Titel:
Schenkungsteuerliche Behandlung von Ausschüttungen eines USamerikanischen Trusts
Normenketten:
AStG § 15
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2, § 15 Abs. 2 S. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1
FGO § 44, § 100 Abs. 1 S. 1, § 105 Abs. 3 S. 2
Schlagwort:
Schenkungsteuer
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Urteil vom 25.06.2021 – II R 31/19
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
ErbStB 2019, 285
EFG 2019, 1233
UVR 2019, 304
StEd 2019, 454
DStRE 2019, 1228
ZEV 2019, 663
DStR 2019, 1921
BeckRS 2019, 12162
IStR 2020, 36
LSK 2019, 12162
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Streitig ist die schenkungsteuerliche Behandlung von Ausschüttungen eines USamerikanischen Trusts.
2
Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige, war mit dem am … verstorbenen - ausschließlich in den USA wohnhaften - … (im Folgenden: XY) verheiratet. Seit 2011 hat die Klägerin wieder einen Wohnsitz im Inland.
3
XY errichtete zum Zwecke der Nachfolgeplanung diverse Trusts nach USamerikanischem Recht, u.a. den hier streitgegenständlichen „… Trust …“ (im Folgenden: „Trust“). Begünstigter des Trusts ist die Klägerin. Der mit Vertrag vom … errichtete Trust ist unwiderruflich. Daneben ist der Trust intransparent und eine selbständige Vermögensmasse. So sind die Verwalter des Trusts in ihren Anlageentscheidungen frei und können uneingeschränkt über das Trustvermögen verfügen. Weder XY, der Errichter des Trusts, noch die Klägerin als Begünstigte konnten bzw. können Einfluss auf Anlageentscheidungen des Trusts nehmen. Beginnend mit dem Tod von XY sollen die Nettoeinnahmen des Trusts gemäß den Verfügungen der Verwalter des Trusts an die Klägerin in vierteljährlichen Raten ausbezahlt werden. Beendet wird der Trust mit dem Tod der Klägerin. Das Vermögen des Trusts soll nach dem Ableben der Klägerin an deren Tochter bzw. deren Abkömmlingen ausgeschüttet werden. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den mit Schriftsatz der Klägerin vom 14. September 2018 eingereichten Errichtungsvertrag des Trusts verwiesen.
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Die Klägerin erhielt aus dem Trust im Jahr 2011 mit insgesamt fünf Ausschüttungen einen Gesamtbetrag von … € (bestehend aus Zinsen und Dividenden) ausbezahlt.
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Mit bestandskräftigem Einkommensteuer(ESt) bescheid 2011 vom 7. Februar 2017 setzte das FA Z gegenüber der Klägerin ESt i.H.v. … € fest, hierbei legte es u.a. einen Hinzurechnungsbetrag i.H.v. 400.032 € nach § 15 Abs. 1 des Gesetzes über die Besteuerung von Auslandsbeziehungen (AStG) zu Grunde. Von diesem Betrag i.H.v. 400.032 €, der sämtliche zu Gunsten der Klägerin als Begünstigte errichtete US-Trusts erfasst, entfällt ein ertragsteuerlicher Hinzurechnungsbetrag (nach § 15 AStG) i.H.v. 2.017,16 € auf den Trust.
