Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 10.12.2019 – B 5 K 18.305
Titel:

Kein Anspruch des Beamten auf rechtzeitige Bezügezahlung

Normenketten:
BayBesG Art. 4 Abs. 3
BGB § 288 Abs. 5
Leitsätze:
1. Besoldungszahlungen sind so rechtzeitig anzuweisen, dass die Bezüge spätestens am letzten Tag des Vormonats auf dem Konto des Klägers eingehen. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 4 Abs. 3 BayBesG. Demnach sind die Bezüge „im Voraus“ zu zahlen. (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einem Rechtsanspruch auf fristgemäße Zahlung steht die Pflicht des Beamten entgegen, eine verspätete Auszahlung grundsätzlich hinzunehmen, soweit er nicht dadurch einen konkreten Schaden erleidet. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verzögerte Besoldung, Hier: Kein, Anspruch auf rechtzeitige Bezügezahlung, kein Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale nach BGB, verzögerte Besoldung, Kein Anspruch auf rechtzeitige Bezügezahlung
Fundstelle:
BeckRS 2019, 41844

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die fristgemäße Zahlung seiner Dienstbezüge sowie Zahlung einer Verzugspauschale.
2
Der Kläger ist seit 01.06.2016 Beamter in der Besoldungsgruppe A 11, Stufe 11, im Dienst der Beklagten. Die Dienstbezüge wurden auf dem Konto des Klägers im Zeitraum Juni 2016 bis einschließlich März 2018 stets frühestens am ersten, spätestens am vierten Tag des Monats, für den sie bestimmt waren, gutgeschrieben. Angewiesen werden die Beträge für den Folgemonat durch die Beklagte regelmäßig am 30. des Vormonats über die Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB), welche über eine Sammelzahlung der Beamtenbesoldung die entsprechenden Finanzmittel vereinnahmt und sodann die Gelder weiterleitet.
3
Mit Schreiben vom 12.12.2016 beanspruchte der Kläger gegenüber der Beklagten 120,00 EUR als Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für die am 04.10., 01.11. und 02.12.2016 eingegangenen Dienstbezüge sowie künftig rechtzeitige Überweisung. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 16.12.2016 und wies das Ansinnen des Klägers zurück. Der Kläger wiederholte seine Forderungen mit Schreiben vom 14.12.2017.
4
Mit am 26.03.2018 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenem Schreiben hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
1.
die Beklagte zu verpflichten, die dem Kläger aus der Besoldungsstufe A 11 Stufe 11 zustehenden Besoldungszahlungen rechtzeitig zu leisten,
2.
die Beklagte zu verpflichten, die schuldrechtliche Pauschale aus § 288 Abs. 5 BGB für jeden Monat der verspäteten Besoldungszahlung auszuzahlen.
5
Zur Begründung führt er an, die Besoldung sei ihm seit Dienstantritt niemals rechtzeitig im Sinne des Art. 4 Abs. 3 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) ausgezahlt worden. Er habe das wiederholt moniert und am 12.12.2016 gemeinsam mit dem Anspruch aus § 288 Abs. 5 BGB schriftlich rechtzeitige Zahlung beantragt. Mit Bescheid vom 16.12.2016 sei sowohl das Bestehen des Anspruchs auf rechtzeitige Besoldungszahlung als auch der schuldrechtliche Anspruch aus § 288 Abs. 5 BGB bezweifelt worden. Da diesem Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung:angefügt gewesen sei, habe sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr verlängert. Er habe am 16.12.2016 Widerspruch eingelegt, es sei aber kein Widerspruchsbescheid ergangen.
6
Die monatlichen Bezüge seien gem. Art. 4 Abs. 3 BayBesG monatlich im Voraus zu zahlen. Die Zahlungsfrist ende am letzten Tag des vorhergehenden Monats. Bei einer Zahlung durch Banküberweisung komme es allein auf den Zeitpunkt des Geldeingangs beim Gläubiger an. Eine Zahlung sei erst dann pünktlich geleistet, wenn sie in den Verfügungsbereich des Gläubigers gelangt sei. Technische, organisatorische oder sonstige Gegebenheiten müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Gem. § 675s BGB seien inzwischen Banklaufzeiten von 24 Stunden innerhalb Deutschlands vorgeschrieben. Daher sei davon auszugehen, dass die Beklagte die verspätete Zahlung vorsätzlich, zumindest aber billigend in Kauf genommen habe, weil die Anweisung erst am 30. des Vormonats erfolgt sei. Die Rechtsprechung des EuGH zur fristgemäßen Überweisung von Entgelten im Geschäftsverkehr sei auf die vorliegende Situation zu übertragen.
