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Text gilt ab: 20.12.1965
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55-I

Rechtsstellung der Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte, ihres Gefolges und ihrer Angehörigen

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern
vom 29. Juli 1963, Az. IC2-2096/8-2

(MABl. S. 355)

Zitiervorschlag: Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Rechtsstellung der Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte, ihres Gefolges und ihrer Angehörigen vom 29. Juli 1963 (MABl. S. 355), die durch Bekanntmachung vom 30. November 1965 (MABl. S. 605) teilweise aufgehoben worden ist

An
die Regierungen
das Präsidium der Bayerischen Landpolizei*
das Präsidium der Bayerischen Grenzpolizei**
das Bayerische Landeskriminalamt
die Landratsämter
die Gemeinden
nachrichtlich an
das Landesamt für die Bayerische Bereitschaftspolizei***
das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz
die Bayerische Polizeischule****
Das Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (Nato-Truppenstatut) vom 19. Juni 1951 und die Zusatzvereinbarungen hierzu, insbesondere das Zusatzabkommen und das Unterzeichnungsprotokoll zu diesem Zusatzabkommen vom 3. August 1959 und die Art. 7 bis 9 des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 11. Juni 1957 (BGBl I S. 597) sind am 1. Juli 1963 für die Bundesrepublik in Kraft getreten (vgl. das Gesetz vom 18. August 1961, BGBl II S. 1183, und die Bek vom 16. Juni 1963, BGBl I S. 428).
Gleichzeitig ist der Truppenvertrag i. d. F. vom 23. Oktober 1954 (BGBl 1955 II S. 321) außer Kraft getreten.
Nachstehend werden die für die allgemeine innere Verwaltung und für die Polizei wichtigen Bestimmungen der neuen Vereinbarungen – mit Ausnahme der Bestimmungen über Manöver – bekannt gegeben:

* [Amtl. Anm.:] nunmehr: die Präsidien der Bayerischen Landespolizei
** [Amtl. Anm.:] besteht nicht mehr
*** [Amtl. Anm.:] nunmehr: Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei
**** [Amtl. Anm.:] nunmehr: Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern - Fachbereich Polizei

I. 
Begriffe

1. 

„Truppe“ ist das zu den Streitkräften eines Entsendestaates gehörende Personal, wenn es sich im Zusammenhang mit seinen Dienstobliegenheiten – wenn auch nur vorübergehend ‑ in der Bundesrepublik befindet.
Zur Truppe gehören auch die in Teil I zu Art. 1 Abs. 4 des eingangs genannten Unterzeichnungsprotokolls (BGBl 1961 II S. 1313, 1314) genannten Organisationen.
Unter bestimmten Voraussetzungen sind ferner Urlauber der Streitkräfte der USA aus Standorten außerhalb der Bundesrepublik wie Mitglieder einer Truppe zu behandeln (vgl. BGBl 1961 II S. 1384).
Wer in der Bundesrepublik diplomatischen oder einen sonstigen bevorrechtigten Status hat, gehört nicht zu einer Truppe.

2. 

„Ziviles Gefolge“ ist das eine Truppe begleitende und von ihr beschäftigte Zivilpersonal einschließlich technischer Fachkräfte, deren Dienste eine Truppe benötigt und die ausschließlich für diese Truppe als Berater in technischen Fragen oder zwecks Aufstellung, Bedienung oder Wartung von Ausrüstungsgegenständen arbeiten.
Ausgenommen sind
a)
Staatenlose,
b)
Angehörige eines Staates, der nicht Mitglied der Nato ist,
c)
Deutsche,
d)
Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik haben.

3. 

„Angehöriger“ ist, wer
a)
Ehegatte eines Mitglieds einer Truppe oder eines zivilen Gefolges,
b)
ein gegen ein solches Mitglied unterhaltsberechtigtes Kind oder
c)
ein naher Verwandter eines solchen Mitglieds ist, der von diesem aus wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Gründen abhängig ist, von ihm tatsächlich unterhalten wird, dessen Wohnung teilt und sich mit Genehmigung des Entsendestaates im Bundesgebiet aufhält.
Stirbt ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges oder wird es aus der Bundesrepublik versetzt, so gelten seine Angehörigen bis 90 Tage nach dem Tag des Todes oder der Versetzung weiter als Angehörige.

