VollzBekLStVG
Text gilt ab: 06.07.2023

19.   Veranstaltung von Vergnügungen

19.1   Begriffsbestimmungen

19.1.1  

Vergnügung im Sinn von Art. 19 ist eine Veranstaltung, die dazu bestimmt und geeignet ist, die Besucher zu unterhalten, zu belustigen, zu zerstreuen oder zu entspannen.
Keine Vergnügungen sind Veranstaltungen, die vorwiegend der künstlerischen oder kulturellen Erbauung, der Unterweisung, Belehrung oder religiösen Zwecken dienen. Das ist nicht der Fall, wenn lediglich der Erlös der Veranstaltung für diese Zwecke verwendet wird. Sportveranstaltungen sind dann Vergnügungen, wenn es dem Veranstalter wesentlich auf die Zuschauer ankommt (z.B. Profifußballspiele). Das gilt insbesondere, wenn er die Veranstaltung öffentlich ankündigt, Zuschauer einlädt, Entgelt verlangt oder Einrichtungen für die Zuschauer bereitstellt.
Keine Vergnügung im Sinn von Art. 19 ist das nicht organisierte Faschingstreiben auf den Straßen (vgl. dazu aber Art. 23).

19.1.2  

Eine Vergnügung veranstaltet, wer sie organisiert, leitet oder in sonstiger Weise wesentliche Voraussetzungen für sie schafft. Als Mitveranstalter ist anzusehen, wer maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung der Veranstaltung ausübt, wenn seine Mitwirkung selbständig und gleichwertig neben die Tätigkeit dessen tritt, der wegen seiner wirtschaftlichen Beteiligung in erster Linie als Veranstalter erscheint. Es reicht aus, wenn von mehreren Veranstaltern einer Vergnügung nur einem die Erlaubnis erteilt wird.

19.1.3  

Öffentlich ist eine Vergnügung, wenn die Teilnahme nicht auf einen bestimmten, durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter persönlich untereinander verbundenen, abgegrenzten Personenkreis beschränkt ist.

19.1.4  

Belästigungen im Sinn von Art. 19 Abs. 4 sind das normale Maß übersteigende Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, ohne dass eine konkrete Gefahr für die Gesundheit vorliegen muss. Dabei sind für die Beurteilung ortsübliche Maßstäbe ausschlaggebend.

19.1.5  

Nachbarschaft sind alle Personen, die infolge eines nahen räumlichen Zusammenhangs mit dem Ort der Vergnügung auf gewisse Dauer von den schädlichen Einwirkungen der Veranstaltung betroffen sind.

19.1.6  

Erhebliche Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft können insbesondere eintreten, wenn die Veranstaltung auf oder in der Nähe von geschützten oder ökologisch wertvollen Flächen durchgeführt wird oder wenn sie während der Brut- oder Aufzuchtszeit von Vögeln (15. März bis 15. Juli) in Gebieten mit bedeutenden Brutstätten (z.B. Feuchtwiesen, Feldgehölzen) stattfinden soll. Dabei sind auch die von den Zuschauern zu erwartenden Störungen mit zu berücksichtigen. Stellt die Veranstaltung einen Eingriff im Sinn von Art. 6 des Bayerischen Naturschutzgesetzes dar, können sich Auflagen oder die Untersagung auch aus Art. 6a Abs. 1 bis 3 des Bayerischen Naturschutzgesetzes ergeben.

19.2   Anzeige- bzw. Erlaubnisverfahren

19.2.1  

Aufgrund der Anzeige gemäß Art. 19 Abs. 1 hat die zuständige Behörde zu prüfen, ob die Durchführung der beabsichtigten Vergnügung Gefahren für die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 genannten Rechtsgüter erwarten lässt. Maßgebend ist hierfür der Erkenntnisstand, der sich vor der Veranstaltung gewinnen lässt. Hierzu kann die Anhörung von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten oder sonstigen Fachdienststellen erforderlich sein. Sind Gefahren nicht zu erwarten und brauchen keine Anordnungen für den Einzelfall getroffen zu werden (Art. 19 Abs. 5), so duldet die Behörde den Ablauf der angezeigten Vergnügung ohne förmliche Entscheidung.

