Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 04.03.2019 – AN 10 K 18.00952
Titel:

Bedingte Klageerhebung gegen Zuchtverbot

Normenketten:
TierSchG § 11b Abs. 1, § 16 Abs. 1 S. 1
VwGO § 166
ZPO § 114
Leitsätze:
1. Wird zusammen mit einem Prozesskostenhilfegesuch Klage unter der Bedingung erheben, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird, ist eine solche bedingt erhobene Klage unwirksam und damit unzulässig. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Katzenrasse Scottish Fold handelt es sich um eine Qualzüchtung, die unter das Zuchtverbot fällt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Schlichtes Bestreiten vermag die Aussagekraft einer amtstierärztlichen Beurteilung nicht zu entkräften, dasselbe gilt für unsubstantiierte, pauschale Behauptungen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Gesetzgeber sieht bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein Verbot nach § 11 b I TierSchG das Unfruchtbarmachen als im Regelfall gebotene Maßnahme ansieht (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
bedingte Klageerhebung, Qualzucht (Scottish Fold-Katzen), Zuchtverbot, Prozesskostenhilfe, amtstierärztliche Beurteilung, Unfruchtbarmachen
Fundstelle:
BeckRS 2019, 14710

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Mit Schreiben vom 18. Mai 2018 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin und Antragstellerin bedingte Klage und stellte einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Mit der Klage möchte die Antragstellerin die Aufhebung des Bescheids vom 19. April 2018 erreichen, mit dem ihr unter anderem die Zucht mit der Katzenrasse „Scottish Fold“ untersagt wurde und sie verpflichtet wurde, die in ihrem Haushalt lebenden Scottish Fold Katzen bis spätestens 17. Mai 2018 von einem Tierarzt unfruchtbar machen zu lassen.
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Die Antragstellerin teilte dem Landratsamt … aufgrund Umzugserwägungen unter dem Namen „… …“ mit, dass sie eine Hobbyzucht mit Scottish Fold Katzen betreibe und bat um Einschätzung, ob sie diese Katzen dort züchten dürfe. In einem Telefonat mit dem Abteilungsleiter des Veterinäramtes … habe die Antragstellerin angegeben, eine Hobbyzucht mit einer Kätzin zu betreiben. Einer daraufhin erfolgten Internetrecherche über die Zuchttätigkeit der Antragstellerin ist zu entnehmen, dass diese unter dem Namen „… …“ schon länger Scottish Fold Katzen züchte. Die Zucht bestehe derzeit aus sechs Tieren, zwei männlichen und vier weiblichen. Die Antragstellerin besuche regelmäßig bis oft Ausstellungen im In- und Ausland und habe viele Erfolge mit ihren Katzen erzielen können.
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Diesen Sachverhalt teilte das Landratsamt … der Stadt … mit E-Mail vom 13. März 2018 mit, da die Antragstellerin die Zucht nach den Ergebnissen der Internetrecherche in … betreibe.
