Inhalt

EStGBeschR §§ 7i, 10f, 11b
Text gilt ab: 16.10.2025
Gesamtvorschrift gilt bis: 15.10.2030

6.   Bindungswirkung der Bescheinigung

6.1   Prüfungsumfang der Bescheinigungsbehörde

1Bei der Bescheinigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheids mit Bindungswirkung für steuerliche Folgebescheide gemäß § 171 Abs. 10 in Verbindung mit § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. 2Die Bescheinigungen binden die Finanzbehörden im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs. 3Die verbindlichen Feststellungen der Bescheinigung beschränken sich auf Tatbestände des Denkmalrechts; sie erstrecken sich nicht auf die steuerrechtlichen Begriffe wie Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand und die sonstigen steuerrechtlichen Voraussetzungen, die einer abschließenden Prüfung durch die Finanzbehörde vorbehalten sind.
4Das Bescheinigungsverfahren umfasst deshalb die Prüfung:
a)
ob das Gebäude oder der Gebäudeteil nach den landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist und die Voraussetzungen nach Nr. 2.1 erfüllt sind,
b)
ob die Baumaßnahmen nach Art und Umfang
aa)
zur Erhaltung des Gebäudes oder Gebäudeteils als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung,
bb)
bei einem Gebäude, das Teil eines Ensembles ist, zur Erhaltung des denkmalpflegerisch schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes des Ensembles
erforderlich waren,
c)
ob die Arbeiten vor Beginn und bei Planungsänderungen vor Beginn der geänderten Vorhaben mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt waren,
d)
in welcher Höhe Aufwendungen, die die vorstehenden Voraussetzungen erfüllen, angefallen sind,
e)
ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch eine der für Denkmalschutz oder Denkmalpflege zuständigen Behörden gezahlt worden sind,
f)
ob nach dem Ausstellen einer Bescheinigung Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch eine der für Denkmalschutz oder Denkmalpflege zuständigen Behörden gezahlt werden (vergleiche Nr. 5.3).
5Die Bauherrin bzw. der Bauherr ist darauf hinzuweisen, dass die bescheinigten Aufwendungen steuerlich nur berücksichtigt werden können, wenn die zuständige Finanzbehörde die ihr obliegende Prüfung der weiteren, steuerrechtlichen Voraussetzungen durchgeführt hat (vergleiche Nr. 5.2).
6Ist die Bescheinigung aus Sicht der Finanzbehörde für Baumaßnahmen erteilt worden, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, hat die Finanzbehörde ein Remonstrationsrecht, das heißt, sie kann die Bescheinigungsbehörde zur Überprüfung veranlassen sowie um Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung bitten (beispielsweise bei fehlendem Hinweis auf das Prüfungsrecht des Finanzamtes). 7Die Bescheinigungsbehörde ist verpflichtet, der Finanzbehörde die Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung mitzuteilen (§ 4 MV). 8Bescheinigungen, die nach dem 31. Dezember 2020 erteilt wurden und offensichtlich rechtswidrig sind, binden die Finanzbehörden nicht; eines Remonstrationsverfahrens bedarf es insoweit nicht. 9Eine Bescheinigung ist offensichtlich rechtswidrig, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme oder Bescheinigung gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt; ein besonders schwerwiegender Fehler ist – anders als bei § 44 VwVfG – nicht erforderlich. 10Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist insbesondere auszugehen, wenn
a)
offensichtlich eine Rechtsgrundlage für die Erteilung der Bescheinigung fehlt oder
b)
die bzw. der Begünstigte die Bescheinigung durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig waren (zum Beispiel Bescheinigung von Baumaßnahmen, die ohne vorherige Abstimmung mit der Bescheinigungsbehörde durchgeführt worden sind).
11Soweit diese Richtlinie Beispiele für die Regelung bestimmter Fallgestaltungen vorgibt, handelt es sich um Regelbeispiele, die der Erläuterung von Inhalt, Zweck und Zielsetzung der Richtlinien dienen. 12Eine im Einzelfall abweichende Sachbehandlung durch die Bescheinigungsbehörde kann durch besondere denkmalbedingte Umstände gerechtfertigt sein.

6.2   Prüfungsumfang der Finanzbehörden

Die Finanzbehörden haben zu prüfen,
a)
ob die vorgelegte Bescheinigung vom Landesamt für Denkmalpflege ausgestellt worden ist,
b)
ob die bescheinigten Aufwendungen steuerrechtlich zu den Herstellungskosten oder den Anschaffungskosten im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 5 EStG des Gebäudes, zu den sofort abziehbaren Werbungskosten, insbesondere zum Erhaltungsaufwand, oder zu den nicht abziehbaren Kosten gehören,
c)
ob weitere Zuschüsse für die bescheinigten Aufwendungen gezahlt werden oder worden sind,
d)
ob die Aufwendungen bei einer Einkunftsart oder – bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden – wie Sonderausgaben berücksichtigt werden können,
e)
in welchem Veranlagungszeitraum die erhöhten Absetzungen, die Verteilung von Erhaltungsaufwand oder der Abzug wie Sonderausgaben erstmals in Anspruch genommen werden können,
f)
in welcher Höhe Gemeinkosten, Funktionsträgergebühren, Gewinnaufschläge, Grunderwerbsteuer sowie weitere Anschaffungsnebenkosten angefallen sind und in welcher Höhe diese auf die begünstigten Maßnahmen entfallen.