19.2.2  

In der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 soll darauf hingewiesen werden, dass sie unter den Voraussetzungen des Absatzes 4 zurückgenommen oder widerrufen werden kann. Auch nach Erteilung der Erlaubnis sind noch Anordnungen nach Absatz 5 zulässig; unter den dort genannten Voraussetzungen ist auch eine Untersagung möglich.

19.2.3  

Das Versagen der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 4 ist nicht zulässig, wenn Auflagen (Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG) als milderes Mittel zur Gefahrenverhütung ausreichen.

19.2.4  

Von der Erteilung einer Erlaubnis (einschließlich der verfügten Auflagen), von der Zurücknahme, dem Widerruf und der Versagung oder sonstigen Maßnahmen der zuständigen Behörde nach Art. 19 sind, soweit erforderlich, die örtliche Polizeidienststelle, die Feuerwehr, die Rettungsdienste und ggf. sonstige Fachdienststellen unverzüglich zu unterrichten.

19.2.5  

Überlässt der Inhaber einer Erlaubnis nach § 33a der Gewerbeordnung seine Räume dem Veranstalter einer nicht unter Nummer 19.2.8 fallenden öffentlichen Darbietung, so gilt für diesen Veranstalter Art. 19.

19.2.6  

Für öffentliche Vergnügungen, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen veranstaltet werden, gelten die Vorschriften über die Sperrzeit (vgl. § 18 des Gaststättengesetzes, § 1 Abs. 3 und 4, §§ 16 bis 19 der Gaststättenverordnung, BayRS 7130-1-W, und die Bek vom 14. Mai 1971, MABl S. 624).

19.2.7  

Ist für Teile einer Vergnügung eine Erlaubnispflicht oder eine Anordnungsbefugnis nach anderen Rechtsvorschriften gegeben (z.B. gaststättenrechtliche Erlaubnisse im Rahmen eines Volksfestes), so beschränken sich Anordnungen oder Erlaubnisse nach Art. 19 auf den Bereich, der nicht sondergesetzlich geregelt ist. Umfasst eine Vergnügung über das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände hinaus noch weitere vom Veranstalter organisierte Darbietungen, Hilfsmittel oder sonstige Beiträge, die dem Zweck der Vergnügung dienen (z.B. Bereitstellung von Sitzgelegenheiten, Absperrung zum Zweck der Erhebung eines Eintrittsgeldes), so ist eine Anzeige oder Erlaubnis erforderlich; Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 und Auflagen in der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 4 können sich jedoch nicht auf den durch das Sprengstoffrecht erfassten Bereich erstrecken.

19.2.8  

Für folgende Veranstaltungen schließen spezialgesetzliche Regelungen eine Anzeige- oder Erlaubnispflicht nach Art. 19 aus:
Vergnügungen, die durch Verordnung der Gemeinde nach Art. 19 Abs. 7 Nr. 1 von dieser Pflicht befreit sind
Vergnügungen, für deren Veranstaltung eine Erlaubnis nach den §§ 33a, 33d, 33i oder 60a der Gewerbeordnung notwendig ist oder nach § 5a der Spielverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985 (BGBl I S. 2245), eine Erlaubnis nicht erforderlich ist (vgl. aber Nummer 19.2.5)
Volksfeste, für deren Veranstaltung eine Anzeige nach § 60 Abs. 3 der Gewerbeordnung erforderlich ist
die Veranstaltung von Lotterien und Ausspielungen (vgl. hierzu das Gesetz über das Lotteriespiel, BayRS 2187-2-F, und die Lotterieverordnung, BayRS 2187-3-I)
der Betrieb einer Spielbank im Sinn des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken (BayRS 2187-1-I) und der Verordnung über öffentliche Spielbanken (BayRS 2187-1-1-I)
Luftfahrtveranstaltungen (vgl. § 24 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 1981, BGBl I S. 61, zuletzt geändert durch Art. 22 des Gesetzes vom 24. April 1986, BGBl I S. 560)
rad- oder motorsportliche Veranstaltungen sowie sonstige Veranstaltungen im Sinn von Abschnitt A Nr. III.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV) zu § 29 Abs. 2 StVO (vgl. hierzu Nummer 19.3.1.2, letzter Absatz), die ausschließlich auf öffentlichem Verkehrsgrund stattfinden (vgl. § 29 StVO)
das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. April 1986 (BGBl I S. 577), § 4 Abs. 2, §§ 23, 24 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 1983 (BGBl I S. 744), vgl. jedoch Nummer 19.2.7.
Dem Anwendungsbereich des Art. 19 unterliegen ferner nicht solche Veranstaltungen, die gesetzlich verboten sind (z.B. unerlaubte Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele gemäß § 284 StGB).