4. 

„Strafbar“ i. S. dieser ME ist eine Handlung, wenn sie mit Strafe, als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße oder mit disziplinarischen Maßnahmen bedroht ist.

5. 

„Entsendestaat“ ist der Staat, dem eine nichtdeutsche Truppe angehört. Vertragspartner des Nato-Truppenstatus sind die Mitglieder der Nato (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Türkei, USA).

II. 
Grenzübertritt, Ausweise

6. 

Beim Grenzübertritt haben Mitglieder einer Truppe auf Verlangen vorzuweisen:
a)
einen vom Entsendestaat ausgestellten Personalausweis mit Angabe des Namens, Geburtsdatums, Dienstgrades, der Waffengattung und mit einem Lichtbild
und
b)
einen von einem Nato-Staat in englischer oder französischer Sprache ausgestellten Einzel- oder Sammelmarschbefehl, der die Zugehörigkeit zur Truppe bescheinigt und die Marschrichtung angibt.
Marschbefehle werden nur für die einmalige Ein- oder Ausreise ausgestellt und sind befristet. Einzelmarschbefehle dürfen auch in den Personalausweis eingetragen werden.
Überschreitet eine militärische Einheit mit Sammelmarschbefehl die Grenze, so wird sie durch ihren Führer ausgewiesen, der seinen Personalausweis und den Sammelmarschbefehl vorweist. Wird es aus besonderem Anlass erforderlich, die Identität einzelner Mitglieder der Einheit zu prüfen, so hat der Führer der Einheit die Ausweise dieser Mitglieder vorzuweisen, wenn ihm die Gründe hierfür mitgeteilt werden. Die Grenzkontrolle darf für die Einheit keine wesentliche Verzögerung zur Folge haben.

7. 

Die Nr. 6 gilt entsprechend für die Einreise von Mitgliedern einer Truppe, eines zivilen Gefolges und ihrer Angehörigen über Militärflugplätze. Kontrollen durch deutsche Stellen werden hier jedoch nur gelegentlich und im Benehmen mit der Flugplatzleitung durchgeführt. Reist jemand, der nicht unter die Nr. 1 bis 3 fällt, über Militärflugplätze ein oder aus, so wird die Flugplatzleitung die deutsche Polizei rechtzeitig unterrichten. In diesen Fällen werden die Ausweise am Flugplatzeingang oder -ausgang geprüft.

8. 

Innerhalb der Bundesrepublik kann eine zur Ausweiskontrolle befugte deutsche Stelle
a)
von dem militärischen Führer einer uniformierten Truppe auf dem Marsch verlangen, dass er seinen Personalausweis vorweist, wenn sofort festgestellt werden muss, um welche Einheit es sich handelt; die übrigen Mitglieder einer solchen Truppe sind dazu nicht verpflichtet;
b)
von einzelnen Mitgliedern einer Truppe verlangen, dass sie den in Nr. 6 Buchstabe a bezeichneten Ausweis vorweisen;
c)
von Mitgliedern eines zivilen Gefolges und von Angehörigen, die keinen nach deutschem Recht gültigen Ausweis führen, verlangen, dass sie sich durch einen von dem Entsendestaat ausgestellten Ausweis ausweisen, der den Namen, das Geburtsdatum und ein Lichtbild des Inhabers, eine Nummer oder die Bezeichnung der Ausstellungsbehörde aufweist und angibt, in welcher Eigenschaft sich der Inhaber hier aufhält. Übergangsweise wird auch eine von dem Entsendestaat ausgestellte vorläufige Bescheinigung anerkannt, wonach der Inhaber Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges oder Angehöriger ist.

9. 

