Inhalt

LSG München, Beschluss v. 17.07.2018 – L 11 AS 645/18 B PKH
Titel:

Anrechnung befristeter Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes

Normenketten:
SGB X § 37
SGB X § 48
SGG § 73a
Leitsatz:
Der Vermerk des Sachbearbeiters/der Sachbearbeiterin stellt keinen Vermerk über die Aufgabe zur Post dar. Die Überprüfung eines Änderungsbescheides ist im Rahmen des SGB II ggfs. nicht lediglich auf den geänderten Sachverhalt zu beschränken, der Bescheid ist vielmehr vollständig zu überprüfen.
Schlagworte:
Erwerbsminderung, Einkommen, Anrechnung
Fundstelle:
BeckRS 2018, 16418

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.05.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Streitig ist die Anrechnung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung auf die von der Klägerin bezogenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.09.2017 bis 28.02.2018.
2
Die Klägerin bezog Alg II (zuletzt aufgrund des Bescheides vom 01.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2017 und aufgrund des Bescheides vom 08.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2017) für die Zeit vom 01.09.2017 bis 28.02.2018, wobei die ihr seit 01.10.2016 befristet bis 30.09.2018 zustehende Rente wegen voller Erwerbsminderung als Einkommen angerechnet wurde. Die vom Beigeladenen ausgezahlten Rentenzahlungen überwies die Klägerin jedoch nach deren Auskunft jeweils wieder an diesen zurück, so dass dieser von weiteren Zahlungen vorläufig absah, jedoch sich bereit erklärte, jederzeit die Zahlung wiederaufzunehmen.
3
Am 07.11.2017 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und zuletzt die Zahlung von Alg II ohne Berücksichtigung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.09.2017 bis 28.02.2018 begehrt. Zugleich hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren beantragt. Eine von der Klägerin zunächst benannte Bevollmächtigte hat die Vertretung nicht übernommen. Mit Beschluss vom 07.05.2018 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es bestünden keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Die Klage gegen den Bescheid vom 01.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2017 sei wegen Verfristung unzulässig, die Klage gegen den Bescheid vom 08.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2017 sei unbegründet. Nach mündlicher Verhandlung hat das SG die Klage mit Urteil vom 17.05.2018 - zugestellt am 24.05.2018 - mit im wesentlichen identischer Begründung abgewiesen.
4
Gegen den Beschluss vom 07.05.2018 hat die Klägerin mit Schreiben vom 01.06.2018 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben.
5
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie der Beigeladenen und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
6
Die form- und fristgerecht eigelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht begründet.
7
Dabei ist der Schriftsatz der Klägerin vom 01.06.2018 als Antwort auf ein Schreiben des SG vom 22.05.2018 als Beschwerde gegen den am 07.05.2018 erlassenen und am 09.05.2018 zugestellten Beschluss des SG über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auszulegen, denn das (spätere) Urteil des SG vom 17.05.2018 ist der Klägerin erst am 24.05.2018 zugestellt worden.
8
Gemäß § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte, wie vorliegend im sozialgerichtlichen Verfahren, nicht vorgeschrieben, wird den Beteiligten zudem auf Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 121 Abs. 2 ZPO).
9
Nachdem das erstinstanzliche Verfahren vor dem SG bereits durch Urteil vom 17.05.2018 beendet und die Klägerin vor dem SG nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten worden ist, sind im Verfahren vor dem SG keine Prozesskosten in Form von Gebühren und Auslagen für einen Rechtsanwalt entstanden, für die Prozesskostenhilfe - nachträglich -gewährt werden könnte. Ein Bevollmächtigter für das erstinstanzliche Verfahren kann nicht - mehr - beigeordnet werden. Die Beiordnung ist bereits von daher nicht - mehr - erforderlich (vgl. Beschluss des Senats vom 16.03.2018 - L 11 AS 95/18 B PKH - sowie vom 11.10.2010 - L 11 AS 661/10 B PKH - veröffentlicht jeweils in Juris).
10
Offen gelassen werden kann daher, ob die vom SG angenommene Verfristung der Klage gegen den Bescheid vom 01.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2017 tatsächlich vorliegt, nachdem der Absendevermerk auf dem Widerspruchsbescheid nicht von der Poststelle des Beklagten stammen dürfte (vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 10.07.2012 - L 11 AS 363/12 NZB - sowie vom 19.03.2018 - L 11 AS 191/18 B PKH), und dass ein Änderungsbescheid den vorangegangenen Bescheid in vollem Umfang ersetzt und daher gegebenenfalls die Prüfung der Rechtmäßigkeit nicht auf den lediglich geänderten Sachverhalt beschränkt werden kann (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.03.2017 - B 14 AS 55/15 R - Rn.10 sowie vom19.10.2016 - B 14 AS 53/15 RRn.12 veröffentlicht jeweils in Juris). Ebenso kann offengelassen werden, dass die Klägerin gegen das am 24.05.2018 zugestellte Urteil des SG vom 17.05.2018 keine Berufung innerhalb der Berufungsfrist erhoben hat und somit grundsätzlich keine Veranlassung besteht, die Erfolgsaussichten des Prozesskostenhilfegesuches losgelöst vom rechtskräftig abgeschlossenen Hauptsacheverfahren erneut zu prüfen (vgl. BayLSG, Beschluss vom 23.05.2016 - L 10 AL 83/16 B PKH - mwN).
11
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
12
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).