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Daraufhin erließ die Stadt … nach Anhörungsschreiben vom 19. März 2018, auf das keine Reaktion erfolgte, am 19. April 2018 den streitgegenständlichen Bescheid, mit dem der Antragstellerin jedwede Zucht mit der Katzenrasse „Scottish Fold“ untersagt wurde (Ziffer 1), sie verpflichtet wurde, die in ihrem Haushalt lebenden Scottish Fold Katzen bis spätestens 17. Mai 2018 von einem Tierarzt unfruchtbar machen zu lassen und hierüber eine schriftliche Bestätigung des behandelnden Tierarztes dem Ordnungsamt vorzulegen (Ziffer 2) sowie alle im Haushalt lebenden Katzen mit Namen, Geburtsdatum, Geschlecht, Rasse und Chip-Nummer zu benennen und diese Liste bis spätestens 17. Mai 2018 an das Ordnungsamt zu übersenden (Ziffer 3). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1, 2 und 3 wurde angeordnet (Ziffer 4). Für den Fall der Nichterfüllung der Ziffer 2 wurde Ersatzvornahme angedroht, d.h. die Scottish Fold Katzen werden der Antragstellerin weggenommen und auf ihre Kosten zum Zwecke der Kastration in tierärztliche Behandlung gegeben. Die mit der Ersatzvornahme beauftragten Bediensteten sind befugt, die Wohnung der Antragstellerin zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen. Die Kosten der Ersatzvornahme werden pro Tier vorläufig auf 300,00 EUR veranschlagt (Ziffer 5). Für den Fall der Nichteinhaltung von Ziffer 3 wurde Zwangsgeld i.H.v. 300,00 EUR angedroht (Ziffer 6). Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (Ziffer 7). Für den Bescheid wurden Gebühren i.H.v. 150,00 EUR und Auslagen i.H.v. 130,00 EUR für das Gutachten der Amtsveterinärin zuzüglich 4,11 EUR für die Zustellungsurkunde erhoben (Ziffer 8). Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Qualzucht vorliege, die unter das Zuchtverbot des § 11 b Abs. 1 TierSchG falle. Daher könne nach § 11 b Abs. 2 TierSchG das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren angeordnet werden. Eine Kastration sei die einzig sinnvolle Maßnahme, um eine Zucht bzw. Vermehrung auszuschließen. Mildere Maßnahmen, die weitere Vermehrung der Scottish Fold Katzen zu verhindern, seien nicht denkbar. Das öffentliche Interesse des Tierschutzes habe Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin, ihre Katzen nicht kastrieren lassen zu wollen. Ziffer 3 werde auf § 16 Abs. 2 TierSchG gestürzt. Danach haben natürliche Personen der zuständigen Behörde auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der durch dieses Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind. Eine andere Möglichkeit, den Bestand an Katzen festzustellen, wäre nur eine belastende Vor-Ort-Kontrolle gewesen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolge im öffentlichen Interesse, da die Vermeidung von Schmerzen, Leiden und Schäden bei dem Tier sonst gefährdet wäre. Die Untersagung der Zucht habe unverzüglich zu erfolgen. Entsprechendes gelte für die Anordnung der Kastration, um eine Verpaarung der Katzen definitiv ausschließen zu können. Die Androhung von Zwangsmitteln sei erforderlich. Die Ersatzvornahme stelle ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel dar, um eine zeitnahe Einhaltung der Anordnung zu gewährleisten. Die Androhung von Zwangsgeld führe nicht zwingend zu einer schnellen Befolgung der Anordnung (Ziffer 2), sodass die Vermehrung des Tieres zu erwarten sei. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes sei angemessen.
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In einem Telefonat am 25. April 2018 teilte die Antragstellerin mit, sie habe das Anhörungsschreiben nicht bekommen. Sie halte keine Katzen mehr. Sie habe nur noch Britisch Kurzhaar.
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Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2018 erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerin Anfechtungsklage unter der Maßgabe der Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten.
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Zur Begründung trug der Bevollmächtigte vor, die Antragstellerin halte 4 weibliche Tiere, wobei nur 3 Tiere in ihrem Eigentum gestanden hätten. Die weitere Katze werde von der Antragstellerin seit Februar 2017 nicht mehr gehalten. Nur 2 Katzen gehörten zur Rasse „Scottish Fold“, wobei eine davon unfruchtbar sei. Die männlichen Tiere seien keine „Scottish Fold“. Die fruchtbare Katze der Klägerin habe im Mai 2017 und im November 2017 geworfen. Die Klägerin habe ihre beiden „Scottish Fold“ Katzen am 3. Januar 2018 verkauft. Die Klägerin habe keine Kenntnis vom Anhörungsschreiben vom 19. März 2018. Das herangezogene Gutachten zur Qualzucht sei durch die Zuchtentwicklung überholt. Denn die Tiere der Rasse „Scottish Fold“ würde nicht mehr untereinander, sondern mit „Britisch Kurzhaar“-Katern gepaart, die als gesund und genetisch stabil gelten. Die Tiere aus den Zuchtbemühungen der Antragstellerin seien stets ohne Bewegungseinschränkungen und gesundheitliche Einschränkungen wegen vorgeblicher Verwachsungen, genetischen Deformationen oder Kommunikationseinschränkungen geblieben. Die Antragstellerin gibt an, dass Züchtungen in … für den Züchter und dessen Zuchtbemühungen folgenlos bleiben. Das Recht sei von der Stadt … unzutreffend angewandt worden.