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In der Anlage zu der (… beim beklagten Finanzamt -FAeingegangenen) Schenkungsteuererklärung wurden von der Klägerin für das Jahr 2011 folgende fünf Ausschüttungen des Trusts erklärt:
3. Januar 2011
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… €
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31. März 2011
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… €
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30. Juni 2011
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… €
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30. September 2011
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… €
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Zwischensumme der o.g. vier Erwerbe
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… €
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30. Dezember 2011
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… €
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Ausgehend hiervon erließ das FA am 21. Januar 2016 insgesamt fünf Schenkungsteuerbescheide, (…) die die Erwerbe der Klägerin aus den Ausschüttungen des Trusts im Jahr 2011 betreffen. In den vier Schenkungsteuerbescheiden (Steuernummern …), die die Erwerbe zum 3. Januar 2011, 31. März 2011, 30. Juni 2011 und 30. September 2011 betreffen, wurde jeweils eine Steuer von 0 € festgesetzt. Im - in diesem Klageverfahren allein - streitgegenständlichen Schenkungsteuerbescheid vom 21. Januar 2016 (Steuernummer …) setzte das FA Schenkungsteuer i.H.v. … € fest. Diesem Bescheid legte das FA einen - zwischen den Beteiligten der Höhe nach nicht streitigen - Erwerb zum 30. Dezember 2011 i.H.v. … € sowie - ebenfalls zwischen den Beteiligten der Höhe nach nicht streitige - Vorerwerbe i.H.v. … € zu Grunde und brachte hiervon den Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.H.v. 500.000 € zum Abzug. Auf den sich hieraus ergebenden steuerpflichtigen Erwerb i.H.v. 20.400 € wendete das FA (nach § 19 Abs. 1 ErbStG) den Steuersatz von 7% an.
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Den gegen Schenkungsteuerbescheid vom 21. Januar 2016 (Steuernummer …) mit Schriftsatz vom 27. Januar 2016 eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2016 als unbegründet zurück. Die Ausschüttungen des Trusts an die Klägerin erfüllten nach Auffassung des FA hinsichtlich der ausgezahlten Vermögenserträge den Tatbestand § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG. Auch liege keine verfassungswidrige Doppelbelastung der Klägerin mit Schenkungs- und Einkommensteuer vor. Insbesondere könne durch die Errichtung mehrerer Trusts durch denselben Trusterrichter, unter Begünstigung derselben Destinäre, mehrfach (korrespondierend zur Anzahl der Trusts) der aufgrund des Steuerklassenprivilegs nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG deutlich günstigere, persönliche Freibetrag nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Trusterrichter in Anspruch genommen werden. Schenker bleibe der jeweilige Trust. Daher entfalle auch eine Zusammenrechnung der jeweiligen Erwerbe aus den einzelnen Trusts und aus den direkten Zuwendungen des Trusterrichters im Rahmen des § 14 ErbStG.
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Die hiergegen mit Schriftsatz vom 21. Juli 2016 eingelegte Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt: Die doppelte steuerliche Erfassung der Trust-Erträge mit Einkommen- und Schenkungsteuer sei rechtswidrig. So erfasse § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach der Gesetzesbegründung die Ausschüttung von Erträgen eines Trusts. Der ertragsteuerlichen Zurechnung von ausgeschütteten Erträgen nach § 15 AStG und der gleichzeitigen schenkungsteuerlichen Erfassung nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG liege derselbe Lebenssachverhalt (Einkünfte aus einem Trust) zugrunde. Selbst wenn die Doppelbesteuerung zeitlich auseinanderfalle, sei sie dadurch nicht gerechtfertigt. Unter Heranziehung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Juli 2014 II B 40/14, BFH/NV 2014, 1554 könnten Einkünfte nicht gleichzeitig der ESt und der Schenkungsteuer unterliegen. Im Streitfall sei der Betrag i.H.v. 2.017,16 € jeweils bei der ESt und bei der Schenkungsteuer (mithin doppelt) erfasst worden.
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Die Klägerin beantragt,
den Schenkungsteuerbescheid vom 21. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2016 (Steuernummer …) aufzuheben,
hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall der vollständigen oder teilweisen Klagestattgabe, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
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Es verweist zur Klageerwiderung auf die streitgegenständliche Einspruchsentscheidung und führt ergänzend hierzu aus, dass es für die Besteuerung der Schenkungen ohne Belang sei, inwieweit laufende Erträge in den der Schenkung unterworfenen Auskehrungen enthalten seien.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Schenkungsteuerakte des FA sowie die Gerichtsakte nebst Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2019 Bezug genommen.
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist zulässig, da sie insbesondere fristgerecht erhoben worden ist. Auch hat die Klägerin ein erfolgloses Vorverfahren durchgeführt (vgl. § 44 Abs. 1 FGO), da das FA in der streitgegenständlichen Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2016 über den Einspruch der Klägerin vom 27. Januar 2016 gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 21. Januar 2016 (Steuernummer …) entschieden hat.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Schenkungsteuerbescheid vom 21. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2016 (Steuernummer …) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat die Schenkungsteuer wegen der von der Klägerin im Jahr 2011 aus dem Trust erhaltenen Zahlungen zu Recht gegen sie festgesetzt.
