Inhalt

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Text gilt ab: 01.06.2019
Gesamtvorschrift gilt bis: 31.05.2029

Abschnitt 7 
Annahme und Ablehnung der Wahl

83. Annahme oder Ablehnung der Wahl, Ausscheiden (Art. 47 bis 49, § 95)

83.1 Grundsatz: Verständigung nicht mehr konstitutiv und Umkehrung der Annahmefiktion

1Der Wahlleiter ist zur Verständigung der Gewählten nicht mehr verpflichtet. 2Die Frist zur Ablehnung der Wahl beginnt mit der Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses zu laufen. 3Auf eine Verständigung der Gewählten, deren Einsichtsfähigkeit oder sonstige der Verständigung entgegenstehende Gründe kommt es nicht mehr an.
4Eine ausdrückliche Annahmeerklärung ist nicht erforderlich. 5Es gilt vielmehr eine einheitliche Annahmefiktion für Gemeinderats- und Kreistagswahlen und Bürgermeister- und Landratswahlen. 6Die Wahl gilt als angenommen, wenn der Gewählte sie nicht wirksam abgelehnt hat.
7Nicht ausdrücklich geregelt, aber trotzdem weiterhin zulässig ist die ausdrückliche fristgemäße Erklärung des Gewählten, dass er die Wahl annimmt.
8In den Fällen, in denen das Wahlergebnis nachträglich berichtigt wird und eine andere Person als gewählt gilt, kann diese die Wahl nach Art. 47 Abs. 1 Satz 2 und 3 ebenfalls binnen einer Woche ablehnen. 9Die Frist beginnt in diesen Fällen mit Verkündung der Änderung des Wahlergebnisses. 10Eine solche Änderung kann durch eine Berichtigung des Wahlausschusses, im Rahmen einer von Amts wegen durchzuführenden Wahlprüfung der Rechtsaufsichtsbehörde, in einem Wahlanfechtungsverfahren oder aufgrund einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erfolgen.

83.2 Ausnahme für nicht aufgrund eines Wahlvorschlags Gewählte (Art. 47 Abs. 2)

1Der Wahlleiter bleibt hier verpflichtet, die nicht aufgrund eines Wahlvorschlags (Mehrheitswahl) Gewählten unverzüglich nach der Ermittlung des vorläufigen Wahlergebnisses schriftlich von ihrer Wahl zu verständigen. 2Er kann die gewählte Person in deren Beisein auch mündlich verständigen; hierüber ist eine Niederschrift aufzunehmen.
3Mit der Verständigung fordert der Wahlleiter die Gewählten auf, binnen zwei Wochen, bei einer Stichwahl binnen einer Woche, nach Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären, ob sie die Wahl annehmen. 4Die zwei- bzw. einwöchige Annahmefrist knüpft im Interesse der Rechtssicherheit ebenfalls nicht an den Zeitpunkt an, ab dem der Gewählte tatsächlich verständigt werden konnte, sondern an die Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses durch den Wahlleiter.
5Für nicht aufgrund eines Wahlvorschlags Gewählte gilt die Wahl als abgelehnt, wenn sie nicht wirksam angenommen wurde.
6Der Wahlleiter soll bei der Verständigung darauf hinweisen,
dass es als Ablehnung der Wahl gilt, wenn sie nicht wirksam angenommen wurde,
dass die Wahl nur vorbehaltlos angenommen werden kann,
dass die Verweigerung der Eidesleistung oder des Ablegens des Gelöbnisses zum Amtsverlust führt.

83.3 Ablehnungs- und Annahmeerklärungen

1Weder für die Ablehnung der Wahl noch für die Ablehnung der Übernahme des Amts oder dessen Niederlegung bedarf es eines wichtigen Grundes. 2Über Ablehnungserklärungen entscheidet der Wahlausschuss. 3Hält er eine Ablehnung der Wahl für wirksam, hat er das auszusprechen.
4Eine Erklärung, die Wahl anzunehmen, ist dann wirksam, wenn sie schriftlich oder zur Niederschrift und fristgerecht erfolgt. 5Hält der Wahlausschuss eine Annahme der Wahl für unwirksam, hat er das auszusprechen und festzustellen, dass die Wahl als abgelehnt gilt.