7
Da die Bezüge des Klägers seit Dienstantritt niemals rechtzeitig gezahlt worden seien, stünde dem Kläger gem. § 288 Abs. 5 BGB aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis eines Dienstherrn gegenüber seinem Beamten eine Verzugspauschale in Höhe von 40,00 EUR je Verzug zu. Es handle sich bei der Beamtenbesoldung um eine kraft Gesetzes geschuldete Zahlung und mithin um ein gesetzliches Schuldverhältnis. Da jede Besoldungszahlung eine eigenständige Entgeltforderung sei, werde für jeden einzelnen Verzug die Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB fällig. Art. 4 Abs. 4 BayBesG könne dem nicht entgegenstehen, da es sich nicht um Zinsen handle.
8
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
9
Zur Begründung führt sie aus, der Antrag zu Nr. 1 der Klage sei abzuweisen, weil „Zahlung“ und „Zahlungseingang“ voneinander abweichen dürften. Der Gesetzgeber habe bewusst nur bestimmt, dass die Besoldung „im Voraus zu zahlen“ sei, aber aufgrund unterschiedlicher technischer, organisatorischer oder personeller Gegebenheiten gerade keine „Zahlungsfrist“ festgesetzt. Der relevante Zeitpunkt sei also derjenige der Zahlungsanweisung der Bezüge und nicht des Eingangs der Bezüge. Überdies sei der Eingang der Dienstbezüge am Ersten oder Zweiten des Monats rechtzeitig im Voraus erfolgt, bevor die Arbeitsleistung für den ganzen Monat erbracht wurde. Darüber hinaus sei einem Beamten - anders als sonstigen Gläubigern - aufgrund des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses zuzumuten, im Zweifel auch eine verspätete Auszahlung der Bezüge hinzunehmen, sofern die Alimentation als solche nicht berührt sei.
10
Der Klageantrag zu Nr. 2 der Klage sei erstens zu unbestimmt, weil nicht ersichtlich sei, welche Geldleistungen der Kläger konkret für welchen Zeitraum in welcher Höhe fordere. Diesbezüglich sei zweitens die Klage auch deshalb unzulässig, weil sie zu spät erhoben worden sei. Bezüglich der Verzugspauschalen für 2016 und Anfang 2017 sei die Klageerhebung am 21.03.2018 verwirkt, weil sie mehr als ein Jahr nach den Bezügezahlungen erhoben worden sei. Art. 4 Abs. 4 BayBesG schließe zudem Ansprüche auf Zinsen für verspätet gezahlte Dienstbezüge ausdrücklich aus. Die Verzugspauschale sei Verzugszinsen gleichzusetzen, weil beide rechtstechnisch und systematisch eine Alimentation für eingetretene Verzögerungen - ein Verzugsschaden - seien, was sich aus der systematischen Stellung des § 288 Abs. 5 BGB ergebe. Art. 4 Abs. 4 BayBesG solle nach Sinn und Zweck der Vorschrift Streitigkeiten zwischen Beamtem und Dienstherrn wegen Kleinbeträgen vermeiden. Daher dürfe zwischen Verzugspauschale und Verzugszins keine künstliche Differenzierung getroffen werden. Die Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB sei zudem ein im Schuldverhältnis wurzelnder Anspruch. Ein solches sei das Beamtenverhältnis gerade nicht.
11
Mit Schreiben vom 06.09.2019 erklärte der Kläger und mit Schreiben vom 18.09.2019 die Beklagte das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
12
Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Entscheidungsgründe

13
1. Das Gericht konnte aufgrund der Einverständniserklärungen der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
14
2. Die Klageanträge sind nach § 88 VwGO sachgerecht nach dem erkennbaren Rechtsschutzziel des Klägers dahingehend auszulegen, dass mit dem Klageantrag zu 1. eine Leistungsklage auf künftig so rechtzeitige Anweisung der Dienstbezüge erhoben wird, dass der Kläger spätestens am letzten Tag des Vormonats den jeweiligen Betrag gutgeschrieben bekommt.
