Titel:
Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten
Normenketten:
BGB § 662, § 670, § 675
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 5, § 33c Abs. 1 S. 1
Schlagworte:
Anerkennung, Betreuung, Dienstleistung, Einkommensteuerbescheid, Einspruch, Erstattung, Fahrtkosten, Fahrzeug, Kinderbetreuungskosten, Schuldverhältnis, Zulassung, Einkommensteuer, Berücksichtigung, Kapitalvermögen
Fundstelle:
BeckRS 2018, 24692
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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Streitig ist die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten.
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Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung.
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Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung machten die Kläger für 2015 Kinderbetreuungskosten für die Betreuung der am 09.06.2009 geborenen Tochter T in Höhe von insgesamt 6.275,30 € und für den am 07.04.2000 geborenen S i.H.v. 5.900 € geltend. Der Betrag setzt sich zusammen aus Kindergartengebühren für T i.H.v. 375,20 € und Aufwendungen für Fahrten der Großeltern i.H.v. 11.800 €, die zu 50% für jedes Kind angesetzt wurden.
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Der Steuererklärung lagen Aufstellungen für Fahrten von H nach J und zurück nach H mit 554 km mit einem Ansatz von 0,30 € je gefahrenen Kilometer für die Jahre 2010 (25 Fahrten x 554 km x 0,30 € = 4.155 €), für 2011 (21 Fahrten x 554 km x 0,30 € = 3.490,20 €), 2012 (25 Fahrten x 554 km x 0,30 € = 4.155 €) bei. Die undatierten Aufstellungen sind von beiden Klägern dem Zeugen Y und Z unterschrieben.
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Das Finanzamt hat mit Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 14.11.2016 von den geltend gemachten Kinderbetreuungskosten Sonderausgaben nur in Höhe von 250 € für T (2/3 von 375 €) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zum Abzug zugelassen hat. Die den Großeltern der Kinder für die Kinderbetreuung erstatteten Fahrtkosten von 11.800,00 € hat das Finanzamt dagegen nicht berücksichtigt.
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In den Erläuterungen führte das Amt u.a. aus, dass die von den Großeltern erbrachten Fahrtkosten nicht als Kinderbetreuungskosten zu berücksichtigen seien, da über den Fahrtkostenersatz zwischen den Eltern und den Großeltern bei ansonsten unentgeltlicher Betreuung keine explizite Vereinbarung (z.B. Vertrag) getroffen wurde.
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Die Kläger erhoben Einspruch.
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Am 28.08.2017 erging ein nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderter Einkommensteuerbescheid für 2015 ohne Änderung im streitgegenständlichen Bereich.
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Im Einspruchsverfahren reichten die Kläger ein handschriftlich verfasstes Schreiben vom 20.12.2007 mit folgendem Inhalt vor:
„Hallo A, Hallo B, ihr hattet uns gebeten, dass wir uns um euren Nachwuchs kümmern, indem wir ihn ab und zu zu uns holen. Machen wir gerne, kein Problem. Unser steuerlicher Berater hat gesagt, dass, wenn wir euch die Fahrtkosten mit 30 Cent pro Kilometer in Rechnung stellen, und ihr uns dies überweist, dass steuerlich bei euch abgesetzt werden kann.
Wäre das für euch o.k. ? Dann würden wir es so abrechnen.
Liebe Grüße Mami und Papi
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Das Schreiben trägt die Unterschriften des Klägers (A) und der Klägerin (B).
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Weiter legten sie Kontoauszüge des Kontos des Klägers über Überweisungen von je 4.155 € am 17.07.2015 und 21.07.2015 und 3.490,20 € am 20.07.2015 vor.
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Den Einspruch der Kläger wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 04.10.2017 als unbegründet zurück.
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Die Kläger und der Klägervertreter beantragen, den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 14.11.2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.08.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 04.10.2017 dahingehend zu ändern, dass weitere Kinderbetreuungskosten von 11.800 € als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden.
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Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision beantragt. Der Revisionsgrund wird darin gesehen, dass noch keine Rechtsprechung des BFH zum § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG vorliegt und eine mögliche Abweichung von der rechtskräftigen Entscheidung des FG Baden-Württemberg im Jahr 2012.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:
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Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG lägen vor. Der Begriff der Dienstleistung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG umfasse nach der Rechtsprechung jede Tätigkeit, die aufgrund eines Schuldverhältnisses erfolge, aufgrund dessen der Steuerpflichtige berechtigt sei, die Betreuung des Kindes zu fordern (§ 241 Satz 1 BGB) und die Betreuungsperson die vereinbarte Vergütung oder aber auch nur einen Aufwendungsersatzanspruch (z.B. nach §§ 662, 670 BGB) geltend machen könne.