83.4 Beamtenverhältnis bei ersten Bürgermeistern und Landräten

1Die Begründung des Beamtenverhältnisses eines ersten Bürgermeisters oder eines Landrats richtet sich nach Art. 9 KWBG. 2Für die Auswirkungen auf das Beamtenverhältnis bei der Ungültigerklärung der Wahl gilt Art. 11 Abs. 1 KWBG. 3Die Entlassung eines ersten Bürgermeisters oder eines Landrats bei Verweigerung des Diensteids oder des Gelöbnisses ist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG geregelt.

84. Amtshindernisse, Nachrücken der Listennachfolger (Art. 37 Abs. 2, Art. 47 Abs. 4, Art. 48, § 95)

84.1 Gleichzeitige Wahl zum Gemeinderatsmitglied und zum ersten Bürgermeister oder zum Kreisrat und zum Landrat

1Wurde eine sich bewerbende Person zum ersten Bürgermeister und gleichzeitig zum Gemeinderatsmitglied gewählt und nimmt sie das Amt des ersten Bürgermeisters an, kann sie das Amt eines Gemeinderatsmitglieds nicht antreten. 2Der gewählte erste Bürgermeister wird Listennachfolger. 3Das gilt auch, wenn ein amtierendes Gemeinderatsmitglied oder ein Listennachfolger außerhalb der allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen zum ersten Bürgermeister gewählt wird. 4Entsprechendes gilt bei Landkreiswahlen.

84.2 Wahl eines Gemeinderatsmitglieds zum ersten Bürgermeister

1Ein zum ersten Bürgermeister gewähltes Gemeinderatsmitglied verliert das bisherige Amt mit dem Amtsantritt als erster Bürgermeister. 2Entsprechendes gilt, wenn ein Kreisrat zum Landrat gewählt wird.

84.3 Entscheidung durch Wahlorgane

1Wahlorgane werden jeweils für bestimmte Wahlen berufen. 2Auch bei Bürgermeister- und Landratswahlen, die außerhalb der allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen stattfinden, stellt der Wahlausschuss ein Amtshindernis oder die Ablehnung der Übernahme des Amts fest, obwohl die Wahlzeit des Gemeinderats oder des Kreistags bereits begonnen hat.

84.4 Nachrücken nur bei Erfüllung der Wählbarkeitsvoraussetzungen

1Ein Listennachfolger kann nur nachrücken, wenn er zu dem Zeitpunkt, zu dem er zum Nachrücken berufen ist, die Wählbarkeitsvoraussetzungen noch oder wieder erfüllt. 2Zum Nachrücken berufen ist der Listennachfolger in dem Zeitpunkt, in dem er nach der Entscheidung des Wahlausschusses, des Gemeinderats oder des Kreistags (Art. 48 Abs. 3) verständigt worden ist (Art. 47 Abs. 2). 3Wenn ein Listennachfolger wegzieht und innerhalb eines Jahres zurückkehrt, kann er wieder nachrücken (Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 4). 4War er mehr als ein Jahr weggezogen, muss er zu dem Zeitpunkt, zu dem er zum Nachrücken berufen ist, wieder seit mindestens drei Monaten eine Wohnung oder ohne eine Wohnung zu haben seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlkreis haben.

84.5 Listennachfolger bei Wechsel der Partei oder der Wählergruppe

1Es rückt immer ein Listennachfolger aus dem Wahlvorschlag nach, auf welchem das ausgeschiedene Gemeinderatsmitglied oder der Kreisrat gewählt war. 2Der Listennachfolger rückt auch dann nach, wenn er nach der Wahl die Partei oder die Wählergruppe, auf deren Wahlvorschlag er gewählt wurde, verlässt, oder wenn er sich nicht mehr zu dieser Partei oder Wählergruppe bekennt; sein Nachrücken hängt nur davon ab, ob er die Wählbarkeitsvoraussetzungen noch oder wieder erfüllt.

85. Neuwahl, Nachholungswahl, Wiederholungswahl, Nachwahl (Art. 44, 46, 52), § 31 Abs. 2, § 96

85.1 Besondere Wahlen

85.1.1 Neuwahl

1Eine Neuwahl findet statt, wenn die Amtszeit eines ersten Bürgermeisters oder eines Landrats nicht mit der Wahlzeit des Gemeinderats oder des Kreistags endet (Art. 44 Abs. 1 und 3) oder wenn nach einer Ungültigerklärung keine Nachwahl mehr stattfinden kann (Art. 52); es ist immer ein völlig neues Wahlverfahren durchzuführen. 2Eine Neuwahl ist auch in den Fällen des Art. 47 Abs. 4 Satz 3 sowie des Art. 114 Abs. 3 GO und des Art. 100 Abs. 3 LKrO durchzuführen.