15
Der Antrag zu 2. wird so verstanden, dass für jeden Monat vom Dienstantritt des Klägers bei der Beklagten bis zum Eingang der Klage, in dem die Dienstbezüge erst am ersten Tag des Monats, für den sie bestimmt waren, oder später eingegangen sind, eine Pauschale von 40,00 EUR im Wege der Leistungsklage verlangt wird. Denn aus der Klagebegründung ergibt sich, dass „seit Dienstantritt“, mithin für den gesamten, bis zur Einreichung der Klage verstrichenen Zeitraum, verspätet gezahlt worden sei. Hierauf bezieht sich die Forderung der Pauschale.
16
3. Die so verstandene Klage ist hinsichtlich beider Anträge wohl zulässig, jedenfalls aber unbegründet. Ob der Antrag zu 2. insgesamt oder teilweise verwirkt ist, kann offen bleiben, weil ein Anspruch auf Zahlung der Verzugspauschale jedenfalls materiell-rechtlich nicht besteht.
17
a) Der Anspruch auf die Zahlung von Dienstbezügen im Rahmen eines Beamtenverhältnisses ist Ausfluss des Alimentationsprinzips, das seinerseits Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherren für die in seinem Dienst stehenden Beamten ist. Der Dienstherr hat die Verpflichtung, seinen Beamten unter anderem einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Hierin liegt auch ein wesentlicher Unterschied zu einem privatrechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis: Die Dienstbezüge sind nicht (nur) die Gegenleistung für zur Verfügung gestellte Arbeitszeit und -kraft, sondern Teil einer in der Regel lebenslangen Versorgung, die neben den Bezügen auch Beihilfeleistungen und Ähnliches umfasst. Diese umfassende Versorgung kompensiert die sich gegebenenfalls durch die korrespondierende Pflicht des Beamten zur Treue und Rücksichtnahme auf die Belange des Dienstherrn ergebenden Nachteile. Die besoldungsrechtlichen Einzelregelungen sind daher nicht isoliert, sondern in der Gesamtschau dahingehend zu lesen, wie das Rechtsverhältnis zwischen Beamtem und Dienstherrn insgesamt, insbesondere hinsichtlich der wechselseitigen Abhängigkeit von Dienstpflicht und Treuepflicht, ausgestaltet ist (vgl. BVerfG, B.v. 19.9.2007 - 2 BvF 3/02 - juris Rn. 53 ff.). Das gilt auch hinsichtlich der Regelungen zu Leistungszeitpunkt und Verzugsfolgen der Bezügezahlungen.
18
b) Vor diesem Hintergrund ist die Praxis der Beklagten, die Dienstbezüge des Klägers erst am 30. des Vormonats anzuweisen und damit den allgemeinen Banklaufzeiten nach eine Auszahlung an den Kläger erst nach Beginn des Monats, für den die Bezüge bestimmt sind, hinzunehmen, rechtswidrig und dringend zu überdenken (dazu unter (1)).
19
Allerdings hat der Kläger die entgegenstehende Pflicht, unerheblichen Verzug zu dulden, solange nicht die Alimentation als solche gefährdet ist (dazu unter (2)). Auch steht ihm keine Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB (ggf. analog) zu (dazu unter (3)).
20
(1) Die Beklagte ist verpflichtet, Besoldungszahlungen so rechtzeitig anzuweisen, dass die Bezüge spätestens am letzten Tag des Vormonats auf dem Konto des Klägers eingehen.