Mitglieder des zivilen Gefolges und Angehörige sind in ihren Pässen als solche zu bezeichnen. Im Übrigen gilt für sie das deutsche Passrecht.

III. 
Meldewesen, Personenstand

10. 

Für Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und für Angehörige gelten die deutschen Bestimmungen über die Meldepflicht in Beherbergungsstätten. Im Übrigen sind sie von den Vorschriften des deutschen Melderechts befreit.
Die Behörden einer Truppe führen Verzeichnisse über alle Mitglieder des zivilen Gefolges und über alle Angehörigen. Sie erteilen den deutschen Behörden auf begründetes Ersuchen Auskünfte über die Mitglieder des zivilen Gefolges und über die Angehörigen. Auskunftsersuchen können an folgende Dienststellen der Entsendestaaten gerichtet werden:
a)
für amerikanische Truppen:
USAREUR – Verbindungsoffizier bei der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika
Bad Godesberg
b)
für französische Truppen:
Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte in Deutschland
‑ Verbindungsstab bei der Bundesregierung ‑
Bad Godesberg
Französische Botschaft
c)
für britische und kanadische Truppen:
Gemeinsamer Verbindungsstab des britischen Hauptquartiers
Bonn, Kaiser-Friedrich-Straße
Villa Spiritus
d)
für belgische Truppen:
Belgischer Verbindungsstab in der Bundesrepublik Deutschland
Bad Godesberg
Rheinallee 51 a
e)
für niederländische Truppen:
Militärattaché bei der Königlich Niederländischen Botschaft
Bonn
Koblenzer Straße 96
Geburten von Kindern von Mitgliedern einer Truppe, eines zivilen Gefolges und von Angehörigen und Sterbefälle solcher Mitglieder und Angehöriger brauchen dem Standesbeamten nur angezeigt zu werden, wenn das Kind oder der Verstorbene Deutscher ist. Wird eine Geburt oder ein Sterbefall dieser Art dem Standesbeamten angezeigt, so sind sie nach den einschlägigen deutschen Bestimmungen zu beurkunden, auch wenn das Kind oder der Verstorbene kein Deutscher ist.

IV. 
Aufenthaltsrecht

11. 

Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und Angehörige sind von den Bestimmungen des Fremdenrechts (Ausländerbehörde) befreit. Dadurch wird jedoch kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik erworben. Um Auskünfte gemäß Nr. 10 Abs. 2 kann auch die Ausländerbehörde ersuchen.
Scheidet ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges aus dem Dienst des Entsendestaates aus, ohne heimgeschafft zu werden, so werden die Behörden der Truppe die deutschen Stellen davon verständigen. Für eine Rückschaffung, Ausweisung, Verlängerung der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis und für eine berufliche Tätigkeit bleiben die Zeiten unberücksichtigt, die jemand in seiner Eigenschaft nach Nr. 1 bis 3 in der Bundesrepublik zugebracht hat.

12. 

Bevor ein Aufenthaltsverbot gegen ein früheres Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges oder gegen einen Angehörigen eines Mitglieds oder früheren Mitglieds einer Truppe oder eines zivilen Gefolges erlassen wird, ist die Weisung des Staatsministeriums des Innern einzuholen.

V. 
Fremde und deutsche Gerichtsbarkeit für die
Verfolgung strafbarer Handlungen

13. 

Die Gerichtsbarkeit des Entsendestaates ist ausschließlich gegeben, wenn jemand, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, eine Tat begeht, die nach dem Recht des Entsendestaates, nicht aber nach deutschem Recht strafbar ist.
Nach dem Recht der USA, Großbritanniens und der Niederlande sind die Mitglieder eines zivilen Gefolges und die Angehörigen in Friedenszeiten nicht dem Militärrecht unterworfen. Ferner sind die Angehörigen nach dem Recht aller Entsendestaaten dem Militärrecht dann nicht unterworfen, wenn sie Deutsche sind oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik haben.

14. 