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Mit Schreiben vom 14. Juni 2018 beantragte die Stadt …, den Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen.
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Zur Begründung wurde auf die Gründe des Bescheids sowie das zugrunde liegenden Gutachten der beamteten Tierärztin vom 16. März 2018 Bezug genommen. Dem auf dem Qualzuchtgutachten und weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Gutachten sei die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Auch die Verpaarung von Scottish Fold mit normalohrigen Katzen werde als tierschutzwidrige Qualzüchtung angesehen. Auskünfte der Stadt … seien für die Rechtmäßigkeit des Bescheids ohne Bedeutung. Unerheblich sei, ob die Antragstellerin das Anhörungsschreiben erhalten habe. Ein möglicher Verfahrensmangel werde jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt. Die Antragstellerin habe nach eigenem Bekunden und den in der Akte enthaltenen Internetausdrucken Katzen der Rasse Scottish Fold gezüchtet und beabsichtige dies noch.
10
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
11
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung ist abzulehnen, da die angestrebte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO hat. Es kann damit dahinstehen, ob die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung aufbringen kann.
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Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO auf Antrag einem Beteiligten zu bewilligen, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
I.
13
Bei summarischer Prüfung der derzeitigen Sach- und Rechtslage ist eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO zu verneinen, da nach Auslegung der eingereichten Klageschrift und des Prozesskostenhilfeantrags eine bedingte und damit unzulässige Klage vorliegt.
14
Wird bei Gericht gleichzeitig mit einem Prozesskostenhilfeantrag ein Schriftsatz eingereicht, der allen an eine Klageschrift zu stellenden Anforderungen entspricht, sind drei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen (s. hierzu und im Folgenden BVerwG, B.v. 16.10.1990 - 9 B 92/20, juris m.w.N.). Der Schriftsatz kann eine unabhängig von der Prozesskostenhilfebewilligung erhobene Klage sein. Es kann sich - zum anderen - um eine unter der Bedingung der Prozesskostenhilfegewährung erhobene und damit unzulässige Klage handeln. Schließlich kann der Schriftsatz lediglich einen der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags dienenden Entwurf einer erst zukünftig zu erhebenden Klage darstellen. Welche dieser Konstellationen vorliegt, ist eine Frage der Auslegung der im jeweiligen Einzelfall zu beurteilenden Prozesshandlungen. Dabei kommt es nicht auf den inneren Willen der Beteiligten an. Maßgebend ist vielmehr der in der Erklärung verkörperte Wille unter Berücksichtigung der erkennbaren Umstände des Falles.
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Nach diesem Maßstab handelt es sich vorliegend um eine bedingte Klageerhebung. Dies ergibt sich aus der gewählten Überschrift „Bedingte Klage“ als auch aus dem formulierten Klageantrag „unter der Maßgabe der Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung“. Aufgrund der Formulierung ist für eine andere Auslegung kein Raum. Gegen eine andere Auslegung spricht, auch unter Berücksichtigung der Ausführungen am Ende des Schriftsatzes, dass die Antragstellerin von einem Rechtsanwalt vertreten wird, so dass der Antragsformulierung gesteigerte Bedeutung zukommt und sich der Bevollmächtigte, anders als ein juristischer Laie, wegen seiner Sachkunde an den gestellten Anträgen grundsätzlich festhalten lassen muss.
