Inhalt

Text gilt ab: 01.07.2008
Fassung: 20.06.2008
1.
Berechtigter Personenkreis
Eine monatliche besondere Zuwendung erhalten Personen, die
Berechtigte für eine Kapitalentschädigung nach § 17 Abs. 1 StrRehaG sind,
in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind und
eine mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten haben.

1.1

Berechtigte nach § 17 Abs. 1 StrRehaG
(1) Berechtigte nach § 17 Abs. 1 StrRehaG sind Personen, die auf Grund einer in der ehemaligen DDR erlittenen Freiheitsentziehung, die mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, eine Kapitalentschädigung erhalten können. Ob eine solche tatsächlich gewährt wurde, ist nicht Voraussetzung für die Gewährung der besonderen Zuwendung nach § 17a StrRehaG. Wurde bisher eine Kapitalentschädigung für die erlittene Haftzeit z.B. wegen fehlenden Antrags nicht gewährt, ist der Antragsteller im Rahmen der Betreuungspflicht für den begünstigten Personenkreis auf die mögliche Gewährung einer Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG hinzuweisen. Die Antragsfrist hierfür endet erst am 31. Dezember 2011.
(2) Hinterbliebene, Erben etc. sind keine Berechtigte. Eventuell können den nächsten Angehörigen von Berechtigten (Ehegatten, Kinder und Eltern) nach § 17 Abs. 1 bzw. 17 a StrRehaG Unterstützungsleistungen von der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge gewährt werden, soweit sie durch die Freiheitsentziehung nicht unerheblich unmittelbar mitbetroffen waren (vgl. § 18 Abs. 3 bis 5 StrRehaG). Hierauf ist hinzuweisen.

1.2

Art und Dauer der Freiheitsentziehung
(1) Die in der ehemaligen DDR erlittene Freiheitsentziehung muss mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sein. Dies ist dann der Fall, wenn gegen den Berechtigten in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet eine strafrechtliche Entscheidung ergangen ist, die der politischen Verfolgung gedient hat oder wenn die in der Entscheidung angeordneten Rechtsfolgen (also Strafe und Nebenfolgen) in grobem Missverhältnis zu der zugrundeliegenden Tat stehen. Um eine politische Verfolgung hat es sich insbesondere bei folgenden Tatbeständen gehandelt:
landesverräterische Nachrichtenübermittlung,
staatsfeindlicher Menschenhandel,
staatsfeindliche Hetze,
ungesetzliche Verbindungsaufnahme,
ungesetzlicher Grenzübertritt (sog. Republikflucht),
Boykotthetze,
Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung,
Hochverrat, Spionage, Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage, landesverräterische Agententätigkeit, Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet waren, Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten, Geheimnisverrat, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen wurde, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist.
Mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung nicht vereinbar waren auch alle Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz, Außenstelle Waldheim aus dem Jahr 1950 (sog. Waldheimprozesse). Diese Entscheidungen werden im Rahmen der Rehabilitierung alle aufgehoben.
(2) Eine mit den wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung nicht vereinbare Freiheitsentziehung liegt auch vor, wenn diese außerhalb eines Strafverfahrens auf Grund einer gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung erfolgt ist und die Freiheitsentziehung willkürlich oder aus Gründen politischer Verfolgung angeordnet worden ist. Bestimmte Formen einer rechtsstaatswidrigen Freiheitsbeschränkung, wie z.B. Leben oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen sowie die Einweisung in eine psychiatrische Anstalt, sind einer rechtsstaatswidrigen Freiheitsentziehung gleichgestellt, wenn dies zum Zwecke der politischen Verfolgung oder zu anderen sachfremden Zwecken erfolgt ist.
(3) Die rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung muss insgesamt volle sechs Monate umfasst haben. Zeiten mehrerer Freiheitsentziehungen sind zusammen zu rechnen. Die Freiheitsentziehung muss wegen des geografischen Bezugsbereichs des StrRehaG auf das Beitrittsgebiet grundsätzlich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR eingetreten sein. Zeiten von Haftopfern der sowjetischen Besatzungsmacht, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR verhaftet und von sowjetischen Stellen interniert oder von einem Sowjetischen Militärtribunal verurteilt worden sind, können auch mit eingerechnet werden, wenn ein Teil des politischen Gewahrsams in sowjetischen Lagern außerhalb der damaligen sowjetischen Besatzungszone verbracht wurde und der Betreffende anschließend wieder in die DDR oder in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt ist. Voraussetzung für die Anerkennung der rechtsstaatswidrigen Freiheitsentziehung in diesen Fällen ist, dass der Betreffende im Zusammenhang mit der Errichtung oder Aufrechterhaltung der kommunistischen Gewaltherrschaft im Beitrittsgebiet in Gewahrsam genommen oder gehalten wurde und eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG erhalten hat. Haftzeiten im Ausland sind nur dann in die Gewahrsamszeit nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG einzubeziehen, wenn diese der Vorbereitung einer Verurteilung in der DDR dienten und deshalb mit rehabilitiert wurden. Solche Gewahrsamszeiten müssen stets in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der anschließenden Verurteilung in der DDR gestanden haben (z.B. Festnahme von Flüchtenden aus der DDR in Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts zur Überstellung an die den Flüchtenden verurteilende DDR).
(4) Die Berechnung des Zeitraums der Freiheitsentziehung hat nach den §§ 187 Abs. 2 und 188 Abs. 2 BGB zu erfolgen (Beispiel: Freiheitsentziehung vom 5. März 1962 bis 4. September 1962 = sechs Monate). Da die Freiheitsentziehung von mindestens sechs Monaten nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht, gilt zusätzlich § 191 BGB, wonach der Monat mit 30 Tagen anzusetzen ist. Danach liegt im vorliegenden Beispielsfall eine mindestens sechsmonatige Freiheitsentziehung auch vor, wenn die Freiheitsentziehung den Zeitraum vom 5. März 1962 bis 31. August 1962 = 180 Tage umfasste. Der Tag der Inhaftnahme und der Tag der Haftentlassung sind mitzuzählen. Ist im Rehabilitierungsbeschluss oder in der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG der Beginn oder das Ende der Haft nicht mit dem Tagesdatum, sondern nur mit dem jeweiligen Monat angegeben und kommt es zur Berechnung der Mindesthaftdauer darauf an, so ist zu versuchen, diese Daten zu ermitteln. Ist dies nicht möglich, ist zugunsten des Betroffenen die weitestgehende Zeit zugrunde zu legen (Beispiel: Freiheitsentziehung vom März 1962 bis August 1962 = sechs Monate).
(5) Liegt eine rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung nur von unter sechs vollen Monaten vor, sind die Antragsteller auf mögliche Unterstützungsleistungen der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge nach § 18 StrRehaG hinzuweisen.
(6) Zum Nachweis des Vorliegens der rechtsstaatswidrigen Freiheitsentziehung ist die Rehabilitierungsentscheidung des zuständigen Gerichts bzw. die Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG einzufordern.