Die Gerichtsbarkeit des Entsendestaates ist gegenüber der deutschen Gerichtsbarkeit bevorrechtigt, wenn jemand, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, eine Tat begeht, die sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Militärrecht des Entsendestaates strafbar ist und entweder
a)
ausschließlich gerichtet ist gegen
aa)
das Vermögen oder die Sicherheit dieses Staates oder
bb)
die Person oder das Vermögen eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges dieses Staates oder eines Angehörigen
oder
b)
sich aus einer Handlung oder Unterlassung in Ausübung des Dienstes ergibt.
Eine Tat ist dann gegen die Sicherheit des Staates gerichtet (Buchst. a, aa), wenn es sich handelt um
Hochverrat, Sabotage, Spionage oder um
Verletzung eines Gesetzes, das sich auf Amtsgeheimnisse des Staates oder auf Geheimnisse im Zusammenhang mit der Landesverteidigung bezieht.
Soweit die Gerichtsbarkeit des Entsendestaates bevorrechtigt ist, kommt die deutsche Gerichtsbarkeit nur zum Zuge, wenn der Entsendestaat im Einzelfall eine Sache an die deutschen Gerichte oder Behörden mit deren Zustimmung abgibt.

15. 

Wer dem Militärrecht des Entsendestaates nicht unterworfen ist (Nr. 13 Abs. 2), unterliegt uneingeschränkt der deutschen Gerichtsbarkeit. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist ferner ausschließlich gegeben, wenn jemand, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, eine Tat begeht, die nach deutschem Recht, nicht aber nach dem Recht des Entsendestaates strafbar ist. Hierzu gehören vor allem Verkehrsübertretungen, (auch in Verbindung mit Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung) es sei denn, dass
a)
gleichzeitig der Tatbestand eines Verbrechens oder anderen Vergehens erfüllt ist oder
b)
an der Übertretung ein Dienstfahrzeug beteiligt ist, das sich zur Tatzeit im dienstlichen Einsatz befand.

16. 

Die deutsche Gerichtsbarkeit ist bevorrechtigt in allen übrigen Fällen, nämlich dann, wenn weder die deutsche Gerichtsbarkeit ausschließlich gegeben ist (Nr. 15), noch die Gerichtsbarkeit eines Entsendestaates ausschließlich gegeben (Nr. 13) noch bevorrechtigt (Nr. 14) ist.
Die Bundesrepublik hat allgemein darauf verzichtet, ihre bevorrechtigte Gerichtsbarkeit auszuüben. Die deutsche Gerichtsbarkeit wird in diesen Fällen daher nur ausgeübt, wenn die Staatsanwaltschaft im Einzelfall den Verzicht zurücknimmt.

VI. 
Befugnisse der Polizei

17. 

Die Polizei hat mit den Behörden der Entsendestaaten, insbesondere der Militärpolizei, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eng zusammenzuarbeiten.
Die Militärpolizei der Entsendestaaten errichtet zu diesem Zweck bei Dienststellen der Polizei oder in deren unmittelbarer Nähe örtliche Verbindungsstellen.

18. 

Wer dem Militärrecht des Entsendestaates nicht unterworfen ist (Nr. 13 Abs. 2), untersteht – vorbehaltlich der Nr. 20 – uneingeschränkt der deutschen Polizeigewalt.
Gegen jemanden, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, sind polizeiliche Maßnahmen der Strafverfolgung, die in Rechte eingreifen, zulässig
a)
auf Grund der Strafprozessordnung, wenn die deutsche Gerichtsbarkeit ausgeübt wird; sonst
b)
im „ersten Zugriff“ (auf Grund Art. VII Abs. 5 Buchst. a (Festnahme), Abs. 6 Buchst. a (Beschlagnahme) des Nato-Truppenstatuts).

19. 