85.1.2 Nachholungswahl

1Die Nachholungswahl (Art. 44 Abs. 2) findet statt, wenn eine sich um das Amt des ersten Bürgermeisters oder des Landrats bewerbende Person die Wählbarkeit bis zum Ablauf des Wahltags verloren hat. 2Das bisherige Wahlverfahren bleibt wirksam und kann fortgeführt werden, jedoch ist nicht nur dem Wahlvorschlagsträger, dessen sich bewerbende Person ausgeschieden ist, sondern auch anderen Parteien und Wählergruppen die Möglichkeit zu geben, neue Wahlvorschläge einzureichen. 3Hierfür gelten die allgemeinen Fristen.

85.1.3 Wiederholungswahl

Die Wiederholungswahl (Art. 46) findet statt, wenn
mehr als zwei Personen die höchste Stimmenzahl erhalten haben,
ein Stichwahlteilnehmer nach der ersten Wahl die Wählbarkeit verliert,
ein Stichwahlteilnehmer vor der Stichwahl wirksam zurückgetreten ist,
die Mehrheit der abgegebenen Stimmen bei der ersten Wahl oder bei der Stichwahl ungültig ist.

85.1.4 Nachwahl

1Eine Nachwahl (Art. 52, § 96) findet statt, wenn eine Wahl für ungültig erklärt wurde und zwischen dem Tag dieser Wahl und dem neuen Wahltermin nicht mehr als ein Jahr liegt.
a)
Die Rechtsaufsichtsbehörde kann den Termin grundsätzlich erst festsetzen, wenn die in Art. 52 Abs. 6 genannten Fristen abgelaufen sind oder die Entscheidung des Wahlausschusses getroffen ist. Ergibt sich aber bereits vor Ablauf dieser Fristen, dass es nicht möglich ist, die für die Durchführung einer Nachwahl vorgegebene Jahresfrist einzuhalten, kann ohne Abwarten der in Art. 52 Abs. 6 genannten Fristen und der Entscheidung des Wahlausschusses eine Neuwahl angeordnet werden.
b)
Durch die Regelung in Art. 52 Abs. 2 Satz 1, wonach Verstöße des Wahlleiters gegen seine Prüf- und Benachrichtigungspflicht aus Art. 32 Abs. 1 bei der Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem das Wahlverfahren zu wiederholen ist, außer Betracht bleiben, verbleibt die Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit des Wahlvorschlags beim Wahlvorschlagsträger selbst.
c)
Die Nachwahl kann auf die Briefwahl, nicht jedoch auf einzelne Briefwahlvorstände, beschränkt werden.
2Ob eine Nachwahl auf Stimmbezirke oder auf die Briefwahl beschränkt wird, liegt im Ermessen der Rechtsaufsichtsbehörde. 3Dabei können neben dem Verwaltungsaufwand und den entstehenden Kosten auch Fragen der Praktikabilität bei der Durchführung berücksichtigt werden. 4Einer Beschränkung der Nachwahl steht es nicht entgegen, wenn eine sich bewerbende Person am Tag der Nachwahl die Wählbarkeit nicht mehr besitzt oder wirksam von der Bewerbung zurückgetreten ist.
5Wird die Nachwahl auf einzelne Stimmbezirke beschränkt, sind grundsätzlich nur diejenigen Personen wahlberechtigt, die im Wählerverzeichnis für die betreffenden Stimmbezirke eingetragen sind. 6Da das Ergebnis der Briefwahl aus der für ungültig erklärten Wahl in diesem Fall in das Ergebnis der Nachwahl wieder mit einfließt, dürfen Wahlberechtigte, die einen Wahlschein erhalten hatten und ihre Stimme nicht mit Wahlschein in einem Abstimmungsraum eines dieser Stimmbezirke abgegeben haben, wegen Art. 3 Abs. 4 Satz 1 in diesen Stimmbezirken bei der Nachwahl nicht mehr wählen. 7Auch Wahlberechtigte, die aus einem Stimmbezirk, in dem keine Nachwahl stattfindet, in einen Stimmbezirk ziehen, in dem die Nachwahl stattfindet, sind bei der Nachwahl nicht stimmberechtigt und dürfen nicht in das auf den neuesten Stand gebrachte Wählerverzeichnis aufgenommen werden, da ihre Stimme von der Ungültigerklärung nicht betroffen ist.
8Wird die Nachwahl auf die Briefwahl beschränkt, müssen die dafür Wahlberechtigten einen erneuten Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins stellen. 9Der frühere Antrag, der sich auf den ersten Wahltermin bezog, hat sich durch Zeitablauf erledigt.
10Für die Wahlberechtigten, die keinen Antrag stellen, muss die Möglichkeit der Urnenwahl gewährleistet werden (§ 96 Abs. 3). 11Zur Wahrung des Wahlgeheimnisses kann es erforderlich sein (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 2 und Nr. 19.1), für den Wahlkreis nur einen Stimmbezirk zu bilden. 12In diesem Fall kann der Wahlvorstand des Stimmbezirks mit der Übernahme der Geschäfte des Briefwahlvorstands beauftragt werden (Art. 6 Abs. 3, § 73 und § 79b). 13Ein solcher Fall ist bei der Entscheidung, ob die Nachwahl auf die Briefwahl beschränkt wird, zu bedenken.