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a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungsteuer. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden, was bei der Aufhebung einer Stiftung oder bei der Auflösung eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erworben wird. Dem steht nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG der Erwerb bei der Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, sowie der Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse gleich.
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b) Bei dem streitgegenständlichen Trust handelte es sich um eine Vermögensmasse ausländischen Rechts i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG.
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aa) Die für Annahme einer Vermögensmasse ausländischen Rechts erforderliche Vermögensbindung ist bei einem Trust anzunehmen, wenn der Errichter bestimmt hat, dass die Verwalter des Trusts das Vermögen im Interesse der später Begünstigten verwalten und auf diese im Rahmen einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Vermögensnachfolge übertragen sollen (BFH-Urteil vom 27. September 2012 II R 45/10, BFHE 238, 540, BStBl II 2013, 84).
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bb) Der von XY nach USamerikanischem Recht zur Bindung von Vermögen errichtete Trust erfüllt diese Voraussetzungen. Das Vermögen war nach dem Errichtungsvertrag für einen bestimmten Zweck (Versorgung der Klägerin) und bis zum Ableben der Klägerin gebunden. Weder XY noch die Klägerin als Begünstigte konnten bzw. können Einfluss auf Anlageentscheidungen des Trusts nehmen. Auch hat sich der Errichter XY keine Widerrufsmöglichkeit vorbehalten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 238, 540).
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cc) Der streitgegenständliche Trust ist mithin Zuwendender i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2009 II R 6/07, BFHE 227, 374, BStBl II 2010, 237; von Oertzen/Stein, ZEV 2010, 500, 502 m.w.N.). Hieran ändert sich auch nichts durch die Fiktion des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG (vgl. Jülicher, ZErb 2015, 357).
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c) Die (nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG unbeschränkt steuerpflichtige) Klägerin ist Zwischenberechtigte im Hinblick auf die Auszahlung vom 30. Dezember 2011 (sowie die weiteren Auszahlungen im Jahr 2011) i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG, da sie weder Anfangs- noch Endberechtigte des Trusts ist (vgl. auch Jülicher ZErb 2015, 357, 359). Zwischenberechtigte sind nämlich alle Personen, die - wie im Streitfall die Klägerin - während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 238, 540 m.w.N.).
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d) Die Ausschüttungen im Streitfall erfüllen auch hinsichtlich der vom Trust ausgezahlten Vermögenserträge (bestehend aus Zinsen und Dividenden) den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG. So ist nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG steuerbarer Erwerb der Zwischenberechtigten alles, was die berechtigten Personen nach dem Ermessen der Treuhänder oder aufgrund eigenen Rechtsanspruchs vor der Auflösung des Trusts aus dessen Vermögen oder Erträgen erhalten. Der Besteuerung unterliegen damit auch die ausgeschütteten Vermögenserträge und nicht nur die ausgeschüttete Vermögenssubstanz (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 2 Rz. 142). Die Steuer entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bei einer Schenkung unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung (im Streitfall: mit der Ausschüttung an die Klägerin).
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e) Mithin hat das FA zu Recht vom Wert des Erwerbs i.H.v. … € und den Vorerwerben i.H.v. … € den Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.H.v. 500.000 € (nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG; vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2009 II R 6/07, BFHE 227, 374, BStBl. II 2010, 237; Wolf Wassermeyer, FR 2015, 149; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 15 Rz. 130 f.) in Abzug gebracht und auf den sich hieraus ergebenden steuerpflichtigen Erwerb i.H.v. … € den Steuersatz von 7% angewendet (nach § 19 Abs. 1 ErbStG). Hierbei konnte der Senat die Frage dahingestellt lassen, ob durch Errichtung einer Vielzahl von Trusts durch ein und denselben Errichter mit dem jeweils selben Begünstigten (wie im Streitfall in Bezug auf den Sachverhalt des Klageverfahrens 4 K 2034/16) der Freibetrag (nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG) beliebig oft vervielfältigt werden kann. Nachdem das FA im Streitfall (unabhängig von der Anzahl der durch XY zugunsten der Klägerin errichteten Trusts) den Freibetrag in Abzug gebracht hat, darf das Gericht durch seine Entscheidung die Rechtsposition der Klägerin im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (sog. Verbot der reformatio in peius, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 60/05, BFHE 217, 485, BStBl II 2008, 303).