Von Maßnahmen der Strafverfolgung gegen jemanden, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, ist die nächste örtliche Verbindungsstelle der Militärpolizei (Nr. 17) sofort zu verständigen; das gilt nicht für gebührenpflichtige Verwarnungen und für Ermittlungen in Verkehrsstrafsachen, wenn die deutsche Gerichtsbarkeit ausschließlich gegeben ist (Nr. 15). Bestehen Zweifel, ob die deutsche Gerichtsbarkeit ausschließlich gegeben ist oder kommt im Einzelfall die Ausübung der bevorrechtigten deutschen Gerichtsbarkeit in Betracht (Nr. 16), so ist gleichzeitig der Staatsanwaltschaft zu berichten; bis zur Klärung durch die Staatsanwaltschaft ist davon auszugehen, dass die deutsche Gerichtsbarkeit nicht ausgeübt wird.

20. 

Innerhalb von Lagern, Anwesen oder anderen Liegenschaften (z.B. Kasernen), die militärische Einheiten einer Truppe auf Grund einer Vereinbarung mit deutschen staatlichen Stellen innehaben, liegt die Polizeigewalt bei der Truppe, insbesondere bei der Militärpolizei des Entsendestaates. Wird es notwendig, dass in diesem Bereich eine polizeiliche Maßnahme getroffen wird, so ersucht die Polizei die Militärpolizei des Entsendestaates, in eiligen Fällen auch den Offizier vom Dienst (Commanding Officer, Duty Officer), einzuschreiten.

21. 

Hat die Polizei jemanden, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, festgenommen, so ist er den Behörden des Entsendestaates unverzüglich zu übergeben.
Wird über den Festgenommenen die deutsche Gerichtsbarkeit ausgeübt, so ist er den Behörden des Entsendestaates auf deren Antrag zu übergeben. In diesem Fall bleibt der Gewahrsam der Behörden des Entsendestaates erhalten, bis das Verfahren abgeschlossen ist.

22. 

Wird die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch jemanden, der dem Militärrecht des Entsendestaates unterworfen ist, gestört, so hat die Polizei die Behörden des Entsendestaates bei der Verhütung und Unterbindung der Störung und bei der Aufklärung des Sachverhalts zu unterstützen, soweit das nach deutschem Recht zulässig ist.

VII. 
Befugnisse der Militärbehörden einer Truppe

23. 

Außerhalb der in Nr. 20 genannten Liegenschaften darf die Militärpolizei eines Entsendestaates nur eingesetzt werden
a)
im Benehmen mit der Polizei und
b)
zur Aufrechterhaltung der Disziplin und Ordnung in einer Truppe.
Die Militärpolizei einer Truppe ist berechtigt, auf öffentlichen Verkehrsflächen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Gaststätten und an anderen der Allgemeinheit zugänglichen Orten Streife zu gehen und gegen die dem Militärrecht des Entsendestaates Unterworfenen Maßnahmen zu treffen. Die Polizei kann die Militärpolizei einer Truppe darum ersuchen, gegen die dem Militärrecht des Entsendestaates Unterworfenen die Maßnahmen zu treffen, die zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sind.
Im Einzelnen haben die Polizei und die Militärpolizei des Entsendestaates hierüber örtliche Vereinbarungen zu treffen.

24. 

Die Militärbehörden einer Truppe dürfen, wenn ihre Gerichtsbarkeit nicht gegeben ist, jemanden nur festnehmen,
a)
wenn er auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden kann oder er der Flucht verdächtig ist;
oder
b)
wenn eine deutsche Behörde darum ersucht;
oder
c)
wenn er dem Militärrecht eines anderen Entsendestaates unterworfen ist und dieser Entsendestaat um die Festnahme ersucht;
oder
d)
wenn
aa)
dringender Verdacht besteht, dass er innerhalb einer Anlage des Entsendestaates oder gegen eine solche eine strafbare Handlung begangen hat oder zu begehen versucht, die nach den §§ 99, 100c, 100d, 100e, 109f, 109g oder 363 StGB i. V. mit Art. 7 des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes mit Strafe bedroht ist und
bb)
wenn er flüchtig ist, sich verborgen hält oder wenn begründete Befürchtung besteht, dass er sich dem Strafverfahren zu entziehen versucht und
cc)
wenn Gefahr im Verzuge ist und der Staatsanwalt oder die Polizei nicht rechtzeitig zu erreichen sind.
In diesen Fällen können die Militärbehörden den Festgenommenen, soweit erforderlich, entwaffnen, durchsuchen und ihm Gegenstände, die als Beweismittel in Betracht kommen, abnehmen.
Sie haben ihn unverzüglich mit den abgenommenen Gegenständen der nächsten Staatsanwaltschaft, einem Richter oder Polizeibeamten, im Fall des Buchst. c) den Behörden des Entsendestaates, zu übergeben.
Die verfassungsmäßigen Immunitätsrechte bleiben unberührt.