21
Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 4 Abs. 3 BayBesG. Demnach sind die Bezüge „im Voraus“ zu zahlen. „Im Voraus“ bedeutet dabei, dass der Beamte spätestens mit Beginn des Kalendermonats, für den ihm die Bezüge zustehen, über diese verfügen können muss. In der Literatur ist soweit unbestritten, dass die Bezüge spätestens am letzten Werktag des Vormonats auf dem Konto des Beamten gutgeschrieben sein müssen (vgl. Kathke in Schwegmann/Summer, BesR, Stand 30.08.2019, Art. 4 BayBesG Rn. 14; Summer a.a.O.,§ 3 BBesG Rn. 26a; Reich in Reich/Preißler, BBesG, 1. Aufl. 2014, § 3 Rn. 9; Konrad in Hebeler/Kersten/Lindner, HdB BesR, 1. Aufl. 2015, § 7 Rn. 119; Schinkel/Seifert in GKÖD, Stand 5. EL 2014, § 3 BBesG Rn. 35). Von einer Zahlung „spätestens zum Beginn des Kalendermonats“ geht auch die Gesetzesbegründung zu Art. 4 Abs. 3 BayBesG aus (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 360). Konkretisiert wird Art. 4 Abs. 3 BayBesG durch Nummer 4.3 der Verwaltungsvorschriften zur Besoldung in Bayern (BayVwVBes): Demnach werden die Bezüge am letzten Werktag gezahlt, der dem Zeitabschnitt vorhergeht, für den die Zahlung bestimmt ist (Zahltag). Mit „Zahlung“ ist auch nicht etwa nur die Anweisung der Bezüge, sondern deren Eingang auf dem Konto des Beamten gemeint. Ihren Zweck, den Lebensunterhalt des Beamten für die Dienstzeit, der sie zugeordnet sind, zu gewähren, können die Bezüge nämlich nur erfüllen, wenn sie nicht nur angewiesen sind, sondern dem Beamten auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Das ergibt sich auch aus der Zusammenschau des Art. 4 Abs. 3 BayBesG, der den Zahlungszeitpunkt festlegt, mitArt. 18 BayBesG, der die Zahlungsweise regelt (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 367). Dort wird in Satz 1 für „Zahlungen“ grundsätzlich von der Überweisung auf ein Konto ausgegangen, also die Gutschrift auf dem Konto des Empfängers in den Mittelpunkt gestellt. Satz 4 stellt auch im Wortlaut klar, dass mit „Zahlung“ die „Auszahlung“ gemeint ist. Letzteres ist der Wortbedeutung nach synonym für Ausschüttung/Auskehr zu verwenden (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Auszahlung) und damit jedenfalls nicht schon mit der Anweisung des Geldes, sondern erst mit der Verfügungsmöglichkeit des Empfängers erfüllt.
22
Ob die im Urteil des EuGH v. 3.4.2008 - C-306/06 - entwickelten Grundsätze zur fristgemäßen Zahlung von Entgelten auf die Beziehung zwischen Dienstherrn und Beamten übertragbar sind, obwohl sie im Hinblick auf den privatrechtlichen Geschäftsverkehr erarbeitet wurden, kann insoweit dahinstehen.
23
(2) Dadurch, dass das BayBesG für die Dienstbezüge die Gutschrift spätestens am letzten Tag des Vormonats fordert, fallen technische, personelle oder organisatorische Verzögerungen allein in den Risikobereich des Dienstherrn. Um dies zu kompensieren, steht dem Rechtsanspruch auf fristgemäße Zahlung die Pflicht des Beamten entgegen, eine verspätete Auszahlung grundsätzlich hinzunehmen, soweit er nicht dadurch einen konkreten Schaden erleidet (vgl. BayVGH, B.v. 27.06.2013 - 16a DZ 12.558 - juris Rn. 8; B.v. 22.10.2018 - 3 ZB 17.123 - juris Rn. 12). Das ergibt sich zum einen ausArt. 4 Abs. 4 BayBesG. Hiernach sind Verzugszinsen ausgeschlossen, wenn Dienstbezüge erst nach dem Tag der Fälligkeit gezahlt werden. Dieser gesetzliche Ausschluss soll dafür Sorge tragen, dass dem Dienstherrn keine negativen Konsequenzen daraus erwachsen, wenn sich die Auszahlung der Bezüge verzögert. Das kann aber nur soweit gelten, wie der Zweck der Dienstbezüge, den Lebensunterhalt des Beamten zu gewährleisten, nicht durch die verspätete Zahlung insgesamt gefährdet wird. Da die (fristgerechte) Zahlung kein Selbstzweck, sondern Ausprägung der Fürsorge des Dienstherrn ist, kann ein Schadensersatz nicht allein auf die zu späte Zahlung, wohl aber auf eine darin liegende Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn gestützt werden. Auch dann ist aber kein Zinsanspruch, sondern allenfalls der Ersatz eines sonstigen Schadens denkbar, und auch das nur unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass der Dienstherr neben der oder durch die Verzögerung die berechtigten Interessen des Beamten in nicht durch öffentliche Interessen zu rechtfertigender Weise gröblich missachtet hat (vgl. BVerwG, U.v. 8.6.1966 - VIII C 153.63 - Ls. 1; U.v. 12.9.1963 - II C 26.62 - juris Rn. 24 f.; U.v. 24.8.1961 - II C 165.59 - juris Rn. 21 ff.; zum Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung allgemein Badenhausen-Fähnle in Brinktine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, Stand 01.01.2018, § 78 Rn. 44 ff.). Zudem muss der sonstige Schaden genau bezifferbar sein (vgl. BayVGH, B.v. 27.06.2013 - 16a DZ 12.558 - juris Rn. 15 m.w.N.; auch Summer in Schwegmann/Summer, BesR, Stand 30.08.2019, § 3 BBesG Rn. 30). Die fristgemäße Zahlung ist demnach isoliert von einem eingetretenen, konkret bezifferbaren Schaden sowie dem Nachweis einer gröblichen Interessenverletzung nicht einklagbar.
