Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.06.2019 – 3 CE 19.916
Titel:

Zulässigkeit und Bestimmtheit einer amtsärztlichen Untersuchungsanordnung

Normenketten:
VwGO § 44a, § 123, § 146
BayBG Art. 65 Abs. 2 S. 1, Art. 128 Abs. 1 S. 3
BeamtStG § 26 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten ist gemäß § 44a VwGO nicht isoliert angreifbar, sondern -falls der Beamte ihr nicht folgt- nur im Rahmen des Verfahrens gegen die nachfolgende Zurruhesetzungsverfügung inzidenter gerichtlich überprüfbar. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Dienstherr kann in der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung nur nach Maßgabe der ihm vorliegenden Erkenntnisse Gründe angeben, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, um Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung zu bestimmen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Amtsärztliche Untersuchungsanordnung, Mangels Angaben des Beamten keine Anhaltspunkte zu Art der Erkrankung, amtsärztliche Untersuchung, Erkrankung, Beamter, Anordnung, Gesundheitszustand, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Verwendungsfähigkeit, Zulässigkeit, Zurruhesetzungsverfügung, Bestimmtheit Untersuchungsanordnung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Entscheidung vom 09.04.2019 – Au 2 E 19.425
Fundstelle:
BeckRS 2019, 13796

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
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Der im Jahr 1962 geborene Antragsteller steht als Polizeioberkommissar (BesGr. A 10) im Dienst des Antragsgegners und wendet sich gegen die Anordnung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen.
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Der Antragsteller war seit dem 14. Januar 2019 krankgeschrieben, nachdem er am 12. Januar 2019 über eine dienststelleninterne Umsetzung zum 21. Januar 2019 informiert worden war. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen datierten vom 15. Januar 2019 (arbeitsunfähig vom 14. Januar bis einschließlich 20. Januar 2019), vom 29. Januar 2019 (arbeitsunfähig vom 28. Januar bis einschließlich 10. Februar 2019), vom 8. Februar 2019 (arbeitsunfähig vom 28. Januar bis einschließlich 28. Februar 2019) und vom 27. Februar 2019 (arbeitsunfähig vom 28. Januar bis einschließlich 31. März 2019). Diese Bescheinigungen wurden jeweils durch einen Arzt für Allgemeinmedizin ausgestellt.
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Mit der hier streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung vom 14. März 2019 forderte das zuständige Polizeipräsidium den Antragsteller auf, sich am 25. März 2019 um 9:30 Uhr zur Beurteilung seiner Dienst- und Verwendungsfähigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung bei dem ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei, Herrn Medizinaldirektor Dr. G. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Facharzt für Allgemeinmedizin), zu unterziehen. Zur Klärung der Polizeidienstfähigkeit werde im Rahmen der Begutachtung ein ausführliches Anamnesegespräch zur diagnostischen Erhebung vorliegender Erkrankungen mit dem Amtsarzt geführt. In diesem würden gegebenenfalls bestehende psychologische, psychiatrische bzw. neurologische Beschwerden und Störungen sowie Konfliktkonstellationen exploriert. Gegenstand des psychologischen, psychiatrischen bzw. neurologischen Anamnesegesprächs könnten unter anderem eine Familienanamnese mit psychosozialer Situation, frühkindliche und schulische Entwicklung, Pubertät und frühes Erwachsenenalter, Partnerschaften, Ehe, Familie, sozioökonomische Verhältnisse, Freizeitgestaltung, Suchtanamnese und frühere psychische und physische Erkrankungen sein.
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Nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 21. März 2019 die Rücknahme der Untersuchungsanordnung ablehnte, beantragte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht,
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ihn vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom 14. März 2019 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Feststellung der Verpflichtung des Antragstellers, die Untersuchungsanordnung des Antragsgegners zu befolgen, freizustellen.
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Der Antragsgegner beantragte,
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den Antrag abzuweisen.
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Mit Beschluss vom 9. April 2019 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Der Antragsteller könne einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen, da sich die Untersuchungsanordnung nach summarischer Prüfung als formell und materiell rechtmäßig erweise. Sie genüge den vom Bundesverwaltungsgericht festgelegten inhaltlichen und formellen Anforderungen.
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Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens sein Begehren weiter.
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Der Antragsgegner hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakten sowie die vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
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1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) ist gemäß § 44a VwGO unzulässig.
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Das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 20 ff.) hat jüngst höchstrichterlich geklärt, dass eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten gemäß § 44a VwGO nicht isoliert angreifbar, sondern - falls der Beamte der Anordnung nicht folgt - nur im Rahmen des (Eil- oder Klage-)Verfahrens gegen die nachfolgende Zurruhesetzungsverfügung (inzidenter) gerichtlich überprüfbar ist. Trotz des gerichtlichen Hinweises vom 10. Mai 2019 verhält sich die Beschwerde hierzu nicht.