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f) Der mit Bescheid vom 21. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2016 erfolgten Schenkungsteuerfestsetzung steht im Streitfall auch insoweit nicht der Umstand entgegen, dass ein Betrag i.H. von 2.017,16 € auch der ESt-Festsetzung 2011 zugrunde gelegen hat. Zwar ist aus dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. September 2018 eingereichten - nach Angaben der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 14. September 2018) bestandskräftigen - ESt-Bescheid 2011 vom 7. Februar 2017 sowie den weiteren Angaben der Klägerin im Schriftsatz vom 14. September 2018 ersichtlich, dass ein Betrag von 2.017,16 € sowohl der Schenkungsteuer (im Bescheid vom 21. Januar 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2016, Steuernummer …) als auch der ESt-Besteuerung zu Grunde gelegen hat. So entfällt von dem Hinzurechnungsbetrag i.H.v. insgesamt 400.032 €, den das FA Z dem ESt-Bescheid 2011 vom 7. Februar 2017 nach § 15 Abs. 1 AStG zu Grunde gelegt hat, - nach Angaben der Klägerin - ein Teilbetrag i.H.v. 2.017,16 € auf den Trust. Hierin liegt jedoch nach Auffassung des erkennenden Senats aus folgenden Erwägungen keine unzulässige Doppelbesteuerung:
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aa) Ein gesetzlicher Ausschluss der Schenkungsteuer durch die ESt existiert nicht.
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(1) Während die Schenkungsteuer freigebige Zuwendungen erfasst, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), unterliegen der ESt Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 2 EStG, für die eine Einkünfteerzielungsabsicht vorausgesetzt wird. Der Empfänger von Leistungen kann diese - dem Grunde nach - entweder nur unentgeltlich von einem Zuwendenden erhalten (= freigebige Zuwendung) oder sie in eigener Person mit der Absicht, Einkünfte zu erzielen, erwirtschaften (= einkommensteuerpflichtige Einkünfte), vgl. Meßbacher-Hönsch in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 99. Lieferung, Stand: 01.10.2015, § 1 ErbStG Rz. 11 m.w.N. Daher ist es grundsätzlich tatbestandlich ausgeschlossen, mit derselben Handlung sowohl eine freigebige Zuwendung zu verwirklichen (§ 7 ErbStG) als auch wirtschaftlich am Markt teilzunehmen (vgl. BFH-Beschluss vom 12. September 2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229).
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(2) Gleichwohl hat der BFH bereits mit Beschluss vom 16. Februar 2012 II B 91/11, BFH/NV 2012, 952 entschieden, dass sich Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer einerseits und ESt andererseits grundsätzlich nicht ausschließen (vgl. hierzu auch die BFH-Urteile vom 26. Juli 1963 VI 353, 354/62 U, BFHE 77, 438, BStBl III 1963, 481; vom 22. Dezember 1976 II R 58/67, BFHE 121, 487, BStBl II 1977, 420; vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641; vgl. auch Werner, ZEV 2016, 133, 136 f.); kritisch Crezelius ZEV 2015, 392, 394). Auch kann nach Ansicht des BFH in BFH/NV 2012, 952 eine mögliche künftige Belastung mit ESt bei der Bewertung der aufgrund der Schenkung eintretenden Bereicherung nicht berücksichtigt werden.
