4. Kenntnisüberprüfung
4.1
Zuständiges Gesundheitsamt
Die im Rahmen des Erlaubnisverfahrens durchzuführende Kenntnisüberprüfung gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. i der 1. DV nimmt in jedem Regierungsbezirk, sofern nicht das Gesundheitsamt der Landeshauptstadt München, der Stadt Augsburg, der Stadt Ingolstadt oder der Stadt Nürnberg zuständig ist, das am Sitz der jeweiligen Regierung bestehende Landratsamt als staatliches Gesundheitsamt vor (§ 3 Abs. 11 HeilBZustV).
4.2
Zweck der Überprüfung
Ziel der Überprüfung ist es festzustellen, ob die Ausübung der Heilkunde durch die Antrag stellende Person eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.Die Überprüfung dient somit der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und des einzelnen Menschen.Sie ist andererseits aber keine Prüfung im Sinn einer Leistungskontrolle zur Feststellung einer bestimmten Befähigung.Daraus folgt, dass sie sich auf die Feststellung beschränken muss, ob der Stand der Kenntnisse und Fähigkeiten der Antrag stellenden Person Anhaltspunkte dafür bietet, dass eine heilkundliche Tätigkeit durch sie zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit führen könnte.In diesem Rahmen muss die Überprüfung allerdings die wesentlichen Gegenstände umfassen, die für eine solche Feststellung erheblich sind.Hierzu gehören notwendigerweise diejenigen fachlichen Grundlagenkenntnisse der Medizin, ohne deren Beherrschung heilkundliche Tätigkeiten mit Gefahren für die menschliche Gesundheit verbunden sein können.Ebenso sind die hinreichende Beherrschung der deutschen Sprache und Kenntnisse der einschlägigen gesundheitsrechtlichen Vorschriften zu überprüfen.Durch die Überprüfung muss insbesondere auch festgestellt werden können, ob die Antrag stellende Person die Grenzen ihrer Fähigkeiten und der Handlungskompetenzen von Heilpraktikern klar erkennt, sich der Gefahren bei einer Überschreitung dieser Grenzen bewusst ist und bereit ist, ihr Handeln entsprechend einzurichten.
4.3
Inhalt der Überprüfung
In vorgenanntem Sinn sind Gegenstände der Überprüfung:
4.3.1
Berufs- und Gesetzeskunde einschließlich rechtlicher Grenzen der nicht ärztlichen Ausübung der Heilkunde,
4.3.2
Grenzen und Gefahren diagnostischer und therapeutischer Methoden der Heilpraktiker,
4.3.3
Grundkenntnisse der Anatomie, pathologischen Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie,
4.3.4
Grundkenntnisse in der allgemeinen Krankheitslehre, Erkennung und Unterscheidung von Volkskrankheiten, insbesondere der Stoffwechselkrankheiten, der Herz-Kreislauf-Krankheiten, der Erkrankungen des Bewegungsapparats, der degenerativen und der übertragbaren Krankheiten, der bösartigen Neubildungen, der rheumatischen oder Autoimmunerkrankungen sowie sonstiger schwerwiegender Erkrankungen mit erheblichen körperlichen Auswirkungen,
4.3.5
Grundkenntnisse psychischer Krankheiten,
4.3.6
Erkennung und Erstversorgung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände,
4.3.7
Technik der Anamneseerhebung; Methoden der unmittelbaren Krankenuntersuchung (zum Beispiel Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation, Reflexprüfung, Puls- und Blutdruckmessung),
4.3.8
Praxishygiene, Desinfektion und Sterilisation,
4.3.9
Kenntnisse der Durchführung grundlegender invasiver Maßnahmen, insbesondere Injektions- und Punktionstechniken,
4.3.10
Deutung grundlegender Laborwerte,
4.3.11
Kenntnisse der grundlegenden medizinischen Fachterminologie.
4.4
Durchführung der Überprüfung
4.4.1
Die Überprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil.Vor Beginn eines jeden Überprüfungsteils haben sich die Antragstellenden durch einen gültigen Personalausweis oder Reisepass auszuweisen.
4.4.2
Der schriftliche Teil der Überprüfung wird vor dem mündlichen Teil durchgeführt.Der schriftliche und der mündliche Teil der Überprüfung stellen eine Einheit dar; bei Nichtbestehen eines Teils gilt die gesamte Überprüfung als erfolglos abgelegt.