VIII. 
Waffen

aufgehoben

IX. 
Fahrzeuge und Straßenverkehr

26. 

Dienstfahrzeuge einer Truppe oder eines zivilen Gefolges führen außer ihrer Kennnummer ein deutliches Staatszugehörigkeitszeichen.
Private Kraftfahrzeuge von Mitgliedern einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder von Angehörigen führen Erkennungszeichen, die sie von Dienstfahrzeugen deutlich unterscheiden.

27. 

Die Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges sind berechtigt, dienstliche Land- und Wasserfahrzeuge zu führen, wenn sie einen vom Entsendestaat ausgestellten Erlaubnisschein führen.
Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und Angehörige sind berechtigt, private Landfahrzeuge zu führen, wenn sie
a)
einen in dem Entsendestaat erteilten Erlaubnisschein hierfür mit sich führen (besitzt der Inhaber einer solchen Erlaubnis eine mit einer deutschen Übersetzung verbundene Bescheinigung, wonach er Mitglied der Truppe, des zivilen Gefolges oder Angehöriger ist und über ausreichende Kenntnisse der deutschen Verkehrsvorschriften verfügt, so werden die deutschen Vorschriften über die Gültigkeitsdauer und Außerkraftsetzung solcher Erlaubnisse nicht angewendet);
oder
b)
einen von den Behörden einer Truppe ausgestellten, mit einer deutschen Übersetzung verbundenen Führerschein für private Kraftfahrzeuge mit sich führen.
Fahrschüler, die Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder Angehörige sind, müssen, wenn sie nicht nach deutschem Recht ausgebildet werden, auf Fahrten auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen von einem Lehrer begleitet werden, der für die Führung des Fahrzeugs verantwortlich ist und eine von einer Behörde der Truppe ausgestellte, mit einer deutschen Übersetzung verbundene Bescheinigung mit sich führt, die ihn als Fahrlehrer ausweist.
Nichtmilitärische Binnenschiffe der Truppe darf führen, wer einen von der Behörde der Truppe ausgestellten Befähigungsnachweis hierfür mit sich führt, in dem die zu befahrenden Strecken aufgeführt sind. Die internationalen Abkommen über die Binnenschifffahrt bleiben unberührt.

28. 

Wird der Polizei bekannt, dass ein Inhaber einer in Nr. 27 genannten Erlaubnis oder sonstigen Berechtigung nicht die erforderliche Eignung oder Zuverlässigkeit besitzt, so ist die örtliche Verbindungsstelle davon zu unterrichten.
Soweit die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist, können solche Fahrerlaubnisse und sonstige Berechtigungen durch ein deutsches Gericht für ungültig erklärt werden.

29. 

Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger einer Truppe, eines zivilen Gefolges, ihrer Mitglieder und von Angehörigen können von den Behörden der Truppe registriert und zugelassen werden. Für Wasserfahrzeuge gilt das nur, wenn nicht internationale Abkommen entgegenstehen.
Die von Behörden einer Truppe erteilten Zulassungsscheine für private Kraftfahrzeuge und private Kraftfahrzeuganhänger müssen mit einer deutschen Übersetzung verbunden sein und folgende Angaben enthalten:
Erkennungsnummer, Namen oder Marke, Fabrik- oder Seriennummer des Herstellers,
Tag der ersten Zulassung im Bundesgebiet,
Name des Halters.
An Bord nichtmilitärischer Binnenwasserfahrzeuge von mindestens 15 t muss eine von den Behörden der Truppe ausgestellte Bescheinigung über ihre Fahrtüchtigkeit geführt werden.

