Inhalt

Text gilt ab: 30.06.2008
Fassung: 20.05.2008
§ 1

Beitragserhebung
Die Gemeinde erhebt zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der Entwässerungseinrichtung einen Beitrag.

Anmerkungen:
1.
Die Erhebung von Beiträgen und Gebühren aufgrund einer Beitrags- und Gebührensatzung zur Finanzierung der Entwässerungseinrichtung der Gemeinde bedingt, dass zuvor oder gleichzeitig eine Entwässerungssatzung (EWS) für das entsprechende Gebiet erlassen wird. Erst durch den Erlass der EWS wird die Abwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung gewidmet (vgl. BayVGH, Urteil vom 7. April 1989 Az.: 23 B 87.03675, GK 313/1989). Nur in den Gebieten, in denen die Abwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung gewidmet ist, können Beiträge und Gebühren erhoben werden. Eine rückwirkende Widmung ist rechtlich nicht möglich. Wichtig ist, dass der Geltungsbereich in der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) nicht größer ist als der der Stammsatzung (Entwässerungssatzung/EWS). Ein diesbezüglicher Fehler kann dadurch vermieden werden, dass der Geltungsbereich der Satzung in der BGS/EWS nicht beschrieben wird. Ebenso kann ein Verweis auf § 1 EWS vorgesehen werden.
2.
Die Entwässerungseinrichtung (vgl. § 1 EWS) stellt mit all ihren baulichen und technischen Anlagen grundsätzlich eine Einrichtungseinheit dar. Der Kalkulation von Beiträgen und Gebühren sind deshalb die Aufwendungen für die gesamte Anlage seit der Anschaffung bzw. Herstellung zugrunde zu legen; eine abschnittsweise Abrechnung ist grundsätzlich nicht zulässig (Prinzip der Globalkalkulation).
Mit Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 9. Juni 1998 (GVBl S. 293) ist allerdings die Zulässigkeit der „Rechnungsperiodenkalkulation“ oder „Durchschnittskalkulation“ im Kommunalabgabengesetz verankert worden. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 4 KAG kann bei der Ermittlung von Beiträgen für die Herstellung und Anschaffung leitungsgebundener Einrichtungen der durchschnittliche Investitionsaufwand für die gesamte Einrichtung veranschlagt und zugrunde gelegt werden. Der Einrichtungsträger hat so die Möglichkeit, stellvertretend für die gesamte Einrichtung auf zeitlich weniger ausgedehnte Rechnungsperioden abzustellen und den für diese Periode geschätzten, dem durchschnittlichen Gesamtaufwand entsprechenden Investitionsaufwand auf die jeweiligen in der Rechnungsperiode neu angeschlossenen bzw. anzuschließenden Grundstücke zu verteilen (vgl. dazu Vollzugshinweise anlässlich des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 9. Juni 1998, Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern vom 30. Mai 2000, AllMBl S. 415).
3.
Bei technisch getrennten selbstständigen Anlagen, die demselben Zweck dienen, kann die Gemeinde durch Satzung entscheiden, ob eine einheitliche Einrichtung vorliegt oder einzelne rechtlich selbstständige Einrichtungen mit entsprechend separater Abrechnung gebildet werden sollen. Wenn die Gemeinde keine Regelung trifft, liegt nur eine Einrichtung vor (vgl. Art. 21 Abs. 2 GO). Bei rechtlich getrennten Einrichtungen muss in § 1 EWS zum Ausdruck kommen, welche Einrichtungseinheiten die Gemeinde betreibt, und in § 1 BGS/EWS, auf welche Einrichtungseinheit(en) sich die Satzung bezieht.
4.
Der Beitrag dient nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG der Deckung des Aufwands der Gemeinde für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Anlage (Investitionsaufwand) im Unterschied zu den über Gebühren zu deckenden Unterhaltungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten.
5.
Der Beitragskalkulation (und auch der Gebührenkalkulation) können nur Grundstücksentwässerungskosten zugrunde gelegt werden, nicht die Kosten für die Straßenentwässerung. Diese können, wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, über Erschließungsbeiträge nach dem BauGB oder über Straßenausbaubeiträge nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG gedeckt werden. Zur Berechnung des Kostenanteils, der auf die Straßenentwässerung entfällt, vgl. die Hinweise bei Wuttig/Hürholz/Thimet/Nöth, Gemeindliches Satzungsrecht, Teil VI Frage 1.
6.
Die Erhebung von Beiträgen steht im Gegensatz zur Gebührenerhebung grundsätzlich im Ermessen der Gemeinde. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 1981 Az.: 8 C 48.81, GK 247/1982, kann aber in dem Verzicht auf eine Beitragserhebung dann ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegen, wenn der Anteil der nicht an die Entwässerungseinrichtung angeschlossenen, aber bebaubaren Grundstücke, die einen Vorteil aus der Entwässerungseinrichtung erlangen, mehr als 20 % beträgt und sich dadurch eine erhebliche Gebührenmehrbelastung ergibt. Die Nichterhebung von Beiträgen begünstigt die Eigentümer unbebauter Grundstücke zulasten der Gebührenschuldner, da die Gemeinde zur Aufnahme höherer Darlehen für die Finanzierung der Anlage gezwungen ist und die entsprechend höheren Darlehenszinsen über höhere kalkulatorische Kosten in die Gebührenkalkulation einfließen. Eine Gebührenmehrbelastung bis zu 10 % ist nach dem Bundesverwaltungsgericht aber als unerheblich zu betrachten. Bei großen Grundstücken mit wenig Wasserverbrauch (insbesondere bei Gewerbegebieten) geht der Verzicht auf eine Beitragserhebung, d.h. eine reine Gebührenerhebung, in der Regel zulasten der Eigentümer eigengenutzter Grundstücke und von Mietern.