und er hierüber zu informieren ist. Somit sind vom Unterlassungsanspruch auch Verlinkungen umfasst, die nicht im laufenden Text stehen, aber noch Inhalt des Beitrags sind. Die Unterlassungserklärung erfasst solche Links nicht und lässt daher die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
IV.
60
Da der Kläger seinen Unterlassungsanspruch bereits über §§ 3, 5 a Abs. 2 UWG UWG begründen kann, kann die Frage, ob auch eine Unterlassung aufgrund der weiteren vom Kläger bemühten Anspruchsgrundlagen verlangt werden kann, dahinstehen.
B.
61
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91 a ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.