24
Daran gemessen hat der Kläger die Verzögerungen hinzunehmen. Für eine grobe Missachtung spricht zwar die andauernd rechtswidrige Praxis der Beklagten, die überdies durch eine schlichte Änderung des Anweisungsauftrags gegenüber der AKDB leicht zu beheben wäre. Allerdings steht dem entgegen, dass die Verzögerungen nur sehr geringfügig sind. Der Kläger erhält seine Bezüge nicht etwa erst gegen Mitte oder Ende des Monats, sondern stets am ersten bis spätestens vierten Tag. Jedenfalls aber liegt ein dadurch eingetretener konkreter Schaden beim Kläger nicht vor.
25
(3) Zudem scheidet auch ein Anspruch auf Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB infolge des oben Gesagten aus. Dem Wortlaut nach bedarf es hierfür folgender Tatbestandsmerkmale: Erforderlich ist, dass eine Entgeltforderung besteht, deren Gläubiger der Kläger sein müsste, dass der Schuldner in Verzug und kein Verbraucher ist. Zudem wird die Pauschale nicht isoliert, sondern nur zusätzlich zu geltend gemachten Verzugszinsen oder Schadensersatz nach § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 und 4 BGB gewährt. Das ergibt sich aus dem Wort „außerdem“. Eine (direkte) Anwendung des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB scheitert vorliegend schon daran, dass die Dienstbezüge keine Entgeltforderung im Sinne der Norm sind. Der Begriff der Entgeltforderung im Kontext von §§ 286 ff. BGB stammt nämlich aus der Zahlungsverzugsrichtlinie 2000 (Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr, ABl EG Nr. L 200 S. 35) und ist eng auszulegen. Gemeint sind nur Forderungen, die auf Zahlung eines Entgeltes für eine Gegenleistung gerichtet sind (vgl. Grüneberg in Palandt, 77. Aufl. 2018, § 286 BGB Rn. 27; Ernst in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 286 Rn. 82). Das Beamtenverhältnis i.S.d. § 3 Abs. 1 BeamtStG ist dagegen ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, das sich nicht im wechselseitigen Leistungsaustausch erschöpft. Es ist differenziert ausgestaltet und von zahlreichen Grundpflichten geprägt, unter denen die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft nur eine ist, vgl. § 33 BeamtStG. Auch die analoge Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschriften auf öffentlich-rechtliche Geldforderungen ist schon im Grundsatz allenfalls dann möglich, wenn das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis dem zivilrechtlichen ähnlich ausgestaltet ist, insbesondere die Parteien einander gleichgeordnet sind (vgl. BVerwG, U.v. 13.4.1978 - 2 C 27/75 - DÖD 1979, 189/190; U.v. 15.3.1989 - 7 C 42/87 - juris Rn. 14; Ernst in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 286 Rn. 12 ff.). Das ist nach dem oben Ausgeführten beim Beamtenverhältnis gerade nicht der Fall. Auf Dienstbezüge sind die Verzugsvorschriften daher nicht anwendbar. Verdeutlicht wird dies noch durch Art. 4 Abs. 4 BayBesG, der Verzugszinsen für verspätet gezahlte Dienstbezüge explizit ausschließt. Damit wäre die Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB überdies selbst in dem Fall ausgeschlossen, dass man die analoge Anwendung der Verzugsvorschriften für möglich hielte, denn Sinn und Zweck der Pauschale ist es, die Beitreibungskosten für die Verzugszinsen abzudecken (vgl. Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr, ABl. EU Nr. L 48 S. 1). Ist der Zinsanspruch seinerseits aber gesetzlich ausgeschlossen, kann auch kein abgeltungsfähiger Beitreibungsaufwand entstehen.
26
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat hiernach als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m.§ 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.