4.4.3
Im schriftlichen Teil der Überprüfung werden den Antragstellenden vom Gesundheitsamt 60 Fragen im Antwort-Wahl-Verfahren (multiple-choice) zur Beantwortung gestellt.Die Fragen sind eindeutig, klar und verständlich zu formulieren und auf den Bereich der unerlässlichen Kenntnisse zu beschränken.Fragen können insbesondere in Form von Einfach- und Mehrfachauswahlfragen, als Aussagenkombinationen, als Verknüpfungsfragen oder Zuordnungsfragen gestellt werden.
Die schriftliche Überprüfung dauert 120 Minuten.Die Bewertung obliegt einer Ärztin bzw. einem Arzt des Gesundheitsamts.Sollten einzelne Fragen als unzulässig beanstandet und nach einvernehmlicher Auffassung aller überprüfenden Gesundheitsämter eliminiert werden, ist bei der Auswertung von der verminderten Anzahl an Fragen auszugehen.Die Verminderung der Anzahl an Fragen darf sich nicht zum Nachteil der Antragstellenden auswirken.Hat die Antrag stellende Person eine eliminierte Frage zutreffend beantwortet, wird diese Frage deshalb für sie trotz der Eliminierung positiv gewertet.Die Frage ist in dem Fall aber bei der Zahl der gestellten Fragen ebenfalls zu berücksichtigen.Wer danach mindestens 75 Prozent der zu berücksichtigenden Fragen zutreffend beantwortet hat, ist zur Fortsetzung der Überprüfung im mündlichen Teil zugelassen (bei 60 zu berücksichtigenden Fragen sind damit mindestens 45 Fragen zutreffend zu beantworten).
Bei den übrigen Antragstellenden wird die Überprüfung abgebrochen, weil angenommen werden muss, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.Das Gesundheitsamt teilt dies der Kreisverwaltungsbehörde mit.Das Gleiche gilt, wenn (bei der Antrag stellenden Person) während der schriftlichen Überprüfung Täuschungsversuche oder sonstige Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sind.
4.4.4
Die Dauer der mündlichen Überprüfung soll pro Person 30 Minuten nicht unterschreiten und 45 Minuten nicht überschreiten.Die mündliche Überprüfung kann in Gruppen mit bis zu vier Personen durchgeführt werden.Die mündliche Überprüfung wird unter Vorsitz einer Ärztin oder eines Arztes des Gesundheitsamts durchgeführt.An ihr sollen zwei Angehörige des Heilpraktikerberufs als Beisitzende gutachtlich mitwirken.Die Berufsverbände der Heilpraktiker können dem zuständigen Gesundheitsamt Berufsangehörige als Beisitzende vorschlagen; das Gesundheitsamt soll diese Vorschläge bei der Bestellung der Beisitzenden berücksichtigen.Im mündlichen Teil der Überprüfung sind die gestellten Fragen in freier Form zu beantworten.Der Antrag stellenden Person soll auch eine praktische Aufgabe gestellt werden, die sie in Anwesenheit aller Mitglieder des Überprüfungsgremiums zu erledigen hat.
Über die mündliche Überprüfung ist eine Niederschrift zu fertigen, aus der Gegenstand, Ablauf und Ergebnis der Überprüfung, die Stellungnahme der gutachtlich mitwirkenden Beisitzenden und gegebenenfalls vorgekommene Unregelmäßigkeiten hervorgehen.Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Überprüfung entscheidet das vorsitzende Mitglied nach Anhörung der gutachtlich mitwirkenden Beisitzenden, ob bei der Antrag stellenden Person Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ausübung der Heilkunde durch sie eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.Das vorsitzende Mitglied unterrichtet die Antrag stellende Person über das Ergebnis der Überprüfung und teilt die getroffene Entscheidung mit dem Ergebnis der schriftlichen Überprüfung der Kreisverwaltungsbehörde mit.
4.5
Organisation des Überprüfungsverfahrens
4.5.1
Die zuständigen Gesundheitsämter sollen je Halbjahr einen Überprüfungsdurchgang durchführen, sodass das jeweilige Verfahren möglichst innerhalb dieses Zeitraumes abgeschlossen werden kann.
4.5.2
Die Ladungen zu jedem Teil der Überprüfung sollen spätestens zwei Wochen vor dem jeweiligen Termin an die Antragstellenden versandt werden.