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Hierunter falle neben gegenseitigen Verträgen im Sinne des BGB auch Vereinbarungen über unentgeltliche Geschäftsbesorgungen im Sinne des § 675 BGB. So habe das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 09.05.2012 (Az.: 4 K 3278/11, EFG 2012, 1439) entschieden, dass Kinderbetreuungskosten in Form von Fahrtkosten an Großmütter auch dann als Kinderbetreuungskosten abzugsfähig sind, wenn die Betreuungsleistung selbst unentgeltlich erbracht werde.
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Obwohl das Urteil noch zu § 4 f EStG ergangen sei, seien die Grundsätze dieses Urteils auch aktuell noch anzuwenden, da der ab 2012 geltende § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit § 4 f EStG insoweit vergleichbar sei. Unschädlich sei nach dem Urteil der Umstand, dass die Eltern die eigentlichen Betreuungsleistungen unentgeltlich erbracht hätten und mit den Klägern lediglich eine Vereinbarung über den Ersatz der Fahrtkosten getroffen hätten, die ihnen im Zusammenhang mit der Betreuung der Kinder der Kläger entstanden seien. Denn bei nur teilweise gegebener Entgeltlichkeit erfolge die Betreuung nur insoweit auf der Grundlage familiärer Gefälligkeit, als sie unentgeltlich erbracht werde. Soweit aber eine Entgeltlichkeit vereinbart sei und diese Vereinbarung auch vollzogen werde, sei die Betreuung in Erfüllung der Vereinbarung über die Erbringung einer Dienstleistung. Die Abgrenzung zum bloßen Gefälligkeitsverhältnis habe danach zu erfolgen, ob zwischen den Steuerpflichtigen und der Betreuungsperson ein ernstgemeintes, gegenseitig berechtigendes und verpflichtendes Schuldverhältnis bestanden habe, das wie unter fremden Dritten üblich vereinbart und durchgeführt worden sei.
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Im Streitfall habe die Betreuung der Kinder auf einer schriftlich nachgewiesenen Vereinbarung vom 20.12.2007 zwischen den Klägern und den Eltern des Klägers beruht. Mit dem Verlangen nach einer Erstattung der Fahrkosten hätten die Eltern des Klägers deutlich gemacht, dass es sich bei der Betreuung der Kinder nicht nur um eine Gefälligkeit auf familiärer Grundlage handele, sondern eine rechtlich bindende Vereinbarung bestanden habe, wonach den Eltern bei Übernahme der Betreuung die Fahrtkosten zu erstatten waren. Auch entsprächen Inhalt und Durchführung dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Es sei bei einer Betreuung im Rahmen einer unentgeltlichen Geschäftsbesorgung durchaus üblich, dass noch kein konkreter Zeitpunkt festgelegt werde, sondern eine Betreuung im jeweiligen Einzelfall kurzfristig vereinbart werde. Die Handhabung, dass die konkreten Zeiten der Betreuung erst im jeweiligen Einzelfall nach Bedarf festgelegt werden, führe nach dem o.g. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht dazu, dass die Vereinbarung nicht als wie unter fremden Dritten üblich anzusehen wäre.
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Den Klägern komme die intensive Betreuung sehr zugute, da der Kläger selbständig tätig sei und damit regelmäßig auch am Wochenende arbeite. Die Klägerin sei Grundschullehrerin in Vollzeit und mit Vorbereitungstätigkeiten und Korrekturarbeiten ebenfalls am Wochenende beschäftigt. Die Großeltern seien Rentner und damit beruflich nicht eingebunden. Zudem würden die Großeltern sehr an ihren Enkeln hängen und Ihr wesentlicher Lebensinhalt bestehe darin, diese so oft wie möglich zu besuchen und Zeit mit ihnen zu verbringen.