16
Die Antragstellerin kann nicht zusammen mit dem Prozesskostenhilfegesuch Klage unter der Bedingung erheben, dass Prozesskostenhilfe gewährt wird. Eine solche bedingt erhobene Klage ist unwirksam und damit unzulässig (BVerwG, U.v. 17.1.1980 - 5 C 32/79, juris = BVerwGE 59, 302, 304; vgl. auch Sodan/Ziekow, VwGO, § 166 Rn. 21 m.w.N.).
II.
17
Selbst unter der Maßgabe, dass es sich um einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag handelt, der einer Klage vorweg geschaltet ist und die Klageschrift lediglich einen der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags dienenden Entwurf einer zukünftigen Klage darstellt, wäre bei summarischer Prüfung der derzeitigen Sach- und Rechtslage eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO zu verneinen, da die Klage dann unbegründet erscheint. Der angefochtene Bescheid vom 19. April 2018 stellt sich als rechtmäßig dar und hat die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Der Bescheid stellt sich als formell rechtmäßig dar. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin vor Erlass des Bescheides angehört wurde, da sie Gelegenheit zur Stellungnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hatte und diese Möglichkeit durch ihren Bevollmächtigten auch wahrgenommen hat, sodass jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG Heilung eingetreten ist.
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2. Das in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Verbot, sogenannte „Scottish Fold“ Katzen zu züchten, erscheint nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Es findet seine Rechtsgrundlage in § 16 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 b Abs. 1 Nr. 1 TierSchG.
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Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Zucht von „Scottish Fold“ dürfte gegen § 11 b Abs. 1 Nr. 1 TierSchG verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, Wirbeltiere zu züchten, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass als Folge der Zucht bei der Nachzucht erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.
21
Nach dem Gutachten der Amtsveterinärin handelt es sich bei der Katzenrasse Scottish Fold um eine Qualzüchtung, die unter das Zuchtverbot fällt. Das Gutachten der Amtsveterinärin erscheint schlüssig und nachvollziehbar. Das Zuchtverbot folgt zum einen daraus, dass bei Scottish Fold nur funktionseingeschränkte Ohren, sog. Faltohren, vorhanden sind. Ohren haben bei Katzen eine wichtige Kommunikationsfunktion. Katzen nutzen ihre Ohren, um ihre Erregung auszudrücken, sie signalisieren Aufmerksamkeit, aber auch Abwehr und Aggression. Bei abgeknickten Ohren ist diese Form des Ausdrucks nicht mehr möglich. Da der artgemäße Gebrauch der untypisch gefalteten Ohren nicht mehr gegeben ist und die Kommunikation beeinträchtigt, wird den Tieren durch die Zucht ein dauerhafter Schaden zugefügt. Zum anderen folgt dies aus der Osteochondrodysplasie, eine Knochen- und Knorpel-Erbkrankheit, an der Scottish Fold leiden. Die Vererbbarkeit von Knochen- und Knorpeldefekten treten dabei sowohl bei homozygoten als auch bei heterozygoten Merkmalsträgern für Faltohren auf. Die krankhaften Veränderungen am Skelettsystem in Form von Deformationen und Fehlbildungen sind schmerzhaft und gehen mit dauerhaften und teilweise erheblichen klinischen Erscheinungen einher. Sie schränken die Tiere in ihren Verhaltensweisen ein, wie dem Bewegungsverhalten oder dem Sozialverhalten. Da es sich um ein dominant vererbtes Merkmal handelt, sind auch mischerbige, heterozygote Merkmalsträger (Fd fd), die aus der Verpaarung von Scottish Fold mit normalohrigen Katzen hervorgehen, vom Krankheitsbild in variabler Ausprägung von gering- bis hochgradig betroffen. Es ist daher stets mit einer mit Schmerzen, Leiden und Schäden verbundenen Erkrankung bei den Nachkommen zu rechnen.