85.2 Wahltermin

Bei der Festlegung des Termins für eine besondere Wahl durch die Rechtsaufsichtsbehörde sollte darauf geachtet werden, dass auch der Termin einer möglichen Stichwahl auf einen geeigneten Sonntag fällt (keine Ferienzeit oder Feiertag).

85.3 Wahlorgane

1Eine Nachholungswahl, eine Wiederholungswahl oder eine Nachwahl wird von den bisherigen Wahlorganen durchgeführt (Art. 44 Abs. 2 Satz 6, Art. 46 Abs. 5, Art. 52 Abs. 7 Satz 1). 2Sind einzelne Personen aus den Wahlorganen ausgeschieden, weil sie z.B. wegen Wegzugs das Wahlrecht verloren haben, rücken die berufenen Stellvertreter nach; sind solche nicht mehr vorhanden, sind die Wahlorgane nachzubesetzen.

85.4 Änderungen im Stimmzettel (§ 31 Abs. 2)

1Die Bestimmung betrifft nur Fälle, bei denen die bisherigen Wahlvorschläge Grundlage für den Inhalt der Stimmzettel bleiben. 2Zu den Angaben, die bei den sich bewerbenden Personen vom Wahlleiter geändert werden können, zählen insbesondere Namensänderungen, Veränderungen bei den Angaben zum Beruf oder zu den kommunalen Ehrenämtern, Umzüge in andere Gemeindeteile oder bei der Kreistagswahl in eine andere Gemeinde des Landkreises.
3Müssen die Wahlvorschläge neu aufgestellt werden, entscheidet der Wahlausschuss bei der Zulassung der Wahlvorschläge auch über die Angaben zu den sich bewerbenden Personen.

86. Beginn und Verlängerung der Amtszeit, Beauftragter (Art. 42 und 43)

1Beginnt die Amtszeit des neu gewählten ersten Bürgermeisters oder des neu gewählten Landrats am 1. Mai des zweiten Jahres vor den nächsten allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen oder später, liegt der Beginn der Amtszeit innerhalb der in Art. 43 Abs. 2 genannten letzten zwei Jahre der Wahlzeit des Gemeinderats oder des Kreistags. 2Die Amtszeit des neu gewählten ersten Bürgermeisters oder Landrats verlängert sich dann bis zum 30. April des Jahres, in dem die übernächsten allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen stattfinden.
3Aufgabe des in Art. 43 Abs. 3 erwähnten Beauftragten, der die Geschäfte eines ersten Bürgermeisters oder eines Landrats wahrnimmt, ist es insbesondere, den Gemeinderat oder den Kreistag zu der ersten Sitzung einzuberufen, in der der zweite Bürgermeister oder der Stellvertreter des Landrats gewählt wird. 4Es empfiehlt sich daher, die Bestellung des Beauftragten bis zur Wahl des zweiten Bürgermeisters oder des Stellvertreters des Landrats zu befristen. 5Im Übrigen wird die Bestellung des Beauftragten mit dem Amtsantritt des ersten Bürgermeisters oder des Landrats gegenstandslos.