19.2.9  

Werden öffentliche Vergnügungen in fahrenden Verkehrsmitteln (z.B. Schiffen, Omnibussen) veranstaltet, ist für die Anzeige oder Erlaubnis die Behörde örtlich zuständig, in deren Gebiet die Fahrt beginnt.
Eine bundesrechtliche Vorschrift im Sinn von Art. 19 Abs. 9 ist § 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 (BGBl I S. 955), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl I S. 1689).
Besondere landesrechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 19 Abs. 9 bestehen in Art. 16 und 25 des Bayerischen Eisenbahn- und Bergbahngesetzes (BayRS 932-1-W) und in § 51 der Schifffahrtsordnung (BayRS 95-5-W).

19.2.10  

Ferner sind zu beachten
Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage (BayRS 1131-3-I)
Bayerisches Immissionsschutzgesetz (BayRS 2129-1-1-U)
Bayerisches Naturschutzgesetz (BayRS 791-1-U) sowie Schutzgebietsvorschriften, einstweilige Sicherstellungen und Veränderungssperren aufgrund des Naturschutzrechts.

19.3  

Art. 19 gilt auch für motorsportliche Veranstaltungen, wenn sie zumindest teilweise oder auch ganz außerhalb einer verkehrsrechtlich öffentlichen Fläche stattfinden (vgl. hierzu aber Nummer 19.2.8). Auch Radsportveranstaltungen sind in der Regel als Vergnügungen im Sinn von Nummer 19.1.1 anzusehen.
Für die Erteilung der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 und für Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 sind bei motorsportlichen Veranstaltungen neben den kreisfreien Gemeinden und Landratsämtern auch die Großen Kreisstädte zuständig (vgl. § 1 Nr. 12 der Verordnung über die Aufgaben der Großen Kreisstädte, BayRS 2020-1-1-3-I).
Neben der Erlaubnis/Anzeige nach Art. 19 können noch weitere Ausnahmegenehmigungen oder Erlaubnisse erforderlich sein, z.B. nach der Straßenverkehrs-Ordnung, nach dem Feiertagsgesetz oder nach dem Bayerischen Immissionsschutzgesetz (vgl. Nummer 19.2.10). In Fällen, in denen für die Erteilung weiterer Ausnahmegenehmigungen oder Erlaubnisse unterschiedliche Behörden oder Stellen zuständig sind, ist eine gegenseitige Beteiligung angezeigt.
Werden motorsportliche Veranstaltungen teils auf öffentlichem Verkehrsgrund, teils außerhalb abgehalten, so hat sich die Kreisverwaltungsbehörde vorher mit der für die Erlaubnis zuständigen Straßenverkehrsbehörde (vgl. Art. 1 des Gesetzes zum Vollzug der Straßenverkehrs-Ordnung, BayRS 9212-1-I, und die Verordnung zur Übertragung von Befugnissen nach der Straßenverkehrs-Ordnung, BayRS 9212-1-1-I) ins Benehmen zu setzen.

19.3.1  

Die Erlaubnisbehörde hat durch entsprechende Maßnahmen, Auflagen oder Bedingungen sicherzustellen, dass die folgenden allgemeinen Grundsätze eingehalten werden:

19.3.1.1  

Rennen mit Kraftfahrzeugen sind Wagenrennen, Motorradrennen und Sonder-(Wertungs-)prüfungen mit Renncharakter. Auf die Art des Starts (gemeinsamer Start, Gruppenstart, Einzelstart) kommt es dabei nicht an.