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Außerdem sei nachgewiesen, dass die Betreuungsfahrten von durchschnittlich 13.000 Kilometern mit dem von den Eltern des Klägers genutzten Fahrzeug geleistet werden konnten, da das Fahrzeug eine Fahrleistung von jährlich durchschnittlich 17.000 Kilometern aufweise. Unschädlich sei der Umstand, dass die Zahlungen für drei Jahre im Nachhinein erfolgten. Nach § 11 EStG komme es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Verausgabung der Kosten erfolgt sei. Die Eltern seien grundsätzlich bereit gewesen, den hohen Zeitaufwand zur Betreuung der Kinder aufzubringen, hätten aber zumindest keinen finanziellen Nachteil erleiden wollen und hätten sich deshalb die Fahrtkosten erstatten lassen.
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Ohne Belang sei bei Kinderbetreuungskosten, ob die Kinder auswärtig betreut werden (z.B. in einer Betreuungseinrichtung oder bei einer Tagesmutter), oder ob die Betreuungsperson zu den Steuerpflichtigen nach Hause kommt. Daher spiele es vorliegend keine Rolle, ob die Eltern des Klägers die Kinder am Hausstand der Kläger betreut haben oder am Hausstand der Eltern in H.
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Das Finanzamt beantragt
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass im Streitfall die mit den Großeltern getroffene Abrede zur Betreuung der Kinder T und S weder nach der Gestaltung noch in der tatsächlichen Umsetzung die allgemeinen Anforderungen an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen erfülle.
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Die Vereinbarung vom 20.12.2007 mit den Großeltern enthalte bereits keinerlei konkrete Regelung über den zeitlichen Umfang der Betreuung. Die Regelung „ab und zu zu uns holen“ könne jedenfalls nicht als hinreichend bestimmt angesehen werden. Anders als im Fall des FG Baden-Württemberg seien hier keinerlei Rahmenvereinbarungen abschlossen worden, die lediglich der Konkretisierung hinsichtlich der genauen Zeiten, an denen Betreuungsleistungen erforderlich wurden, bedurften. Vielmehr seien die Großeltern durch diese Regelung kein gegenseitig berechtigendes und verpflichtendes Schuldverhältnis eingegangen, der Umfang der Betreuungsleistungen habe in ihrem Belieben gestanden. Hiernach fehle es bereits an einer verlässlichen Regelung, die eine regelmäßige Betreuung sicherstelle. In jedem Fall könne es aber als nicht fremdüblich angesehen werden, dass erst im Jahr 2015 bereits in den Jahren 2010 bis 2012 angefallene Aufwendungen ersetzt werden.
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Zudem hätten die Kläger auch keine Nachweise dafür erbracht, dass die Betreuung im behaupteten Umfang erfolgt sei. Es seien lediglich Belege über die durchschnittliche jährliche Fahrleistung der Großeltern erbracht worden. Da weitere Unterlagen wie Benzinbelege etc. nicht vorgelegt wurden, sei kein Nachweis erbracht, ob die Fahrleistung nahezu ausschließlich durch die Betreuung der Enkel veranlasst gewesen sei. Der nachgewiesenen Fahrleistung des von den Großeltern genutzten Fahrzeugs von jährlich durchschnittlich 17.000 Kilometern stünden allein Betreuungsfahrten in Höhe von durchschnittlich 13.000 Kilometern gegenüber. Fahrtenbücher und Benzinrechnungen etc. seien nicht vorgelegt worden. Die Kläger hätten für die von ihnen unternommenen Fahrten die tatsächliche Durchführung im vorgetragenen Umfang ohnehin nicht glaubhaft gemacht. Es lasse sich nicht einmal nachvollziehen, wo die jeweilige Betreuung stattgefunden habe. Zudem wäre der zeitliche und finanzielle Aufwand bezüglich des Abholens und des Bringens in Anbetracht der weiten Entfernung für einen Dritten ungewöhnlich. Die Großeltern würden 277 km entfernt wohnen und seien für die Abholung der Kinder ca. 5 bis 6 Stunden unterwegs. Die Kinder wären regelmäßig eine halbe Woche bei den Großeltern. In der Regel solle die Abholung der Kinder zweimal pro Monat erfolgt sein. Dies sei schon aufgrund der Schulpflicht des Sohnes widersprüchlich. Die in 2009 geborene Tochter hätte zudem ein Drittel der Lebenszeit pro Monat bei ihren Großeltern verbracht.
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Die Kläger und die Großeltern hätten die Betreuung der Kinder vorliegend gerade nicht rechtsgeschäftlich verbindlich geregelt, die Betreuungsleistungen würden über solche auf familiärer Grundlage nicht hinausgehen. Die Großeltern hätten selbst eingeräumt, dass ihnen an regelmäßigen Kontakten mit den Enkeln gelegen war.