Überprüfung der Wahl

87. Wahlprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 50, § 93)

1Die Wahlprüfung ist unabhängig von etwaigen Wahlanfechtungen und im Hinblick auf die Viermonatsfrist mit größtmöglicher Beschleunigung durchzuführen. 2Nach Ablauf der Viermonatsfrist kann grundsätzlich nur noch der Gemeinderat oder der Kreistag den Verlust des Amts feststellen. 3Die Viermonatsfrist kann unter den in Art. 50 Abs. 5 genannten Voraussetzungen ausnahmsweise verlängert werden. 4Für eine Fristverlängerung müssen hinreichend konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass es zu einer Berichtigung oder zu einer Ungültigerklärung kommen wird. 5Eine Vermutung oder ein bloßer Verdacht reichen nicht aus. 6Arbeitsüberlastung ist kein Grund für eine Fristverlängerung. 7Die Entscheidung und die Gründe hierfür sind aktenkundig zu machen.
8Die Wahlprüfung erstreckt sich insbesondere darauf, ob die Bekanntmachungen des Wahlleiters und der Gemeinde bzw. des Landratsamts vollständig und rechtzeitig ergangen sind, ob die Wahlvorschläge vollständig und rechtzeitig eingereicht worden sind, ob die Niederschriften der Wahlorgane ordnungsgemäß geführt worden sind und ob das Wahlergebnis (§ 90 Abs. 2 bis 4 und § 92 Abs. 1) richtig ermittelt worden ist.

