VollzBekLStVG
Text gilt ab: 06.07.2023

9.   Richtung der Maßnahmen

9.1  

Art. 9 entspricht inhaltlich den Art. 7, 8 und 10 des Polizeiaufgabengesetzes.

9.2  

Eine Gefahr oder Störung verursacht derjenige, der durch sein Verhalten oder seinen Zustand allein oder im Zusammenwirken mit anderen die Gefahr oder Störung hervorruft (Handlungsstörer bzw. -verantwortlicher). Dabei werden weder Verschulden noch Schuldfähigkeit oder Rechtswidrigkeit vorausgesetzt.

9.3  

Die Aufsicht über eine Person hat derjenige, dessen Verantwortung die Person rechtlich oder tatsächlich anvertraut ist.

9.4  

Inhaber der tatsächlichen Gewalt im Sinn von Art. 9 Abs. 2 ist derjenige, der aufgrund eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache besitzt (Zustandsstörer bzw. -verantwortlicher).

9.5  

Soweit nach Art. 9 Abs. 1 und 2 Maßnahmen auch gegen andere Verantwortliche zulässig sind, obliegt der Sicherheitsbehörde ein Auswahlermessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 8) und nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. Art. 40 BayVwVfG). Dabei ist in erster Linie zu berücksichtigen, wie die öffentliche Sicherheit oder Ordnung am ehestmöglichen aufrechterhalten werden kann. Zum Verhältnis zwischen Handlungs- und Zustandsverantwortlichkeit wird auf die Nummern 8.9 und 9.3 VollzBekPAG hingewiesen.

9.6  

Nach Art. 9 Abs. 3 können die Sicherheitsbehörden Maßnahmen gegen Unbeteiligte (Nichtstörer bzw. -verantwortliche) richten, wenn weder ein Vorgehen gegen die Verantwortlichen noch eigene Maßnahmen möglich, ausreichend oder zulässig sind. Es handelt sich hier aber um eine eng auszulegende Ausnahmenvorschrift für Hilfeleistungen in besonderen Gefahren- oder Notsituationen.
Eine unmittelbare Maßnahme nach Art. 7 Abs. 3 ist dann nicht möglich, wenn die Schwierigkeit der Maßnahme besondere Sachkenntnisse oder technische Mittel erfordert, über welche weder die Sicherheitsbehörde noch die Polizei noch der vertraglich Beauftragte verfügen, während ein Unbeteiligter sie besitzt.
Eine Maßnahme nach Art. 7 Abs. 3 ist nicht ausreichend, wenn durch den Einsatz der Sicherheitsbehörde, der Polizei oder eines vertraglich Beauftragten nur ein Teilerfolg, durch die hoheitliche Inanspruchnahme eines Unbeteiligten hingegen der volle Erfolg erzielt werden könnte.

9.7  

Eine Gefährdung des Unbeteiligten an Leben oder Gesundheit im Sinn von Art. 9 Abs. 3 ist jede objektiv erkennbare Lebensgefahr oder nicht nur geringfügige Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit.
Andere Pflichten im Sinn von Art. 9 Abs. 3 sind gegen die vorliegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwägen. Dabei wiegt eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit stets schwerer als eine solche für Sachwerte; eine bereits eingetretene Störung kann gewichtiger sein als eine lediglich drohende Gefahr. Ausschlaggebend ist die höherwertige Verpflichtung des Betroffenen (vgl. Art. 10 Abs. 1 Nr. 4 des Polizeiaufgabengesetzes, Nummern 10.3 und 10.4 VollzBekPAG).