22
Die Amtstierärztin zieht für ihre Begutachtung unter anderem das Gutachten zur Auslegung von § 11 b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen) aus dem Jahr 1999 (im Folgenden: Qualzuchtgutachten) heran, das als Orientierungshilfe dient. Das Qualzuchtgutachten bestätigt die Ausführungen der Amtstierärztin hinsichtlich des Zuchtverbotes für Scottish Fold, auch hinsichtlich einer Verpaarung von Scottish Fold mit normalohrigen Katzen. Das Qualzuchtgutachten empfiehlt ein Zuchtverbot für Katzen mit Fd-Gen determinierten „Kippohren“. Bei der Zucht auf Kippohren muss immer damit gerechnet werden, dass auch bei einem Teil der heterozygoten Fd fd-Nachzucht Knorpel- und Knochenschäden auftreten, die zu dauerhaften Schmerzen, Leiden und Schäden führen (Qualzuchtgutachten, S. 44).
23
Den beamteten Tierärzten wurde bei der Frage, ob die Anforderungen des TierSchG erfüllt sind, vom Gesetz eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt (BayVGH, B.v. 12.11.2013 - 9 CS 13.1946; U.v. 30.1.2008 - 9 B 05.3146 - jeweils juris; vgl. zudem Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 15 TierSchG, Rn. 5). Die Amtstierärzte sind als gesetzlich vorgesehene Sachverständige gemäß § 15 Abs. 2 TierSchG für diese Aufgaben eigens bestellt. Schlichtes Bestreiten vermag die Aussagekraft einer amtstierärztlichen Beurteilung nicht zu entkräften, dasselbe gilt für unsubstantiierte, pauschale Behauptungen (VG Schleswig-Holstein, U.v. 2.7.2018 - 1 A 52/16 - juris Rn. 82 mit Verweis auf VG Würzburg, B.v. 22.11.2011 - W 5 S 11.849 - juris Rn. 38; VG Würzburg, B.v. 19.4.2011 - W 5 S 11.242 - juris Rn. 47). Den Einschätzungen der Amtsveterinärin ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten. Daher kann auch der Einwand der Antragstellerin, sie würde die Tiere der Rasse Scottish Fold nicht untereinander, sondern weibliche Tiere mit „Britisch-Kurzhaar“-Katern kreuzen, nicht durchgreifen.
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3. Auch die Anordnung, die von der Antragstellerin gehaltenen Scottish Fold Katzen unfruchtbar machen zu lassen, erscheint nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
25
Diese Anordnung stützt sich auf § 11 b Abs. 2 TierSchG. Danach kann die zuständige Behörde das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen, soweit züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass Nachkommen Störungen oder Veränderungen i.S.d. § 11 b Abs. 1 TierSchG zeigen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dürften - unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Ziffer 1 - erfüllt sein. Die Anordnung erweist sich auch als verhältnismäßig. Es ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein Verbot nach § 11 b Abs. 1 TierSchG das Unfruchtbarmachen als im Regelfall gebotene Maßnahme ansieht (vgl. auch VG Berlin, U.v. 23.9.2015 - 24 K 202.14, juris Rn. 45). Auch im konkreten Einzelfall erweist sich die Anordnung des Unfruchtbarmachens im Lichte des § 1 Satz 2 TierSchG, wonach niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf, als verhältnismäßig. Ein milderes, ebenso effektives Mittel, die weitere Vermehrung von Scottish Fold zu verhindern, ist vorliegend nicht ersichtlich.
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4. Die weiteren Ziffern des streitgegenständlichen Bescheids sind ebenfalls nicht zu beanstanden.
III.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist deshalb abzulehnen. Eine Beiordnung des Prozessbevollmächtigten nach § 121 Abs. 2 ZPO muss daher ausscheiden.