87.1 Prüfungsmaßstab bei formellen Mängeln

1Die Regelung in Art. 50 Abs. 4 Satz 1 ermöglicht, dass im Rahmen der amtlichen Wahlprüfung nach Durchführung der Wahl die Verletzung von Formvorschriften, die dem Nachweis dienen, dass Vorschriften des materiellen Wahlrechts eingehalten werden, außer Betracht bleibt, wenn der Nachweis auf andere Weise erbracht wird. 2Dadurch soll vermieden werden, dass die Verletzung dieser dem Nachweis des materiellen Wahlrechts dienenden Formvorschriften regelmäßig eine Wiederholung der Wahl zur Folge hat. 3Dadurch, dass nach Art. 50 Abs. 4 Satz 2 auch Verstöße des Wahlleiters gegen Art. 32 Abs. 1 insoweit außer Betracht bleiben, wird erreicht, dass Berichtigung und Ungültigerklärung im Rahmen der Wahlprüfung bzw. über Art. 51 Satz 2 auch im Rahmen von Wahlanfechtungen nicht allein mit einem Verstoß des Wahlleiters gegen seine Prüf- und Benachrichtigungspflicht begründet werden können. 4Dies trägt der beim jeweiligen Wahlvorschlagsträger liegenden Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit des Wahlvorschlags Rechnung.
5Ein Anwendungsfall von Art. 50 Abs. 4 Satz 1 ist zum Beispiel, dass in einer Aufstellungsversammlung zwar die materiell-rechtliche Anforderung der geheimen Abstimmung eingehalten wurde, jedoch vergessen wurde, dies in der Niederschrift festzuhalten. 6Dasselbe gilt, wenn Unterschriften auf der Niederschrift über die Aufstellungsversammlung vergessen wurden. 7Der anderweitige Nachweis der Einhaltung der Vorschriften des materiellen Wahlrechts könnte in diesen Fällen beispielsweise durch Erklärungen (evtl. an Eides statt) bzw. Aussagen von Teilnehmern der Aufstellungsversammlung gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde erbracht werden. 8Gelingt dieser Nachweis, ist die Wahl nicht für ungültig zu erklären. 9Ein weiteres Beispiel für einen formellen Wahlrechtsverstoß im obigen Sinne sind Mängel der Niederschrift (z.B. Unvollständigkeit) hinsichtlich der Ladung zur Aufstellungsversammlung.
10Die Änderung in Art. 50 Abs. 4 Satz 2 stellt im Hinblick auf den neuen Art. 32 Abs. 1 Satz 3 klar, dass es allein auf Verstöße des Wahlleiters ankommt. 11So wird beispielsweise eine unzutreffende Auslegung des Art. 32 Abs. 1 durch den Wahlausschuss im Rahmen der Beschlussfassung über die Gültigkeit der eingereichten Wahlvorschläge nicht von Satz 2 erfasst und kann daher zur Ungültigerklärung der Wahl führen (z.B. wenn ein neuer Wahlvorschlag unter Berufung auf Art. 32 Abs. 1 Satz 3 eingereicht wurde, aber dessen Voraussetzungen nicht vorlagen und der Wahlausschuss den Wahlvorschlag dennoch zuließ). 12Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass Berichtigung und Ungültigerklärung einer Wahl sowie deren Änderung oder Aufhebung nur zeitlich begrenzt zulässig sind (vgl. Art. 50 Abs. 5 Satz 1).
13Die Änderung stellt dementsprechend klar, dass durch die Prüfung der Nachwahl nicht das Ergebnis der Prüfung der für ungültig erklärten Wahl infrage gestellt werden kann. 14Es bleiben daher Wahlrechtsverstöße außer Betracht, die bereits bei der für ungültig erklärten Wahl vorlagen, auch wenn sie weiterwirken, unabhängig davon, ob diese im Rahmen der Prüfung der für ungültig erklärten Wahl bekannt waren. 15Entscheidend ist, ob der konkrete Wahlrechtsverstoß bereits seit der für ungültig erklärten Wahl vorliegt. 16Dies ist bei lediglich gleichgelagerten, aber bei der Nachwahl erneut auftretenden Wahlrechtsverstößen nicht der Fall.
17Resultiert beispielsweise aus der Einrichtung eines für die Nachwahl bereitgestellten Wahllokals ein Wahlrechtsverstoß (z.B. Verletzung des Abstimmungsgeheimnisses oder der Abstimmungsfreiheit), so liegt bei der Nachwahl ein neuer und somit beachtlicher Wahlrechtsverstoß vor, auch wenn das Wahllokal bei der für ungültig erklärten Wahl in gleicher Weise Verwendung fand. 18Denn die Abstimmung ist bei der Nachwahl neu durchzuführen, sodass solche Wahlrechtsverstöße, die sich allein auf die Abstimmung beziehen, dementsprechend ausschließlich die Nachwahl und damit nicht die für ungültig erklärte Wahl betreffen.
19Wurde hingegen beispielsweise ein Wahlvorschlag zu Unrecht zugelassen, die Wahl jedoch nicht wegen dieses Wahlrechtsverstoßes (z.B. weil er nicht bemerkt wurde), sondern wegen Wahlrechtsverstößen bei der Stimmabgabe für ungültig erklärt, so ist die Nachwahl, welche ebenfalls mit diesem ungültigen Wahlvorschlag durchgeführt wird, nicht für ungültig zu erklären, weil der Wahlrechtsverstoß der unberechtigten Zulassung bereits bei der ersten Wahl erfolgte und das Wahlverfahren insoweit nicht wiederholt wird.
20Gleiches gilt, wenn die Wahl wegen eines anderen zu Unrecht zugelassenen Wahlvorschlags für ungültig erklärt wurde. 21Denn auch hier erfolgte der Wahlrechtsverstoß bereits bei der für ungültig erklärten Wahl; die Entscheidung des Wahlausschusses über die Gültigkeit des Wahlvorschlags wird nur hinsichtlich des Wahlvorschlags wiederholt, wegen dessen unberechtigter Zulassung die Wahl für ungültig erklärt wurde, hingegen nicht bezüglich der Wahlvorschläge, deren Zulassung nicht Grund für die Ungültigerklärung war.
22Auch Wahlrechtsverstöße, die bereits bei der für ungültig erklärten Wahl vorlagen, sich danach aber nicht auf die Sitz- oder Ämterverteilung auswirken konnten, sondern die erst bei der Nachwahl mögliche Auswirkungen haben können, führen demzufolge nicht zu einer Ungültigerklärung der Nachwahl.