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2. Unabhängig davon ist der Antrag auch unbegründet. Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, dass die Untersuchungsanordnung zu unbestimmt, nicht aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar sei. Tatsächlich wolle der Antragsgegner den Antragsteller nicht deshalb amtsärztlich untersuchen lassen, weil er Zweifel an seiner uneingeschränkten Verwendungsfähigkeit als Polizeivollzugsbeamter habe, sondern weil er seine Dienstunfähigkeit bezweifle. Es gelte aber der Grundsatz, dass einem Beamten nicht die aktive Mitwirkung einer Sachverhaltsaufklärung auferlegt werden dürfe, die darauf abziele, ihn eines Dienstvergehens zu überführen.
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Damit kann der Antragsteller nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs als unbegründet abgelehnt.
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2.1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung liegen vor (§ 26 Abs. 1 BeamtStG, Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG i.V.m. Art. 128 Abs. 1 Satz 3 BayBG). Einer Untersuchungsanordnung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen (BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 42). Steht die Dienstunfähigkeit des nicht anderweitig verwendbaren Beamten auf Lebenszeit fest, ist er in den Ruhestand zu versetzen. Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten, ist die Behörde zur Anordnung einer ärztlichen Untersuchung berechtigt (Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG i.V.m. Art. 128 Abs. 1 Satz 3 BayBG). Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen. Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betreffende Beamte sei dienstunfähig (BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 42 m.w.N.; U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - juris Rn. 19). So verhält es sich hier.
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Im Ansatz nicht weiterführend ist die Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner habe keine ernsthaften Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers, sondern vielmehr an seiner Dienstunfähigkeit bzw. der Nachvollziehbarkeit der Krankmeldung. Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin (BA S. 8), dass es eher semantischer Natur ist, welchen Bezugspunkt des Zweifels der Dienstherr in der Anordnung verwendet (Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit). Dies zeigt sich auch daran, dass vergleichbare Regelungen anderer Landesbeamtengesetze nicht wie Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG auf Zweifel über die Dienstunfähigkeit, sondern auf Zweifel an der Dienstfähigkeit abstellen. Der Dienstherr kann weder von der Dienstfähigkeit noch von der Dienstunfähigkeit des Antragstellers gesichert ausgehen. Die Frage der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit ist zwischen den Beteiligten nicht übereinstimmend geklärt. Es mangelt an belastbaren Informationen über den derzeitigen Gesundheitszustand des Antragstellers, die eine fachlich fundierte Prognose zu seiner Dienstfähigkeit zulassen würde.
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Die Einleitung eines Verfahrens zur Versetzung in den Ruhestand setzt die Einschätzung des Beamten durch seinen Dienstherrn als (dauerhaft) dienstunfähig und damit Zweifel an seiner Dienstfähigkeit voraus, da er nur in diesem Fall einen Handlungsauftrag durch das Gesetz hat (Summer in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand Mai 2019, BayBG, Art. 65 Rn. 3). Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG i.V.m. Art. 128 Abs. 1 Satz 3 BayBG kann als Rechtsgrundlage für die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung eines Beamten nur herangezogen werden, wenn seine Ruhestandsversetzung beabsichtigt ist, nicht aber dann, wenn lediglich seine weitere Verwendungsfähigkeit geklärt werden soll (BVerwG, B.v. 23.10.1979 - 1 WB 149.78 - BVerwGE 63, 278 - juris Rn. 36).
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Daneben knüpft der Wortlaut des Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG - systematisch konsequent - an Zweifel hinsichtlich der Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für eine Untersuchungsanordnung an, wenn die Dienstunfähigkeit nicht von vornherein, z.B. aufgrund einer belastbaren Attestlage, zweifelsfrei feststehen sollte.
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Beide Voraussetzungen liegen hier vor. Gleichwohl die Bezugnahme auf die umgehende Erkrankung des Antragstellers nach Mitteilung der geplanten Personalentscheidung in der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung darauf schließen lassen könnte, dass der Antragsgegner in erster Linie geklärt haben will, ob den Krankmeldungen ein belastbarer Tatsachenkern zugrunde liegt, lassen sich aus der Untersuchungsanordnung hinreichende Anhaltspunkte für begründete Zweifel des Dienstherrn an der Dienstfähigkeit des Antragstellers entnehmen, die die Einleitung eines Verfahrens zur Ruhestandsversetzung rechtfertigen. So rekurriert der Antragsgegner in der streitgegenständlichen Anordnung etwa auf die seit 14. Januar 2019 (nahezu) durchgehende Krankschreibung des Antragstellers. Aufgrund der Gesamtdauer der Krankschreibung (knapp zweieinhalb Monate) und des Umstandes, dass der Krankenstand seit dem 28. Januar 2019 ununterbrochen fortdauert, liegen hinreichend gewichtige tatsächliche Umstände vor, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betreffende Beamte sei nicht dienstfähig. Angesichts dieser Fehlzeiten, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersuchungsanordnung nur knapp unterhalb der zeitliche Mindestgrenze des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verbleiben, liegt die Dienstunfähigkeit des Beamten nahe. Letztgenannte Bestimmung entfaltet keine Sperrwirkung (BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 49). Zudem liegen mangels aussagekräftiger ärztlicher Bescheinigungen Zweifel an der Dienstunfähigkeit des Antragstellers vor, die eine amtsärztliche Untersuchungsanordnung rechtfertigen.
