12.
Staatsbürgschaften auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung
12.1
1Im Bereich gewerblicher Staatsbürgschaften stellt die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung Freistellungstatbestände für bestimmte Beihilfegruppen zur Verfügung. 2Die im Rahmen dieser Richtlinie auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gewährten Staatsbürgschaften müssen sowohl den gemeinsamen Bestimmungen in Kapitel I AGVO als auch den jeweils einschlägigen besonderen Bestimmungen nach Kapitel III AGVO genügen.
12.2
1Die Gewährung von Staatsbürgschaften nach dieser Richtlinie erfolgt auf Grundlage des Art. 17 AGVO (Investitionsbeihilfen für KMU). 2Nach Maßgabe des Art. 17 AGVO sind förderfähig: Investitionen in materielle und immaterielle Vermögenswerte zur Errichtung einer neuen Betriebsstätte, zum Ausbau einer bestehenden Betriebsstätte, zur Diversifizierung der Produktion einer Betriebsstätte durch vorher dort nicht hergestellte Produkte oder vorher dort nicht erbrachte Dienstleistungen, oder zur grundlegenden Änderung des gesamten Prozesses zur Herstellung der Produkte oder Erbringung der Dienstleistungen, die von der Investition in die Betriebsstätte betroffen sind (Art. 17 Abs. 3 Buchst. a AGVO), sowie der Erwerb der Vermögenswerte einer Betriebsstätte unter den in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b AGVO genannten Voraussetzungen. 3Bei der Übernahme eines kleinen Unternehmens durch Familienmitglieder der ursprünglichen Eigentümer oder durch einen oder mehrere Beschäftigte entfällt die Voraussetzung, dass die Vermögenswerte von Dritten, die in keiner Beziehung zum Käufer stehen, erworben werden müssen. 4Werden lediglich Unternehmensanteile erworben, so gilt dies nicht als Investition (Art. 17 Abs. 3 AGVO). 5Als materielle Vermögenswerte gelten Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen und Ausrüstung (Art. 2 Nr. 29 AGVO). 6Als immaterielle Vermögenswerte gelten Vermögenswerte ohne physische oder finanzielle Verkörperung wie Patentrechte, Lizenzen, Know-how oder sonstige Rechte des geistigen Eigentums (Art. 2 Nr. 30 AGVO); sie sind nur unter den in Art. 17 Abs. 4 AGVO genannten Voraussetzungen förderfähig. 7Im Übrigen wird auf die Vorschriften zu den beihilfefähigen Kosten in Art. 17 AGVO verwiesen.
12.3
Die Gewährung von Staatsbürgschaften nach dieser Richtlinie kann für kleine Unternehmen gemäß Anhang I AGVO in Ausnahmefällen auch auf Grundlage des Art. 22 AGVO (Beihilfen für Unternehmensneugründungen) erfolgen, wenn alle in Art. 22 AGVO genannten Voraussetzungen, insbesondere auch die Höchstbeträge, erfüllt werden können.
12.4
Bei der Gewährung von Staatsbürgschaften auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungs-verordnung sind die Begriffsbestimmungen gemäß Art. 2 AGVO maßgeblich.
12.5
Staatsbürgschaften auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung können nicht für die in Art. 1 Abs. 2, 3 und 5 AGVO genannten Bereiche gewährt werden.
12.6
1Handelt es sich bei dem Kreditnehmer um ein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ ist die Gewährung einer Staatsbürgschaft auf Grundlage der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung ausgeschlossen, außer er fällt unter eine Ausnahme des Art. 1 Abs. 4 Buchst. c AGVO. 2Gemäß Art. 2 Nr. 18 AGVO ist ein Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich zu qualifizieren, wenn mindestens einer der folgenden Umstände zutrifft:
- a)
-
Im Falle von Kapitalgesellschaften:
1Mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. 2Dies ist der Fall, wenn sich nach Abzug der aufgelaufenen Verluste von den Rücklagen (und allen sonstigen Elementen, die im Allgemeinen den Eigenmitteln des Unternehmens zugerechnet werden) ein negativer kumulativer Betrag ergibt, der mehr als der Hälfte des gezeichneten Stammkapitals entspricht. 3Dies gilt nicht für KMU, die noch keine drei Jahre bestehen. 4Der Begriff „Stammkapital“ umfasst gegebenenfalls alle Agios.