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Das Gericht hat gemäß dem Beweisbeschluss vom 16.04.2018 Beweis erhoben durch Vernehmung von Y zum Thema Kinderbetreuung der Kinder S und T in den Jahren 2010 bis 2012 und Kostenersatz der Fahrtaufwendungen im Jahr 2015 als Zeugen.
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Die Beteiligten haben ihr Einverständnis dazu erklärt, dass der zum Berichterstatter bestellte Richter anstelle des Senats entscheidet (§ 79a Abs. 3 und 4 FGO).
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Wegen der Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Niederschrift, die von den Beteiligten vorgelegten Schriftsätze sowie die vom Finanzamt vorgelegten 2 Bände Einkommensteuerakten der Kläger für die Jahre 2003 bis 2015, die Rechtsbehelfsakte, den Band Betriebsprüfungsakten für das frühere Gewerbe des Klägers und eine Akte Dauerunterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 14.11.2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 28.08.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 04.10.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Als Sonderausgaben sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG auch zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind anzusetzen, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (..). Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist weiter nach Satz 4, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt.
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1. Eine Dienstleistung i.S. von § 33c Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. und des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG 2015 umfasst jede Tätigkeit, die aufgrund einer öffentlich- oder bürgerlich-rechtlichen Verpflichtung erbracht wird. Wie der gleichlautende bürgerlich-rechtliche Begriff (z.B. in §§ 611, 613 BGB) setzt auch der Dienstleistungsbegriff in § 33c Abs. 1 EStG ein Schuldverhältnis voraus, aufgrund dessen der Steuerpflichtige berechtigt ist, die Betreuung des Kindes zu fordern (§ 241 Satz 1 BGB), und der oder die „Betreuende“ die vereinbarte Vergütung oder aber auch nur einen Aufwendungsersatzanspruch (z.B. nach §§ 662, 670 BGB) geltend machen kann (BFH-Urteil vom 04.06.1998 III R 94/96, BFH/NV 1999, 163; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2012 4 K 3278/11, EFG 2012, 1439). Weiter muss ein ernstgemeintes, gegenseitig berechtigendes und verpflichtendes Schuldverhältnis in Abgrenzung zu Betreuungsleistungen auf familiärer Basis oder aus Gefälligkeit vorliegen, um der Gefahr einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Vorschrift für den Abzug von ihrer Art und Höhe nach nicht zwangsläufigen Kosten zu begegnen. Die gesetzliche Beschränkung der Abziehbarkeit von Aufwendungen zur Kinderbetreuung auf solche für eine Dienstleistung oder im Zusammenhang mit einer Dienstleistung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BFH-Urteil vom 04.06.1998 III R 94/96, BFH/NV 1999, 163 m.w.N.). Diese Rechtsprechung des BFH zu den Kinderbetreuungskosten des § 33 c EStG a.F. ist nach Auffassung des Gerichts auf die im Streitjahr geltende Bestimmung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG, die § 33 c EStG a.F. hinsichtlich der Formulierung entspricht, anzuwenden (ebenso Schmidt/Heinicke, EStG 37. Auflage, § 10 Rz. 95; Fischer in Kirchhof, EStG 17. Auflage, § 10 Rz. 38f).
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2. Dienstleistungen durch Angehörige können mit steuerlicher Wirkung Kinderbetreuungsleistungen im Sinne der Nr. 5 sein, so dass die Vergütung abziehbar ist, wenn die allgemeinen Anforderungen an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen erfüllt sind. Erforderlich ist daher, dass den Leistungen eine klare und eindeutige Vereinbarung zugrunde liegt, die zivilrechtlich wirksam zustande gekommen ist, inhaltlich dem zwischen fremden Dritten entspricht und tatsächlich so durchgeführt wird (BFH-Urteil vom 10.4.1992 - III R 184/90, BStBl. II 1992, 814, unter II.1.; Kulosa in Hermann/Heuer/Raupach, EStG § 10 Rz. 144; Fischer in Kirchhof, EStG 17. Auflage, § 10 Rz. 38f; BMF-Schreiben vom 14.03.2012 - IV C 4 - S 2221/07/0012:012, BStBl. I 2012, 307 Rz. 4).