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2.2. Die Untersuchungsanordnung ist ferner nach Art und Umfang hinreichend bestimmt.
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Die Untersuchungsanordnung muss Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Belieben des Arztes überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dem entsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 44). Der Dienstherr kann aber nur nach Maßgabe der ihm vorliegenden Erkenntnisse Gründe angeben, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, und Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung bestimmen. Hat die Behörde keinerlei weitergehende Erkenntnisse als die, dass und in welchem Umfang der Beamte krankheitsbedingte Fehltage aufweist, kann sie auch nur dies als Grund für ihre Zweifel an der dauernden Dienst(un) fähigkeit des Beamten anführen; ist den vom Beamten eingereichten ärztlichen Attesten (Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen, „Krankschreibungen“) kein Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu entnehmen und ist ein solcher Grund von dem Beamten auch nicht anderweitig freiwillig offenbart oder sonst wie bekannt geworden, kann die Behörde - naturgemäß - auch die Art und den Umfang der ärztlichen Untersuchung nicht näher eingrenzen (BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 50).
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2.2.1. Dementsprechend sind die Gründe für die angeordnete amtsärztliche Untersuchung des Antragstellers zur Überprüfung seiner Dienstfähigkeit in der Untersuchungsanordnung in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise angegeben, da aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht ersichtlich ist, ob und ggf. wann mit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit gerechnet werden kann; dafür, dass die festgestellten erheblichen Fehlzeiten auf Erkrankungen zurückzuführen sind, die die Dienstfähigkeit des Antragstellers tatsächlich nicht dauerhaft tangieren, gibt es keine Anhaltspunkte.
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2.2.2. Auch Art und Umfang der geforderten amtsärztlichen Untersuchung sind vor dem Hintergrund der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls als hinreichend nachvollziehbar bestimmt anzusehen. Da es der Antragsteller unterlassen hat, Angaben zu seiner Erkrankung zu machen, und auch keine ärztlichen Atteste vorgelegt hat, die eine Untersuchung ganz oder teilweise entbehrlich machen können (BVerwG, B.v. 10.4.2014 - 2 B 80.13 - juris Rn. 11), ist nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner eine Erstuntersuchung zur Erhebung des Krankheitsbildes angeordnet hat, um überhaupt eine (mögliche) Diagnose zu erhalten (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2016 - 3 CE 15.2768 - juris Rn. 31). Erst wenn die auf erster Stufe zu erfolgende ausführliche Anamnese durch den Amtsarzt zu dem Ergebnis führen sollte, dass weitere, näher konkretisierte (fach-) ärztliche Untersuchungen notwendig sein sollten - was durch die Formulierung in der streitgegenständlichen Anordnung „gegegebenfalls“ zum Ausdruck kommt -, sollten weitere psychologische, psychiatrische bzw. neurologische Anamnesegespräche durchgeführt werden. Höchstrichterlich ist geklärt (BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 2 VR 5.18 - juris Rn. 56), dass sich eine Untersuchungsanordnung - wenn erforderlich - auf mehrere Termine und thematisch verschiedene (fach-)ärztliche Untersuchungen erstrecken kann; sie kann insbesondere beinhalten, dass sich der Beamte ggf. einer von dem beauftragten (Amts-)Arzt für erforderlich gehaltenen Zusatzbegutachtung zu unterziehen hat.
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2.3. Im Übrigen steht das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleiteten Verbot eines Zwangs zur Selbstbezichtigung (nemo tenetur se ipsum accusare) der sich aus Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG i.V.m. Art. 128 Abs. 1 Satz 3 BayBG ergebenden Pflicht des Beamten, sich nach Weisung des oder der Dienstvorgesetzten ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, beobachten zu lassen, nicht entgegen.
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Ein Beamter ist zur Mitwirkung an Maßnahmen auch dann verpflichtet, wenn deren Ergebnisse später gegen ihn verwertet werden können (BVerwG, U.v. 10.2.1972 - I D 38.71 - BVerwGE 43, 305/308 - juris Rn. 1). Seine Grundrechte werden durch die beamtenrechtliche Pflicht aus Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG zur aktiven Mitwirkung an der Aufklärung seiner (Polizei-)Dienstunfähigkeit nicht verletzt. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für einen Verstoß gegen das Selbstbezichtigungsverbot ist nicht die Eingriffswirkung einer ärztlichen Untersuchung, sondern die Verwertungsmöglichkeit in einem womöglich anschließenden Disziplinarverfahren. Im vorliegenden Fall ist aber nicht die Rechtmäßigkeit der disziplinarischen Ahndung eines durch die amtsärztliche Untersuchung nachgewiesenen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst zu beurteilen, sondern die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).