- b)
-
Im Falle von Personengesellschaften:
1Mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen. 2Dies gilt nicht für KMU, die noch keine drei Jahre bestehen.
- c)
-
Im Falle einer Insolvenz:
Das Unternehmen ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder erfüllt die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger.
- d)
-
Im Falle einer Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe:
Das Unternehmen hat eine Rettungsbeihilfe im Sinne der Mitteilung der Kommission über Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 249 vom 31. Juli 2014, S. 1) – Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien – erhalten und der Kredit wurde noch nicht zurückgezahlt oder die Staatsbürgschaft ist noch nicht erloschen beziehungsweise das Unternehmen hat eine Umstrukturierungsbeihilfe im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien erhalten und unterliegt immer noch einem Umstrukturierungsplan.
- e)
-
Im Falle eines Unternehmens, das kein KMU ist:
In den letzten beiden Jahren betrug der buchwertbasierte Verschuldungsgrad des Unternehmens mehr als 7,5 und das anhand des EBITDA berechnete Zinsdeckungsverhältnis des Unternehmens lag unter 1,0.
12.7
1Staatsbürgschaften nach Nr. 12 können nur unter Beachtung der Schwellenwerte gemäß Art. 4 AGVO gewährt werden. 2Staatsbürgschaften, deren Bruttosubventionsäquivalent die in Art. 4 AGVO genannten Anmeldeschwellen überschreitet, müssen gemäß Art. 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzeln bei der Kommission angemeldet werden.
12.8
1Zur Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents der auf Basis der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gewährten Staatsbürgschaften wird auf Nrn. 9.6 und 9.7 verwiesen. 2Vom Kreditnehmer muss vor Beginn der Arbeiten für die zu finanzierenden Vorhaben oder Tätigkeiten eine schriftliche Dokumentation zum Nachweis der fristgerechten Antragsstellung (vgl. Art. 2 Nr. 39b AGVO) mit allen erforderlichen Inhalten bei dem Kreditgeber vorliegen (Art. 6 AGVO).
12.9
1Die Staatsbürgschaft darf mit anderen staatlichen Beihilfen, einschließlich Beihilfen auf Basis der De-minimis-Verordnung, nur kumuliert werden, wenn andere Beihilfen sich auf unterschiedliche bestimmbare beihilfefähige Kosten beziehen. 2Eine Kumulierung mit anderen staatlichen Beihilfen für dieselben, sich teilweise oder vollständig überschneidenden beihilfefähigen Kosten ist zulässig, wenn dadurch die höchste nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung für diese Beihilfen geltende Beihilfeintensität bzw. der höchste nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung für diese Beihilfen geltende Beihilfebetrag nicht überschritten wird (Art. 8 AGVO).
12.10
1Gemäß Art. 9 AGVO bestehen für die beihilfegewährenden Stellen bei der Gewährung von Staatsbürgschaften Verpflichtungen zur Information und Veröffentlichung. 2Das begünstige Unternehmen erkennt an, dass die beihilfegewährenden Stellen zur Veröffentlichung bestimmter Angaben auf dafür vorgesehenen Plattformen verpflichtet sind. 3Darüber hinaus können gewährte Staatsbürgschaften im Einzelfall gemäß Art. 12 AGVO von der Europäischen Kommission geprüft werden. 4Daher müssen alle für die Förderung relevanten Unterlagen zehn Jahre ab dem Tag der Bürgschaftsgewährung aufbewahrt werden. 5Es wird darauf hingewiesen, dass Informationen über jede Einzelbeihilfe von über 100 000 Euro binnen sechs Monaten nach dem Tag der Gewährung der Beihilfe in der Beihilfentransparenzdatenbank der Europäischen Kommission oder auf einer umfassenden nationalen oder regionalen Beihilfe-Website veröffentlicht werden (Art. 9 Abs. 1 Buchst. c AGVO in Verbindung mit Anhang III AGVO).