87.2 Berichtigung des Wahlergebnisses

1Unter Wahlergebnis ist das Zahlenwerk, wie es nach den §§ 90 und 92 ermittelt und festgestellt wird, und die sich daraus ergebende Sitzverteilung, Ämterverteilung oder Listennachfolge zu verstehen. 2Stimmt das im Wege der Wahlprüfung oder aufgrund einer Wahlanfechtung von der Rechtsaufsichtsbehörde festgestellte Ergebnis nicht mit dem vom Wahlausschuss festgestellten Ergebnis überein, ist eine Berichtigung nur dann zwingend durchzuführen, wenn es durch die Verletzung von Wahlvorschriften zu einer unrichtigen Sitzverteilung, Ämterverteilung oder Listennachfolge gekommen ist. 3Wären lediglich andere Stimmenzahlen festzustellen, liegt es im Ermessen der Rechtsaufsichtsbehörde, ob sie das Wahlergebnis berichtigt.
87.2.1 Rechnerische Berichtigung (Art. 50 Abs. 2)
1Im Rahmen der rechnerischen Berichtigung des Wahlergebnisses ist jede Richtigstellung des Wahlergebnisses aufgrund unveränderter zahlenmäßiger Einzelergebnisse und die Richtigstellung der aus den vorhandenen Unterlagen unrichtig gezogenen Schlüsse möglich. 2Die Berichtigung umfasst insbesondere Rechenfehler beim Zusammenzählen der Stimmen, Überspringen einer Seite der Zählliste, Fehler bei der Übertragung der Stimmenzahlen aus der Zählliste in die Niederschrift, falsche Schlussfolgerungen aus einer an sich richtigen Stimmenauszählung und sonstige offensichtliche Fehler.
87.2.2 Inhaltliche Berichtigung (Art. 50 Abs. 2)
1Die Rechtsaufsichtsbehörde kann auch überprüfen, ob die Stimmzettel richtig ausgewertet wurden. 2Eine Nachzählung sämtlicher Stimmzettel eines oder mehrerer Stimmbezirke im Rahmen der Wahlprüfung wird nur ausnahmsweise erforderlich sein. 3Sie kommt vor allem dann in Betracht, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die Auswertung in einem oder mehreren Stimmbezirken durchgängig und nicht nur in Einzelfällen fehlerhaft ist.
4Waren Personen nicht wählbar, ist das Wahlergebnis nach Art. 50 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 Satz 2 zu berichtigen (vgl. Nrn. 80 und 81).
87.2.3 Berichtigungsentscheidungen
Im Rahmen der Anhörung Betroffener hat die Rechtsaufsichtsbehörde auch zu ermitteln, ob Personen, die nach dem berichtigten Wahlergebnis ein Amt erhalten würden, dieses annehmen und ob Amtshindernisse vorliegen.

87.3 Ungültigerklärung der Wahl

1Eine Wahl ist nur dann für ungültig zu erklären, wenn eine Berichtigung nicht zu einer richtigen Sitzverteilung oder Ämterverteilung führen würde. 2Das ist z.B. dann der Fall, wenn wegen unzulässiger Wahlbeeinflussung oder wegen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen über die Erteilung von Wahlscheinen eine Verdunkelungsgefahr besteht. 3Wären lediglich andere Stimmenzahlen festzustellen, kann eine Ungültigerklärung nicht ausgesprochen werden.
4Aus der Ungültigerklärung muss sich ergeben,
worin die Verletzung von Wahlvorschriften besteht,
dass es wegen deren Verletzung möglicherweise zu einer unrichtigen Sitzverteilung oder Ämterverteilung gekommen ist,
warum eine Berichtigung nicht zu einer richtigen Sitzverteilung oder Ämterverteilung führen würde und
ab welchem Verfahrensschritt das Wahlverfahren bei der Nachwahl zu wiederholen ist und ob die Nachwahl auf die Abstimmung in allen oder in einzelnen Stimmbezirken oder auf die Briefwahl als solche beschränkt wird, weil sich die zur Ungültigerklärung führenden Wahlrechtsverstöße nur insoweit ausgewirkt haben können.