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(3) Ausgehend von den obigen Erwägungen ist der streitgegenständliche Sachverhalt zutreffend der Schenkungsteuer unterworfen worden. Insbesondere steht der Auffassung des erkennenden Senats auch nicht der BFH-Beschluss vom 21. Juli 2014 II B 40/14, BFH/NV 2014, 1554 entgegen. In diesem Beschluss hat der BFH zwar ernstliche rechtliche Zweifel geäußert, ob Einkünfte gleichzeitig der ESt und der Schenkungsteuer unterliegen können. In dem - dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 1554 zugrundeliegenden - Sachverhalt schüttete eine ausländische Stiftung Geld an die Begünstigten der Stiftung aus. Diese Ausschüttung wurde einerseits ertragssteuerlich nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 und 2 EStG und andererseits schenkungssteuerrechtlich nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG erfasst. Im Streitfall erfolgte - im Unterschied zu dem Sachverhalt in BFH/NV 2014, 1554 - die ertragsteuerliche Erfassung durch Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG, die jedoch - entgegen § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG - gerade keine Ausschüttung und auch keinen Zufluss an den Begünstigten voraussetzt. Wäre im Streitfall keine Ausschüttung des Trusts an die Klägerin erfolgt, wäre - entgegen dem vom BFH in BFH/NV 2014, 1554 zu beurteilenden Sachverhalt - zwar eine ertragsteuerliche Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG durchgeführt worden, der Schenkungsteuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG wäre jedoch nicht erfüllt gewesen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 238, 540). Daher liegt nach Auffassung des erkennenden Senats im Streitfall auch keine doppelte steuerliche Erfassung desselben Lebenssachverhalts vor. Vielmehr liegen bei der ertragsteuerlichen Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG, die gerade keine Ausschüttung und somit auch keinen tatsächlichen Zufluss an den Begünstigten voraussetzt, und dem tatsächlichen Zufluss, der Voraussetzung für den Schenkungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ist (und nach § 15 Abs. 11 AStG ertragsteuerlich nicht steuerbar ist), zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte vor (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 2 Rz. 141; Götz, DStR 2014, 1047, 1049). Denn die ertragsteuerliche Zurechnung des Einkommens des Trusts erfolgt während eines Veranlagungszeitraums unabhängig davon, ob überhaupt eine Ausschüttung vorgenommen wurde und ein Zufluss beim Begünstigten erfolgt ist (vgl. Schienke-Ohletz/Kühn, ZEV 2015, 150; Franz Wassermeyer, IStR 2009, 191 ff.). Erst zu einem späteren Zeitpunkt der Ausschüttung liegt ein Schenkungsteuertatbestand vor.
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(4) Der Schenkungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG wird im Streitfall weder durch § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG noch durch § 15 Abs. 11 AStG ausgeschlossen. - § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG, wonach die Zurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 nicht für die Erbschaftsteuer gilt, bezieht sich ausschließlich auf Ertragsteuern, so dass schon deshalb Rückschlüsse auf das ErbStG, insbesondere zur Vorrangigkeit der Zurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG gegenüber dem Schenkungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG, nicht möglich sind (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 2 Rz. 141; so auch Werder/Wystrcil, BB 2015, 412, 421). - Darüber hinaus geht auch der Tatbestand des § 15 Abs. 11 AStG nicht als lex specialis dem Schenkungsteuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG vor. Zum einen ist der durch Art. 6 des Gesetzes über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Amtshilfegesetz) eingeführte § 15 Abs. 11 AStG ohnehin erst für den Veranlagungszeitraum 2013 und damit für die streitgegenständlichen Zuwendungen aus dem Jahr 2011 schon überhaupt nicht anwendbar (vgl. vgl. § 21 Abs. 21 AStG). Zum anderen soll durch die Regelung des § 15 Abs. 11 AStG lediglich eine Doppelbelastung auf ertragsteuerlicher Ebene, nicht jedoch eine mögliche weitere Belastung mit Schenkungsteuer ausgeschlossen werden (vgl. Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 7 Rz. 152; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 7 Rz. 346; Götz, DStR 2014, 1047, 1049; a.A. Rundshagen in Strunk/Kaminski/Köhler a.a.O., § 15 AStG. Rz. 22; Rohde/Enders, BB 2014, 1495, 1497; Werder/Dannecker, BB 2012, 2278, 2280).