30. 

Die deutschen Vorschriften über das Verhalten im Straßenverkehr und in der Binnenschifffahrt gelten auch für eine Truppe, ein ziviles Gefolge, ihre Mitglieder und für Angehörige, mit folgenden Ausnahmen:
a)
Von den Vorschriften für den Straßenverkehr darf wegen dringender militärischer Erfordernisse, ferner in Unglücksfällen, Katastrophen und im Fall des Staatsnotstandes unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abgewichen werden.
b)
Zwischen den Behörden der Truppe und den deutschen Behörden können Vereinbarungen getroffen werden, wonach von den deutschen Vorschriften über Abmessungen, Achslast, Gesamtgewicht u. dgl. von Fahrzeugen auf bestimmten Straßen abgewichen werden darf, wenn das für den militärischen Verkehr notwendig ist.

X. 
Übertragbare Krankheiten

31. 

Für eine Truppe, ihr ziviles Gefolge und die Angehörigen gelten die deutschen Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen, Tieren und Pflanzen und von Pflanzenschädlingen, soweit nicht die Vorschriften der Truppe gleich hohe oder höhere Anforderungen stellen.
Die Behörden der Truppe und die deutschen Behörden unterrichten einander unverzüglich über den Verdacht, Ausbruch und Verlauf einer übertragbaren Krankheit und die dagegen getroffenen Maßnahmen.
Sind Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit in der Umgebung einer Truppe erforderlich, so sind hierüber Vereinbarungen mit den Behörden der Truppe zu schließen.

XI. 
Leichen und Friedhöfe

32. 

Die Militärbehörden eines Entsendestaates können über die Leichname von Mitgliedern der Truppe, des zivilen Gefolges oder von Angehörigen verfügen.
Die Truppen können an den vereinbarten Orten Friedhöfe unterhalten.

XII. 
Zustellungen, Ladungen

33. 

Deutsche Behörden können Zustellungen an Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und an Angehörige nicht durch öffentliche Zustellung bewirken.
Ist ein Schriftstück an jemanden, der sich innerhalb einer Truppenanlage befindet, zuzustellen, so wird die Verwaltungsbehörde dieser Anlage dem Zustellungsbeamten die Zustellung ermöglichen.

34. 

Um die Ladung von Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges sind die zentralen Verbindungsstellen zu ersuchen (z.B. für Heer und Marine der USA: „Judge Advocate Division, Headquarters, United States Army, Europe, Heidelberg“; für die Luftwaffe der USA: „Staff Judge Advocate, Headquarters USAFE, Lindsey Air Station, Wiesbaden“). Die Militärbehörden eines Entsendestaates sorgen dafür, dass solchen Ladungen Folge geleistet wird, wenn das Erscheinen nach deutschem Recht erzwingbar ist und militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen. Das gilt auch für die Ladung von Angehörigen, wenn die Militärbehörden deren Erscheinen sicherstellen können; sonst sind Angehörige nach deutschem Recht zu laden.

XIII. 
Kosten von Verwaltungsleistungen und Verwaltungshilfe

Leistungen und Hilfen der deutschen Verwaltung, der Polizei, der Gesundheitsbehörden und des Feuerschutzes werden den Mitgliedern einer Truppe oder eines zivilen Gefolges oder den Angehörigen im gleichen Umfange wie anderen unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

XIV. 

Die ME vom 31. Mai 1955 (BayBSVI II S. 361) i. d. F. vom 4. August 1961 (MABl S. 562) und vom 23. November 1962 (MABl S. 683) wird aufgehoben.

MABl 1963 S. 355