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3. Unschädlich ist hierbei der Umstand, dass die Betreuungspersonen, im Streitfall also die Großeltern, die eigentlichen Betreuungsleistungen unentgeltlich erbracht haben und mit den Klägern lediglich Vereinbarungen über den Ersatz der Fahrtkosten getroffen haben, die ihnen im Zusammenhang mit der Betreuung der Kinder entstanden. Denn bei nur teilweise gegebener Entgeltlichkeit erfolgt die Betreuung nur insoweit auf der Grundlage familiärer Gefälligkeit, als sie unentgeltlich erbracht wird. Soweit aber eine Entgeltlichkeit vereinbart ist und diese Vereinbarung auch vollzogen wird, ist die Betreuung in Erfüllung der Vereinbarung über die Erbringung einer Dienstleistung erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 04.06.1998 III R 94/96, BFH/NV 1999, 163; vom 10.04.1992 III R 184/90, BStBl II 1992, 814; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2012 4 K 3278/11, EFG 2012, 1439).
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Zwar sind Fahrtkosten, die einem Steuerpflichtigen dadurch entstehen, dass er sein Kind zu einer Betreuungsperson bringt, keine Aufwendungen für Dienstleistungen zur Beaufsichtigung oder Betreuung des Kindes; es handelt sich insoweit um Unterhaltsaufwendungen, die durch die Regelungen über den Familienleistungsausgleich abgegolten sind (BFH-Urteil vom 10. April 1992 III R 184/90, BStBl II 1992, 814; vom 29.08.1986 III R 209/82, BStBI II 1987, 167; Fischer in Kirchhof, EStG 17. Auflage, § 10 Rz. 38 g; Schmidt/Heinicke, EStG 37. Auflage, § 10 Rz. 92). Der vom Steuerpflichtigen gegenüber der Betreuungsperson geleistete Fahrtkostenersatz ist jedoch berücksichtigungsfähig (BFH-Urteile vom 04.06.1998 III R 94/96, BFH/NV 1999, 163; vom 10. April 1992 III R 184/90, BStBl II 1992, 814; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2012 4 K 3278/11; Fischer in Kirchhof, EStG 17. Auflage, § 10 Rz. 38 g; BMF-Schreiben vom 14.03.2012 IV C 4-S 2221/07/0012:12, BStBl. I 2012, 307 Tz. 5).
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4. Im Streitfall hat das Gericht unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der Zeugeneinvernahme nicht den Eindruck gewinnen können, dass den Betreuungsleistungen der Großeltern eine klare und eindeutige Vereinbarung zugrunde liegt, die inhaltlich dem zwischen fremden Dritten entspricht und tatsächlich so durchgeführt wird. Das Gericht ist daher der Auffassung, dass die Betreuung der Kinder der Kläger einschließlich der Erstattung von Fahrtaufwendungen im Wege bloßer familiärer Hilfeleistung oder Gefälligkeit und nicht auf der Ebene rechtsgeschäftlicher Verbindlichkeit geregelt wurde. Dies ergibt sich daraus, dass die Erstattung erst im Jahr 2015 und damit viele Jahre nach der Entstehung der Aufwendungen erfolgte. Unabhängig davon wurde durch die Vereinbarung vom 20.12.2007 keine zivilrechtliche Verpflichtung zur Betreuungsleistung eingegangen.
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a) Die Kläger haben mit dem Zeugen und dessen Ehefrau keine klare und eindeutige Vereinbarung über die Betreuungsleistungen abgeschlossen. Nach der Vereinbarung vom 20.12.2007 hatten der Zeuge und dessen Ehefrau sich bereit erklärt, den Nachwuchs „ab und zu zu uns holen.“ Hiermit wird kein Anspruch für die Kläger auf Erbringung der Betreuungsdienstleistungen geschaffen. Diese fehlende vertragliche Verpflichtung in dieser Vereinbarung wird durch die Aussage des Zeugen untermauert, dass es für ihn eine Familiengeschichte war. Es wird weder eine Aussage zum groben Umfang der Tage getroffen noch dazu, dass wegen des schulpflichtigen S eine Betreuung außerhalb der Ferien und des Wochenendes nur im damaligen Haus der Kläger stattfinden konnte.