87.4 Sofortige Vollziehbarkeit

1Eine sofortige Vollziehbarkeit der Berichtigung oder der Ungültigerklärung einer Gemeinderats- oder Kreistagswahl anzuordnen, kommt grundsätzlich nur in Ausnahmefällen in Betracht (vgl. VGH, BayVBl. 1984, 723). 2Die Anordnung einer sofortigen Vollziehbarkeit der Berichtigung oder der Ungültigerklärung der Wahl eines ersten Bürgermeisters oder eines Landrats ist im Hinblick auf Art. 11 Abs. 5 KWBG nicht möglich.
3Die Anordnung einer Nachwahl setzt in jedem Fall eine bestandskräftige Ungültigerklärung der Wahl voraus.
4Die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. 5In ihr ist darauf hinzuweisen, dass Klage erhoben werden kann. 6Das Vorverfahren nach § 68 VwGO entfällt (Art. 15 Abs. 2 AGVwGO).

88. Wahlanfechtung (Art. 51)

88.1 Anfechtungsbefugnis

1Die anfechtende Person muss im Wahlkreis wahlberechtigt sein. 2Die frühere Beschränkung auf Bewerber für das Amt des berufsmäßigen ersten Bürgermeisters oder des Landrats wurde gestrichen, damit auch nichtwahlberechtigte Bewerber anfechtungsberechtigt sind.

88.2 Frist für Anfechtung, Begründung

1Bei Wahlanfechtungen ist zu beachten, dass die Anfechtungsfrist von 14 Tagen eine Ausschlussfrist ist; bei Fristversäumnis findet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statt (Art. 55 Abs. 2 Satz 2). 2Die Anfechtungsfrist ist von der mündlichen Verkündung des abschließenden Wahlergebnisses nach Art. 19 Abs. 3 Satz 5 an zu rechnen, nicht etwa von der Verkündung des vorläufigen Ergebnisses nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 oder der späteren Bekanntmachung nach § 92 Abs. 2 Satz 2.
3Sämtliche Tatsachen, auf die eine Wahlanfechtung gestützt wird, müssen bereits innerhalb der Anfechtungsfrist substantiiert dargelegt werden. 4Nicht belegte Vermutungen, bloße Andeutungen einer Möglichkeit von Wahlfehlern oder ein knappes Wahlergebnis reichen hierfür nicht aus. 5Nach Ablauf der Anfechtungsfrist vorgebrachte Tatsachen kann weder die Rechtsaufsichtsbehörde noch das Verwaltungsgericht der Entscheidung zugrunde legen. 6Eine Wahlanfechtung ist deshalb auch dann als unbegründet zurückzuweisen, wenn die Wahl nicht aufgrund ihrer Begründung, sondern aufgrund anderer Wahlanfechtungen oder im Weg der Wahlprüfung für ungültig erklärt wird. 7Die Rechtsaufsichtsbehörde kann aber verspätet eingegangene Begründungen bei der Wahlprüfung verwerten.

88.3 Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde

1Wahlanfechtungsverfahren sind mit besonderer Beschleunigung zu bearbeiten. 2Gegebenenfalls kann die Person, die die Wahl angefochten hat, Untätigkeitsklage erheben (§ 75 VwGO).

88a. Rechtsweg (Art. 51a)

1 Art. 51a regelt die Klagebefugnis für die gerichtliche Wahlanfechtung. 2Die ebenfalls enthaltene Zuweisung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten ist lediglich deklaratorisch, weil es sich bei kommunalwahlrechtlichen Streitigkeiten um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt.
3Die Regelung sieht vor, dass Personen, die nicht geltend machen können, dass sie durch die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde über die Stattgabe oder Zurückweisung der Wahlanfechtung oder durch deren Unterlassung in ihren Rechten verletzt sind, mindestens fünf im Wahlkreis wahlberechtigte Personen benötigen, die ihr beitreten. 4Der Beitritt vermittelt dem Anfechtenden landesrechtlich die Klagebefugnis für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, ohne dass die Beitretenden selbst Kläger werden. 5Die beitretenden Personen müssen im jeweiligen Wahlkreis wahlberechtigt sein. 6Für nicht im Wahlkreis wahlberechtigte Personen, die in einem zugelassenen Wahlvorschlag als sich bewerbende Personen aufgeführt sind, scheidet ein Beitritt hingegen aus. 7Auf diese Weise ist sichergestellt, dass eine gerichtliche Wahlanfechtung in den Fällen, in denen die anfechtende Person keine Verletzung in ihren Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann, nur dann möglich ist, wenn im jeweiligen Wahlkreis vor Ort ein durch den Beitritt von mindestens fünf dort wahlberechtigten Personen manifestiertes Bedürfnis hierfür besteht.