19.3.1.2  

Auf das Erholungs- und Ruhebedürfnis der Bevölkerung ist besondere Rücksicht zu nehmen.
Findet die Veranstaltung innerhalb einer genehmigungsbedürftigen Anlage im Sinn von § 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 5 Nr. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes statt, so gilt für den Lärmschutz das Bundes-Immissionsschutzgesetz in Verbindung mit Nummer 10.17 des Anhangs der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BlmSchV) vom 24. Juli 1985 (BGBl I S. 1586).
Bei Veranstaltungen, die nicht auf einer genehmigungsbedürftigen Anlage im Sinn des Bundes-Immissionsschutzgesetzes stattfinden, ist ausreichender Lärmschutz sicherzustellen. Vor dem nächstgelegenen Wohnhaus eines Wohngebiets darf der Spitzenpegel von 65 dB(A) nicht überschritten werden. Kann dies nicht gewährleistet werden, so ist die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 4 zu versagen. In allen Fällen ist Folgendes zu beachten:
Veranstaltungen dürfen für die Zeit von 22.00 Uhr bis 07.00 Uhr nicht erlaubt werden, es sei denn, dass eine Belästigung der Bevölkerung mit Sicherheit auszuschließen ist. Die ortsübliche Zeit des Hauptgottesdienstes nach Art. 2 des Feiertagsgesetzes ist zu berücksichtigen.
Die Sportfahrzeuge unterliegen den allgemeinen Anforderungen von § 38 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.
Ergänzend wird auf die sinngemäß geltenden Grundsätze in Abschnitt A Nr. II der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VwV) zu § 29 Abs. 2 StVO vom 24. November 1970 (BAnz Nr. 228/Beilage, berichtigt BAnz 1971 Nr. 14, VkBl S. 758), zuletzt geändert 1980 (BAnz Nr. 137, VkBl S. 520), hingewiesen.

19.3.1.3  

Der Veranstalter haftet nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für Schäden, die durch die Veranstaltung verursacht werden, insbesondere für Schäden, die Leitern, Ordnern, Teilnehmern oder Zuschauern als Personenschaden oder Sachschaden (auch an öffentlichen Gegenständen) erwachsen. Der Veranstalter haftet nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften weiter für Schäden, die durch die Veranstaltung oder aus Anlass ihrer Durchführung entstehen, insbesondere für Flurschäden. Er hat hierfür eine Veranstaltungs-Haftpflichtversicherung abzuschließen (vgl. Abschnitt A Nr. II.7 der VwV zu § 29 Abs. 2 StVO).

19.3.1.4  

Für das Erlaubnisverfahren bei motorsportlichen Veranstaltungen ist ergänzend zu dem sinngemäß geltenden Abschnitt A Nr. III der VwV zu § 29 Abs. 2 StVO Folgendes zu beachten:
Neben der Polizei sind, soweit erforderlich, Feuerwehr, Rettungsdienste, Naturschutzbehörden und ggf. weitere Behörden und öffentliche Stellen, deren Zuständigkeit berührt wird, zu hören.
Forderungen der gehörten Stellen sind grundsätzlich im Erlaubnisbescheid durch entsprechende Bedingungen und Auflagen zu berücksichtigen. Den beteiligten Stellen ist ein Abdruck des Erlaubnisbescheids zu übersenden.
Die an der Veranstaltung teilnehmenden Fahrzeuge sollen vor dem Start grundsätzlich von einem Sachverständigen überprüft werden.
Bei Geschicklichkeitsprüfungen für Kraftfahrer, z.B. nach der Aachener Turnierordnung, soll im Allgemeinen kein Nachweis einer Versicherung gefordert werden.

19.4  

Im Übrigen trifft die Erlaubnisbehörde im Einzelfall die Anordnungen, die für einen sicheren Ablauf der Veranstaltung erforderlich sind.

19.5  

Je nach Art der Veranstaltung ist für ausreichenden Brandschutz und Sanitätsdienst zu sorgen. Eine größere Anzahl von Zuschauern oder Teilnehmern kann sanitäre Einrichtungen erforderlich machen.