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Diese Auffassung des Gerichts steht auch nicht in Widerspruch zum Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 09.05.2012 (4 K 3278/11, EFG 2012, 1439). In dem vom FG Baden-Württemberg entschiedenen Sachverhalt hatten die Steuerpflichtigen und die Betreuungsperson „Vereinbarungen zur Kinderbetreuung“ abgeschlossen, wonach sich die Mütter der Kläger verpflichteten, deren Sohn an einem Tag pro Woche, erforderlichenfalls auch öfter, unentgeltlich zu betreuen. Das Finanzgericht war der Auffassung, dass es unschädlich ist, dass die konkreten Tage, an denen die Betreuungsleistungen zu erbringen waren, nicht bereits in den Vereinbarungen selbst festgelegt wurden, sondern bloße Rahmenvereinbarungen abschlossen wurden, die noch der Konkretisierung hinsichtlich der genauen Zeiten, an denen Betreuungsleistungen erforderlich wurden, bedurften. Eine entsprechende Handhabung wäre auch bei einem Vertragsabschluss mit fremden Betreuungspersonen erforderlich gewesen.
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Im vorliegenden Streitfall liegt jedoch nicht wie im Sachverhalt, der dem Finanzgericht Baden-Württemberg vorlag, eine Rahmenvereinbarung vor. Mit der Formulierung „ab und zu zu uns holen“ wird kein Rahmen vorgegeben. Im Streitfall fehlt es an einer verlässlichen Regelung, die eine regelmäßige Betreuung sicherstellt. Vielmehr sind die Großeltern durch diese Regelung kein gegenseitig berechtigendes und verpflichtendes Schuldverhältnis eingegangen, der Umfang der Betreuungsleistungen hat in ihrem Belieben gestanden.
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b) Die tatsächliche Durchführung der Vereinbarung entspricht auch nicht dem zwischen fremden Dritten üblichen. Ein fremder Dritter hätte nicht akzeptiert, dass eine Überweisung der Aufwendungen erst im Jahr 2015 und damit viele Jahre nach der Entstehung der Aufwendungen erfolgte. Nach den §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beträgt die Verjährung drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Weder der Kläger noch der Zeuge konnten in der mündlichen Verhandlung angeben, wann die undatierten Aufstellungen über die Betreuungsleistungen erstellt wurden. Es wurde nicht vorgetragen, dass diese Aufstellungen zeitnah zum Entstehen der Aufwendungen erstellt wurden. Jedenfalls erfolgte eine Zahlung der Aufwendungen der Jahre 2010 bis 2012 erst im Juli 2015. Wenn die Geltendmachung der Ansprüche erst 2015 erfolgte, wären die Ansprüche für die Jahre 2010 und 2011 bereits verjährt gewesen. Zwar bleibt eine verjährte Forderung weiterhin erfüllbar (§ 214 BGB). Dieses Risiko wäre ein fremder Dritter aber nicht eingegangen.
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c) Zudem handelt es sich bei den Aufstellungen über die Fahrten nicht um Rechnungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 EStG, wie sie ein fremder Dritter erstellt hätte. Zwar muss die in § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 EStG ausdrücklich erforderliche Rechnung keine im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG 37. Auflage, § 10 Rz. 99), jedoch tragen die undatierten Aufstellungen über die Betreuungsleistungen kein Ausstellungsdatum und keinen Angaben zum Aussteller und Empfänger der Rechnung.
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d) Schließlich bestehen für das Gericht auch Zweifel, ob die Fahrten so durchgeführt wurden, wie in den Aufstellungen dargelegt. Über die Durchführung der Fahrten konnte die Klägerseite und der Zeuge über die Aufstellungen hinaus keine weiteren Belege vorlegen. Die in den Aufstellungen enthaltenen Daten der durchgeführten Fahrten konnten weder vom Kläger noch vom Zeugen erläutert werden. Weder finden sich in den Aufstellungen Hinweise für die vom Zeugen in seiner Aussage angeführten gelegentlichen Aufenthalte der Großmutter von teilweise auch 10 Tagen, an denen er am nächsten Tag zurück nach H gefahren sein will. In den Aufstellungen der Jahre 2010 bis 2012 ist kein Aufenthalt von 10 Tagen enthalten, aber auch kein Aufenthalt, bei dem bereits am nächsten Tag die Rückfahrt erfolgte. Fast alle Aufenthalte erstrecken sich über 3 oder 4 Tage. Es konnten weder vom Kläger noch vom Zeugen Angaben gemacht werden, an welchem Ort die in den Aufstellungen genannten Betreuungen stattfanden.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe vorliegt. Die Entscheidung folgt der gefestigten Rechtsprechung des BFH zur fast wortgleichen Vorgängervorschrift. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.