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bb) Schließlich bestehen nach Auffassung des erkennenden Senats gegen die (auf zwei unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhende) Belastung der streitgegenständlichen Trustausschüttung mit Schenkungsteuer und ESt keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
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(1) So gibt es insbesondere keinen Verfassungsrechtssatz des Inhalts, dass alle Steuern zur Vermeidung von Lücken oder von Mehrfachbelastung aufeinander abgestimmt werden müssten (BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641 unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. Januar 1999 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). In einem Vielsteuersystem lassen sich Doppelbelastungen selbst dann nicht vermeiden, wenn jede Einzelsteuer für sich genommen folgerichtig ausgestaltet ist (BFH-Urteil in BFHE 229, 363). Im Übrigen kennt das Steuerrecht auch andere Einnahmen, die mit mehreren Steuern belastet sind - z.B. das Nebeneinander von Einkommen- und Gewerbesteuer, das auch durch § 35 EStG nicht völlig beseitigt wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 2011 X R 63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680).
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(2) Der hier (i.H.v. 2.017 €) streitgegenständliche doppelte Steuerzugriff auf die Trust-Ausschüttung beruht letztlich auf der Grundentscheidung des Gesetzgebers, eine Schenkungsteuer neben der Einkommensteuer zu erheben, wobei die ertragsteuerliche Erfassung ausländischer Einkünfte beim Bezugsberechtigten (vgl. § 15 Abs. 1 AStG) und die schenkungssteuerrechtliche Bemessung der Bereicherung zum Bewertungsstichtag (Stichtagsprinzip) jeweils folgerichtig der Systematik der Einzelsteuergesetze entsprechen (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 229, 363 und in BFHE 232, 441).
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(3) Schließlich verstößt die Belastung der streitgegenständlichen Trustausschüttung mit Schenkungsteuer und ESt auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil sie zu keiner verfassungswidrigen, übermäßigen, d.h. konfiskatorischen Besteuerung führt. Da aus Art. 14 GG keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze im Sinne eines „Halbteilungsgrundsatzes“ abzuleiten ist, verstößt selbst eine Gesamtbelastung von (rund) 60% des erworbenen Vermögens nicht gegen das Übermaßverbot (BFH-Beschluss vom 22. August 2017 II B 93/16, BFH/NV 2018, 40). Auch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt einer sonst drohenden Übermaßbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG) keine Notwendigkeit zu einer Verminderung des schenkungssteuerlichen Erwerbs. Dem steht bereits entgegen, dass die Einkommensteuerbelastung des Beschenkten unter dem Gesichtspunkt einer Übermaßbesteuerung im Rahmen der Schenkungsteuerfestsetzung nicht geprüft werden kann, so dass der Beschenkte eine sich aus der kumulativen Belastung mit Schenkungsteuer und ESt etwaig ergebende Übermaßbesteuerung allenfalls im Rahmen der ESt-Festsetzung geltend machen kann (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 229, 363). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine verfassungswidrige konfiskatorische Besteuerung im Streitfall offensichtlich ausgeschlossen: So wurde vom FA für die streitgegenständlichen Trustausschüttungen i.H.v. insgesamt … € (3. Januar 2011: … €; 31. März 2011: … €; 30. Juni 2011: … €; 30. September 2011: … € und 30. Dezember 2011: … €) Schenkungsteuer i.H.v. … € festgesetzt. Das FA Z hat (unter Anrechnung ausländischer Steuern i.H.v. … €) die ESt 2011 i.H.v. … € festgesetzt und hierbei einen Hinzurechnungsbetrag nach § 15 Abs. 1 AStG i.H.v. 2.017 €, der sämtliche Ausschüttungen des streitgegenständlichen Trusts im Jahr 2011 i.H.v. insgesamt … € betrifft, zugrunde gelegt. Mithin liegt die (auf die i.H.v. insgesamt … € erfolgten Trustausschüttungen entfallende) Gesamtsteuerbelastung (bestehend aus Schenkungsteuer und ESt) allenfalls im sehr niedrigen einstelligen Prozentbereich.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfragen zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dies gilt insbesondere für die Fragen der Konkurrenz zwischen der Einkommensteuer und der Schenkungsteuer.